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^ 164, 19, Juli 1915, Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. geht. Da wird er mit aller Kraft einsetzen und allen, die er hören wollen oder nicht, wieder und wieder zurufen müssen, daß nur erhöhtes Studium, Lektüre und Fortbildung die ver lorenen Kräfte ersetzen und neue erwecken kann. Alles, was in weiterem Sinne Handwerkszeug für den Fortschritt und die Fortbildung ist, wird an dem Aufschwung teilnehmen; un. produktive Werke, und mögen sie noch so schön sein, werden dagegen aller Voraussicht nach noch auf längere Zeit hinaus zu leiden haben. Für einzelne Gruppen von Werken zeichnet sich schon jetzt das Zukunftsbild der neuen FriedenSkonjunkiur ab. Die Ver änderungen und Fortschritte, die der Krieg bringt und gebracht hat, werden in Büchern ihren Niederschlag finden müssen, und diese Bücher müssen, trotz aller Sparsamkeit, geradezu starke Nachfrage finden. Ganze Bibliotheken sind entwertet und müssen durch neue Werke ersetzt und ergänzt werden. Die Geographie, Kultur- und Wirtschaftsgeographie, Strategie, Geschichte, Wirtschaftswissenschaft und Völkerrecht, Chirurgie und Hygiene, Finanz- und Zollwesen, Etsenbahnfragen und vieles andere mehr verlangen neue Werke, und diese Werke werden, wenn sie gut find, in verstärktem Matze gekauft werden. So entsteht auch hier blühendes Leben aus Ruinen. Und Dichtung und Philosophie wird man lesen wollen und müssen, mehr als früher; aus den Schrecken des Kriegs, über die noch vieles gedruckt und gelesen werden wird, wird man dann auch sich herauslösen wollen, die ermüdete und vergrämte Seele wie den neu belebten Mut und Geist auf alles Hohe der Menschheit richten wollen und lesen — lesen — lesen! Viele sind leider geblieben, die das Buch liebten, aber viele sind gekommen, die erst im Kriege das Buch kennen und schätzen gelernt haben — und das Leben geht weiter. Es wird keinen kleinmütigen Buchhandel finden; sein Ver ständnis für die neue Friedenskonjunktur wird ihn als Kämpfer für Fortschritt und Größe des Vaterlandes an erster Stelle finden, Elster, Kleine Mitteilungen. Bestandsmeldung über Metalle. (Vgl. Bbl. Nr. 159.) — Amt- l ich wird aus Berlin gemeldet: Die Frist für die Bestandsmeldungen nach den Bekanntmachungen vom 1./5. 1915 M. 1./4. 1915 K. R. A. be treffend Metalle und vom 16./3. 1915. M. 6172/2. 1915 K. N. A. be treffend Wolfram, Chrom, Vanadium, Molybdän und Mangan ist am 15. Juli d. I. abgelaufen. Zur Nachmeldung nnnHe eine Nachfrist bis zum 25. Juli gewährt. Die Unterlassung der Meldung wird in Paragraph 5 der Bekanntmachung über die Vorratserhebung vom 2./2.1915 mit empfindlichen Strafen bedroht. — Vordrucke für die Mel dungen sind bei allen Postämtern erster und zweiter Klasse erhältlich. Neues dänisches Kriegspressegesetz. — Das Folkething nahm ein stimmig das.von der Negierung vorgelegte Kriegspressegesetz an, das für Aufreizung gegen kriegführende Mächte und unberechtigte Ausstel lungen an der neutralen Politik der Negierung Strafen festsetzt. Da mit ist das Gesetz vom Reichstag endgültig angenommen und tritt in Kraft, sobald es vom König unterzeichnet worden ist. Kriegsschäden der Wissenschaft. — In der »Oestereichischen Rund schau« erörtert der berühmte Vertreter der Mineralogie an der Wie ner Universität Cornelio Dölter, die Frage, welchen Schaden die Wissen schaft durch den Krieg erleidet. Die Unterbrechung vieler Arbeiten durch die Teilnahme der Gelehrten am Kriege bedingt natürlich eine große Stockung in der wissenschaftlichen Produktion, aber vielfach han delt es sich dabei nur um einen Aufschub, der nach Abschluß des Krie ges in der Hauptsache nachgeholt werden kann. Vor allem werden aber viele internationale Werke zeitweise sehr schwer betroffen. Hierzu gehört (wie schon im Börsenblatt 1915, Nr. 9 mitgetcilt) der Katalog der naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen der Noyal Society in London, der durch die Unterbrechung des Verkehrs mit den kriegführenden Ländern, die selbstverständlich auch die bisherigen Zuwendungen eingestellt haben, stark leiden diirfte. Dölter selbst gibt übrigens ein internationales, aber in deut scher Sprache erscheinendes großes Handbuch der Mineralchemie heraus, bei dem von etwa 66 Mitarbeitern fast ein Viertel in Ruß land, England und Frankreich wohnt. Im ganzen aber findet man in den naturwissenschaftlichen und medizinischen Gesellschaften der feindlichen Länder noch das größte Maß an Objektivität. Die russischen wissenschaftlichen Gesellschaften scheinen sich sehr zurückhaltend zu be nehmen, sodaß man erwarten kann, daß die guten Beziehungen zwischen ihnen und den deutschen und österreichischen Gelehrten bald wieder her gestellt sein dürften. So hat