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^ 158, 12. Juli 1910. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 8151 Originalkochbuch Tavidis-Holle herbeizuführen, hat unser Vorstand Klage erhoben, welche infolge gütlicher Vorstellungen des Inhabers obiger Firma damit endete, daß Gebrüder Böhm 20 Buße, sowie sämtliche Kosten bezahlten und sich zur Unterlassung der unrichtigen Angaben verpflichteten.« *Lie Urschrift von Goethes »Wilhelm Meister« (Züricher Goethefund). (Vgl. Nr. 44, 45, 47, 48, 61, 73, 74, 86, 92, 94, 98, 99, 112 d. Bl.) — Aus Weimar wird berichtet: Die Ver öffentlichung des ursprünglichen »Wilhelm Meister« hat jetzt eine glückliche Regelung gefunden. Der Sanitätsrat V ulpius, der als Nachkomme von Goethes Frau neben dem Fürsten von Henckel-Donnersmark der Erbe des Dichters ist und bekannt lich die wiedergefundene Züricher Handschrift erworben hat, hat dieses sein Eigentum zur ersten Publikation den Herausgebern der Großen Weimarer Goethe-Ausgabe, der »Sophien-Ausgabe«, überwiesen, die eben mit ihren mehr als 125 Bänden ihren Ab- schluß erreicht hat. Herausgeber des Bandes wird Professor Harry Maync-Bern sein. Der Gelehrte hat in der Heinemann- schen Goetheausgabe den »Wilhelm Meister« herausgegeben, und eine Bemerkung in seiner Einleitung hat den glücklichen Entdecker der Handschrift, vr. Gustav Billeter in Zürich, auf die Bedeu tung seines Fundes aufmerksam gemacht. * Bücher - Ausstellung im Pathologischen Institut der Universität Erlangen. — Zur Jahrhundertfeier in Er langen hat die dortige Universitätsbuchhandlung Theodor Krische im Pathologischen Institut der Universität eine reich beschickte, interessante Ausstellung von Werken früherer und jetziger dortiger Lehrer der Heilkunde veranstaltet. Im »Erlanger Tagblatt» vom 8. Juli würdigt Fr. Karl Barth dieses verdienstliche Unternehmen einer warmen Würdigung und knüpft den Wunsch nach einer in dieser Richtung auszuarbeitenden Bibliographie an seine Betrachtung an, eine bei dem ruhm vollen Wirken der Erlanger Universität für Bereicherung der medizinischen Wissenschaft gewiß sehr berechtigte Mahnung. Wir lassen seine Ausführungen gern hier folgen: »Es war ein glücklicher Gedanke des Inhabers der Universitäts buchhandlung Th. Krische, aus Anlaß der Jahrhundertfeier eine Ausstellung von Werken früherer und der zurzeit hier tätigen Dozenten der Friderico-Alexandrina zu veranstalten. Auf langen Tischen waren da viele hundert Bände aller Formate und jeden Umfangs aufgebaut, stumme und doch beredte Zeugen, daß die von Herrn Professor Geiger in seiner Festrede betonte Pflicht der Hochschullehrer zur Produktivität von der Mehrzahl der Mitglieder des hiesigen Lehrkörpers allezeit erfüllt worden ist. »Bücher haben, nach dem bekannten Worte, ihre Schicksale, und das ist ihr einzig erstrebenswertes Los, ihr wahrer Daseins zweck. Es gibt aber auch solche, deren einziges Schicksal darin besteht, kaum geboren, im Meer der Literatur zu versinken, ohne auch nur eine Spur einer noch so kleinen Wirkung gezeitigt zu haben. Manche Schriftwerke werden von der Gunst der Zeiten über Verdienst emporgetragen, während andere wiederum un bemerkt bleiben, weil das aufgerollte Problem sich nicht in der Richtungslinie der zeitgenössischen Forschung bewegt, nicht zeitgemäß ist. Viele dieser einst mit heißem Bemühen dem eigenen Geiste ab gerungenen Werke sind heute überholt und vergessen, und sie müssen sich mit einer Art von metaphysischer Existenz begnügen, die man kaum noch Leben nennen kann. Aber wenn man so die mächtigen Büchergeschwader als Ganzes betrachtete, so kam es einem doch deutlich zum Bewußtsein, daß in ihnen sich die gewaltigen geistigen Kämpfe, die das mächtig erregte neunzehnte Jahrhundert durch flutet haben, spiegeln und daß viele wertvolle Anregungen, be deutsame Forschungsergebnisse in ihnen den ersten Ausdruck ge funden haben, um nachher in das geistige Leben der Völker über zugehen und den Kulturreichtum zu vermehren. Wozu noch die unzähligen Spezialuntersuchungen und Detailforschungen kommen, die im einzelnen nur einem kleinen Kreis bekannt geworden, doch als Baumaterial zum stolzen Gebäude der Wissenschaft schätzbar und unentbehrlich sind. »Für den Forscher, den Praktiker und den Studenten mußte diese Bücherschau in gleicher Weise interessant sein. Kam da ein alter Mann, der es im Dienste des Staates weit gebracht hat, und versenkte