Volltext Seite (XML)
3950 «q-niiau», r. Mich». vuqh>m«-r Nichtamtlicher Teil. ^ 72, 27. März 1912. die Tüchtigkeit nicht an die akademische Ausbildung gebunden ist. Meoissen, dessen Vater in dem unbedeutenden Städtchen Dülken 1798 eine kleine Zwirnmühle gegründet hatte, trat 1830, fünfzehnjährig, in das väterliche Geschäft, das er bald selbständig zu leiten imstande war. Allerdings ver säumte er keine Gelegenheit, sich ganz universell weiter zubilden. Reisen, die ihn an den Rhein, nach Belgien und England führten, trugen nicht wenig zur Erweiterung seiner Welt- und Menschenkenntnis bei. Neben seinen philosophischen, geschichtlichen und ästhetischen Studien wandte er sich handelspolitischen Fragen praktischer Natur zu. Nachdem er 1840 nach Köln übergesiedelt war, trat er bald in den Kreis der Begründer und Mitarbeiter der um jene Zeit Aussehen erregenden Rheinischen Zeitung, die, besonders als Karl Marx 1842 ihr Redakteur geworden war, der Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen so unverblümten Ausdruck gab, daß sie 1843 von Berlin aus unterdrückt wurde. Was für eine Zeit war es damals! Das preußische Ministerium weigerte sich seit 1844 andauernd zehn volle Jahre lang, die Wetterführung der Bahn Köln—Bonn bis Koblenz einer privaten Gesellschaft zu konzessionieren, weil sie keine vorzugs weise Wichtigkeit besitze! Endlich war cs Mevissens und seiner Freunde Drängen 1854 gelungen, die Bureaukcatie zu besiegen. Ich kann hier nicht das reiche Leben dieses Mannes skizzieren, den der Minister Bodelschwingh dem Oberpräsidenten gegenüber mißbilligend gekennzeichnet hatte als einen Mann, der sich »konsequent in der Opposition gegen das Gouvernement befunden« habe, der dann aber bei allen Vorgängen im wirtschaftlichen Leben an die Spitze trat und am Abend keines Lebens vom König auf Lebenszeit ins Herrenhaus berufe», wurde. Nachdem er 1880 wider Willen das Präsidium der Rheinischen Eisenbahn nach 35jähriger Tätigkeit niedergelegt hatte, da sie der Verstaatlichung an heimgefallen war, füllte Meoissen seine Muße mit neuen Plänen aus. Eine erste Handelshochschule sollte in Köln gegründet werden, und sein Vermächtnis dafür machte es auch möglich, den Plan auszusühren. Aber noch zu seinen Lebzeiten erstand mit seiner weitgehenden finanziellen Unterstützung am 1. Juni 1881 die Gesellschaft sür Rheinische Geschichtskunde mit dem Zweck, die Forschungen über die Geschichte der Rheinlands dadurch zu fördern, daß die Quellen der rheinischen Geschichte in einer den Forderungen der Wissenschaft entsprechenden Weise herausgegcben werden. Die Geldmittel dazu entnimmt die Gesellschaft dem Kapitalbestande, der jetzt 85.250 beträgt, sowie den Bei trägen der Stifter (die wenigstens 1000 ^ einzahlen; jetzt 13) und Patrone (die mindestens jährlich 100^ zahlen; jetzt 143). Weiterhin wurde 1890 von Meoissen mit einem Kapital von 30 000 eine Prcisstistung gegründet, deren Zinsen zu Preisen von 1000 bis 5000 ^ für die Bearbeitung bestimmter Themata verwandt werden. Das Vermögen der Mevissen- stiftung ist jetzt auf 48000 angewachsen. Drei bedeutende Werke sind die Frucht der Stiftung bisher gewesen: eine Darstellung der kommunalen Verfassung und Verwaltung Kölns von den Anfängen bis zum Jahre 1396. Von Fr. Lau, die zweibändige Topographie der Stadt Köln im Mittelalter von Herm. Keussen (50 ^) und »Die rheinischen Glasmalereien vom 12. bis 16. Jahrhundert« von Heinr. Oidtmann. Zur Bearbeitung stehen noch zwei Aufgaben: »Die Rheinprovinz unter preußischer Verwaltung von 1815 bis zum Erlaß der Verfassungsurkunde« (5000 ^) und »Die niederrheinische Plastik des 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts- (2000 ^). Die Gesellschaft hat bis jetzt 38 meist teure Werke veröffentlicht (Verlag von P. Haustein, Bonn, H. Behrendt, Bonn und L. Schwann, Düsseldorf). Außerdem