man mehreren kriegsgefangenen For schern erlaubt, an den wissenschaftlichen Instituten zu Moskau und Kasan zu arbeiten, was unbedingte Anerkennung verdient. Aus Frank reich liegen neben unerhörten Beschimpfungen doch auch verständige objektive Äußerungen vor, die darauf schließen lassen, daß, wie nach dem Kriege 1870/71, sich auch diesmal die Beziehungen zwischen deut schen und französischen Gelehrten in wenigen Jahren fester knüpfen werden. Die Ansichten der neutralen Gelehrten sind geteilt, aber man braucht hier wohl nicht zu befürchten, daß selbst die gehässige Stimmung in manchen Kreisen des neutralen Auslandes lange andauern wird. Die Männer, die eine solche Stimmung zu fördern suchten, hätten für ihre Wissenschaften am meisten darunter zu leiden. Man kann deshalb, so schließt Dölter seine durchaus sachlichen und lesenswerten Aus führungen, mit einiger Beruhigung dem nach dem Kriege wohl zweifel los wieder aufzunehmenden Verkehr der Männer der Wissenschaft ent gegensetzen, dem namentlich die Naturwissenschaftler sich trotz feind seliger Gesinnung nicht werden entziehen können. Bestellungen auf Karten, Reiseführer usw. — Der Vorsteher der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler erläßt in der Lsterr.-ung. Buchh.-Correspondenz folgende Bekanntmachung: Im Aufträge der k. k. Polizeidirektion in Wien ersuche ich die ge ehrten Mitglieder der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musi kalienhändler, im Hinblick auf Wahrung der militärischen Interessen auffällige Bestellungen von Landkarten, Reiseführern, Plänen und dergleichen ohne Verzug auf dem kürzesten Wege unter Angabe des Bestellers der zuständigen Sicherheitsbehörde zur Kenntnis zu bringen. Postwesen. — Amtlich werden folgende neuere Bestimmungen be kanntgegeben: An Privatpersonen in Russisch-Polen sind offene ge wöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen sowie Postanweisungen bis 800 Mk. nach Bendzin, Czenstochau, Kalisch, Kolo, Konin, Lodz, Pabianice, Sieradz, Wielun und Wloclawek zugelassen. Gestattet ist nur die deutsche Sprache. Auf Postanweisungen sind schriftliche Mit teilungen unzulässig. Die deutschen Postanstalten in Russisch-Polen vermitteln auch den Zeitungsbetrieb (siehe Bbl. Nr. 161). — Die bil lige Brieftaxe im Verkehr mit den Vereinigten Staaten von Amerika ist aufgehoben. — Im übrigen müssen alle Brief sendungen nach dem Auslande offen zur Post geliefert werden und in einer der zugelassenen Sprachen (Deutsch, Französisch, Englisch, Italie nisch, Spanisch, Holländisch, Dänisch, Schwedisch, Norwegisch und Portu giesisch) abgefaßt sein. Nach der Türkei ist Spanisch ausgeschlossen. Für Kataloge u. dgl. kann durch die militärischen Prüfungsstellen auch die Anwendung anderer Sprachen zugelassen werden. Paketen dürfen keine Briefe oder schriftlichen Mitteilungen — außer einer offenen Rech nung — beigefügt werden. Die deutsche Kriegsprcsfe in Ost- und Südafien. — Uber die Kriegs schicksale der schnell aufstrebenden deutschen Presse in Ostasien hat der »Ostasiatische Lloyd« authentische Nachrichten zusammengestellt. In Japan sind der »Japan Daily Heralö«, die deutsche Tages zeitung in englischer Sprache, und die »Deutsche Japan-Po st«, die Wochenzeitung in deutscher und japanischer Sprache, bald nach der Kriegserklärung verboten worden, während die »Tsingtau er Neuesten Nachrichten« kurz vor dem Fall der so tapfer ver teidigten Stadt selbst ihr Erscheinen einstellen mußten. Dafür wurden unter den schwierigsten Verhältnissen einige deutsche Kriegszeitungen im fernen Osten gegründet, die so begeisterte Aufnahme fanden, daß ihr späteres Fortbestehen im großen Frieden der Zukunft gesichert erscheint. Es sind für das Land der Mitte die »Deutsche Zei tung für China«, die alle Abende mit Ausnahme des Sonntags und der Festtage zu Shanghai in acht bis zehn Seiten kleinen Formats erscheint, und das (schon länger in Tientsin bestehende) »Tageblatt für Nordchina«, dessen Kriegsausgabc unter anderem mit drüben dankbar empfundener Schärfe den Kampf gegen die Lttgendepeschen- bureaus und die feindliche Presse führt. Sehr wichtig ist, daß die Deut schen in Manila eine Wochenzeitschrift in englischer Sprache und in Weltevreden bei Batavia auf Java eine Monatsschrift in deutscher Sprache, »Deutsche Wacht«, geschaffen haben. In Bangkok in Siam erscheint die deutsche Kriegshalbwochenschrift »Die Umschau«; das von der jungen »Umschau-Gesellschaft« in eigener kleiner Drucke rei (die Benutzung der American Presbyterian Printing Press wurde »aus Neutralitätsgrünöcn« gekündigt!) fertiggestellte Blatt hat sich bereits von einer vierseitigen wöchentlichen Ausgabe zu einem halb wöchentlichen Erscheinen in acht bis zehn Seiten starken Heften empor- 1027