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M 283, 12. November 1838. Redaktioneller Teil Börsenblatt s. b. Dtschn Buchhandel. sönlichem Einsatz auch eine unsichtbar gewordene Front halten und wicdcrherstcllen ließ. Es ist erfreulich, daß auch für den Außenhandel durch Direktor Brinkmann und andere neuerdings erneut aller auf monopolistische Planwirtschaft hinzielendc Dok trinarismus abgelchnt und die llnerläßlichkeit Privater Initiative unterstrichen worden ist. Sie ist hier nötiger denn je. Sie darf es aber auch an sich selbst nicht mangeln lassen, damit unerwünschte Eingriffe nicht doch noch unvermeidlich werden. Im allgemeinen sind die Wirtschaftsverhältnisse in der letz ten Zeit gleichgeblieben. Die Lage des Geldmarkts hat sich nach dem Institut für Konjunkturforschung während der Konsolidie rung in den Wochen seit der Ankündigung der neuen Reichsanleihe grundsätzlich kaum verändert; allerdings sei er nicht mehr ganz so flüssig gewesen wie in den Sommermonaten. Von der saison- mäßigen Zunahme abgesehen, sei der Stlnkgcldbcdarf der Wirt schaft auch konjunkturell im Wachsen begriffen. Zwar sei die Zu nahme des Geldumlaufs nach wie vor, verglichen mit der Zu nahme der Beschäftigung und des Einkommens nicht sehr erheb lich (Ende Oktober »in 9,4°/° höher als vor einem Jahr). Aber cs falle bei der noch immer beengten Lage der Kreditanstalten liqui- ditätsmäßig doch ins Gewicht, wenn die Bargcldnnfordcrnngcn des Publikums gegenüber dem Oktoberultimo des Vorjahres um 838 Millionen Zunahmen. Es sei eine leichte Schwächung der Bankenliguidität zu verzeichnen. Da der Wechsclumlanf bereits Ende September wieder annähernd auf den Stand von Ende April gesunken fei, so seien offenbar die großen öffentlichen In vestitionen und Aufträge seit etwa einem halben Jahre fast voll ständig ans dem Erlöse langfristiger Kapitalaufnahme bestritten worden. Die Steigerung des Stückgcldbedarfs läßt aber auch den unmittelbaren Zusammenhang mit dem Rückgang der Arbeits losigkeit erkennen und ist zweifelsohne aus erhöhte Lohnzahlungen und Barumsätze znrückzuführcn. Die wirtschaftliche Lage des E i n- zelhandels war denn auch in der Berichtswoche nach den Handclskammermeldungen nicht ungünstig. In den meisten Bran chen wurden befriedigende Umsätze erzielt. Durch die Saison be dingt, war die Nachfrage durchweg lebhafter als im Vormonat. Auch gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres war im all gemeinen eine leichte Umsatzsteigerung festzustellen. Nachfrage be stand überwiegend nach mittleren Preislage», über die schleppende Zahlungsweise der Kundschaft wird in einzelnen Branchen nach wie vor geklagt. Die Preise wären unverändert. Nach derselben Quelle hat sich der Berichtsmonat für den Filmverleihhandel und die Lichtspieltheater gut angelassen. Es macht sich noch eine gewisse Knappheit an Filmen bemerkbar. Die Zahl der Spitzenfilme ist anteilmäßig größer als im vergangenen Fahr, ein Zeichen dafür, daß sich die Erzeugung, was die Güte der Filme betrifft, in aufsteigender Linie bewegt. Diesem Gebiet der Kulturwirtschaft muß der Buchhandel ganz besonderes Inter esse entgegenbringcn, berührt sich doch sein eigenes Schicksal viel fach damit. Staatsminister Lehnich führte neulich bei seiner Ein führung als Präsident der Reichsfilmkammer u. a. aus: Wenn manchem nicht klar sei, was der Nationalsozialismus auf diesem Gebiete walle, dann vielleicht deshalb, weil hier Kultur und Wirtschaft znsainmenstießen und oft der Wirtschaftler die Dinge zu stark nur vom wirtschaftlichen Standpunkt sehe, und derjenige, der mitten im Kulturschaffcn stehe, nur mit einer gewissen Skepsis die wirtschaftliche Seite betrachte. Aber er müsse betonen, daß der Nationalsozialismus kein Stantsfilmmonopol und keine staat liche Filmwirtschaft wolle. Er verlange Verantwortung von jedem Filmschaffenden; der Privatinitiative solle freier Lauf gelassen bleiben. Das find Grundsätze, die der Buchhandel auch für sich angewandt wissen möchte. Gerade aber beim Film ist noch nicht alles so, wie cs sein sollte. Mit Recht regte z. B. kürzlich die Essener National-Zeitung in einer Schilderung der wirtschaft lichen Entwicklung des Films endlich Abstellung aller falschen Methoden an, um zu einer gesunden Filmwirtschaft zu gelangen. Es wird vor allem die Beseitigung des verhängnisvollen Systems des Blind- und Blockbuchens gefordert, die gleichbedeutend wäre mit dem Ende des Starsilms und der Flut schwacher Filme. Jetzt trage der Starfilm regelmäßig eine ganze Anzahl schlechter Filme mit. Die Filmindustrie müßte dann aus jeden