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15918 Börsenblatt b. Lychn. Buchhanbc. Mchtamtlicher Teil. 28S, 12. Dezember 1912. eingeleitcte, riesig noble Band kostet nur 6.— und sollte dem Kunsthandel nicht nur ein aufrichtig zu empfehlendes Objekt des Verkaufes, sondern auch des eigenen Studiums werden. Was den Kunfthandel noch besonders interessieren wird, ist, daß man in vielleicht absehbarer Zeit von seinen Angehörigen einen Befähigungsnachweis verlangen wird, den Kunsthandel auszuüben. Der Gedanke ist aus den Kreisen der Kunstvereine gekommen^ und es ist sicher, daß die Herren sehr stolz darauf sind. Nun muß man zugeben, daß der Kunsthandel Elemente aufweist, denen man lieber sonstwas zu tun em pfehlen möchte, die kaum ein richtiges orthographisches Deutsch schreiben, geschweige denn sonst die nötigen Qualitäten für diesen ganz gewiß nicht mit all und jedem Geschäft auf eine Stufe zu stellenden Beruf aufweisen. Ja, es ist sicher, daß dem Kunsthandel die Schädlinge in seinen eigenen Reihen, daß ihm die unfähigen und zum Teil auch unwürdigen Angehörigen des Standes Wohl bekannt sind. Aber wo die Gewerbefrei heit die gesetzliche Handhabe genommen hat, kann nur eine Selbsthilfe darin gefunden werden, daß die wirklichen Stützen des Standes der Organisation nicht fernbleiben. Selbstverständlich ist es bequemer, sich aufs hohe Rotz zu setzen und zu sagen, Herrgott, ich danke dir, daß ich nicht bin wie andere, oder: ich habe das nicht nötig, mich anzu schließen, mir geht es so ausgezeichnet. Aber schön ist das unter keinen Umständen, und es kann keine allzu hohe Meinung von Standesgefühl und Standesehre erwecken, übrigens, da die Anregung, den Kunsthändlern einen Befähigungsnachweis abzuverlangcn, aus den Reihen der Kunstvereine kam, kann man getrost den Spieß umdrehen und das gleiche tun. Es ist, das wollen wir uns ganz bestimmt nicht verhehlen, auch dort nicht alles ganz prima. Und auch dort wird die maßgebende Stimme oft von Leuten geführt, deren Befähigungsnachweis nicht immer sehr glänzend aussallen würde. Das Niveau der Kunstvereine und ihrer Vorstände, selbstverständlich mit rühm lichen Ausnahmen, ist keineswegs immer das höchste. Und es besteht im Deutschen Reiche manche Kunsthandlung, deren Organisation und deren geistige Leiter es mit denen der Kunstvereine gern aufnehmen, soweit sich ihre Interessen sphären überhaupt berühren. Vielleicht auch noch sie über treffen. Stuttgart. Arthur Dobsky. Buchhandel und Volksbildung von Walter Aßmus <Nr. 451/452 der Broschürensammlung »Kultur und Fortschritt,). 24 S. 8°. Gautzsch b. Leipzig, Felix Dietrich. 50 H ord. Der Bersasscr ist durch seine in der Hilft erschienene Behand lung des Gegenstandes bereits weiteren Kreisen des Buchhandels bekannt. Er gehört zu denjenigen Leuten, die in Wort und Schrift für den Kamps gegen den Schund und für eine stärkere Anteilnahme des Sortimenters am Volksbtldungswesen etntreten. Obgleich man ans dieser Broschüre den Eindruck gewinnt, daß der Verfasser die Zwischenzeit benutzt hat, sich über die Verhältnisse im Buchhandel gründlicher, als er cs vordem getan, zu tnsormieren, so merkt man doch, Laß er von der tieferen Durchdringung des Gegenstandes noch weit entfernt ist und eine gewisse Verwandtschaft mit jenen Herren Lehrer aufweist, die den Sortimentsbuchhandel nach ihrem Geschmacke reformieren möchten und sich dabei in Dinge einmischen, von denen sie nicht viel verstehen. Aßmus ist gezwungen, neuer dings dem Buchhandel einige Konzessionen zu machen: man merkt, cs wird ihm nicht leicht, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Er laviert zwischen de» Ziele» der Volksbildungsbewcgung und der Stellungnahme des Buchhandels zu diesen Fragen hin und her, ohne dabei etwas Neueres herauszuftnden, als daß es gut sei, wenn die feindlichen Parteien einmal Frieden machen und sich vereinigen würden. Allerhand praktische, zum Teil aber auch recht utoptsttsch anmutende Vorschläge finden sich außerdem in diesem Büchlein, das uns nicht viel mehr zu sagen hat als was wir bereits wissen. Kleine Mitteilungen. Nobelpreise. — Die Verteilung der Nobelpreise erfolgte