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112 Nichtamtlicher Theil. 7, 10. Januar. Eine dritte Methode: das mit dem lichtempfindlichen Präpa rate versehene Glas in der Camera von der Rückseite zu belichten, ist durchaus nicht zweckmäßig und gibt unreine, „ungesunde" Bilder. Zu dieser Methode greisen gern diejenigen Photographen, die weder ein Prisma besitzen, noch mit dem Abziehen vertraut sind; der Besteller wird gut thun, sich diese Art der Aufnahme zu verbitten. Ein Prisma, wie sie die bekannte optische Werk- stätte von Steinheil in München in den Handel gebracht hat, wird wohl nur in den größeren Reproductions-Anstalten zu finden sein, man ist also in den meisten Fällen auf das Abziehen angewiesen. Dafür findet sich nun zwar in den verschiedenen Handbüchern die nöthige Anleitung, so z. B. bei Vogel, Schnaus, Allgeyer Husnik, auch wird diese Methode in den meisten Reproductions-Anstalten mit vollkommenster Sicherheit angewandt, aber dennoch bereitet sie dem Ungeübten, dem die sogenannten „kleinen Vortheile" unbekannt sind und die sich auch aus Büchern nicht erlernen lassen, die größten Schwierigkeiten, welche vielfach ein Mißlingen zur Folge haben. Unter solchen Umständen, wenn der Photograph mit dem Abziehen nicht vertraut ist, wird es dem Verleger zu empfehlen sein, zwei Aufnahmen machen zu lassen; eine Doublette ist ja auf alle Fälle wünschcnswerth zur Reserve; die Kosten werden dadurch nicht sehr erheblich gesteigert. Man verlange ausdrücklich die Verwendung extra sauber geputzter und alsdann mit Federweiß abgeriebener Spiegelgläser zur Aufnahme, ohne die vielfach üb liche Eiweiß-Vorpräparation; — mindestens eines der beiden Negative wird alsdann unlackirt an die betreffende Reproductions- Anstalt eingesandt. Das zweite kann eventuell gleich lackirt bei- gefügt werden. In der Anstalt wird man versuchen, das unlackirte Negativ mittelst Gelatine-Aufgusses vom Glase abzuziehcn; ge lingt dies nicht (weil bei der Vorpräparation möglicherweise aus Mangel an Uebung irgend eine kleine Vorsichts-Maßregel un beachtet blieb), so kann mit Hilfe des zweiten Negativs ein um gekehrtes Negativ hergestellt werden, wie es zur Anfertigung der Druckform dienlich ist. Der letztere Weg, statt des Original- Negativs ein reproducirtes zu substituiren, ist freilich nur ein Nothbehelf, führt aber immerhin zu befriedigenden Resultaten. Es muß indeß gesagt sein, daß die Verwendung des ursprünglichen, unmittelbar ausgenommenen Original-Negativs einem rcproducirten stets bei weitem vorzuziehen ist. Nachdem in Vorstehendem die alles entscheidende Wichtigkeit des Negativs hervorgehoben wurde, muß noch eines vielfach ver breiteten Jrrthums gedacht werden, indem man nämlich glaubt, daß cs zur Reproduction eines Bildes nur einer Photographie als Vorlage bedürfe. Machen läßt sich's ja allerdings; es kommt nur darauf an, wie? Etwas Schönes, Mustergültiges wird auf diesem Wege niemals zu erreichen sein, schon weil die Textur des Papiers sich bei der Aufnahme in störendster Weise geltend macht. Diese Textur des Papiers möge man auch nicht außer Acht lassen bei der Herstellung von Zeichnungen, bei Originalen, welche photographisch reproducirt werden sollen. Ein energisches Papier korn wirkt im Original oft vortrefflich; es erhöht die Stimmung des Bildes; der Künstler hat sich desselben, als eines wirksamen Mittels, bedient. Man vergesse aber nicht, daß die eigensinnige Camera das Papierkorn in einer ganz anderen Weise und Wirkung wiedergibt, so daß es in der Reproduction unmotivirt, störend und schmutzig erscheinen muß. Der Künstler möge also für Re- producirungszwccke ein nicht zu körniges, weißes