Volltext Seite (XML)
Börsenblatt s. d. deutschen Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 7029 bergs letzte Mittel erschöpft. Den Mainzer Syndikus vr. Konrad Humery schildert er als einen wohlbemittelten, lebens frohen und gutherzigen Charakter. »Ihn mag die Erkenntnis von dem großen Verdienst Gutenbergs, sowie der Unwille über das Gebaren Fusts und Schössers veranlaßt haben, dem elfteren in seiner bedrängten Lage beizuspringen, indem er ihm seine Druckerei abkaufte und ihn mit der Herstellung eines neuen großen Druckes, des Catholicon, beauftragte, das als ein damals sehr beliebtes encyklopädisches Nachschlage werk für ihn selbst hinsichtlich des Erfolges die besten Aus sichten bot.- Diesen vermutlichen Verkauf setzt Zedler in das Jahr 14S7. und die Type für das Werk sei eigens ange fertigt worden. Während des Druckes war die Bischoss- sehde zwischen Diether von Mainz und Adolf von Nassau ausgebrochen <1461). und Humery. der das Haupt der Dietherschen Partei war, habe jetzt sein Geld für politische Zwecke nötig gehabt und den Apparat des Catholicon nebst der noch vorhandenen Auslage des Druckes an Heinrich Bechtermünze in Eltville — wohl einen Bekannten oder Freund Gutenbergs — verkauft. So verzog letzterer 1461 aus Mainz nach dem genannten Orte. Aus der von Gutenberg geleiteten Druckerei der Bechter münze gingen drei mit der Catholicontype hergestellte Drucke hervor: der traotatas raeicwü et eonsoientiae des Matthäus de Cracovia und zwei Ausgaben von Thomas von Aquins Lamma ck« srticulis tick«. Allen dreien, wie auch dem Catholicon, fehlte jeglicher Druckername, was Zedler mit einem wahrscheinlichen Verbot des Bischofs Adolf erklären zu können glaubt. »Die Vermutung, daß Adolf von Nassau den Druckern, die Humery die von Gutenberg hinter- lassenen Typen abkausten, ausdrücklich untersagt habe, die mit den Gutenbergschen Typen hergestellten Drucke als ihre eigenen zu bezeichnen, wo es doch dem Manne, dem die neue Kunst verdankt wurde, nicht vergönnt gewesen war. in den von ihm selbst damit hergestellten Drucken sich als den Schöpfer dieser Typen zu nennen, ist doch, wie ich ineine, durchaus nicht unwahrscheinlich. Nur ein solches Verbot würde uns jenes auffällige Verschweigen des Druckernamens in den erwähnten Drucken wirklich erklären.- Man hat bisher fast allgemein angenommen, daß die Einnahme der Stadt Mainz durch Adolf von Nassau im Jahre 1462 der Anlaß zur Ausbreitung der Buchdruckerkunst geworden sei. indem die Gehilfen sich in alle Weltgegenden zerstreut hätten. So bedeutungsvoll erscheint Zedler die Ver nichtung der Stadt nicht. Damals habe es in Mainz nur eine einzige Druckerei gegeben, die Fust-Schöffersche. die auch dann noch fortbestand. Pfister war nach Vollendung der sechsunddreißigzeiligen Bibel nach Bamberg übergesiedelt (vor 1460). und Mentel. der frühere Gehilfe Gutenbergs, hatte Liesen wohl noch vor Inangriffnahme des Catholicondruckes verlassen, lleberhaupt verbreitet sich die Buchdruckerkunst erst 1464 und insbesondere gegen Ende der sechziger Jahre in größerem Maßstabe. Diese Thatsache scheint Zedler mit dem Aufhören der Druckerthätigkeit und dem Tode des Meisters in ursächlichem Zusammenhang zu stehen. So erwähnt er. »daß Konrad Sweynheim. der 1464 mit Arnold Pannartz die Druckkunst zuerst über die Alpen brachte, durchaus nicht aus Schwanheim bei Frankfurt, wie man ohne weiteres be hauptet. zu stammen braucht. Nach einer im Staatsarchiv zu Wiesbaden befindlichen Eltviller Urkunde vom 20. Februar 1461 war damals eine Familie Sweynheim. die natürlich ursprünglich aus jenem Schwanheim hergezogen war, in Eltville ansässig. Da liegt doch die Vermutung nahe, daß auch der Drucker aus Eltville stammt und dort unter Guten berg in der Druckerei des Heinrich Bechtermünze seine Kunst erlernt hat.- Zeoler glaubt, daß Humery zwar die Catholicontype AchtundsechzWir Jahrgang. 