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Nr. 12. LZ Deutschen Deichszahl^i fär^jedss Lxemp^r 30^Mark bez.N des Dörsenvereins die visrgejpaltens -Petitzeile odei^deren ? 4-36 Mark jährlich. Nach dem Ausland erfolgt Lieferung:: (Raum 15-Pf.,'/« 6.13.50 M..'/26.2s M..'/, 6.50 M.; für Nicht-« ^7 über Leipzig oder dur^ Kreuzband. an Nichtmit^liedee in H Mitglieder 40 -Pf.. 32 M.. 60 M.. 100 M. — Beilagen werden « MAMuM^MPnverUM'eMräNMWMMr)u^W?ä Leipzig, Montag den 17. Januar 1916. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil Llnterstützungs-Verein Deutscher Buchhändler und Buchyandlungs Gehülfen. Bank-Konto: Dresdner Bank, Depositen-Kafle L, Berlin. Bekanntmachung. I. Neu eingetreten ist mit: ^ 5.— Otto Ruff, Prokurist t/H. Herderschc Verlbh., Kreiburg i/Br. II. Den Beitrag erhöhte auf: 1v.— Arthur Menge, i/H. Gebrüder Paetel (Ol. Georg Paetel), Berlin. III. An Geschenken gingen ein: ^ 3b.— von Herrn vr. Eyslcr, Berlin, als freiwillige Beihilfe für eine Geh.-Wttwe. ^ Sg— von der Fa. Carl Fr. Fleischer, Leipzig, für abgelöste Neu jahrswünsche. 25.— von der Kegelgesellschaft »Alte Schweden«, Leipzig. ^ 5.— W. G. Weihnachtsgeschenk. Die Herren Gehilfen-Mitglieder werden höflichst ersucht, etwaige Veränderungen ihrer Stellungen dem Unterzeichneten rechtzeitig mitzuteilen. Die Führung der Mitgliederliste wird dadurch wesentlich erleichtert. Berlin, den 31. Dezember 1915. Max Schotte, XV. 35, Potsdamerstr. 41 n. Schatzmeister. Das Interesse des Buchhandels an einer Reform der Geselligkeit. Das große Umlernen, das alle Welt beleckt, hat auch aus den Buchhandel sich erstreckt — und mehr noch wird es in Zukunft ihn nahe angehen. Mit Recht ist vor einiger Zeit im Börsenblatt eine Umfrage nach Maßnahmen zur Hebung des Bücherabsatzes er lassen und beantwortet worden. Viele haben sich geäußert, man ches Brauchbare ist gesagt worden, aber wenig Neues. Die Maßnahmen, die von Außenstehenden vorgeschlagen wurden, sind vom Fachmann meist in verschiedenerlei Gestalt längst erprobt worden, und aus einem Punkt allein ist derlei niemals zu kurieren. Zusammenwirkend wird ein Vernünftiges da raus, und nur ein Gedanke, so paradox er ist, erschien neu und durchgreifend: die Bücher mit einer Druckfarbe zu drucken, die nach einer gewissen Dauer, während deren sie dem Licht ausgesetzt war, verblaßt. Das würde dem Buch als Ware ein ganz anderes Wertansehen schaffen, würde dem Verborgen einen starken Riegel vorschieben. Aber es müßten tiefgewurzelte Gewohnheiten erst ausgejätet werden, wenn dieses Paradoxon Tat werden sollte. Ein anderes Teilchen in dem Ganzen einer Reform und ebenfalls ein Bruch mit alteingewurzeltcn Gewohnheiten ist das, was ich kurz entwickeln möchte. Im »Vortrupp«, der Hamburger Reformmonatsschrist, schrieb ich vor einiger Zeit einen Aufsatz über die »Reform der Geselligkeit«, der viel Beachtung gefunden hat. Er ging im wesentlichen darauf hinaus, an die Stelle der üblichen Eß- und Trinkgeselligkeit die geistige Geselligkeit zu setzen. Das gilt für das Gasthaussitzen gerade so gut wie für die meisten Hausgeselligkeiten, deren Abende, mit einem nach Kräften reichen Mahl und guten Weinen und Zigarren gespickt, doch meist zu den verlorenen Abenden gehören. Ein gutes Buch hätte den Teilnehmern mehr gegeben. Man verstehe das nicht falsch. Einsiedler