in Stockholm am tll. Dezember, am Jahrestage des Todes des Stifters Alfred Nobel, mit den üblichen Feierlichkeiten. Vier von den fünf Preisträgern waren anwesend, nämlich Grignard-Nancy und Sabatier-Toulouse für Chemie, Carrel-New Dort sür Medizin und Gerhart Hauptmann für Literatur. Der Preisträger für Physik, 'Ingenieur Dalsn-Stockholm, war als Opfer eines schweren Unglücks während eines Experi ments verhindert, zu erscheinen, und wurde durch seinen Bruder vertreten. Aus der Hand des Königs empfingen die Preisträger den Preis, der sich dieses Jahr aus 19S999 Ares, be ziffert, das Diplom und die Goldene Medaille. Die Verteilung des Literaturpreises an Gerhart Hauptmann war von starkem Beifall begleitet. Wie weiter gemeldet wird, hat das Nobelpreis- komitce beschlossen, den diesjährigen Friedenspreis nicht zu verteilen. Der Betrag wird sür das nächste Jahr zurückbehalten. »Der vaterländische Gcdantc i» der Jugendschristenlltcratur«. — Zu der Anzeige der vorstehenden Schrift durch Herrn Justus Pape in Nr. 284 teilt uns Herr Hermann Hillger Verlag, Berlin, mit, daß er Interessenten gern eine von Herrn Hans Brunckhorst unter dem Titel »Material zur Richtigstellung der Unwahrheiten und Entstellungen in der Broschüre ,Der vaterländische Gedanke'« verfaßte Antwort kostenlos zur Verfügung stelle. Pcrsonalnachrichten. Ordensverleihung. — Der Kaiser von Rußland hat dem Königlich Sächsischen Hosrat Herrn vr. jur. Hermann Credner in Leipzig, dem früheren langjährige» Besitzer der Verlagsbuchhandlung Veit L Comp., das Kommandeurkreuz des St. Stantslausordens verliehen. Karl Justi f. — Der Senior der deutschen Kunst historiker, Geh. Ncg.-Rat Prof. vr. Karl Justi, Ehrenbürger der Stadt Bonn, ist am 19. Dezember in Bonn im 81. Lebens jahre gestorben. In ihm verliert die deutsche Kunstwissenschaft einen ihrer Begründer, die deutsche Kultur einen Mann, der, nicht in lauter Erziehungsarbeit, sondern aus le bendiger Tradition schöpfend, in stillen Büchern Kultur ge wirkt hat wie wenige seiner Zeit. Justi war seinem Studiengange nach Philosoph jer war Ordinarius der Philosophie in Marburg, als er als Nachfolger Springers 1872 aus den kunst- historischen Lehrstuhl von Bonn berufen wurde), und er hat mit dem Geiste seiner Wissenschaft die andere Wissenschaft, zu der ihn feine berühmte, grundlegende Biographie Winckclmanns (IMS—72) geführt hatte, zu durchdringen verstanden. Er schrieb ferner be deutsame Werke über Raffaels »Verklärung Christi«, über Murillo, Michelangelo, Velasquez und mehrere Monographien über nieder ländische, spanische und italienische Kunstgeschichte. Der Schwerpunkt von Justis wissenschaftlicher Wirksamkeit liegt in den obengenannten biographisch-kunstgeschichtltchen Werken, deren Vorzüge allgemein anerkannt sind. Allen kunstgeschichtltchen Arbeiten Justis gemein sam ist die Hervorhebung des kulturhistorischen Elementes, auf dessen Erforschung er große Sorgfalt verwendete, und in dessen Darlegung er eine besondere Meisterschaft entfaltete. Nach dreißig jähriger Lehrtätigkeit war er 1991 in den Ruhestand getreten, am 22. Dezember 1909 konnte er sein goldenes Doktorjubiläum feiern, bei welchem Anlaß die Stadt Bonn den hervorragenden Kunst gelehrten zu ihrem Ehrenbürger ernannte. Alfred Genzmcr f. In Halle a,S. starb im Alter von kil Jahren Geheimer Medizinalrat Professor vr. Alfred Genzmer, außerordentlicher Professor der Chirurgie an der Universität Halle, einer der bedeutendsten und bekanntesten Operateure Deutschlands. Seine Hauptwerke sind: »Die Sinnes wahrnehmungen der Neugeborenen« j 1878), »Die Hydrocele und ihre Behandlung durch den Schnitt bei antiseptischer Wundbehandlung« (1875), »Uber septisches und aseptisches Wund fieber« szusammen mit Volkmann, 1877). Sein -Lehrbuch der speziellen Chirurgie« >1888) ist an allen deutschen Universitäten verbreitet. Seine Bedeutung als Fachschriststcller wurde 1889 von der k. k. Gesellschaft der Arzte in Wien dadurch gewürdigt, daß sie ihn zum korrespondierenden Mitglied ernannte. Die kaiserlich leopoldinisch - karolinische deutsche Akademie der Naturforscher in Halle nahm ihn 1898 als Mitglied aus.