1460 verkauft habe, ist aber gezwungen, anzunehmen. daß jener das übrige Gutenbergsche Druckgeräl dagegen behalten habe; denn bei Ausstellung des bekannten, nach Gutenbergs Tod geschriebenen Reverses vom 24. Februar 1466. worin er dem Bischof verspricht, das von Gutenberg stammende Druck gerät nur in Mainz zu verwenden und eventuell an dortige Bürger zu verkaufen, muß es ja noch in seinem Besitz ge wesen sein. Es ist jedenfalls etwas Auffälliges dabei, daß Humery eine ganze Anzahl Typencharaktere ankauft, aber sie nicht verwendet, sondern zum Druck seines Werkes eine neue Type unfertigen läßt, und daß er, um Geld in die Hand zu bekommen, nur diese neue Type verkauft, alles andere aber behält Denn das nach Gutenbergs Tode noch in Humerys Besitz befindliche Druckgerät bestand nach Zedler aus der zweiundvier- zigzeiligen Titeltype, der einundüreißig- und dreißigzeiligen Ablaßbrieftype, »und, wie der Druck des Rosenthalschen sxseialo vermuten läßt, der von Schösser früher in der Gutenberg-Fustschen Druckerei hergestellten kleinen Psalter type, soweit sie damals vor dem Bruch zwischen Gutenberg und Fust fertig geworden war- Von diesem Letternmaterial erwarb nach Zedlers Annahme Schösser die Bibeltype, machte aber nur noch selten von ihr Gebrauch (warum kaufte er sie denn?). Auch war er ja noch im Besitz derselben Lettern, mit welchen er die Bibel gedruckt hatte. Die einunddreißig - zeitige Ablaßbrieftype kaufte Nikolaus Bechtermünze in Eltville und druckte damit die dritte Ausgabe seines Vocabul»rius klr qao und die sllnfunddreißigzeilige 8uwm» ckv artioalis ück-i des Thomas von Aquin. Die dreißigzeilige Ablaßbrief type ist weiter nicht nachweisbar. Ihre S-Type glaubt Zedler aber in dem Bechtermünzeschen Vocabularius wieder zuerkennen. Die Type des Rosenthalschen Missale endlich ging an den unbekannten Drucker dieses Werkes über, als welchen Zedler den Chorherrn von Beromünster, Elias Heyle von Laufen, vermutet, der vielleicht von Ulrich Gering, einem der drei ersten, wahrscheinlich in Beromünster geborenen Pariser Drucker, die Anleitung erhalten habe. Nun bleibt noch der Rest der Gutenbergschen Hinter lassenschaft. der in dem Humeryschen Revers »instrnmovt, go- LLurve vnck aackers ru ckem trnelcrverolr gedorenäe- (Meß instrument. Presse und sonstiges Setz- und Druckmaterial) genannt wird, unterzubringen. Zedler hält die Kogelherren (d. h. die Brüder des gemeinsamen Lebens) zu Marienthal im Rheingau. in der Nähe von Mainz, für die Erwerber. Sie hatten sich 1463, von Köln kommend, dort niedergelassen, und ihr erstes bekanntes Werk erschien 1468. — Die siebente und letzte Studie Zedlers beschäftigt sich mit der Gelthußschen Inschrift für Gutenberg, so genannt, weil darin Adam Gelthuß. ein Verwandter des Erfinders, als derjenige genannt wird, der dem letzteren ein Denkmal gesetzt habe. Die Inschrift ist in einer Art Jubiläumsschrift zu Ehren des ersten Rektors der Heidelberger Hochschule, des Marsilius von Jnghen. abgedruckt; von ihrem Original ist nichts bekannt. Zedler hält, im Gegensatz zu Falke, die In schrift thatsächlich für die Abschrift von einem Denkmal, das Gelthuß in der Pfarrkirche zu Eltville habe setzen lassen. — Die Veröffentlichung Zedlers ist, wie schon aus den vor stehenden Mitteilungen darüber hervorgeht, im wesentlichen Kleinarbeit des Forschers, aus der sich aber überraschende Schlüsse auf den Lebensgang Gutenbergs und seiner Schick sale ergeben. Im wesentlichen handelt es sich um Typen vergleiche. Schlußschriften u. ä.. worauf die vielfach recht ein leuchtenden Vermutungen Zedlers sich stützen. Freilich wird wohl manche von seinen Annahmen, wie schon bei Einzel heiten angedeutet wurde. Anfechtungen erfahren, aber seine Arbeit bedeutet unbedingt einen schätzbaren Fortschritt auf dem noch recht dunklen Gebiete der Anfänge der Buch druckerkunst. G. Hölscher. 928