wollen wir nicht werden. Nichts ist schöner, als wenn der Mensch zum Menschen kommt, und sie sich aussprechen, einander gegenseitig fördern und sich aneinander freuen, zu höherem gemeinsamen Verständnis der Lebenshaltung. Aber es muß eben wirklich von Mensch zu Mensch gehen, nicht von Puppe zu Puppe, oder von dressierten Salonlöwen zu Hauffs »jungem Engländer«. Man darf nicht gerade den inneren Menschen zu Hause zu lassen gezwungen sein, wenn man in Gesellschaft geht. Zu solcher Kraftvergeudung wird nach dem Kriege und sollte schon heute keine Zeit mehr sein. Wir haben ja alle noch so viel zu lernen, um das Leben zu verstehen. Wohl finden sich einmal ein paar junge Menschen in einer Gesellschaft zusammen, die sich in eine Ecke setzen und auf ethische Dinge, auf Fragen der Weltanschauung zu sprechen kom men — aber gerade sie sind noch zu jung, und die Älteren haben es verlernt und meinen, man könne doch nur an der Oberfläche bleiben. »Fachsimpeln« ist ohnedies verpönt; vom Allgemeinen versteht der in Äußerlichkeiten und Fachdingen Erzogene nicht viel, und so bleibt letzte Rettung das Geschwätz! Es graut einem vor jenen glatten, geschickten Damen, die über jedes Nichts mit vielen Worten plaudern können und doch — bei Lichte besehen — nichts, rein gar nichts sagen, weil jedes seelische Wort als Ein bruch verpönt ist. (Dann war es »sehr nett«, und am andern Tage ruft man sich durchs Telephon zu, daß der Braten ange brannt geschmeckt hat, oder war's die Soße?) Zu manchen Fragen werden sich die Männer immer zusam menfinden, oder die Frauen für sich — über die Geschäfte und über die Dienstboten redet man dann —, aber gerade wenn das andere Geschlecht dazwischenfährt, wird das Gespräch über seine bescheidenere Stufe erhoben, und man erkennt auf einmal, wie un wichtig das eben noch so wichtig genommene Thema war. Nicht überall und immer ist es so, aber leider vielfach. Was aber sollen wir tun? Wie sollen wir die Geselligkeit fürder einrichten? Es ist ganz einfach, wenn man nur den Mut hat, es einzu führen und durchzufiihren. Bei geistig und künstlerisch hochstehenden Persönlichkeiten hat es schon wiederholt Geselligkeiten gegeben, die nur dem Schön geistigen und der Kunst gewidmet waren. In den Salons der Frau von Stein, der Fanny Lewald, bei Friedrich dem Großen und Amalie von Sachsen-Weimar gab es das. Aber das war in solchen Häusern kein Kunststück und hat dort auch andere Bedeu- tung. Ausbreiten soll sich dergleichen auf das bescheidene bürger liche Haus, in das nicht die Berühmtheiten kommen zum Glänzen, wo vielmehr der Durchschnittseuropäer selbst solche Geselligkeit ohne großen selbstschöpferischen Ehrgeiz pflegen soll. Das ist das Neue an der sonst alten Einrichtung. Auch gute Klubgeselligkeit bietet uns Wohl ein Vorbild. Sie sollte in die gewöhnliche Fa miliengesellschaft ihre Eigenart hineintragen. Wir laden nicht mehr zum Essen und Trinken ein und lassen die Leute den Abend in mehr oder meist weniger brauchbarer Unterhaltung hinbringen, sondern wir geben Imbiß und Getränk anspruchslos nebenbei und richten einen Tisch für Unterhaltungsspiele her, im andern Zimmer schlagen wir den Flügel auf und stellen Roten darauf, im dritten, wo die Bücher stehen, breiten wir auf dem Tisch die neuesten Erscheinungen (Bücher, Musikalicn, Zeitschriften) aus, 53