Volltext Seite (XML)
131. 26. Zum 1919. redaktioneller Teil. sind mir zufrieden. Namens meiner Fraktion möchte ich aber an den Herrn Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung die dringende Bitte richte», in diesen Ausschuß nicht nur Männer, sondern auch Frauen zu berufen; die Lehrerinnen und auch sonst geeignete Frauen müssen in dem Ausschuß sehr reichlich vertreten sei». (Minister Haenisch: Selbstverständlich!) Ich höre: »Selbstverständlich« und bin dankbar dafür. Fch habe das auch kaum anders vorausgesetzt, wollte aber im Aufträge meiner Fraktion diese Bitte hier ausdrücklich ansspreche». Es wird eine Aufgabe für uns alle sein, wir werden da alle au die schöne gemeinsame Arbeit gehe» können, das deutsche Schulbuch zum besten Schulbuch der Welt zu machen in der Ehrlichkeit seiner Überzeugung, in der unerreichten — auch jetzt schon unerreichten — Verwertung der wissenschastlichen Erkenntnis, in der Mustergültigkeit seiner Ausstattung auch für Lehrzwecke. Das deutsche Schulbuch soll durch die Anstrengungen aller Fraktionen, durch die Anstrengungen von Männern und Frauen aller Richtungen das beste Buch sein, ein Buch, das unscrm Volke hilft, wieder emporzusteigen und stark zu werden. (Lebhafter Beifall bei der Deutschen Volkspartei.) Vizepräsident l)r. v. Kries: Das Wort hat der Abgeordnete Degen- Hardt. Dcgenhardt, Abgeordneter (D. Dem.): Meine Damen und Herren, die Debatte über diesen Gegenstand hat bewiesen, wie gefährlich es ist, wenn man eine speziell pädagogische Frage ins Politische hinüber spielen will. Dabei kann nichts herausspringen, und es ist auch aus dieser Aussprache nichts herausgesprungcn. Die Frage des Schulbuch monopols ist eine pädagogische und keine politische Frage, und wir müssen zu ihr als Pädagogen Stellung nehmen. Darüber sind hier alle in diesem hohen Hause einig, daß das Schulbuch, das unsere zukünftige Fugend in der Hand haben wird, das denkbar beste sein soll. Es fragt sich nur, wie es herznstellen und zu verbreiten ist. Eine einheitliche Weltanschauung ist in »nserm Volke nicht vorhanden, und wir müssen es ablchne», daß uns vielleicht durch eine in der Weltanschauung einheitliche Regierung eine einheitliche Weltanschauung ausvktroyiert wird. (Sehr richtig! bei der Deutschen Demokratischen Partei und rechts) Das ist das Erste. Aber zweitens: betrachten wir die Sache doch einmal methodisch. Es ist ja gar nicht so, daß in allen Fragen der Methodik alle Metho diker dieselbe Richtung haben. Es gibt doch in Deutschland Goltseidank noch nicht bestimmte Grundsätze, wie man das Französische, wie man das Englische unbedingt zu lehren hat — das Schulbuch umfaßt ja doch auch die fremdsprachliche Literatur das ist ja vollständig ausge schlossen; und wenn wir jetzt festlegen wollten: so und so muß das Buch beschaffen sein, dann legen wir d e n L ehre r i n seine r M ethode fest, und das i st das, wogegen sich die Lehrerschaft bisher immer gewandt hat. Freiheit der Persön lichkeit in d e r A u s ü b u n g d e r Methode! Von diesem Stand punkt aus köunc» wir auf keinen Kall zubilligen, daß staatlicherseits ein Schulbuchmonopol errichtet wird. Der dritte und springende Punkt bei der ganzen Frage scheint er stens das Buch für den Geschichtsunterricht zu sein und zweitens das Lesebuch. Das gebe ich unbedingt zu, daß Änderungen