Film so viel Sorg falt verwenden, daß er sich von allein durchsetzen könnte. Gleich 858 zeitig würde die Brechung der inonopolartigcn Stellung einiger weniger großer Verleihgruppen erreicht werden. Auch in der Funkwirtschaft scheinen noch Reformen nötig zu sein. Der Zusam menbruch zweier Großbetriebe der Rundfunkindustrie in den letz ten Wochen läßt jedenfalls darauf schließen. Immerhin ist aber aus den in diesem Zusammenhang veröffentlichten Berichten zu entnehmen, daß die Schwierigkeiten nicht etwa auf ein Versagen der Kaufkraft in den Verbraucherkreisen zurückzuführen sind. An dieser Feststellung ist der Buchhandel nicht uninteressiert, da er ja in demselben Marktbereich auch seinen Absatz suchen muß. In Ber liner Berichten wurde ausdrücklich betont, daß die Marktordnung in der Funkwirtschaft nicht gefährdet sei, daß aber das Fehlen einer Erzeugungsplanung oder einer Kontingentierung sich als schwerer Mangel der Vereinbarungen gezeigt habe. Die Produktionsfreudigkeit des deutschen Vcrlagsbuchhandels hat auch nach den Beobachtungen der letzten Wochen unvermin dert angehalten. Die Zählung der erstmalig im Börsenblatt an gekündigten Neuerscheinungen ergibt für die ersten zehn Monate des Jahres bisher ein Mehr von fast 8°/° gegen dieselbe Zeit 1934. In den in der »Wirtschaftlichen Lage« verarbeiteten Be richten der deutschen Industrie- und Handelskammern, Hand werkskammern und Wirtschaftsverbände spiegelt sich die Lage, vom Buchgewerbe aus gesehen, jedoch nicht einheitlich wider. El heißt dort u. a. von: Niederrhein: »In der Geschäftslage des Buch- und Knnstdrnckgcwcrbes sind ebenfalls keine nennenswer ten Änderungen cingetretcn. Aus Württemberg aber: Im Verlag und in der Buchdruckerci ist eine leichte saisonmäßige Belebung zu verzeichnen. Das Auslandgeschäft hat sich etwas gebessert. Die Buchbinderei ist voll beschäftigt, -v- Die Lage im niedersächsischen Buchdruckgewcrbc des weiteren ist in, Oktober gegenüber dein Vormonat im wesentlichen unverändert geblieben. Die Besserung, die im September in geringem Umsang zu verzeichnen war, hat angehalten. Im Zeitungsgewerbe war hier das Geschäft gegen über dem Vormonat nicht unerheblich besser. Dies gilt sowohl für das Anzeigen- als auch für das Bezugsgeschäft. Die Um sätze im Anzeigengeschäft lagen nicht unerheblich höher als im September und waren auch gegenüber der gleichen Zeit des Vor jahres größer. Die Belebung des Bczugsgeschäfles ist auf die Be stellungen der ländlichen Bevölkerung zurückzuführcn und ist eine saisonmäßige Erscheinung. Die Beschäftigungsverhältnisse im Buch- und Steindruckgewerbe blieben im wesentlichen unver ändert. Teils hat der Auftragseingang in Buchdruckarbeiten etwas zugenommcn, teils ist er leicht abgefallen. Aufträge für die Weihnachtswerbung kommen bisher nur in geringem Umfange an den Markt. Die Preise sind immer noch sehr gedrückt, da in folge Stillegung von Zeitungen, Zeitschriften usw. zuviel Ma schinen vorhanden sind, die Beschäftigung suchen. Im sächsischen Buchdruckgewerbe hat nach derselben Quelle die Geschästs- belebung im Herbst sich nur in geringem Maße durchgesetzt und muß für Viole Betriebe schon wieder als beendigt angesehen wer den, da eine Anzahl von Betrieben schon wieder über Beschäfti gungsrückgänge klagt. Im einzelnen sollen sich Einschränkungen im Druck von Unterhaltungskalendern bemerkbar machen, die auf Bestimmungen des Werberates der deutschen Wirtschaft zurück- gcsührt werden. Das Berlagsgeschäft soll durch die Umschichtung bei den nichtarischen Verlagen eine gewisse Beunruhigung erfah ren haben. Die einem allgemeinen Aufschwung im Buchdruck- gewerbc entgcgenstchcnden Hemmnisse wirken sich nach wie vor aus. Die Geschäftslage im Berliner Buchdrnckgcwcrbe hat sich gegenüber dem Vormonat nicht gebessert. Das Weihnachtsgeschäft hat noch nicht in dem Maße wie in den Vorjahren eingesetzt. Lediglich einige Spezialdruckereien hatten höhere Auftragsein gänge zu verzeichnen. Im sächsischen Buchbindcreigewerbe ist die jahreszeitlich bedingte Besserung der Lage ini Oktober zwar fest zustellen, wenn auch bei weitem nicht in dem Ausmaß der früheren Jahre. Den Anzeichen nach ist auch zu befürchten, daß die Be lebung besonders kurzfristig sein wird. Ausfällig ist, daß den Buch bindereien sehr kurze Lieferfristen zugcmutct werden, die gleich mäßige Betricbsdispositioncn fast unmöglich machen. Rach wie vor ist Klage darüber zu führen, daß die Bedeutung des Leipziger Bezirks als hervorragender Standort des Buchbindergewerbcs bei der Vergebung von Aufträgen durch Rcichsstellen nicht im er-