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2340 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 45, 23, Februar 1911. sächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten ebenfalls Schrift werke sind, sonst wäre die Bestimmung des Abs. 3 überflüssig gewesen; daraus folgt, daß ihre Übersetzungen nicht schon an sich des Schutzes entbehren. Dasselbe gilt für alle anderen Schriftwerke, deren Abdruck unter allen oder unter gewissen Umständen sreigegeben ist; sie sind in den §§ 16, 17, 18 Abs. I, 19 bis 21 LitUrhG. genannt. Dasselbe gilt ferner auch für diejenigen Schriftwerke, die vor der Urheberrechtsgefetzgebuug abgefaßt sind (z. B. die Schriften der alten Griechen und Römer), sowie für diejenigen, deren Schutzfrist abgelaufen ist und die dadurch gemeinsrei geworden sind. Obwohl an ihnen ein Urheberrecht nie bestanden hat oder nicht mehr besteht, kann die Übersetzung doch urheberrechtlich geschützt sein. Sie ist es dann, wenn sie in der oben bezeichnten Weise vorge nommen wird, nämlich auf schöpferischer Geistestätigkeit beruht. Bei den vermischten Nachrichten tatsächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten wird dies kaum möglich sein, da sich der Stoff nicht dazu eignet und der Zweck dieser Schriftwerke regelmäßig nur dahin geht, über Tagesereignisse kurz das Wesentlichste zu berichten. Nur dann wäre es der Fall, wenn z. B. die dichterische Form angewendet wird. Die Hinzu- sügung eigener Gedanken mit Kritik, Vergleichung, Ausblick hebt meistens die Eigenschaft der Übersetzung aus und bringt eine Bearbeitung hervor. Die Übertragung der »einzelnen Artikel« des Abs. 1 8 18 wird sich in den meisten Fällen mit einer bloß wörtlichen Wiedergabe, bei welcher das Wörterbuch die Hauptrolle spielt, nicht ermöglichen lassen, zumal wenn der Verfasser seinen eigenen Stil hat; vielmehr wird hier häufig ein Eindringen in die Gedankenwelt des Verfassers nötig sein; damit der richtige Sinn zum Ausdruck kommt, wird oft eine Änderung und eine Umstellung erfolgen müssen. In noch weit höherem Maße ist dies bei den Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen und unterhaltenden Inhalts des Abs. 2 ß 18 der Fall, bei ihnen wird der Übersetzer meist wissenschaftliche oder technische Bildung oder dichterische Begabung besitzen müssen, damit die Übersetzung dem ursprünglichen Werke an Wert gleichkommt. Hiernach ist eine Übersetzung dann ur heberrechtlich geschützt, wenn sie sich als ein Schriftwerk im Sinne des 8 1 Ziff. 1 des Urheberrechtsgesetzes vom IS. Juni 1901, als das Erzeugnis eigener schöpferischer geistiger Tätigkeit darstellt. Unter Umständen kann auch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten als dem des Urheberschutzes der Nachdruck einer Übersetzung unstatt haft sein (vgl. mein Urheber- und Verlagsrecht S. 131 ff.). Bon ihnen könnte vielleicht der Verstoß gegen die guten Sitten insofern in Frage kommen, als die großen Tageszeitungen viele ausländische Telegramme erhalten, die ihnen große Kosten verursachen, während die Zeitung, welche die über setzten Telegramme nachdruckt, gar keine Kosten hat. Das Urheberrechtsgesetz hat aber mit vollem Bewußtsein den Nach druck von Telegrammen mit vermischten Nachrichten tatsäch lichen Inhalts und Tagesneuigkeiten freigegeben, und ein Nachdruck kann nicht gegen die guten Sitten verstoßen, der ausdrücklich vom Gesetz für erlaubt erklärt ist, sofern nicht besondere Umstände hinzukommen, die eine andere Beurteilung der 'Sachlage erheischen. Die Übersetzung genießt auch dann Urheberschutz, wenn die Befugnis zur Vornahme der Übertragung gesehlt hat (hierüber siehe unten zu 2). Deshalb darf auch eine nicht rechtmäßige Übersetzung nicht nachgedruckt werden. Hat der Übersetzer ohne Befugnis gehandelt, so hat er damit die Rechte des Ver fassers des ursprünglichen Werkes verletzt und ist ihm ersatz pflichtig. Damit ist aber seine Übersetzung, sein Geisteswerk nicht vogelfrei, aus seiner rechtsverletzenden Handlung können