erfolgen müssen. So, wie das Geschichtsbuch, das Nealienbuch der Volksschule bisher zu sammengesetzt war, wird es nicht bleiben können. Aber das ist keine Frage, die wir im Parlament zu erledigen haben, und ich warne drin gend davor, daß die Kommission, die der Her r M inister einzu setzen versprochen hat, zusammengesetzt wird aus Mitgliedern aller Fraktionen. Meine Damen u n d H e r re n , das i st keine Frage der Fraktionen, daß ist eine Frage der pädagogischen Wissenschaft, (sehr richtig!) nnd wir wollen uns in diesem Augenblick auch daran erinnern, daß über alle Schulfragen und pädagogischen Fragen im letzten Grunde eine pädagogisch Wissenschaft zu entscheiden hat, die wir in Deutschland haben und worauf wir stolz sind. Die Fachleute aus der Pä dagogik, nicht d i e Fachleute, die sich einen großen Namen gemacht haben durch Artikelschrciben oder durch Zugehörigkeit zu einer Partel, sondern die, von denen wir wissen, daß sie ihre ganze Lebensarbeit dar an gesetzt haben, unsere Wissenschaft auszubauen, die sollen gehört werden. Zum Schluß, meine Damen und Herren — ich will nicht lange re den; ich bedauere, daß diese Debatte de» ganzen Nachmittag in An spruch genommen hat — möchte ich noch das eine sagen: man will hier, glaube ich, auch das Pferd am verkehrten Ende anfzäumen. Was uns in der inneren Schularbeit fehlt, Herr Minister, sind ja über haupt e r st einmal Richtlinien. Wir arbeiten ja noch nach den allgemeinen Bestimmungen mit den Ergänzungen von 1908. Bekommen wir wieder all gemeine Richtlinien für unsere innere Schularbeit, dann soll man die Freiheit lasien, daß der Mann, der aus Grund seiner Kenntnis der Heimat befähigt ist, das Heimatbuch zu schreiben, cs auch schreibt. Die Furage, ob die Städte nachher das Buch verlegen, das ist etwas anderes. Also ich bitte auch den Herrn Minister — das hat ja aus den ganzen Verhandlungen herausgeklungen —: geben Sie jetzt der Lehrerschaft und der Schularbeit neue Richtlinien, befruchten Sie die Arbeit derer, die jetzt an der Seele unseres zukünftigen Geschlechts ar beite», aber tu» Sie das nicht durch eineu Zwang, sondern so, daß die Persönlichkeit gedeihen kann: durch Freiheit im weitesten Umfange. (Bravo! bei der Deutschen Demokratischen Partei) Vizepräsident l)r. v. Kries: Daß Wort hat der Herr Abgeordnete Adolph Hoffman». Adolph Hoffmann, Abgeordneter (U. Loz.-Dem.): Herr Rippe! meinte, meine Vorwürfe, die ich gegen Verlagsbuchhändler ich wäre doch selber Verlagsbuchhändler — erhoben Hütte, wären unberechtigt. Daß ich selber Verlagsbuchhändler bin, kömmt dabei nicht in Frage; d e n n d a s Wohl de r Gesamtheit soll über de in Wohl des Einzelnen u n d a u ch über d e in Nutzen desEinzel - neu stehen. Wenn ich von Teuerung gesprochen habe, so habe ich selbst erklärt, daß die Teuerung bei Schulbüchern nicht in dem Maße gestiegen sei wie bei anderen. Das hat aber andere Ursachen; darauf will ich heute hier nicht eingehen. Es sind a u ch während de s g a n z e n K rieges t eine n e u en Schulbücher verlegt worden; man hätte also auch die Teuerung nicht begründe» können. Fch weiß auch, das ist wohlbegreiflich, was Herr Nippel über die Roh materialienpreise und Bnchdruckerpreise ausfiihrte. Das kenne ich ja alles selbst. (Na also! rechts) Aber das begründet noch lange nicht die Art der Steigerung der Preise. Selbst