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88. IS. April 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4659 Käufer dafür eine entsprechende Abfindungssumme zu zah len hat. Das Prinzip der Renlenablösung soll erst an einem all gemeineren Beispiel gezeigt werden. ^ ist bei einem Unfall zu Schaden gekommen und der haftbare 8 ist verurteilt wor den, an L neben einem einmaligen Schmerzensgelde für die Beeinträchtigung der Erwecbsmöglichkeit eine laufende Rente von 1600 zu zahlen. Aus irgendwelchen Gründen sind nun beide Parteien damit einverstanden, daß anstatt der jähr lichen Rente für diesen Anspruch einmal eine größere Summe gezahlt wird, die dem Werte der Rente gleich sein soll. Beide Parteien sind ferner darin einig, daß etwa 30 Jahre die Rente genießen würde und daß er ferner das empfangene Kapital zu 4"/» verzinsen könne. Im ersten Augenblick wird nun ^ sagen: Ich habe 30 Jahre lang je 1000 zu bean spruchen, also mutz ich jetzt 30X1000—30 000 erhalten. Das wäre falsch, denn 30 000 ergeben zu 47» verzinst jähr lich 1200 an Zinsen oder 20°/» mehr, als der Rentenanspruch überhaupt beträgt. Es würden nun beispielsweise 25 000 »tt bei 47» jährlich genau den Rentenanspruch von 1000 an Zinsen ergeben, aber nicht nur 30 Jahre lang, sondern bis in alle Ewigkeit. Die Abfindungssumme muß also noch kleiner sein, und zwar genau so groß, daß sie zuzüglich 4 7° Zinsen jährlich 30 Jahre lang je 1000abgibt und dann aufgedraucht ist. Die mathematische Formel für die Rentenrechnung lautet: " 1 : v 1 u——: (v — 1) 100 n — Zahl der Termine; p —Zinsfuß. Entsprechend der späterstehenden Rententabcllc ergibt sich in diesem Falle ein Gegenwartswert von 17 292 Dieser Betrag würde zuzüglich von 47° jährlich auf das jeweils noch vorhandene Kapital dem erlauben, 30 Jahre lang je 1000 »tk zu verbrauchen: am Ende des 30. Jahres — nicht früher und nicht später — würde sodann das Kapital aufgezehrt sein. Um ganz Ähnlicher handelt es sich bei den Renten aus irgendwelchen Idealwelten, und zur richtigen objektiven Be wertung muß daher erstens die Höhe, zweitens der Zinsfuß und drittens die Dauer der Rente ermittelt werden. Zuerst einige Beispiele zur Ermittlung der Rentenhöhe: Jemand verlegt die »Allgemeine Schreiner-Zeitung«, de ren Reingewinne (Einnahmen aus Abonnements, Anzeigen usw., weniger Ausgaben für Herstellung, Vertrieb, Geschäfts führung usw.) betrugen: mos 14 000.— 1907 18 900.— 1908 14 800 - 1909 14 800.— > 1910 14 400 — 1911 14 700.— Zusammen 86 400.— Jahresdurchschnitt 14 400.— Mehr als fünf bis sechs Jahre brauchen zur Ermittlung des durchschnittlichen Erträgnisses nicht herangezogen zu wer den, da die älteren Jahre für die Gegenwart und Zukunft keinen Vergleichswert mehr besitzen; auf zwei bis drei Jahre darf man sich aber auch nicht beschränken. Da die Zeitschrift in den letzten drei Jahren den Durchschnitt überstieg, so mag man abgerundet 14 500 als jährliches Erträgnis annehmen. Es ist aber nun zu berücksichtigen, daß, um diese 14 500 »kt jährlich zu verdienen, der Inhaber selbst und ferner ein ge wisses Betriebskapital, etwa 8- bis 10 000 ^k, mitarbeiteten. Rechnet man für die eigene Arbeitskraft etwa 3000 bis 3500 und au Zinsen für das Betriebskapital etwa 400 bis 500 so wären rund 3700 von 14 500 ^ abzuziehen, und es er gäbe sich eine eigentliche Rente von 10800 jähr lich, für welche der Verkäufer seitens des Käufers abzufinden wäre. Eigene Arbeitskraft und Zinsen auf das Betriebskapital müssen selbstverständlich abgezogen werden, denn für beides würde der Käufer das gleiche Entgelt anderweitig haben kön nen. Bei der eigenen Arbeitskraft ist jedoch lediglich der eigentliche