Papier wählen; das echte Watman-Papier ist vorzüglich geeignet und wird auch die Künstler befriedigen, die in der Regel nicht gern auf gar zu glattem Material arbeiten. Je gewissenhafter und sorgfältiger allen diesen anscheinend geringfügigen Dingen bei der Herstellung von Original und Negativ Rechnung getragen wird, um so sicherer ist die Gewähr eines guten Gelingens; Mühe und Kosten, die man auf diese beiden Stufen der Lichtbildkunst verwendet, werden sich, nachdem dadurch für alle ferneren Stadien des Verfahrens die Wege ge ebnet sind, zehnfach bezahlt machen, während Versehen und Mängel, die in den ersten Stufen Vorkommen, sich oft durch den ganzen Prozeß hindurchschleppcn und selbst mit der größten Mühe und Geschicklichkeit nicht völlig zu beseitigen sind. Miscellen. Zur Lutherfeier. — Am 10. Nov. d. I. werden es vier hundert Jahre, daß vr. Martin Luther geboren wurde. Zur Feier dieses Tages soll auch eine Gesammtausgabe von Luther's Werken erscheinen, zu deren Ausführung der Deutsche Kaiser, allezeit bereit, mit seinem Beispiele der Nation voranzuleuchten, in Pietäts voller Würdigung dessen, was Luther ihr gewesen ist und bleiben wird, mit freigebiger Hand die Mittel dargeboten hat, um die wissen schaftlichen Vorbereitungen zum Abschlüsse zu bringen, dem Herausgeber eine gebührende Entschädigung und die Unterstützung geeigneter Mitarbeiter zu gewähren und um die Vollendung des selben für die Wechselfälle der Zukunft sicherzustellen. Das preußische Cultusministerium hat eine Commission gebildet, be stehend aus Delegirten der kgl. Akademie der Wissenschaften (Geh.- Rath Prof. 1)r. Müllenhoff, Geh.-Rath vr. Waitz) und einem Vertreter des Ministeriums (Oberconsistorialrath Prof. vr. Weiß), welche das Unternehmen leiten und seine Ausführung im ur sprünglichen Sinne sichern soll. Der Herausgeber, Pfarrer Knaake in Drakenstedt, hat die letzten Jahre unermüdlich zur Durchforschung der Bibliotheken Deutschlands und Englands, sowie zur Vervollständigung seiner Vorarbeiten benutzt. Den Verlag dieser neuen Luther-Ausgabe hat, unter Genehmigung des preußischen Cultusministeriums, Hr. Herm. Böhlau in Weimar übernommen, und der nahende Geburtstag Luther's soll die beiden ersten Bände davon fertiggestellt finden. Jährlich werden etwa drei Bände, jeder 40—50 Bogen in Lexikonoctav-Format stark, ausgegeben werden, wonach die Vollendung in 10—12 Jahren in Aussicht steht. — Möge diesem nationalen Unternehmen eine des großen Mannes würdige, freudige und lebendige Förderung durch den deutschen Buchhandel zutheil werden! Die soeben in fünfter Auslage erschienene Anthologie „Deutsche Lyriker seit 1850. Mit einer litterar-historischen Einleitung rc. Herausgegeben von 0,-. Emil Kueschke" (mit Emanuel Geibel's Porträt in Stahlstich. Leipzig, R. Lincke's Verlag. Preis 5 M.) gibt in alphabetischer Ordnung der aus gewählten Dichter ein übersichtliches Bild der deutschen Lyrik von den letzten drei Decennien. Das Buch ist wegen der beigegebenen biographischen und bibliographisch-kritischen Notizen auch für den Buchhändler von besonderem praktischen Interesse und verdient daher, dessen Beachtung empfohlen zu werden. Personalnachrichtcn. Am 1. ds. waren es 25 Jahre, daß Herr Hermann Riemer als Lehrling in die Hopfer'sche Buchhandlung in Burg eintrat, in welcher er gegenwärtig noch als Buchhalter thätig ist. Der In haber des Geschäftes ließ diesen Tag nicht vorübergehen, ohne dem treuen und zuverlässigen Mitarbeiter seine Anerkennung in sinniger und ehrender Weise auszusprechen; auch das Personal der Druckerei gab dem Jubilar durch Ueberreichung eines werth vollen Geschenkes seine Theilnahme zu erkennen.