vor dem Kriege fer tig g e st e l l t e Waren, alte Ladenhüter, die nicht mehr ab gingen, die man schon vor dem Kriege billig an den Antiguar, an den Schleuderaufkäufer für jeden Preis verkaufte, wenn der sie nur noch genommen hätte, selbst solche Sachen hat man im Preise hochgeset.u. Fch habe davon gesprochen, daß populärwissenschaftliche Schriften un erhört im Preise gestiegen sind. Ich kann begreifen, daß man vor dem Krieg hergestellte Sachen im Preise steigern kann, obwohl man keine Mehrausgaben dafür hat, und z w a r in it Rücksicht a n f die u o t w c n d i g iv e r d e n d e n N e u a u f l a g e n, u m sie ni ch t allzuhoch im Preise zu stellen. Ich kann aber nicht ver stehen, daß Werke, die 1 gekostet haben, auf 13, 11, 15, 16 .// steigen, die noch im Frieden hergestellt sind. Fch will Ihnen gern die Titel der Bücher nennen, die in dieser Weise gestiegen sind. Was Herr Rippe! mit Bezug auf die Denkschrift sagte, die ich her ausgehen ließ, so will ich wiederholen, was ich schon mal gesagt habe: alles, was aus de m M i u i st e r i u in h e r a u s g e g a n g e u ist, i st Kollektivarbeit von uns beiden gewesen, i st a » ch von de» Beiräten bewilligt. Ich weiß mich nicht zu entsinnen, daß eine einzige Sackte hinausgegangen ist, die nicht ein st i in m i g beschlossen worden wäre. Wenn in einer solchen Denk schrift vor geschrieben ist, daß der Unterricht von jeder B e - v o r m u n d u n g b c f r c i t s e i n s o l l, so war es uns durchaus e'nst damit. Ich glaube sogar, cs ist auch Herrn Haenisch ernst damit ge wesen, wie ich überhaupt annehmc, daß alles, was Herr Haenisch ge macht hat, ihm ernst war, und daß er nur von anderen Leuten rück wärts gedrängt wurde und dann wieder zwei Schritte zurück gemacht hat. Was ich in bezug auf die Zeitschriften gesagt habe, galt nicht für die fa ch w i s sc n s ch a ft l i ch e u Zeitschriften, denn ich weiß, daß ihre Erhaltung sehr viel Geld kostet und daß vermögende Leute, die für die Wissenschaft Geld übrig haben, große Summen dazuschießen. Fch habe nur von den R e l l a m c z e i t s ch r i s t c n gesprochen, die jeder größere Verlagsbuchhändler glaubt haben Zu müssen, und die Sic sich nur anzusehen brauchen, »in unterscheiden zu können, was Re klame- und was eine wirklich wissenschaftliche Fachzeitschrift ist. Nu» sagt die Abgeordnete Frau Pochlmann, ich hätte als ihr frü herer Vorgesetzter ein gutes Beispiel gegeben, indem ich gesagt hätte, ich würde Fachleute berufen; dadurch hätte ich aber doch zugegeben, daß ich mich selber ausschalten will. Fa, ich gehöre nicht zu den Menschen, die da behaupten, alles zu verstehen, ich gehöre nicht zu den A llwi s s crn; was ich nicht v e r st c h c, dar ü bcr s n ch e i ch in , chbci d e n e n z u informieren, diectw a s d a v o n ver st e h e n. Als ich noch im Ministerium Unter den Linden saß, da sind Autoritäten der Wissenschaft, die ich hier nicht nennen will, gekommen und haben erklärt, daß sicvon den früheren M i n i st e r n nicht einmal empfangen, geschweige denn gehört worden seien. Fch meine, ein Minister hat vor allen Dingen die Aufgabe, nicht selber alles zu wissen, s o n d c r n sich zu informieren. Denken Sie doch mal, in welches Unglück wir hineinkomnicn würden, wenn wir Alle s- iv i s s e r n das Regiment in die Hand gäben! (Hier folgen 621