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^8 81, 9. April 1912. Nichtamtlicher Teil. Börlillblntt s. d. Dtschn. B«chl,»nd-l, 4117 15 Bogen Satz, Druck, Papier und Buchbinder ä Bugen ^ 60,— 900,— 30°/» Rabatt für das Sortiment 900,— 207» Honorar 600.— 50 Rezensionsexemplare ä 1,50 75,— Gesamtausgaben 2475,- Bleiben also demnach noch .4/ 525,—, für die der Verleger natürlich eine recht umfangreiche Propaganda entfalten mnß und von denen er außerdem noch seine allgemeinen Spesen decken soll. Wir wissen, daß die meisten Autoren heute nicht mehr in Wölkenkuckucksheim wohnen, daß sie vielmehr in der Arithmetik sehr gut zuhause sind, Datz sie im Widerstreit der konkurrierenden Interessen ihre eigene Sphäre verteidigen, kön nen wir ihnen nicht verargen. Wir haben aber allen Anlab, irrtümliche Anschauungen, die ins Publikum hineindringen können, schon gleich im Anfang richligznstcllcn, also nicht die Meinung aufkommen zu lassen, daß der Sortimenter, denn der ist für die meisten schlechtweg der Buchhändler, 40—507° verdienen würde. Wir haben aber auch alle Ursache, der Be hauptung, daß »fast alle Verleger aus dem für sie selbstver ständlichen Standpunkt stehen, daß Papierlieferant, Drucker, Buchbinder usw, vor dem Verfasser zu befriedigen sind«, die Tatsache entgegenzusetzen, daß zwar nicht fast alle, Wohl aber sehr viele Autoren Vorschuß verlangen, auch wenn sie noch nicht einmal den ersten Bogen Manuskript abgeliefert haben. Zu sol chem Aufklärungsdienst wäre aber ein Sekretär nötig, und wenn er diesen Posten auch nur im Nebenamt versehen würde. Er würde allmählich ein wichtiges Glied im Buchhandel werden, da er es wohl am besten vermöchte, durch kleine Auf sätze und durch gelegentliche Abwehr, sei es in Angelegen heiten der erwähnten Art oder in Übergriffen bei der Zensur oder sonstigen, das Interesse des Publikums am Buch und was mit ihm zusammenhängt zu Wecken und zu erhalten. Er könnte auch in eine Fehde eingreifen, die gegenwärtig hier in München die Gemüter erhitzt: in den Kampf um die Rcklamcmarken, Er wird von der lieben Schuljugend, unter der eine richtige Massensuggestion grassiert, mit einer bewun dernswerten Ausdauer geführt. Trotz aller Abweisung, trotz häufiger Konfiskation ihrer Sammelheste, trotzdem viele Ladeninhaber Schilder angebracht haben mit der Mitteilung: Reklamemarken werden nicht abgegeben — — die kleinen Schelme lassen sich nicht abhalten, immer wieder ihre Frage zu stellen: »Haben Sie keine Reklamemarken?« Nun ist Wohl anzunehmen, datz diese Sucht noch einige Zeit andauern wird, ja daß dann, wenn Form« und Farbensinn schon ein bißchen geläutert sind, allmählich ein gewisses System, ähnlich wie beim Briefmarkensport, dem jetzt noch blinden, wahllosen Sammel eifer Berechtigung verleiht. So eine Siegelmarke, sauber ein geklebt und dann im Laufe der Zeit vielhundertmal vor die Äugen gebracht, bildet eine hervorragende, anhaltende Reklame, Vielleicht nimmt sich der eine oder andere Verleger, vielleicht auch der Börsenverein der Sache an. Ein hübsches Bild aus der Kunstgeschichte, etwa das von Carridre, das Bilderbuch, und ein passendes Zitat, viel leicht: Schafs gute Bücher in dein Haus, sie strömen reichen Segen aus und wirken als ein Segenshort auf Kinder und auf Enkel fort — solche Werbemarken würden sicher die Lust am Buche fördern. Wenn wir aber auch auf diese Weise sorgen wollen, datz wir uns in der Jugend und durch sie zukünftige Bücherkäufer erziehen, so dürfen wir anderseits auch nicht vergessen, uns unseren Ruf als literarische Berater zu bewahren. Es ist nun nicht zu leugnen, datz die Lehrerschaft uns durch die Be kämpfung von Schmutz und Schund ganz wesentliche Dienste leistet, datz sie es gerade ist, die durch diese beständig wachsende Bewegung allmählich auch die breite Masse für den Erwerb einer eigenen Bücherei empfänglich macht, daß sie also so recht Börsenblatt sltr dm Deutschen Buchhandel, 79, Jahrgang. den Boden für reiche