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zwei Jahre angehört hat. Ausnahmen sind zulässig sür Personen gewissen Alters, die sich dem Buchhandel widmen wollen. 5. Behufs der Prüfung sind provinzielle bezw. Kreis-Com missionen zu bilden aus geeigneten Buchhändlern, unter Hinzu ziehung eines behördlichen Vertreters und unter eventueller Hinzu ziehung von Schulmännern. 6. Die fachwissenschaftliche Prüfung hat sich zu erstrecken auf: g. Literaturgeschichte; b. Bücherkunde, sowohl was Herstellung von Druckwerken, als auch sogenannte Sortimentskenntnisse anbelangt; o. Buchhändlerisches Verkehrs- u. Usancenwesen; ä. Buchhändlerische Gesetzeskunde (Nachdruck rc.). 7. Die Commission ertheilt über die bestandene Prüfung ein Zeugniß, auf Grund dessen die Zulassung zu den buchhändlerischen Corporationen zu gewähren ist. Begründung. Seit die Reichsregierung mit der Absicht hervorgetreten ist, den Colportagebetrieb einzuschränken, ist auch in buchhändlerischen Kreisen die Frage einer gründlichen Reinigung von den indivi duellen Auswüchsen im Buchhandel und einer besseren und gleichmäßigeren Ausbildung des Nachwuchses wieder lebhafter erörtert worden. So hatte die Berliner Corporation den Beschluß gefaßt, an die Regierung zu petitioniren zwecks Wiedereinführung des buchhändlerischen Examens, die Ausführung des Beschlusses aber leider vertagt. Der schon vor Jahren formulirte Vorschlag der Anlegung einer Matrikel ist unlängst wiederum als noth- wendig aufgestellt worden. Sodann hat auch der Gehilfenverband, Kreis Leipzig, die Frage einer besseren Vor- und Ausbildung der Lehrlinge durch ein Rundschreiben zu allgemeiner Besprechung und Erwägung empfohlen. Gewiß ist eine von unten aufsteigende innere Reform im Buchhandel dringend geboten. Dieselben Mißstände und die selben Vorschläge zu deren Beseitigung werden übrigens in andern Gewerben mehr oder minder lebhaft auch erörtert. Es handelt sich, gegenüber der schrankenlosen Atomisirung der Menschheit zu eitel Individuen, auf gewerblichem Gebiete um Neugestaltung des Jnnungs- und Gildenwesens; es handelt sich im Buchhandel vor allem darum, an welche Bedingungen künftighin die Zulassung zu diesen Innungen oder Gilden geknüpft sein soll. Denn der Buchhandel ist durch seinen Börsenverein und die unterstehenden Kreisvereine eigentlich schon innungsartig organisirt oder doch wenigstens so gut vorbereitet, daß es nur noch an einiger inneren Ausgestaltung fehlt. Prüfung einerseits — Matrikel anderseits, das sind die be stimmten Vorschläge, welche hierzu bereits gemacht sind und, in der That, die eine bedingt die andere. Wollte man die eine nehmen und die andere lassen, so wäre das eine halbe Maßregel, ohne prak tischen Nutzen. Angenommen, man entschlöße sich zur Anlage einer Matrikel und machte von der Eintragung in dieselbe die Aufnahme in die buchhändlerischen Corporationen abhängig: welches Kriterium sollte dann maßgebend sein für die Eintragung? Etwa ein Lehr- zeugniß? Da drängt sich doch sofort die Frage auf: Wer soll denn berechtigt sein, ein gültiges Zeugniß auszustellen, oder soll jegliches Zeugniß, einerlei von wem es ausgestellt ist, genügen? Dann handelte es sich ja nur um eine neue Form ohne Inhalt. Sollte die Eintragung etwa abhängig gemacht werden von dem Nachweise aus reichender Geldmittel zu dem Betriebe des geplanten geschäftlichen Unternehmens? So wünschenswerth natürlich die Geldmittel sind, so dürfte dieser Nachweis allein doch Wohl ungenügend sein. Wenn also die Anlage und Führung einer Matrikel überhaupt Zweck haben soll, dann bleibt auch nichts Anderes übrig, als die Eintragung von einer bestandenen Prüfung abhängig zu machen. Umgekehrt muß aber die Pflicht der Prüfung das Recht der Aufnahme in die Matrikel in sich tragen. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß der ersten Einrichtung dieser Maßregel alle Mängel eines Uebergangs-Stadiums anhaftenwürden; denn der Grundsatz „bsati possiäsntes" würde dabei — in vielen Fällen: leider! — nicht ganz verleugnet werdenkönnen. Das läßt sich einmal nicht ändern. Soll man aber deswegen eine Maßregel unter lassen, die in Zukunft nur segensreich wirken kann, weil sie sich zu nächst nur unvollkommen ins Werk setzen läßt? Tritt man nunmehr der Frage der Prüfungen, die in ihrem Zwecke als wünschenswerth gewiß überall anerkannt werden müssen, näher, so ist zunächst ihre Möglichkeit zu erörtern. Dabei ist vor weg darauf hinzuweisen, daß ein gesetzliches Hinderniß nicht besteht, denn das Jnnungsgesetz gestattet die Einführung von Prüfungen. Wie schon oben gesagt, ist kein Gewerbe zur Einrichtung einer solchen Maßregel besser vorbereitet, als der Buchhandel. Die Organisation des Börsenvereins umfaßt schon die überwiegende Mehrzahl der wirklichen Buchhändler; der Verwaltungsapparat arbeitet vor trefflich; durch die fast überall bestehenden Kreisverbände ist eine thatkräftige Wirkung aller Maßnahmen bis in die weiteste Peri pherie ermöglicht: da sollte man meinen, es bedürfe nur des Be schlusses, nebst der entsprechenden Abänderung der Statuten, um die Sache fix und fertig ins Leben treten zu lassen! Allerdings ist der Ent- und Beschluß die Hauptsache; aber so schnell würde es trotz dem wohl nicht gehen. Zwar, die bestehende Organisation würde ein sonst gewöhn lich schwerwiegendes Hemmniß fast ganz beseitigen: den Kosten punkt! Desgleichen würde durch die bestehende Organisation die demnächstige Einführung der Maßregel und ihre sofortige exacte Functionirung keine Schwierigkeiten finden. Aber einer sehr ein gehenden Einzelnberathung, einer genauen Regelung aller dabei in Frage kommenden Gegenstände, einer Ausarbeitung fester Normen, die alle Willkürlichkeit ausschließen und einen sicheren Halt bieten zur gleichmäßigen Handhabung der geplanten Be stimmungen: dessen Alles bedarf es allerdings! Sicherlich keine so leichte Arbeit, aber doch nur eine Arbeit, die sich wie jede andere mit gutem Willen und Fleiß bewältigen läßt. Sollten weiter keine Schwierigkeiten im Wege stehen? Doch! Jedenfalls noch so ein gewisses, schwer definirbares Etwas: der Zeitgeist, die sogenannte öffentliche Meinung! Ja dieser Popanz ist ganz gewiß das schwerste Hemmniß. Ideen allein, allgemein gehaltene Vorschläge wirken selten fruchtbar, weil sie kein anschauliches, greifbares Bild geben. Deshalb ist in den obigen Thesen ein Umriß über das Wenn? und Wie? der geplanten Prüfungen vorangestellt. Dieselben tragen den Grundgedanken einer Gehilfen-Prüsung, basirend auf Schul zeugnissen, ohne jedoch den Mangel von entsprechenden Schulzeug nissen als Ausschließungsgrund aufzustellen. Bei den alten preußi schen Buchhändler-Examina, die den Charakter einer Etablissements- Concessionirung trugen, war zweifelsohne der Zeitpunkt ihrer Ab leistung ein Hauptfehler. Im Uebrigen mögen die Thesen, die be hufs Verwirklichung vielleicht noch mannigfacher Modifikationen bedürften, vorläufig ohne weitere Erläuterungen bleiben. Dagegen könnte die Frage aufgeworfen werden, welchen Nutzen die ganze Maßregel bringen soll. Vor allem soll sie un-