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^ 102. 3. Mai 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 8493 Form erscheinenden »kritischen Kurstabelle« auch bei Berück sichtigung des veränderten Inhalts annehmen, daß es sich um eine zeitgemäße Änderung der alten Tabelle handle und die Tabellen der Beklagten eine neue, verbesserte Auflage der Tabelle der Klägerin seien. Diese Erwägungen werden auch nicht dadurch hinfällig, daß es sich im Klagefalle um ein in Börsensachen sachverständiges Publikum handelt, besonders da viele, namentlich auswärtige Kunden, die Bücher lediglich auf Grund von Prospekten bestellen. Hiernach ist die Frage nach der Verwechselungsfähigkeit der beiden Buchtitel zu bejahen. Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage weiter dar zutun. daß sie sich des Titels »Neumann's Cours-Tabellen« befugterweise bedient. Sie gründet dieses Recht auf den vom Konkursverwalter vorgenommenen Verkauf. Da die Per sönlichkeitsrechte des Gemeinschuldners, wie der Vorderrichter mit Recht ausführt, von der Konkursmasse ausgeschlossen sind, konnte das Recht an dem Titel »Neumann's Cours-Tabellen« nur dann auf die Klägerin übergehen, wenn Neumann seine Zustimmung hierzu gab. Nach der von der Klägerin überreichten Urkunde vom 17. März 1908, deren Echtheit von der Beklagten nicht bestritten ist. hat der Konkursverwalter der Klägerin das Verlags- und Autorrecht an »Neumann's Cours-Tabellen« schlechthin, ohne eine Beschränkung verkauft. Mangels einer besonderen ab weichenden Vereinbarung ist anzunehmen, daß der Buchtitel an die Klägerin mitveräußert werden sollte, da gerade dieser seit vielen Jahren bekannte Titel für die erfolgreiche Ausbeutung des Verlagsrechtes von wesentlicher Bedeutung war und ohne seinen Mitübergang der Kaufpreis sicher nicht auf eine so beträchtliche Summe bemessen worden wäre. Zu der Behauptung der Klägerin, daß Neumann diesem Ver kaufe Zugestimmt habe, ist glaubwürdig bekundet, daß Neumann zu allen wichtigen Verhandlungen vom Konkursverwalter zu gezogen worden sei. daß er auch den bei den Handakten des Kon kursverwalters in Klatschkopie befindlichen Brief vom 19. März 1908 selbst geschrieben und der Konkursverwalter nur die Unter schrift geleistet habe. Aus diesem Briefe geht hervor, daß Neu mann von dem Verkaufe durch den Konkursverwalter in Kennt nis gesetzt worden ist. Trotzdem hat er nicht widersprochen. Durch sein Stillschweigen aber hat er sich des Buchtitels ent- äußert. Stillschweigen ist überall da als Zustimmung auszn- legen, wo Redlichkeit und praktische Vernunft im Falle der Nicht- zustimmung einen Widerspruch erfordert hätten. Wie dem Kon kursverwalter gegenüber, so hat Neumann auch nachher als Angestellter der Klägerin durch sein Verhalten zu erkennen ge geben. daß er mit dem Übergänge des Buchtitels auf die Klägerin einverstanden sei. Er hat sogar, wie das eidliche Zeugnis des Prokuristen der Klägerin beweist, bei der Versendung der neuen Auflage der Klägerin mitgewirkt. Daß er Angestellter der Klä gerin war. enthob ihn nicht seiner Widerspruchspflicht, ebenso wenig der Umstand, daß, wie die Beklagte behauptet. Neumann zur Zeit der Abfassung des Schreibens vom 19. März 1908 von dem Konkursverwalter zur Besorgung von Geschäften im Inter esse der Konkursmasse angestellt war und er daher den Brief wechsel nach den Anweisungen des Konkursverwalters zu erle digen hatte. Endlich hat der Zeuge N. N. bekundet, daß Neumann gele gentlich erklärt habe, wenn er gewußt hätte, daß er wieder ein Verlagsgeschäft gründen würde, so würde er dem Verkaufe der Tabellen nicht zugestimmt haben. Da nach dieser Beweisaufnahme erwiesen ist, daß die Klä gerin sich des Titels »Neumann's Cours-Tabellen« befugter- wcise bedient, ist die Unterlassungsklage begründet. Schon aus dem obenerwähnten Prospekt geht hervor, daß die Beklagte sich bewußt war. daß die Art der Benutzung ihres Buch titels geeignet sei. Verwechslungen hervorzurufen, und daß sie es geradezu darauf abgesehen hat, solche Verwechslungen herbei zuführen. Der Prospekt sagt: »Seit dem erstmaligen Erscheinen der früher vom Unterzeichneten herausgegebenen Kurstabellen sind jetzt zweiundzwanzig Jahre