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148, 25. Juni. Nichtamtlicher Theil. 2951 scheu Wirkung des Lichtes aus die Farben ein unüberwindliches Hinderniß für die harmonische Wiedergabe farbiger Objecte. Es bedarf nur der Erwähnung, daß lichtes Gelb dunkel, tiefes Blau aber hell in der Photographie erscheint, um damit zu erläutern, daß zwischen diesen beiden Contrasten eine ganze Scala falscher und ganz unberechenbarer Tonwirkungen zu Tage tritt. Diese Störungen werden durch die neue Methode Albert aus ein Minimum reducirt; sie gibt jede Farbe annähernd in ihrem Tonwerthe wieder und beseitigt damit die erheblichste Unzuträglichkeit in der photographi schen Reproduction. Der Beweis würde wahrscheinlich vollständig erbracht worden sein, wenn das Original nicht ans ganz ausnahms weise grell streitenden Farben zusammengesetzt gewesen wäre. Das Verfahren selbst ist wohl nur dem Erfinder bekannt, dürste auch so bald nicht zum Gemeingut werden. Ob dasselbe berufen ist, als Stufe zu dienen zur Wiedergabe der natürlichen Farben? Die aus gestellte Probe (farbiges Original, bisheriges und neues Negativ- verfahren) muß diese Frage unwillkürlich nahe legen. Für unmög lich dars man ja heutzutage nichts mehr halten. Einstweilen acceptiren wir dankbar, was uns diese hochbedeutende Neue rung bietet. Die Firma Angcrer L Göschl in Wien hat zwar nicht in derjenigen Mannigfaltigkeit ausgestellt, zu der ihre ausgedehnte und vorzügliche Leistung Anlaß bieten würde; aber um so mehr muß dasjenige, was hier vorgesllhrt wird, unsere Aufmerksamkeit fesseln. Wir haben schon erwähnt, daß die Beschaffung der für die Photo- zinkotypie geeigneten Originalzeichnungen bisher die größten Schwierigkeiten gemacht hat. Dieser llebelstand ist durch die Korn- nnd Tonpapiere, wie sie der genannten Firma patentirt wurden, beseitigt. So weit uns bekannt, ist der Hergang beim Zeichnen wie folgt: Das bedruckte und geprägte Papier gibt die Grundlage für den Mittelton des Bildes; nun zeichnet man mit Kreide und trägt geschlossene Tiefen mit dem Pinsel aus, die Lichter werden heraus geschabt. Die ausgestellten Originalzeichnungen und die danach mittelst der Photographie in kleinerem Format gefertigten Zink ätzungen entsprechen durchaus den Anforderungen für Jllustrations- zwecke; sie haben sattes, tiefes Schwarz in den Schatten und großen Reichthum der Töne. Das unter dem Namen „Autotypie" von C. Meiscnbach in München eingesührte Verfahren ist in großem Umsange durch Platten und Abdrücke — sämmtlich Buchdruck — veranschaulicht. Das Prinzip dieser höchst interessanten Methode beruht darauf, daß die Töne des zu reproducirenden Gegenstandes durch ein sinnreiches Verfahren im Negativ-Prozeß so in Punkte, parallele und sich kreuzende Linien zerlegt werden, daß das aus diesem Wege gewonnene Negativ für Zinkätzung ganz in der bekannten Weise verwendet werden kann. Der Schwerpunkt des Verfahrens liegt also lediglich in dieser Art, das Negativ herzustellen; dasselbe gewährt die Mög lichkeit, Aufnahmen nach der Natur, nach Gemälden, Handzeich nungen ic., kurz: alles was sich photographisch aufnehmen läßt, typographisch zu vervielsältigen und verdient aus diesem Grunde in hohem Grade die Beachtung aller Fachleute. Neben den Probe drucken finden wir auch Publicationen ausgelegt, unter anderen eine in Paris gedruckte Nummer des „Salon". Auch für den typographischen Farbendruck dürfte das Meisenbach'sche Verfahren Bedeutung gewinnen; die vorliegenden ersten Versuchsergebnisse , die zwar noch nicht allen Anforderungen an koloristische Schönheit entsprechen, müssen trotzdem als viel- verheihende bezeichnet werden. Polychromer Buchdruck konnte bisher nur innerhalb bestimmter Contouren ohne erhebliche Schwierig keiten ausgeführt