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2344 Börsenblatt s. v. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 45. 23. Februar 1911. Glaubens, der Umsatz ihrer Ausgaben würde zunehmen, falls sie die freie Übersetzung verhindern könnten. Einige nieder ländische Literaten der Neuzeit dagegen hegen die unbegründete Erwartung, durch den Anschluß an die Berner Konvention würde die Übersetzung oder die Aufführung ihrer Werke ge fördert werden, wodurch ihnen größere finanzielle Vorteile in Aussicht stünden und sie überdies nicht die Konkurrenz aus wärtiger Literaten zu befürchten hätten . . . »In keinem andern Lande werden, dank dem freien Über setzungsrecht, prozentualiter so viele Bücher verlegt und aus gegeben wie in Niederland. Darunter ist natürlich viel Schund. Aber man findet dabei auch das Beste von dem, was im Ausland erscheint. Dies wäre in der Zukunft nicht mehr möglich, falls wir das Übersetzungsrecht kaufen müßten. Die hohen Preise, welche die auswärtigen Verleger und Schriftsteller dann forderten, würden, bei dem verhältnismäßig geringen Umsatz in unserm kleinen Land, das Risiko so groß gestalten, daß nur einige wenige Verleger sich damit befassen könnten; und diese wiederum müßten den Preis so hoch stellen, daß die Werke Wenigerbemittelten unerreichbar blieben. »Der Presse, und zwar nicht allein der kleinen und der Provinzpresse, würde der Anschluß schwere Verpflichtungen auf erlegen. Deckt sie doch ihr Bedürfnis an Feuilletons durch Übersetzungen des Besten und Neuesten, was im Ausland auf literarischem Gebiet erscheint. Diese Gelegenheit würde abge schnitten werden; denn ihr Budget läßt solche großen Ausgaben, wie sie für den Ankauf benötigt sind, nicht zu . . . .« * . Die Offenherzigkeit — um keinen andern Ausdruck zu ge brauchen —, mit der der »I^ieuvs 6ourg.nt« die Segnungen des bisher sanktionierten literarischen Diebstahls bespricht, ist wirklich rührend. Ob sie aber auf ehrlich denkende Abgeordnete Eindruck machen wird, möchten wir bezweifeln. Auch dürfte der Lufthieb in die deutsche Richtung keine Wirkung erzielen, denn jeder, der die Bewegung ver folgt hat, weiß, daß nicht allein deutsche, sondern auch öster reichische und französische Verleger — um nur einige Länder zu nennen — gegen den Raubstaat an der See zu Felde gezogen sind. Namentlich die französischen Verleger haben in den letzten Jahren, durch den Advokaten Biederlack in Amsterdam, ver schiedene Prozesse wegen unerlaubten Nachdrucks usw. angestrengt und glänzend gewonnen. Wohl deshalb hat der »Kieu^s ^.i-ndsEobs Oourknt« diesen Staat nicht genannt, sondern sich allein auf einige kleine Staaten bezogen. Vollkommen recht geben wir dem »Nisuv^s 6ou- rant«, insofern er behauptet, in keinem Lande der Welt würden so viele übersetzte Bücher herausgegeben wie in Niederland. Darüber beschwert sich ja gerade der reelle auswärtige Buchhandel, dem seine teuer erworbenen Geisteskinder gestohlen werden. Daß diese Verleger nach dem Beitritt der Niederlande zur Berner Konvention zu hohe Ansprüche stellen werden, ist nicht gut denk bar. Als gute Geschäftsleute werden sie dem verhältnismäßig geringen holländischen Umsatz Rechnung tragen und ihre Preise danach bestimmen. Übrigens sind diese Preise auch gar nickt so hoch. Bei uns lausen täglich Anerbietungen ein. Für 100 kann man schon Werke der bekanntesten Schrift steller zum Abdruck bringen. Ein Beweis dafür, daß man auf Holland schon jetzt Rücksicht nimmt. Und wenn kleine und Provinzblätter auf eine der vielen in Deutschland florierenden Feuilletonkorrespondenzen abonnieren, so bekommen sie so viel Lesestoff, und zwar ganz gediegenen, daß sie ihn gar nicht ver arbeiten können. Sie haben also wahrlich nicht nötig, um ein paar hundert Mark willen ihren ehrlichen Namen aufs Spiel zu setzen. (»Deutsche Wochenzeitung für die Niederlande und Belgien.