verflossen«. Durch diese Fassung, wie durch den dem Buchtitel der Klägerin ähnlich ge wählten Titel hat offensichtlich der Anschein erweckt werden sollen, als sei das neue Werk eine Fortsetzung und neue Auflage Börsenblatt flir den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. des alten. Hier kann auch nicht das Wort »früher« diese Ab sicht als ausgeschlossen erscheinen lassen. Denn damit ist nach der Auffassung des Verkehrs nicht ausgesprochen, daß die alten Tabellen in einen anderen, fremden Verlag übergegangen seien; vielmehr läßt dieses Wort auch die Auslegung zu, daß jetzt die Beklagte das Verlagsrecht an den alten Tabellen erworben habe. Bezeichnend ist auch die von dem Zeugen N. N. bekundete Tat sache. daß. als der Zeuge dem Neumann Vorhaltungen über die beabsichtigte Herausgabe der neuen Kurstabellen machte. Neu mann erklärte: »Ich will doch meine alte Tabelle wiederhaben«. Im übrigen gilt aber auch hier der Erfahrungssatz, daß. wer nicht die Absicht hat. eine Verwechslung herbeizuführen. Mittel genug findet, sie auszuschließen. In dieser Beziehung ist namentlich noch hervorzuheben, daß für die Beklagte keine Ver anlassung vorlag. indem T i t e l s e l b st den Namen des Ver fassers aufzunehmen, ein der gewöhnlichen Übung widerspre chendes Vorgehen, und daß auch das Wort »Kurstabelle« ohne Schwierigkeit durch eine andere Bezeichnung hätte ersetzt werden können. Da auch die formellen Voraussetzungen der Fest stellungsklage vorliegen, ist auch diese Klage begründet. Es war hiernach, unter Berücksichtigung der §§ 91. 708, 7 der Zivilprozeßordnung wie geschehen zu erkennen. Ausgefertigt Berlin, den 16. Februar 1912. Man kann hier wieder sehen, wie wenig Wert oft auf eine Entscheidung erster Instanz zu legen ist. und daß es sich empfiehlt, gegebenenfalls das Urteil der weiteren Instanzen Berlin. Hermann Müller. Kleine Mitteilungen. Internationale «usstellnng für Buchgewerbe und«ravhik Leipzig 1914. — Das lebhafte Interesse, das alle einschlägigen Kreise Deutschlands an dem Projekt nehmen, bekundet sich neuer dings besonders dadurch, daß in den wichtigeren buchgewerblichen Orten lokale Versammlungen einberufen werden, um über die Art der Beteiligung der betreffenden Städte zu beraten. Am 20. April fand eine solche Versammlung unter dem Vorsitz des Herrn Karl Klingsoor in Frankfurt a/M statt, an der auch der Vorsitzende der Ausstellung. Herr vr. L. Bolkmann, teilnahm, um in großen Zügen ein Bild der Ausstellung und ihrer Organisation zu ent werfen. Am 22.April folgten zwei gleiche Versammlungen in Stutt gart und zwar vormittags unter dem Vorsitz des Herrn Kommerzien rat Engelhorn für den Buchhandel und nachmittags unter dem Vor sitz des Herrn Kommerzienrat Krais für die graphischen Gewerbe Beide Versammlungen waren zahlreich besucht und wurden durch die Teilnahme mehrerer Vertreter der Kgl. Württembergischen Staatsregierung ausgezeichnet. Auch hier entwickelte Herr l)r. L. Volkmann in längerer Rede das eigenartige und lebendig organisierte Programm der Ausstellung und fand dafür wie schon in Frankfurt die einmütige Zustimmung der Anwesenden. Es wurde die Bildung von Ortsausschüssen beschlossen, die für würdige Beteiligung ihrer Kreise bemüht sein werden. In Berlin findet am 14 Mai eine Versammlung der Interessenten im Papierhaus statt, in Breslau hat Herr vi-. L. Volkmann das betreffende Referat zu der am 2. Juni stattfindenden Hauptversammlung des Deutschen Buchdruckervereins übernommen, und endlich hält am 20. Juni der Deutsche Buchgewerbeverein selbst seine Haupt versammlung in München ab, wobei gleichfalls über die Aus stellung eingehend berichtet werden soll. «L. Vom Reichsgericht. Haftung des Telegraphen beamten für verspätete Telegrammübermittlung (Nach druck verboten ) — Ein Beamter, der vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, ist zum Ersätze des dem Dritten daraus entstehenden Schadens ver pflichtet. Fällt ihm nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Diese Vorschrift des § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist von Bedeutung, wenn der durch die Fahrlässigkeit des Beamten Verletzte von der Behörde selbst, der der Beamte untersteht, 716