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256, 3. November 18SS. Nichtamtlicher Teil. 8219 Einladung des Wiener Gremiums unter dessen Vorsitzendem Rudolf Lechner die »zweite Generalversammlung der öster reichischen Buchhändler« in Wien statt. Diesmal waren unter 88 Teilnehmern alle angesehenen Firmen Oesterreichs vertreten, die Ackermann, Artaria, Beck, Braumüller, Credner, Gerold, Hartleben, Helf, Hölzel, Hügel, Karafiat, Klemm, Kober, Lampel, Lauster, Mauz, Mayer, Mercy, Osterlamm, Paterno, Pichler, Seidel, Waldheim, Winiker u. a. Alle damaligen Vertreter dieser Firmen hat der Tod hinweggemäht. Als lebende Zeugen der konstituie renden Versammlung dürfen wohl nur Dase in Triest, Kolck in Troppau, Prochaska in Teschen und Tempsky in Prag gelten. — Der von Lechner eingebrachte Antrag zur Grün dung eines Vereins der österreichischen Buchhändler wurde einstimmig angenommen, ebenso die nach dem Muster des Börsenvereins abgefaßten Statuten. Zu deu wichtigeren Beschlüssen gehörte besonders auch die Gründung eines Vereinsblattes. Vorschläge, Extrarabatt von seiten der Ver leger zu beanspruchen und Rabatt und Kredit beim Publikum einzuschränkeu, fanden Zustimmung. Vielseitiger Art waren die von seiten der Regierung erwarteten Vergünstigungen, die im Laufe der Jahre auch wenigstens teilweise eingetreten sind. In den Vorstand wurden gewählt Lechner, Tempsky und Hölzel. Alle drei Jahre am 1. August sollte eine Haupt versammlung stattstnden, alljährlich eine österreichische Biblio graphie erscheinen. So war denn endlich das lange ersehnte Ziel einer festeren Vereinigung erreicht, und man konnte an den Aus bau des errichteten Gebäudes gehen. Gerold, Hölzel und Lauster nahmen sich durch Besuche bei deu deutschen Verlegern, besonders in Leipzig, Berlin und Stuttgart, der Erwirkung günstigerer Bedingungen für die österreichischen Sortimenter an. — Am 1. Februar 1860 erschien die erste Nummer der »Oesterreichischen Buchhändler - Correspondenz«, deren Redaktion auch die Herausgabe der österreichischen Biblio graphie besorgte. Zunächst waren Hesky, Draudt, Jacob, I. Bermann und I. C. Fischer nacheinander bei der Redaktion beteiligt. — Die Regierung gestattete seit 1860 den be antragten Nachdruck der Gesetze. — Die Mitgliederzahl des Vereins wuchs bald auf über 200. — Der erste Jahrgang des österreichischen Katalogs erschien 1861. —- In der Haupt versammlung von 1862 wurden die Errichtung von Stipendien zur Ausbildung junger Fachgenossen und andere Wohlthätig- keitszuwendungen geplant. — 1865 erreichte man zwar nicht die völlige Abschaffung, aber doch die Einschränkung des staatlichen Schulbücherverlags. Die Generalversammlung von 1868 wurde nach großen politischen Umwälzungen von Mercy mit hoffnungsvollen Worten, auch für die Zukunft des Buchhandels, eröffnet. — Ueber die schon 1859 wiederholt ins Auge gefaßte Be arbeitung eines österreichischen Bücherlexjkons wurde von einer inzwischen erwählten Kommission Bericht erstattet. — Die Herausgabe des alljährlich erscheinenden Katalogs ergab leider ein Defizit. — Wiederum kamen Zahlungs- und Rabattverhältnisse und Maßnahmen in anderen Angelegen heiten zur Sprache. — Malewskis Antrag auf »Aufhebung des geschäftlichen Verkehrs mit jedem an Privatkunden Rabatt gebenden Buchhändler« wurde einstimmig abgelehnt. Die Generalversammlung von 1871 wurde durch Eduard Hölzel eröffnet. — Eingaben an die Regierung hatten meist nur eine mangelhafte Wirkung gehabt, so die unbeschränkte Dauer von Bücherverboten betreffend; etwas erfolgreicher war man mit Bekämpfung der Schleuderei gewesen. Ein Verleger verein, dessen Statuten dieser Versammlung Vorlagen, kam nie zu stände. Der alljährlich erscheinende Katalog ging mit dem 11. Jahrgang (1870) leider ein und fand später nur