sich in einen der vergilbten, auf elendestem Zeitungs papier gedruckten Bände, aus denen er sich einst vor 85 Semestern für den »Tag des Gerichts«, wie Gottfried Keller einmal sagt, vorbereitet hat, um sich die Lossprechung zu erzwingen. Wie vieles hat er damals gewußt, wovon er heute keine Ahnung mehr hat! Was ihm aber auf der einen Seite an systematischen Kennt nissen abhanden gekommen ist, das wird auf der anderen über reichlich ausgewogen durch die im Laufe des Lebens erworbene Welt- und Menschenkenntnis, durch das Verständnis der großen Zusammenhänge und durch die Fähigkeit zu rascher Orientierung. Alles Wesentliche hat er sich assimiliert und den Nest als für ihn unnütz ausgeschieden. Der Kunst des Lernens muß sich die andere des Vergessens gesellen, sonst wird man ein wanderndes Lexikon. »Und zur selben Zeit umspielte ein ''ast verächtliches Lächeln das frische Gesicht eines jungen Studenten in den ersten Semestern, als er beim Blättern in einer der aufgelegten Schriften einen Professor und Mitglied zahlloser Akademien im Jahre 1825 An schauungen vortragen, Behauptungen aufstellen sah, deren Vertre tung ihm heute im Examen einen glatten Durchfall eintragen würde. Glücklich im Besitz von Kenntnissen, die noch nicht erworben und zur Erkenntnis geworden sind, fehlt ihm noch jener Respekt vor den überwundenen Forschungsergebnissen vergangener Epochen, der sich erst auf einer höheren Stufe wissenschaftlicher Erkenntnis einzustellen Pflegt, dann nämlich, wenn man es unternimmt, die organische Entwicklung eines Problems von seinem ersten Auf treten bis zu seiner Lösung festzustellen. Da wird man gerecht gegen den »Irrtum« in der Wissenschaft, der sich so häufig als äußerst förderlich erweist. »Es gab in dieser Sammlung wahre Leckerbissen für den Bibliophilen. Da waren — um nur ein Beispiel zu geben — von Herrn Bezirksarzt Bischofs zwei kleine Bände zur Verfügung gestellt, deren Titelblatt in sauberster Schrift die Worte enthält: leones plantarurn ack tompus a ns^odiis liberum expleuckum, (»Pflanzenbilder, die, um die von Geschäften freie Zeit auszu füllen, in den Morgenstunden gezeichnet und koloriert hat Adalbert Schnizlein«) 1830—1831. Auf über 100 Blättern kleinen Formats (10x13 ein) geben sie unsere Feld-, Wiesen- und Waldblumen mit solcher Genauigkeit, mit einer so liebevollen Freude am Detail und in einer solchen leuchtenden, ganz frisch anmutenden Pracht der Farben wieder, daß sie, abgesehen von ihrem wissenschaftlichen Wert, wahre kleine Kunstwerke darstellen, die zu betrachten dem Auge ein Genuß ist. Man braucht von dem Künstler, der hier 1846—68 als Professor der Botanik gewirkt hat, nichts zu wissen, und kann sich dennoch unter dem Eindruck dieser entzückenden Blätter ein Bild von seiner Persönlichkeit machen, die eine höchst sympathische gewesen sein muß. »Fast alle diese Bände gehen nun nach kurzem Verweilen in ihrer eigentlichen Heimat wieder in die Fremde. Hoffentlich ent schließt sich aber der Veranstalter der Ausstellung, unter Be nutzung der hier in Erlangen erschienenen Tagesblätter und Zeitschriften und mit Hilfe des gesamten bibliographischen Apparats eine genaue Bibliographie sämtlicher von Erlanger Dozenten in der bayerischen Zeit herausgegebenen Druckschriften herzustellen, wodurch das grundlegende Werk von Geheimrat v. Kolde eine sehr glückliche Ergänzung erfahren würde. Kein Zweifel, daß eine solche Untersuchung noch vieles bisher Unbekannte zutage fördern und ein gut Teil davon sich auch noch irgendwo in einer Bibliothek Nachweisen lassen würde. Mäzene für solche Zwecke, die geneigt wären, solche für Erlangen wichtige Schriften zu sammeln und sie der hiesigen Bibliothek zu überweisen, gibt es wohl nicht mehr? Jedenfalls stellen sie sich tot. Schade! Hier wäre eine vortreffliche Gelegenheit, sich Freunde zu machen mit dem schnöden Mammon! Fr. Karl Barth.« * Graphische AuSstellang in Leipzig. — Die graphische Ausstellung in Leipzig, auf die hier vor kurzem hingewiesen wurde, wird vom 21. Oktober bis 4. Dezember d. I. im Deutschen Buchgewerbemuseum stattfinden. Als Termin für Anmeldung und Einlieferung ist der 10. Oktober festgesetzt. Uber die ein gelieferten Kunstwerke wird eine Jury entscheiden, die sich zu sammensetzt aus den Herren Max Klinger, Leopold Graf von Kalckreuth, Max Slevogt, Hans von Volkmann, Max Seliger, Bruno Heroux, O. R. Bossert, A. Leistner, vr. Schinnerer. Zur 1059'