werden. Letztere stellen sich ein, sobald es darauf ankommt, daß die Farben in einander spielen. — Nach unserem Dafürhalten scheint das Meisenbach'sche Negativ wegen seiner kornartigen Beschaffenheit berufen zu sein, diese Schwierigkeit zu lösen. Bei diesem Anlaß darf indeß auch ein neues typographisches Farbendruckverfahren (Chromo-Chemigraphie) von Angerer L Göschl in Wien, von dem ebenfalls die ersten Proben ausliegen, nicht unerwähnt bleiben. Indeß ist dem Referenten über die Technik dieser anscheinend noch nicht zur Ausübung gekommenen Methode bisher leider nichts bekannt geworden. Jedenfalls dürfte der farbige Buchdruck nur bei sehr großen Auflagen der Chromo lithographie vorzuziehen sein. Auch von R. Löss in Leipzig und E. Gaillard in Berlin sind Proben von Phototypie unter Anwendung von Tonpapieren ausgestellt; letztere Firma hat auch ein neues autotypisches Ver fahren, welches dem Meisenbach'schen Concurrenz macht. Der Katalog bietet Gelegenheit, die Arbeiten von Angerer L Göschl, Gaillard, Löss und Meisenbach zu vergleichen. — So viel Gutes sich nun auch über diese Resultate sagen läßt, so wird doch die aus schließliche Anwendung der Zinkotypie zur Jllustrirung eines größeren Werkes fast immer den Eindruck einer gewissen Monotonie machen, die den Beschauer ermüdet. Die Erklärung dafür dürste Wohl auch in der rein mechanischen Herstellung liegen. Wohlthuend ist es daher, wenn eine solche Folge durch die frische Vortragsweise des Holzschnitts unterbrochen wird. Ein solches empfehlenswerthes Beispiel finden wir in dem von Gerlach L Schenk heraus gegebenen Werke: Allegorien und Embleme. Ein anderes bemerkenswerthes Verfahren für Buchdruck, von dem uns die Proben in zwei rothen Sammet-Bänden vorliegen, nennt sich Lboto-IZllxrs.viii8; dasselbe wird von Moß in New-Aork schon seit mehreren Jahren ausgeübt. Die Bilder sehen aus den ersten Blick wie Holzschnitte aus; man glaubt die Arbeit des Tonstichels vor sich zu haben. Erst bei sehr genauer Prüfung findet man die Merkmale des mechanischen Verfahrens. Dasselbe scheint bis jetzt nur in Amerika in Anwendung zu kommen. In der Heliogravüre hat Gonpil in Paris lange Zeit fast ausschließlich den Markt beherrscht. Jetzt beginnt auch bei uns in Deutschland das neue bereits erwähnte Verfahren von Kliä in Wien Eingang zu finden. Die Firmen V. Angerer in Wien, F. Hanfstängl in München, R. Schuster in Berlin hatten sehr schön ausgestellt; Gonpil war als Aussteller leider nicht vertreten; die deutschenArbeiten hätten denVerglcich nicht zu scheuen gebraucht. An dieser Stelle möge ein Wort über die Benennungen Platz finden. Herr R. Schuster hat seine Heliogravüren unter dem Namen „Kupferätzung" vorgelegt. Die Bezeichnung ist zwar etwas zu allgemein, denn die Radirung ist auch „Kupferätzung", — der Name „Kupferlichtdruck" würde jeden Zweifel beseitigen; — aber wir begrüßen das Bestreben, das fremde Wort zu meiden, wo ein deut sches gegeben ist. In den fremden Benennungen herrscht eine geradezu babyloni sche Verwirrung, und fortwährend wird unserSprachschatz mit gewag ten Combinationen bereichert, so daß man sich oft fragen muß, ob denn der Name den Zweck hat, das Wesen der Methode zu ver bergen. Als das Allerneueste finden wir ausgestellt: „Hyloty- pie". — Was ist mit diesem Räthselwort gemeint? — Es ist ein Versuch, Naturaufnahmen für die Typographie in Zink zu ätzen. — Eine Lichtdruckanstalt bringt ihre Erzeugnisse unter dem vielver heißenden Namen „Photogravure" in die Ausstellung. Man erwartet also, Kupferdrucke zu finden; aber es stellt sich heraus, daß es nur mäßige Lichtdrucke sind. Die Bezeichnung ist also geradezu sprachlich falsch; der Lichtdruck hat nichts mit „zravnrs" zu thun. Es ist in der Photographie gewiß noch Manches zu erfinden, 418*