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135, 12. Juni 1925. Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 9547 deinem anderen Blatte als in dem »Holzmavkt« bekanntzugeben. Mit Brief voin 8. November 1919 verlangte der Verlag des »Holzmarkts« vom Weimarischen StaatsminDerium s'lir di« Zukunft die Bezahlung der Holzverkaufsbekanntmachungen. Dieses Verlangen wurde mit der inzwischen eingetretenen Steigerung der Papierpreise und der Löhne begründet. Die Gebietsregierung Weimar, deren Rechtsnachfolger der Thüringische Staat ist, erhob Klage gegen den Verlag des »Holzmarkt« auf Feststellung der Vertragsdauer und au>f Erfüllung des Vertrags. Nachdem das Landgericht Berlin die Klage abgewiesen hatte, erkannic Las Kammergericht zu Berlin auf Feststellung, daß der im Juni 1916 zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag zu Recht fortbesteht und der Beklagte verurteilt wird, die Holzverkaufsbekannt- machungen der Weimarischen Forstrevierverwaltungen auch fernerhin in Gemäßheit dieses Vertrags unentgeltlich in angemessener Form und Größe und unter Hervorhebung ihres amtlichen Charakters in feine Zeitung »Ter Holzmarkt« aufzunehmen und dies« Zeitung allen 'Holzhändlern, Firmen uud Käufern von Handelsholz, die ihm von de» Gorstbehörden des Thüringischen Staates namhaft gemacht werden, sowie den beiden Forstreserenten uud allen Fvrstrevierverwaltungen des Thüringischen Staates in sämtlichen Nummern in je einem Exem plar zuzustellen. — Tie gegen dieses Urteil beim Reichsgericht eingelegte Revision des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben und vom VI. Zivilsenat des höchsten Gerichtshofes zurückgewicsen worden. Die r e i ch s g e r i ch t l i ch e n E n t s ch e i d u n g s g r ii n d e hierzu besagen unter anderem folgendes: Der Annahme des Kammer gerichts, ein auf unbegrenzte Zeit geschlossener Werkvertrag entbehre nicht der Rechtswirksamkeit, ist nicht entgegenzutreten. Das Reichs gericht hat wiederholt die Gültigkeit schuld rechtlicher Verträge von unbegrenzter Dauer bejaht. Daß ein auf unbestimmte Zeit geschlos sener Werkvertrag im einzelnen Falle gegen die guten Sitten verstößt und aus diesem Grunde nichtig ist, ist nicht ausgeschlossen. Aber eine solche Annahme wird hier weder durch den Inhalt des Vertrags noch durch die Umstände, unter denen er zustande kam, gerechtfertigt. Eine unzulässige Einschränkung der persönlichen und geschäftlichen Freiheit ist in dem Vertrag nicht zu finden, der nach den Feststellungen des Berufungsrichters erhebliche Vorteile für den Beklagten bot. Kann chm die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden, so steht chm die Kündigung wegen eines wichtigen Grundes zu. Die Vorschrift des § 9 ZPO. hat der Berufungsrichter nur als Beispiel dafür angeführt, daß der Gesetzgeber mit dem Vorhandensein von Verträgen mit unbegrenzter Dauer rechnet, nicht als gesetzliche Stütze für die Möglichkeit von Werkverträgen von unbegrenzter Tauer. Diese folgert er ohne Nechtsirrtum daraus, daß bestimmte Zettgrenzen für den Werkvertrag, im Gegensatz zu einzelnen anderen Verträgen, nicht gegeben sind. Tie Unwirksamkeit langjähriger Bierentnahmeverträgc ist von der Rechtsprechung stets nur beim Vorliegen besonderer, hier nicht in Frage kommender Gründe angenommen worden. Was die Revision gegenüber der Verneinung eines wichtigen Grundes geltend macht, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiete. Ter Berufungs richter hat keineswegs die Regeln über Schadenersatz und Vvrteilsaus- gleichung verletzt, sondern ausdrücklich, unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen E. fcstgestcllt, daß die gesteigerten Herstellungskosten gegenüber dem geschäftlichen Übergewicht, das der Beklagte durch die Monopolstellung erlangt hatte, keine Rolle spielten. Die Bemerkung des Berufungsrichters, daß das Monopol möglicher weise keinen feststellbaren Handels- oder Tauschwert habe, steht in keinem uulöslichen Widerspruch mit der weiteren Bemerkung, daß die Einräumung der Monopolstellung einen wenigstens schätzungsweise in Geld ausdrückbaren hohen Vermögcnswert für den Beklagten ge habt habe. Keinesfalls steht mit der obigen Bemerkung die Fest stellung in Widerspruch, daß den gesteigerten Lasten des Beklagten so große Vortelle gegenüberstehen, daß bei angemessener Berücksichti gung der Interessen beider Teile ein wichtiger Grund, der den Be klagten zur Kündigung berechtige, nicht angenommen werden könne. IVl 2/25. — 27. März 1925.) K. M.