andere Personen keine Rechte herleiten. Selbst der Verfasser deslursprünglichen Werkes darf die Übersetzung nicht Nach drucken, er hat nur Anspruch auf Schadenersatz oder im Straf verfahren aus Buße. Das Reichsgericht hat in seiner Ent scheidung vom 5. Januar 1889 (Seusferts Archiv 45, 346) einen Fall behandelt, wo ein dänischer Schriftsteller einem deutschen das Übersetzungsrecht an einem Werke übertragen und später dieses Werk selbst deutsch bearbeitet und in Deutsch land in Verlag gegeben hatte. Der Verleger der Übersetzung verlangte Schadenersatz sowie Einziehung und Vernichtung der Exemplare. Der Ersatzanspruch wurde für unbegründet erklärt, weil der Beklagte in gutem Glauben an die Befugnis zu seinem Verfahren gehandelt habe. Die Einziehung und Vernichtung wurden jedoch verhängt. Das Reichsgericht führte aus, die Übersetzung genieße Schutz auch gegen den Verfasser des Originals, obwohl sie eine sekundäre geistige Schöpfung sei. Der Einwand des Beklagten, daß durch Ein- schaltung neuer Teile und durch Weglassung und Umstellung alter ein neues Werk geschaffen sei, ist nach Vergleichung der Übersetzung mit der Bearbeitung für unzutreffend erachtet, weil die Übereinstimmung sehr groß war. Vgl. auch das Gut achten des preußischen Sachverständigenvereins vom 29. De zember 1840 (Heydemann-Dambach 84) betr. die deutsche Übersetzung hebräischer Bußgebete. Selbstverständlich wird aber der Verfasser des ursprünglichen Werkes durch das Vor handensein einer unbefugten Übersetzung nicht gehindert, seinerseits eine Übersetzung vorzunehmen oder einem anderen das Recht dazu zu übertragen. Das frühere deutsche Urheberrechtsgesetz vom 11. Juni 1870 gewährte der Übersetzung nur dann Schutz, wenn der Verfasser des ursprünglichen Werkes sich das Recht der Übersetzung auf dem Titelblatt oder an der Spitze des Werkes Vorbehalten und die Veröffentlichung der Übersetzung binnen einem Jahre nach dem Erscheinen des ursprünglichen Werkes begonnen und binnen drei Jahren beendet hatte; die Schutzfrist betrug fünf Jahre (§ 6 zu v, § 15). Das neue Gefetz vom 19. Juni 1901 hat dies alles fallen lassen, es behandelt die Übersetzungen genau so wie die anderen Schriftwerke, insbesondere ist ein Vorbehalt nicht nötig, die Schutzfrist beträgt regelmäßig dreißig Jahrs nach dem Tode des Übersetzers (§§ 29 ff.). Das Urheberrecht des Übersetzers hat jedoch nicht die Wirkung, daß es auch dann noch, wenn es nicht mehr besteht, die Rechte des Urhebers des ursprünglichen Werkes beeinträchtigen könnte. Die Dauer des Urheberrechts des Übersetzers richtet sich vielmehr lediglich nach seiner Person. Erlischt daher der Schutz der Übersetzung früher als der des ursprünglichen Werkes, so bleibt letzterer in seinem vollen früheren Umfange bestehen. Hieraus folgt, daß der Urheber oder Verleger des ursprünglichen Werkes nunmehr jedem Dritten die Vervielfältigung, Ver breitung, öffentliche Aufführung der von dem Urheberrecht sreigewordenen sowie jeder anderen Übersetzung verbieten kann (Entsch. des Reichsgerichts vom 8. März/24. April 1909, RGZ. 71, 91, und vom 9. Juni 1909, Juristische Wochenschrift 38, 507, 40). Die in den 16 bis 20 LitUrhG. im allgemeinen Interesse gemachten Ausnahmen von dem Urheberschutz gelten auch für Übersetzungen. So darf eine in einer Zeitung erschienene Übersetzung eines »einzelnen Artikels« (§ 18 Abs. 1) dann in einer anderen Zeitung (nicht in einer Zeitschrift, Gesetz vom 22. Mai 1910) nachgedruckt werden, wenn ein Nachdrucks verbot fehlt; es darf aber der Sinn nicht entstellt und es muß die Quelle deutlich angegeben werden. Bei Ausarbeitungen wissenschaftlichen, technischen und unterhaltenden Inhalts ist der Nachdruck unter allen Umständen, auch ohne Nachdrucks- Verbot, unstatthaft, dagegen bei vermischten Nachrichten tat sächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten auch mit Nachdrucks verbot statthaft. Die 19 bis 21 regeln den Nachdruck einzelner kleinerer Aufsätze und Gedichte sowie einzelner Stellen oder