Arbeitswert zu rechnen, also etwa das Gehalt, das einem Gehilfen zu zahlen wäre, wenn der Käufer nicht selbst tätig wäre. Der Mehrwert der Chefsarbeit findet seinen Aus gleich in dem Unternehmergewinn. Waren jedoch eigene Arbeitskraft und Zinsen des Betriebskapitals schon in den Kosten für Geschäftsführung eingeschlossen, so sind sie nicht nochmals abzuziehen. Realwerte sind bei einer Zeitschrift ge wöhnlich nicht zu rechnen, da die alten Vorräte, Klischees und dergleichen meist nicht vom Käufer übernommen werden und auch selten einen erheblichen Wert darstellen. Der gleiche Verleger will sich seines Fachverlags entäutzern, der aus dem »Allgemeinen Schreinerkalender«, einem Hand buch »Der praktische Schreinermeister« und ferneren acht ver schiedenen Werken besieht. Der Kalender erscheint jährlich, das Handbuch etwa alle 2—3 Jahre in neuer Auslage, und bet diesen beiden Werken wäre ähnlich wie bei der Zeitschrift der durchschnittliche Jahresverdienst zu ermitteln. Bildet dieser Fachverlag eine einzelne Gruppe eines größeren Verlags, so werden in der Regel die allgemeinen Geschäftsunkosten anteilig geschätzt werden müssen, ebenso auch die eigene Arbeitskraft. Als Betriebskapital ist das Vermögen zu rechnen, das im Durchschnitt in den Vorräten steckt und zum Vertriebe durch schnittlich benötigt wird. Abzufinden wäre sodann der Renten wert zuzüglich der Herstellungskosten der Vorräte. Klischees, Stereotypplatten und dergleichen sind in der Regel nicht be sonders zu bewerten. Durch ihr Vorhandensein kann der Käufer allerdings neue Auflagen billiger als ohne sie Herstellen, da aber der Überschuß beim Verkäufer in der zugrunde zu legenden Höhe regelmäßig auch nur dadurch zustande kam, daß er von vorhandenen Platten druckte, so steckt der wirtschaft liche Wert der Platten bereits in der abzufindenden Rente, ist also nicht nochmals anzusetzen. Die übrigen acht Werke des Verlags weisen zwar auch einen Überschuß auf, sind teils vielleicht auch über die erste Auflage hinausgekommen, aber dennoch sind es keine Werke, aus denen man eine laufende Rente erwarten kann. Hier wäre lediglich der Wert der Vorräte zu übernehmen, und zwar nach der in meinem früheren Aufsatz angegebenen Art: Wert gleich Zukunftsabsatz, vermindert um etwaige neue Herstellungskosten, Zinsen, allgemeine Unkosten und Gewinnaufschlag. Bei Werken, die zwar zu guten Zukunftsaussichten berech tigen, bei denen aber eine dauernde Rente noch nicht ermittelt werden kann, weil die Werke erst dar 1—2 Jahren erschienen, wird man einen Mittelweg einschlagen und den Herstellungs- Wert der Vorräte zuzüglich eines Pauschals für die Bewer tung zugrunde legen. Ein größerer Verlag wird nach denselben Grundsätzen bewertet, allerdings ist es hier regelmäßig weder möglich noch nötig, für jedes einzelne Werk einen bestimmten übernahme wert festzusetzen, man rechnet hier mit runderen Summen für das Ganze und gelangt bei richtiger Auswahl und Abrundung ebenfalls zu einer richtigen, objektiven Bewertung. Auf Ein zelheiten komme ich vielleicht später einmal zurück. Gute Autorenverbindungen, bekannter Firmenname drücken ihren wirtschaftlichen Wert zumeist in der bisherigen Renta bilität aus, werden also durch die Rentenbewertung abge sunden, so daß sich eine besondere Bewertung erübrigt. Ein Schulbeispiel für eine Ausnahme würde ein belletristischer Verlag sein, der bis dahin zwar Werke mit guten Erträgnissen, aber ohne dauernde Gangbarkeit verlegt hat. Da einem der artigen Verlag aus den bisherigen Verlagsobjekten eine Rente für die Zukunft fehlt, so kann eine solche auch nicht abgefunden werden. Da der Verlag aber dank seiner guten Verbindungen 607'