Ernte mitvorbereiten hilft. Aber wie der Mensch nun einmal gern alles, was er lange treibt, nur zu leicht übertreibt, so liegt auch hier die Gefahr nahe, datz der Betätigungskreis überschritten wird, datz mancher sich dazu berufen fühlt, in unsere Berufssphäre llberzugreifen. Die stets wachsenden eigenen Verkaufsgelegenheilen der Vereine zur Bekämpfung der Schundliteratur greifen schon negierend in unser Erwerbsleben ein. Die oft wiederholte Angabe, datz der Bnchhandcl in diesem Kampfe versage, sowie der leider selten Präzisierte Hinweis, datz die verpönte Literatur in den Buchhandlungen znm Verlauf ausliege, sie schädigen unfern Ruf als wertvolles, werktätiges Glied im Staatsgetriebe, Auch sollten die Leiter wissen, datz der Kleinkramhändler, der in Leipzig bei einem Grosso-Sortiment bestellt, deswegen noch kein Buchhändler ist, und datz sich der gelernte Fachmann so wohl aus eigener Überzeugung wie aus kluger Berechnung vom Vertrieb solcher Hefte fernhäll. Solche After- und Zwerg- betriebe bilden für uns schon lange eine ernste Sorge, und wir sind jedem dankbar, der uns von diesen Parasiten befreit. Nur darf der Helfer, wenn er diese Wucherungen wegoperieren will, uns dabei nicht den Lebensnerv durchschneiden. Eine weise Mäßigung zeigte da schon in der Auswahl der Literatur die vom 17,-25, März hier veranstaltete Aus stellung zur Bekämpfung der Schundliteratur, Sie hat sich zum Beweis zumeist auf jene abscheulichen Kollektionen der Nick- Carter-, Buffalo-Bill-, Texas Jack-, Wanda von Brannburg- Heste und ähnliche beschränkt und bringt von den Hinter treppenromanen ä la Räuber von Maria Kulm auch nur eine kleine Auswahl, Sie hätte also ein noch viel reichhaltigeres Material vor Augen führen können; doch zeigte das Gebrachte mit den statistischen Tafeln, die über den ganzen Saal ver teilt waren, schon zur Genüge den unheilvollen Einfluß, den ge wissenlose Verleger ausüben können. Wie wohltuend ander seits der Gegenbeweis wirkte! Die geschmackvollen Bändchen der Deutschen Dichtergedächtnisstiftung, die bunten, wenn auch in wenigen Farben gedruckten, so doch hübsch in der Zeichnung gebrachten Hefte der Bunten Bücher, der Deutschen Jugend bücherei und die zwar äußerlich nicht sehr ansprechenden, aber in ihrem Inhalt edlen Sammlungen der Cottaschen Hand bibliothek, der Wiesbadener Volksbücher u, a, — sie wirken ganz anders aus uns ein. Die Ausstellung darf als eine wirk lich vornehme bezeichnet werden und ist als gelungen zu be trachten, Schade nur, datz die Besuchszeiten so ungünstige waren: vormittags 11—1 Uhr, nachmittags 3—6 Uhr, Aber sie ist ja Wohl in erster Linie für Lehrer und Beamte, kurz für diejenigen, die von Berufs wegen an derVerteilung der Litera tur interessiert sind, bestimmt gewesen. Dahin deuteten auch die öffentlichen Vorträge, die zur Ausstellung stallfanden. Es sprachen: Universttätsprofessor I)i-, Sieper über die Schund literatur und ihre Bekämpfung, b»r, Reinlein über Schund literatur und Schulen, Professor vr. Dorn über die Schund literatur vom Standpunkte der Volkswirtschaft und der Sozial politik, Schriftsteller vi, M, G, Conrad über die moderne Literatur und die Schundliteratur, Lehrer Weigl über die sitt lichen Gefahren der Schund lcktüre und ihre Abwehr, und Schriftsteller Eisner wieder über die Schundliteratur und ihre Bekämpfung, Außerdem fanden noch Vorträge statt, die nur vor den Mitgliedern des Süddeutschen Volksbildungsver bandes gehalten wurden, und solche in einer besonderen Frauenversammlung, Es war also ein imposantes Unter nehmen, das die Deutsche Dichtergedächtnisstiftung Hand in Hand mit dem eben erwähnten Verband glücklich durchgeführt hat. Es wurde von der hiesigen Presse im weitesten Matze durch Aufnahme aufklärender Artikel und eingehender Be- richte über den Verlauf unterstützt. Wir Buchhändler aber konnten diese Ausstellung nur begrüßen und werden allen Unternehmungen sympathisch gegenüberstehen, die in solch ziel- S7S