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132, 10. Juni 1912. Nichtamtlicher Teil. VSrlm«l»U I. d, Dtschn. vuch?-ind-r 7611 Nichtamtlicher Teil, Deutscher Verlegerverein. Auf Veranlassung des Vorstands des Bundes Deutscher Buchbinderinnungen sind in Nr. 12 des in Stuttgart er scheinenden »Allgemeinen Anzeigers für Buchbindereien» die folgenden zwölf Regeln für Bücherfreunde veröffentlicht worden (abgedruckt in der Allgemeinen Buchhändlerzeitung Nr. 18 vom 2. Mai 1912). Zwölf Regeln für Bücherfreunde. 1. Ein Buch, das man liebt, hülle man auch in ein schönes Gewand. 2. Der schöne Einband erhöht den Genuß an einem guten Buche. 3. Das Aussehen der Bibliothek ist der Gradmesser für den guten Geschmack des Besitzers. 4. Die Grundbedingung eines schönen und guten Ein bandes ist: Materialechtheit und Farbenharmonie. 5. Der gute Einband muß von der Hand und mit Faden geheftet, der Ledereinband auf tiefen Falz an gesetzt sein. 6. Verlegerbände sind Dutzendware. Eigenart und Eigentümlichkeit kann nur in guter Handwerkskunst gefunden werden. 7. Vom Buchhandel angebotene Einbanddecken weise man zurück, einmal, weil sie meistens geschmacklos und schlecht passend, dann aber, weil der in eine solche Decke geklebte Band geringere Haltbarkeit hat. 8. Man kann sich schon für geringe Kosten Bücher nach eigenem Geschmack binden lassen. 9. Gewaltsames Aufbrechen der Bücher ist zu vermeiden, Auch schütze mau dieselben vor Sonnenlicht und zu großer Wärme. 10. Man lasse dem Buchbinder genügend Zeit, damit die Bücher in der Presse völlig trocknen können. Eilig gebundene Bücher lege man die ersten Tage nicht frei aus, sondern halte dieselben beschwert. 11. Bevor man dem Buchbinder Zeitschriften und Liefe rungswerke zum Binden übergibt, prüfe man die selben auf ihre Vollständigkeit. 12. Der Titelaufdruck ist möglichst kurz und klar zu be stimmen. Ein Buch ohne Titel gleicht einem Menschen ohne Gesicht. Wenn wir gegen die übrigen Regeln im allgemeinen nichts einzuwenden haben, so sind in den Regeln 6 und 7 die Verlegereinbände und die vom Buchhandel angebotenen Einbanddecken doch in einer Weise herabgewürdigt worden, gegen die wir uns entschieden verwahren möchten. Die Buchbindereien würden sehr enttäuscht sein, wenn die Ver lagsbuchhändler Verlegereinbände nicht mehr Herstellen ließen, und wir müssen an dieser Stelle hervorheben, daß es eine ganze Anzahl Verleger gibt, die in der Tat Werke mit wirklich schönen Einbänden herausgeben, und die, weil sie in sehr vielen Fällen in Massen produziert werden, auch entsprechend billiger geliefert werden können. Der Vorstand des Bundes Deutscher Buchbinderinnungen ist in seinem Streben, die Güte der Einbände zu heben, weit über das Ziel hinausgeschossen. Der Vorstand des Deutschen Verlegervereins. 8 11 des Llrheberrechtsgesetzes an Werken der Literatur und der Tonkunst. Um der schweren Schädigung, die dem Musikalienhandel durch die eigenartige Fassung des Wortlautes des K 11 des Urheberrechtsgesetzes vom 19. Juni 1901 über das Ver leihen entsteht, Einhalt zu tun, haben die Vorstände des Vereins der Deutschen Musikalienhändler und des Deutschen Musikalien-Verleger-Ver- einsdie nachstehend abgedruckte Eingabe an das Reichsjustiz amt gerichtet und auch das Königlich Sächsische Ministerium in Dresden unter Beifügung einer Abschrift um Unterstützung dieser Eingabe gebeten. Leipzig, im Mai 1912. Sr. Exzellenz dem Staatssekretär des Reichsjustizamts Eurer Exzellenz, beehren sich die ehrerbietigst Unterzeich neten Vorstände des Vereins der Deutschen Musikalienhändler und des Deutschen Mustlalien-Verleger-Vereins zu Leipzig, als berufene Vertreter des gesamten deutschen Musikalien Handels, folgendes zur geneigten Kennt nisnahme ganz ergebenst zu unterbreiten: In der jetzigen Fassung des K 11 des Gesetzes über das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. Juni 1901: »Der Urheber hat die ausschließliche Befugnis, das Werk zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten; die ausschließliche Befugnis erstreckt sich nicht auf das Verleihen«, erblickt der gesamte Must« kalienhandel eine empfindliche Schädigung seiner Interessen. Zunächst würde des letzten Satzes Wortlaut — wollte man nur auf diesen sehen — das Verleihen von rechtmäßig wie widerrechtlich hergestellten Exemplaren, also auch Nach drucksexemplaren, von Werken der Literatur und der Tonkunst gleicherweise zulassen und schon dadurch zu einer Deutungs möglichkeit führen, die das Gesetz nicht gewollt haben kann. Aber auch dann, wenn jener Satz von K 11 bei Auslegung im engsten Sinne (vgl. Allfeld, »Kommentar zu den Gesetzen vom 19. Juni 1901 betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst« 1902, Seite 112, und Köhler, »Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht« 1907, Seite 177) nur auf das Verleihen rechtmäßig verbreiteter Exem plare bezogen wird, birgt der vorliegende Wortlaut folgen schwere Nachteile für den Musikalienhandel in sich insofern, als ein Verleihen ohne Unterschied der Gattung des Werkes und ohne Rücksichtnahme auf den damit verfolgten Zweck für zulässig erklärt wird. Die schädigenden Wirkungen dieser möglichen Auslegung hat der Musikalienhaudel in der Praxis bereits empfindlich verspürt, und deren unvermeidlich fortschreitende weitere Aus breitung gibt für die Zukunft zu größter Besorgnis Anlaß. Am ausgeprägtesten treten die gefährlichen Folgen auf dem Gebiete der zu öffentlichen Aufführungszwecken dienenden Orchester- und Chormusik zutage. Durch eine Unmenge von Fällen ist erwiesen, daß das Notenmaterial solcher Werke (größerer wie kleinerer) seitens der aufführenden Gesellschaften und Vereine nicht mehr, wie früher, direkt oder durch Vermitt lung des Sortiments vom Verlag bezogen, sondern durch leihweise Entnahme aus dritter Hand beschafft wird; z. B. von einem Orchester« oder Chorverein, der das Material be reits besitzt. In vielen Fällen führt der herangezogene Para- graph sogar zu dem schwerwiegenden Ergebnis, daß der Ver leger von Werken dieser Gattung nur ganz wenige Ma teriale absetzt, die dann von den ersten Erwerbern aus, ohne SI7 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang.