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Redaktioneller Teil. ^ 206, 5. September 1916. Aber nicht nur denen Hude ich zu dünken, die das Werk ausge- fiihrt, sondern auch denen, die uns durch reiche Gaben und Stif tungen in den Stand gesetzt haben, dem Bauwerk innen und außen einen künstlerischen Schmuck zu geben, der seines Zweckes würdig ist. Viel zu groß ist die Zahl der Namen, die sich an den Geschenken beteiligt haben, als daß es mir möglich wäre, sie im einzelnen an- zufllhren. Ich darf erwähnen, daß alle Gemälde, Mosaiken, Mar- morbüste» großer deutscher Schriftsteller, die Bildhauerarbeiten, Kunstverglasungen und andere kunstgewerbliche Arbeiten, die wir bei unserem Rundgange zu sehen Gelegenheit haben werden, gestiftet sind zumeist von Personen und Firmen, deren Namen in der Ge schichte des deutschen Buchhandels glänzen. Kür die Übergabe und Weihe der Deutschen Bücherei, der die Stabt Leipzig einen würdigen Platz an einer Zukunftsstraße mit weltgeschichtlichem Rainen überließ, hat die Negierung mit dem Bör- senvercin der Deutschen BuiMändler sich aus den Tag geeinigt, wo vor 18 Jahren das deutsche Heer den Angriff der französischen Kaiser inacht zu Boden warf. Die Wahl des Tages erfolgte in dem Be wußtsein, daß alle Kulturarbeit, die wir seit Errichtung des Deut schen Reiches in mehr als Ivjähriger Friebcnszeit vollbringen durf ten, unter dem Schutze des deutschen Schwertes stand, daß aber auch in Zukunft alle unsere Kulturarbeit aus diesen Schutz nicht verzichten kann. Wir haben das Haus während des Krieges fertiggestellt, in der Überzeugung, daß das deutsche Schwert, dessen Schärfe sich in den beiden Kriegsjahren so glänzend bewährt hat, uns in dem weiteren Verlaufe des Krieges einen Frieden erkämpfen wird, der unsere friedliche Arbeit auf Menschenalter sicherstellt. Diese Zuversicht wird nicht erschüttert durch die Tatsache, daß sich die Zahl unserer Feinde in letzter Zeit vermehrt hat. Auch Rumänien wird bald einsehen müssen, daß unsere Hilfsmittel noch lange nicht erschöpft sind, und wirb es erfahren, was es heißt, unter Bruch von Verträgen ein Volk hcrauszufordern, das um sein Dasein kämpft. In diesem Vertrauen auf die Heere und Flotte» des Deutschen Reiches und der mit ihm verbündeten Staaten weihen wir heute ein Werk, das allen kriegerischen Zielen entrückt zu sein scheint. Wenn anders aber die unerschütterliche Kraft und Standhaftigkeit, die unsere Brüder und Söhne in diesen Tagen bewähren, eine Frucht deutscher Erziehung und deutscher Bildung ist, wenn die fast über menschlichen Leistungen unseres Offiziers- und unseres Beamten, staubes auf dem gleichen Boden gewachsen sind, so dürfen wir auch der Hoffnung Raum geben, daß auch von dieser neuen Pflegcstätte deutscher Bildung aus dem deutschen Volke neue Kräfte zufließen werden. Denn das ist das Geheimnis von Deutschlands Stärke, daß die dem Deutschen eigene Vertiefung in die Gedanken der Re ligion, der Kunst und der Wissenschaft uns auch in schwersten Zeiten immer wieder bei, Weg zu sittlicher Erneuerung und damit zu den Quellen des Lebens und dem Brunnen der Tatkraft erschlossen hat. Ober die Kricgszcit hinaus aber schweifen unsere Gedanken in eine Zeit, in der die Gegenwart als einer der wichtigsten Wendepunkte aller Geschichte erkannt werden wird. Noch können wir selbst ein Urteil über unsere Zeit nicht fällen. Wir hoffen aber, daß von diesem Wendepunkte an, über die Grenzen hinaus, die der Sieges- zug unserer Heere bestimme» wird, deutsches Wissen und deutsches Wesen den Völkern der Erde zufließen wird als ein Strom der Fruchtbarkeit, der Gesundheit und wahren Menschentums. In diesem Sinne begrüße ich im Namen der Sächsischen Re gierung die Herren, die als Vertreter des Reichs und der deutschen Bundesstaaten zu unserer Feier erschienen sind. Ich begrüße aber auch die Vertreter der Länder, die, einem anderen Staate angehörig, gleich uns die deutsche Sprache als ihre Muttersprache führen. Wir freuen uns, daß auch die Werke des österreichischen und schwei zerischen Schrifttums in der Deutschen Bücherei Aufnahme finden werden als Zeugen völkischer Eigenart in der uns allen gemeinsamen deutschen Kultur. Ich übergebe nunmehr den Schlüssel der Deutschen Bücherei dein ersten Vorsitzenden des Börseuvcrcins der Deutschen Buchhändler als dem neuen Eigentümer dieses Hauses und dem Hüter und Pfleger seiner ideellen Zwecke. Ihm schloß sich als Vertreter der Stadt Leipzig Herr Ober bürgermeister Geheimrat vr. Dittrich, dessen Verdienste um den Börsenverein schon vor längerer Zeit durch seine Ernennung zum Ehrenmitglied dieser Körperschaft anerkannt worden sind, mit folgender Rede an: Königliche Majestät! Königliche