hat die Kommission sür die Denk mälerstatistik der Rheinprovinz eine lange Reihe von Bänden mit den nach Kreisen zusammengefaßten Kunstdenkmälern herausgegeben. Auch das im Entstehen begriffene Wörter buch der rheinischen Mundarten, zu dem jetzt 220000 Zettel vorhanden sind, ist zur Aufgabe der Gesellschaft geworden. So hat sich der Fortschritt von Wissenschaft und Kultur an die Initiative und Energie eines Mannes geknüpft, um an dauernd Gutes zu zeugen. Verwandte Ziele verfolgt die junge Rheinische Ge sellschaft für wissenschaftliche Forschung, die einige Zeit vorher in Bonn ihre Versammlung abhielt. Sie ist im Juli vorigen Jahres auf eine Anregung des damaligen Bonner Rektors Geheimrats Erdmann gegründet worden und war ursprünglich als eine Akademie der Wissenschaften für die Rheinlands gedacht nach dem Muster der Kaiser- Wilhelm-Akademie in Berlin. Darin sollen die drei rheinischen Hochschulen: die Bonner Universität, die technische Hochschule in Aachen und die Kölner Handelshochschule zu einer höheren Einheit Zusammenarbeiten. Die nächste Aufgabe der Gesell schaft ist die Herausgabe einer archäologischen Karte der Rhein provinz und einer Naturkunde der Rheinlands. Empfohlen wurde die Gründung eines rheinischen Museums für Erd geschichte, um zu verhindern, daß rheinische Funde ins Aus land kommen. Zu einer Biographiensammlung rheinisch westfälischer Unternehmer, die dem Bürgertum ein Ehren denkmal werden soll, sind die Vorarbeiten schon begonnen worden. In neuerer Zeit scheint man das Buchkunstgewerbe in Köln größerer Beachtung wert zu erachten, als das früher der Fall war. Das ist erfreulich angesichts der Tatsache, daß die Buchbindekunst hier recht rückständig ist. Vielleicht wirft die Absicht, an die Kunstgewerbeschule eine Buch binderklasse anzugliedern, ihre Schatten voraus. Im Februar sah man im Kunstgewerbemuseum eine interessante Ausstellung alter und neuer farbiger Vorsatz- und Deckenpapiere, die von der Bibliothek des königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin zusammengeftcllt und zum Wandern bestimmt ist. Von der Herstellung dieser Buntpapiere, mit Holzmodeln an gefangen, findet man Proben von Walzenpapieren bis zu dem Handverfahren der Marmorierpapiere. Wenn ich sagte -bis«, so ist die Reihenfolge nicht streng zeitlich aufzufafsen; denn diese letzteren Verfahren sind durchaus nichts Neues, sondern schon vor ein- bis zweihundert Jahren genau ebenso benutzt worden. Als ältestes Deckelumschlagpapier sieht man hier den Einband eines Rechnungsbuches der Marienpfarrkirche zu Königsberg in der Neumark aus dem Jahre 1766/67; ferner Bände von Kirchenkassen zu Cottbus aus den Jahren 1775/76 und spätere. Das find sogenannte Kleisterpapiere; doch ich muß zum Verständnis der Herstellung dieser Buntpapiere die Technik vorausschicken, die hier in der Ausstellung an zwei Tagen durch Herrn Buchbindermeister Anton Fritz praktisch vorgeführt wurde und die vielleicht manchem Kollegen noch unbekannt sein dürfte. In der Herstellung der Vorsatz- und Deckelpapiere unter scheidet man zwei Verfahren: das Kleister- und das Tunk verfahren. Bekannt ist wohl, daß diese farbigen, auf die verschiedenste Art handgemusterten Vorsatzpapiers alle Originale, »llnica« sind, d. h. daß sie wenigstens in ihrer mannigfaltigen Schönheit nicht maschinell hecgestellt werden. Das einfachere, aber jüngere Verfahren ist das mit Kleisterfarbe, das schon um 1750 ausgeübt wurde. Aus das Papier wird mit einem breiten Pinsel gut gekochter seiner Weizenstärke-Kleister, der mit der gewünschten Farbe versetzt ist, aufgetragen. Die Dickflüsfigkeit verhindert ein Jneinanderlaufen der Farben- streisen, die durch den Pinsel hervorgebracht werden. Dieses ziemlich gleichförmige Streifenmuster, das natürlich durch Schlingungen verschieden variiert werden kann, wird nun auf