einen mäßigen Ersatz durch Inhaltsverzeichnisse zu den Biblio graphien der Buchhändler-Correspondenz. Diese selbst erscheint von 1872 ab wöchentlich, bis dahin nur dreimal monatlich. Die Wiener Weltausstellung gab Veranlassung zu einer am 1. September 1873 abgehaltenen, aber nur von 33 Mit gliedern besuchten außerordentlichen Versammlung. Der österreichisch-ungarische Buchhandel erschien auf der Aus stellung zwar im besten Lichte, doch drückten »Krach« und Choleragefahr die Erfolge der Ausstellung nieder. Dominicus stellte den Antrag zur Abschaffung des Kundenrabatts, der durch Ueberweisung an eine aus dem Vorstand, sowie W. v. Braumüller jr., Moritz Gerold und Fr. Tcinpsky bestehende Kommission einstimmig angenommen wurde. Leider wurde in dieser Versammlung beschlossen, daß das 1859 geplante österreichische Bücherlexikon, mit dessen Bearbeitung Jvs. Ber mann vom Vorstände beauftragt und dessen Fertigstellung und Druck schon 1865 beschlossen war, der Kosten wegen ungedruckt bleiben solle. Das Manuskript war Ende 1872 mit 78100 Titeln und 8000 Verweisungen aus den Jahren 1740—1870 vollständig geworden. Der Umfang wurde auf 200 Quartbogen und die Kosten des Drucks bei einer Auf lage von 1000 Exemplaren auf 16000 fl. veranschlagt. Die Finanzen des Vereins gestatteten diese Ausgabe leider nicht. Die später von A. Einsle teilweise alphabetisch geord neten Zettel wurden im Vereinslokale untergebracht. Die von 1874 auf 1875 verlegte Generalversammlung unter dem Vorsitz von Moritz Gerold förderte Eingaben gegen die hohe Zahl der Pflichtexemplare, gegen die Ver leihung von Teilkonzesstonen u. a. zu tage. Carl Konegen beantragte gesetzliche Erleichterungen für den Kolportage- Handel. Die Generalversammlung von 1878 wurde auf 1879 verschoben, weil der Vorsitzende, Gerold, 1878 Juror der Pariser Weltausstellung war. — Die Rabattleiden waren von neuem hervorgetreten. Wilhelm Müller wurde zu einer in gleicher Angelegenheit vom Börsenverein für den Herbst 1879 ausgeschriebenen Delegiertenversammlung nach Leipzig ent sandt. Hier erwartete man Besserung durch die Orts- und Kreisvereine. — Wie die beiden letzten, so waren auch die Generalversammlungen von 1882 und von 1885 äußerst schwach besucht, und es zeigte sich leider eine Erschlaffung im Erstreben gemeinnütziger Ziele. Nichtsdestoweniger wurden auf der letzten Versammlung drei Kommissionen ernannt, und zwar in Sachen der gewerblichen Stellung der Gehilfen, in Sachen des litterarischen Eigentums und des Zeitungsstempels. Karl Gräser beantragte die Gründung von Lehrlingsschulen, wovon noch die Rede sein wird. Die auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Börsenvereins zu Frankfurt am 25. September 1887 erzielten Beschlüsse, besonders hinsichtlich der Einhaltung der Laden preise, wurden auch für den österreichischen Verein maß gebend, der unter Wahrung seiner Selbständigkeit durch engeren Anschluß an den Börsenverein die von ihm gebotenen Vorteile auch für sich zu gewinnen suchte. Diese Reform war eine Hauptaufgabe der General versammlung von 1888 unter Lechners Vorsitz. In dieser, wieder sehr zahlreich besuchten Versammlung wurde der von Carl Graeser und Wilhelm Müller ausgearbeitete neue Statutenentwurf beraten und angenommen. Wie dies schon 1873 und 1875, jedoch vergeblich, angeregt war, wurde der »Verein der österreichischen« fortan in einen »Verein der österreichisch-ungarischen Buchhändler« umgewandelt. Die Pflichten der Mitglieder entsprechen denen des Börsen vereins. Eine jährliche Versammlung wurde beschlossen. Schon am 2. Februar 1889 fand eine außerordentliche Versammlung statt, in der neunzig Firmen vertreten waren. Wilhelm Müller referierte über die noch heute geltenden Bestim mungen für den Verkehr mit dem Publikum. Eine von 1092»