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Redaittoneller Teil. -ü 48, 26. F-evruar 1821. selbst zu verrichten haben, weil bei ihm anher einer übersichtlichen, Anordnung ein Moment hinzukommt, das bei gängigen Handels artikeln nicht vorhanden ist. Ich meine damit die Gruppierung musikalisch gleichwertiger oder irgend in einem inneren Zusam menhang stehender Werke, dazu gehören eben besondere must« kalisch-ktterarische Kenntnisse. Unbcgreislicherweise sind es nur wenige Musikalienhändler, die, mit der Zeit fortschreitend, auch für den Wert einer Aus lage volles Verständnis haben. Wandert man durch die Haupt verkehrsstraßen einer Großstadt, so ist sicher, daß das in seiner äußeren Ausmachung und Auslage unanssälligsle Geschäft ein« Musikalienhandlung ist. Ich erinnere mich noch aus früheren Zähren, daß es uns Angestellten eiskalt über den Rücken lies, wenn es hieß : das Fenster muß neuhergerichtet werden; kein« Arbeit wurde mit so großer Unlust vorgenommen als diese, so dürste es heule noch sein. Gründe hierfür sind, daß nie ge nügend Zeit vorgesehen wird,-die auszustellenden Hefte meist in der Eile zusammengesucht werden, und daß eben keine richtige Vorbereitung getroffen wird. Zu jeder Sache gehört nicht nur Zeit, sondern auch Lust und Liebe, wenn es etwas Gutes wer den soll. In nachstehenden Zeilen will ich darzulcgen versuchen, wie dem abzuhelfe» ist. Zuvor soll A l l g c in e i n g ü l t i g e s über das Fenster gesagt werden. Sauberkeit ist die Zierde der Hausfrau, aber auch die einer Beachtung erstrebenden Auslage. Blitzblank muß die Fensterscheibe innen und außen sein, damit man auch die Titel, die ja Schriften in allen Größen und Stilarten zeigen, lesen kann. Der Schausenstereinbau muß staubsichcr zu schließen sein. Eine in kurzer Zeit verstaubte Auslage macht den denk bar schlechtesten Eindruck, besonders wenn tote Fliegen umher liegen, die womöglich ihre Visitenkarte den Heften aufgedrückt haben. An Remittenden wird schon mancher Verleger stille Be trachtungen aitgestellt haben. Außerdem zwingt ein nach innen ungeschütztes Fenster zu öfterer Erneuerung. Zu der Inneneinrichtung des Einbaues selbst sei gesagt: Ein schlecht erleuchtetes Fenster wird wenig Beachtung finden, deshalb darf an der Be leuchtung nicht gespart werden. Hellbrennende Lampen sind Hauptersordernis. Die Lichtno! zwingt allerdings noch in manchen Städten dazu, sich zu bescheiden. Mit den Gestellen, meist von Holz, sieht es vielfach noch recht ur« väterlich aus, an Eleganz lassen sie alles zu wünschen übrig, dafür sind sie aber sehr dauerhaft, leider nur zu dauerhaft und unpraktisch! Hat man einmal ein Heft, dar im Format zu den andern nicht paßt, so weiß man sich nur so zu helfen, daß es eben nicht ausgestellt wird. (Ich möchte doch jeden auf die schönen, verstellbaren Gestelle aufmerksam machen, die zur Leip- ziger Messe ständig ausgestellt sind. Man kann sie in allen Größen und Breiten haben.) Ganz besonders haben mich immer die Auslagen »entzückt-, bei denen die Hefte an Fäden im Fenster aufgehängi sind, einfach, billig und geschmacklos. Nicht selten sieht man die Noten auch schief hängen, weil die Klammern zu altersschwach sind. Eine Augenweide für ordnungliebende Menschen! Vielfach finden auch Reißzwecken, namentlich an den Seitenwänden, Verwendung. Dar ist nicht schön! Di« Seilenwände sollten meinem Empfinden nach überhaupt nicht behängt werden, Spiegelwände würden entschieden vorzu ziehen sein. Wir kommen nun zur N e uh erri ch tung der Auslage selbst. Am praktischsten ist es, am Abend vorher das Fenster auszuräumen; am Morgen läßt man es gründlich reinigen. Während dieser Zeit sieht man noch einmal alle Hefte durch, die man sich zur Neuauslage vorher — nicht die letzte Minute — zurecht gelegt hat. Um ungestört bei dec Arbeit bleiben zu können, wählt man immer die Morgenstunden, bevor der Verkehr ein setzt. Von dem künstlerischen Empfinden des einzelnen hängt es nun ab, dem Fenster ein auffallendes Aussehen zu geben, ohne dabei den literarischen Wert außer acht zu lassen. Ich meine damit, daß man beispielsweise ernste Lieder unserer Klas siker oder moderner Tondichter nicht neben solche der heiteren Muse stellt, ebenso wie man ein in grellen Farben gemaltes 234 , Titelblatt nicht neben ein solches in schwarzem Buchdrucksatz angeserligtes legt. Man wird ein dem Inhalt und der Ausstattung entsprechendes suchen, um einen Übergang hcrzustcllen. Will man aber Kontraste schassen, so ist dies leicht dadurch zu erreichen, daß man bunte Titel neben solche der Edilionsausgaben, die trotz ihrer Einfachheit vornehm wirken, stellt. Doch wäre es ein Unding, eine Sonate von Beethoven an den neuesten Foxtrott anzurcihen. Ernste Musik zu ernster Musik! Umfangreich« und gebundene Werke legt man aus prak tischen Gründen aus den Boden der Auslage. Man hüte sich, zuviel Hefte ins Fenster zu bauen; zu wenige ist auch nicht immer ratsam. So dürfte der Blick des Beschauers mehr ge fesselt werden, wenn er statt drei Sammetbänden, wie Sang und Klang oder Edelsteine, einen Stapel von diesen Bünden hingelcgt sieht, wovon ein Exemplar vor diesen gestellt ist. Hier wirkt die Menge entschieden eindrucksvoller als nur wenige Bände. Das Übercinanderlegen von Heften ist zu verwerfen, denn die Titel müssen voll zur Geltung kommen. Kann man sie nicht vollständig überblicken, so wäre der Zweck verfehlt. Un schön wirkt es auch, wenn womöglich von der Decke herab noch Titelblätter hängen. Allzuviel ist nicht von Nutzen, im Gegen teil, es schadet nur und macht einen ramschmäßigen Eindruck. Reizvoll ist die Wirkung, wenn eine Musikerbttsle oder auch wenige Photographien die Auslage vervollständigen. Wer In strumente mitfllhrt, kann auch solche mit einstigen; auch hier heißt es Maß halten, ein Musikalienfenster darf kein Jnstru- menlenfenstcr werden. Doch wird das Gesamtbild wesentlich erhöht, wenn man z. B. Lautenmusik zeigt und zwei Lauten dazu legt. — Einen schlechten Eindruck macht es, wenn Programme an die Fensterscheibe geklebt oder gehängt werden. Viele Ge schäfte, namentlich solche, die sich mit Konzert-Veranstaltungen befassen, haben gewöhnlich einen Glasrahmen neben dem Fenster hängen. Auch Plakaie gehören nicht in eine vornehme Auslage. — Preisangaben sind im Musikalienfenster nicht üblich, ich halte es auch nicht für nötig. Man ahme die Methode des Waren hauses nicht nach. Länger als zwei bis drei Wochen sollte man mit dem Wechsel der Auslage nicht warten, im Winter lieber in noch kürzerer Zeit sich der Mühe unterziehen, weil dann die Kauflust für Noten eine größere ist. Die Anziehungskraft wird erhöht und das Interesse für das Geschäft gehoben, wenn das Fenster öfter ein anderes Bild zeigt. Das Musikalienschaufenster hat, wie das jeder anderen Branche, den Zweck, den Beschauer zum Kaufe zu reizen, anderer seits möchte aber gerade der Musikalienhändler viel von dem zeigen, was bei ihm zu haben ist. Da dies natürlich bei der große» Verschiedenheit nicht möglich ist, es auch gegen den gute» Geschmack verstößt, von den vielen Gattungen der Musik nur wenige Hefte jeder einzelnen auszustellen, veranstalten große Handlungen mit Vorliebe S o n de r a u s st e l l» n g e n. Dem ist nur beizustimmen. Auch im Buchhandel bürgert sich diese Art mehr und mehr ein. Ich nröchte darum einige Entwürfe, die »ur als Vorschläge aufzufassen sind, anfllhren. Für die Sommerszeit bringe man abwechslungsweise einmal Klassiker, dann moderne Meister, Salonstücke leichter und schwerer Art, oder einmal nur Klaviermusik, dann wieder Lieder, Violin- musik usw. in die Auslage; auf ernste Musik lasse man wieder solche heiterer Art folgen. Ein Fenster mit nur Mandolinen- und Gitrrremnsik wird seine Wirkung nicht verfehlen. Im Herbst, wenn der allgemeine Musiktrieb, angefacht durch viele Konzerte und Musizieren in der Häuslichkeit, sich neu belebt, auch mehr Neuigkeiten zur Verfügung stehen, ist es ein leichtes, hübsche, fesselnde Auslagen zu bringen. Ich möchte erinnern an mo derne Tanzmusik mit ihren mehr oder weniger geschmackvollen Ti teln, Weihnachtsmusik, Kammermusik, gebundene Musikausgabcn und Sammlungen, an denen ja kein Mangel ist, und musikalische Schriften, die sich bald in jeder Ausstellung verwenden lassen. Wer Dirigenlc» von Chorvereinen zu seiner Kundschaft zählt, wird auch einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, falls nur ein Fenster zur Verfügung steht, dieses mit Chormusik füllen können. Vor Beginn der Karnevalszeit vergesse man nicht Humoristikä