«) " Vom Reichsgericht (vgl. Nr. 32 d. Bl-, S. 1656/67). Willi Geiger, »Das gemeinsame Ziel«. Berichtigung. — Zu dem hier gegebenen Bericht über ein Urteil des Reichsgerichts vom 6. Februar 1911 empfingen wir von dem Buchhändler Herrn Horst Stobbe in München, in Firma Ottmar Schönhuth Nachf. (Stobbe, Dultz L Co.), folgende Berichtigung: 1. Es ist unrichtig, daß Herr Stobbe zu irgend einem Zeit punkt die Herstellung des Werkes »Das gemeinsame Ziel« über nommen oder durchgeführt hat. 2. Es ist unrichtig, daß Herr Stobbe vom Landgericht München I von der Anklage wegen Herstellung und Verbreitung unzüchtiger Schriften freigesprochen worden ist. Richtig ist viel- mehr, daß ein Hauptverfahren gegen ihn vor dem Landgericht München I überhaupt niemals eröffnet war. H. Unrichtig ist, daß Herr Stobbe in das Strafverfahren gegen Herrn Willi Geiger vom Jahre 1907 überhaupt verwickelt war. Richtig ist, daß er in der Hauptverhandlung vom 6. Oktober 1910, in der die Einziehung des Werkes im objektiven Verfahren be schlossen wurde, lediglich als Zeuge vernommen wurde und aus sagte, daß er ein einziges Exemplar des Werkes an einen ihm unbekannten Herrn, der sich als Freund Geigerscher Kunst aus« gab, verkauft hatte. 4. Unrichtig ist, daß Herr Stobbe Revision beim Reichsgericht eingelegt hat. Richtig ist vielmehr, daß Herr Willi Geiger Re- Vision eingelegt hat und daß diese verworfen worden ist. 5. Unrichtig ist, daß Herr Stobbe den Vertrieb des Werkes übernommen hatte. Richtig ist vielmehr, daß im Herbst 1909 in einem Katalog der Firma Ottmar Schönhuth Nachf. unter 946 Titeln unauffällig rein bibliographisch das Ges amt werk des Herrn Willi Geiger und darunter auch das gemeinsame Ziel aus genommen war. 6. Unrichtig ist, daß der reguläre Preis 160 beträgt. Richtig ist, daß der Preis 100 ^ ist, durch einen Irrtum aber mit 160 in fraglichen Katalog eingesetzt wurde. * Versteigerungen. (Vgl. Nr. 14, 16, 17, 20, 24, 33, 37, 40, 41, 42, 43 d. Bl.) — 14.—16. März 1911. Cöln, Domhof 8, durch Peter Hanftein, Inhaber der Firma Math. Lempertz' Buchhandlung und Antiquariat: Antiquitäten, Miniaturen, Möbel aus den Kunstsammlungen des Grafen zu Wesseln und anderer. Besichtigung: 10. und II. März je von 9—6 Uhr, Sonntag, 12. März 9—2 Uhr. Photographische Gesellschaft in Wien. (Vgl. Nr. 43 d. Bl.) — Über das Werden und Wirken der Photographischen Ge sellschaft in Wien, die am 14. d. M. das Jubiläum fünfzig jährigen Bestehens gefeiert hat, wird in der Wiener Zeitung wie folgt berichtet: Unter den Männern, die im Jahre 1861 zusammengetreten sind, um eine Gesellschaft zur Förderung der Photographie und der mit ihr verwandten Fächer zu bilden, befanden sich u. a. der Hof-Photograph Ludwig Angerer, Anton Martin, der Ver fasser des ersten Lehrbuches der Photographie in deutscher Sprache, Professor Petzval, der hervorragende Mathematiker und Be gründer der modernen Optik in Bezug auf photographische Objektive, sowie Professor von Schroetter, Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften. Der Tätigkeit der jungen Gesellschaft gelang es im Jahre 1864, eine photographische Ausstellung zu veranstalten, die erste, die in deutschsprachigen Landen zustande kam und die einen glänzenden Erfolg erzielte, der sehr befruchtend wirkte. Im Jahre 1864 gründete das Gesellschaftsmitglied L. Schrank das Fach journal »Photographische Korrespondenz«, das später in das Eigentum des Mitgliedes vr. E. Hornig überging, der bas Blatt kurze Zeit vor seinem Tode der Gesellschaft als Geschenk übergab. Dank dem gediegenen Inhalt der Zeitung zählt sie noch heute zu den angesehensten Fachschriften ihrer Art. — Von großem Einflüsse auf die Tätigkeit des Vereins war die namhafte Widmung, die der bekannte Optiker Voigtländer bei seinem Scheiden von Wien der Gesellschaft machte. Er widmete ein ansehnliches Kapital, aus dessen Zinsen alljährlich Medaillen für hervorragende Leistungen verliehen werden. Im Jahre 1871 wurde das k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie fertiggestellt und mit einer Musterausstellung eröffnet, an der auch die Mitglieder der Gesellschaft sich beteiligten. Eine besondere Tätigkeit entfaltete die Gesellschaft anläßlich der Weltausstellung 1873, die von allen Photographen der Erde be schickt wurde, wobei Österreich, speziell Wien, seinen ehrenvollen Platz behauptete. Erfolgreich bemühte sich die Gesellschaft um die Erlangung