Hoheiten! Hochausehnliche Kest- vcrsammlung! Auch der Rat der Stadt Leipzig nimmt an der heutigen be deutungsvollen Feier, wie es ja gar nicht anders sein kann, wärmsten 1154 Anteil und hat mich beauftragt, folgendes Glückwunschschreiben zur Kenntnis des Vorstandes des Börsenverciiis der Deutschen Buch händler zu bringen: A» den Börsenvercin der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Der heutige Tag bringt der Stadt Leipzig die Erfüllung eines seit langen, gehegte», aber immer wieder der Verwirklichung entrückten heißen Wunsches: des Vorzugs teilhaftig zu werden, als Mittelpunkt des deutsche» Buchhandels auch Sitz zu sein eines Ar chivs des deutsche» Schrifttums und des deutschen Buchhandels in Gestalt einer öffentlichen Bibliothek. Als darum von neuem dieser Gedanke angeregt wurde, waren die städtischen Körperschaften Leipzigs sofort gewillt, soweit es die Finanzen der Stadt gestatteten, ihm Unterstützung zu gewähren. Das Gelände im Ausmaße von rund 18SVÜ gni, aus dem der stolze Bau der Deutschen Bücherei sich erhebt, nebst einem Baukosten beitrag von 2SVÜVÜ Mark, außerdem eine jährliche Beihilfe aus zunächst zehn Jahre in Höhe von IIS VW Mark waren das Ange binde, das sie dem Börscuverein der Deutschen Buchhändler dar- boteu, als dieser mit weitschauendem Blicke und altgewohnter Tat kraft unter hochgemuter Führung seines 1. Vorstehers, des Herrn Geheimen Hosrats Sicgismund, sich geneigt erklärte, die Deutsche Bücherei in seinen starken Schutz zu nehmen. Mit ehrerbietigem srcudigsten Danke ist es am heutigen Tage auch uns Bedürfnis, auszusprechen, daß Se. Majestät der König und die Königliche Staatsregierung im Verein mit den Ständen des Landes vom ersten Augenblick an, als der Plan Wirklichkeit zu erhalten begann, in voller Erkenntnis der weittragenden Be deutung der Deutsche» Bücherei ihm umfassende Förderung haben zuteil werden lassen. Was die Deutsche Bücherei deni-deutschen Volke bedeutet, wird berufener Mund aussprechen. Daß ihr in der Zeit schwersten Kampses, den das deutsche Volk je zu bestehen hatte, ein so wür diges Heim geschaffen werden konnte, das soll eine gute Vorbe deutung sein für die Zukunft der Deutschen Bücherei, aber auch, Gott gebe es, für die Zukunft des deutschen Volkes. Ein Volk, das in harter schwerer Zeit, ringsum angegrisfen von neidischen Und mächtigen Feinden, den Schätzen deutschen Geistes und den Denk mälern deutschen Schrifttums eine Heimstätte für die Jahrhunderte errichtet, das wird, diese Hossnung sprechen wir heute am Tage von Sedan, dem Gedenktage der Wiedervereinigung der deutschen Stämme, mit voller Zuversicht aus, immer ein Hort idealer Ge- sinnung, nimmer ruhender und darum erfolgreicher Geistestätigkcit sein und bleiben. Und so bitten wir den Börsenverein der Deutschen Buch händler, mit dem uns seit seinem Bestehen unlösbare Baude, heute von neuem besiegelt, verbinden, unsere herzlichsten Glück wünsche zu dein Erreichten, unsere herzlichsten Segenswünsche für die Zukunft cntgegenzunehmcn. Möge die Deutsche Bücherei unter seinem mächtigen Schutze sich kraftvoll entwickeln als ein Rüstzeug deutschen Geistes, der deutsche Buchhandel aber von ihr eine nie versagende Förderung durch Vertiefung des gegenseitigen verständnisvollen Zusammen- arbeitens der einzelnen Glieder erhalten. Der Stadt Leipzig zur Ehre, dein deutschen Buchhandel zu Nutz und Frommen, de», deutschen Volke zum Segen, das sei die Zukunft der Deutschen Bücherei. Leipzig, am 2. September 1918. Der Rat der Stadt Leipzig. Indem ich dieses Schreiben in Erledigung des mir gewordenen Auftrags übergebe, gereicht es mir zur tiefcmpsundcnen Freude, den Wünschen des Rates auch meinen persönlichen Glückwunsch für Vergangenheit wie Zukunft anfügen zu dürfen. Wer wie ich den Vorzug gehabt hat, von Anfang an bei der Gestaltung der Deutschen Bücherei Mitwirken zu dürfen, weiß, welche Fülle von Schwierigkeiten zu überwinden, welch tiefgründige Arbeit zu leiste» war, aber auch mit welcher Hingabe sich die für die hohe Idee begeisterten Männer in deren Dienst gestellt haben. Möge die Entwicklung der Deutschen Bücherei die Hoffnungen verwirklichen, die sie geleitet. Das wird ihnen der herrlichste Lohn sein für alle Mühe und Arbeit. Daß der Deutschen Bücherei aber allzeit so begeisterte und treue Berater so opferbereite und tatkräftige Freunde beschicken sein mö gen, das ist mein sehnlicher Wunsch. Dan» brauchen wir nicht zu bangen um dieses edelste Kleinod des Börsenverciiis der Deut schen Buchhändler. Um so rascher wird die Deutsche Bücherei, des bin ich gewiß, Gemeingut werden des deutschen Volkes und vertiefen das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Deutschen aller Länder. Das walte Gott!