-L. Zeitungsvcrbot im besetzten Gebiete. — Unter Anwendung des Er lasses Nr. 232 verbietet der Komm. General der Truppen in den Ge bieten der Ruhr und des Brückenkopfes Düsseldorf für eine Zeit von 3 Monaten ab 26. Mai die »N h e i n i s ch - W e st f ä l i s ch e Zei tung«, herausgegeben in Essen, wegen des Artikels: »Hindenbucg und die Türkei«, erschienen in ihrer Nr. vom 11. Mai 1925. und hin sichtlich einer Stelle, deren Ausdrücke die Würde Frankreichs und seiner Armee verletzen. Beschlagnahmte Druckschrift. — Mit Beschluß vom 18. 5. 1925 hat das Amtsgericht in Leipzig, Abt. III 6. die im Verlage von Curt Oberländer in Leipzig 1926 erschienene Schrift: »Graziö ses, Pikantes. Derbes, Galantes, erzählt in Schwän ken, Späßen und Satyr en . . .« in ihren verschiedenen Aus gaben, sowie den Prospekt hierzu wegen Unzüchtigkeit be schlagnahmt. 8t I V 765/25. Leipzig. 3. Juni 1925. Der Staatsanwalt. ^Deutsches Fahndungsblatt, 27. Jahrgang Nr. 7001 vom 9. Juni 1025.) öpreWlll. Auch ein Weg zu Deutschlands Aufstieg! Gute Bücher sind die besten Freunde! Das ist eine alte Wahrheit. Nur geistlose Menschen, die mit sich und ihrer Zeit nichts anzusangen wissen, besitzen und lesen keine Bücher. Der Geschmack ist verschieden, und es gibt wohl kaum zwei Bücherfreunde, die die gleichen Bücher besitzen. Gewiß ist es zur Allgemeinbildung notwendig, daß jeder mann wenigstens die hauptsächlichsten Bücher der Kultur-, Welt- und Kunstgeschichte kennt. Aber nicht nur diese Bücher sollte man kennen. Was wäre Deutschland wohl, wenn wir nur eine kleine Bücherpro duktion hätten, oder wenn wir so viele Analphabeten besäßen wie beispielsweise Rußland? Bücher sind ja gerade die Mittel, um der breiten Masse Bildung, Aufklärung, Unterhaltung, Belehrung usw. zu geben. Und es ist schätzenswert und wird auch überall in der Welt anerkannt, daß der deutsche Buchhandel in dieser Hinsicht mit an der Spitze marschiert. Der deutsche Leser und jeder Ausländer, der Dcrttsch versteht, findet in jeder guten Buchhandlung alles, was sein Herz begehrt. Jeder Geschmacksrichtung ist Rechnung getragen. Dabei findet der deutsche Verleger, was ferner nicht zu unterschützen ist, immer das heraus, was für das Volk nützlich und lesenswert ist. Daher besitzen wir auch im deutschen Buchhandel diese ausgedehnte Anzahl wirklich guter, brauchbarer und wertvoller Bücher. Abgesehen von der seichten Lektüre, die auf den Markt geworfen wird und die das gedankenlose Publikum verschlingt und — hoffentlich — ohne Schaden verdaut, ist man doch in allen Verlcgerkreisen ernsthast be müht, die nötige Aufklärung und Belehrung durch gute Bücher unter das Volk zu tragen. Und wenn man jetzt deutlich bemerkt, daß das deutsche Volk nach den schweren Kriegsjahren und den nervenzerrüt tenden Nachkriegs- und Jnflationsjahren sich wieder auf sich selbst zu besinnen beginnt, so ist dies nicht zum wenigsten dem deutschen Buchhandel zu verdanken, der durch seine Produktion das Volk auf rüttelt. Wo wären wir heute wohl, wenn wir z. B. keine ausklärenden Bücher über den Versailler Vertrag, über die Ungerechtigkeit einer Zerstücklung rein deutscher Gebiete, wie Oberschlesien, Rhein- und Ruhrlande usw., hätten? Wie würde es wohl heute viel schlimmer in unserm lieben deutschen Vaterlande stehen, wenn das Volk sich gleichgültig über diese Dinge hinweggcsetzt hätte und nicht aufgepeitscht worden wäre zur Selbsterkenntnis und zur Selbstbesinnung durch die Macht der Bücher? Wie der deutsche Buchhandel in dieser Beziehung segensreich wirkt und auch immer einen starken Einfluß auf alle Volkskreise ausüben wird, so sollte er auch mehr achten aus andere Dinge, die dem Volks körper heute schädlich sind und die ohne entsprechende Aufklärung nicht auszumerzen sein werden. Das deutsche Volk soll nicht nur in geistiger Hinsicht gesunden, sondern es muß auch körperlich gesund, stark und leistungsfähig werden. Dazu gehört in erster Linie, daß jeder Deutsche heute mehr denn je auf seine Lebensweise achtet und alles vermeidet, was ihm uud dem gesamten Volkskörper schäd lich ist. Und hauptsächlich unser Nachwuchs, unsere Jugend, sollte immer und immer wieder darauf hingemiesen werden, daß nur das Volk einen Kulturrang einnehmen kann, welches geistig und körperlich auf der Höhe ist. Der deutsche Buchhandel sollte noch viel mehr als bisher durch aufklärende, belehrende und unterhaltende Schriften unsere Jugend anhaltcn, das hohe Ziel zu erstreben. Betrachten wir nur einmal den hohen Schaden, den das Volk durch die Volkskrankheit, die Tuberkulose erleidet. Was wird hier getan? Man schreibt große Fachbücher über das Wesen und die Behandlung der Tuberkulose, die nur der Arzt, also der Fach mann versteht. Der Laie wird aus den Büchern wenig lernen. Er 1266*