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messe 1771, 17 Bogen stark. Lavater empfing dafür 51 Thaler, der Drucker Dürre (Auflage 1000 Erpl.) verrechucle den Bogen Satz und Druck ebenfalls mit 3 Thaler, dem Censor mußte er 1f^ Thaler bezahlen. Lavater war sehr zufrieden mit Druck und Ausstattung, nach dem noch bei Zeiten ein schlimmer Fehler war getilgt worden. „Der Druck des Tagebuchs gefällt mir, und Herrn Zollikofer's (vom Diakonus ausdrücklich erbetene) Verbesserungen und Genauigkeit verdienen meinen aufrichtigsten Dank." Verfasser und Verleger dieser Schrift blieb doch ein Uebel nicht erspart; dem Verfasser, daß er von seinen Bekannten schnell als solcher erkannt war, dein Verleger, daß sein Artikel nachgedruckt ward. Während nun Lavater allerhand plante, was den Verdacht seiner Freunde von ihm abzulenkcn vermöchte, hatte er auch Vorschläge wegen des Nachdrucks. Nachdrucker war Herr Emanuel Haller, der sich „durch die erstaunliche Nachfrage und das allgemeine Verlangen des schweizerischen Publicnms" zu seiner That verleiten ließ. La vater nahm zwar Anlaß, Herrn Haller tüchtig den Tert zu lesen, war aber doch gutmüthig genug, ihn Reich's Nachsicht zu empfehlen, nachdem der Nachdrucker den Weg der Abbitte eingcschlagen. „Der Vorfall thut mir wirklich leid, wiewol ich glaube, daß Sie Ihre Auflage gleich werden los werden können." Bald nachdem Reich und Lavater wegen des Tagebuchs ab geschlossen, kamen zwei neue Vorschläge von Zürich nach Leipzig. Lavater beabsichtigte ein Leben Jesu in Hexametern zu schreiben und trug dieses Werk Reich an; er erbat gleichzeitig acht Thaler Honorar für den Bogen. Aber kanm war sein Brief abgcgangen, so hielt er es für gerathcn, seine Forderung nachträglich abzumin dern. Er schrieb nun abermals und schlug einen Carolin für den Bogen vor. Reich nahm den Antrag an und machte, wie er oft that, ansLavater's Conto sogleich bezügige Notiz. Aber der Diakonus empfand nach einiger Zeit Reue. Drüben in Winterthur lebte ein sehr wackrer Mann, der gerade einen Buchhandel anfing, „ein Schwager des liebenswürdigen Sulzers von Winterthur, den Sie kennen, Heinrich Steiner, diesem Manne, den ich Ihnen sonst empfehle, will Lavater seinen „Jesus Christus" als guten Ver lagsartikel zuwenden. „Ich verliere dabey, wenn ich ihm das Mannscript dieses Werkes gebe, aber er gewinnt vermuthlich." Reich trug kein Bedenken- Lavater von seinen Verpflichtungen zu entbinden und schrieb in fein Hauptbuch neben »Geschichte Jesu in 4".«: „ist nicht zu Stande gekommen". Der zweite Antrag betraf ein kleines Schriftchen „von der Physiognomik", mit der sich Lavater damals bereits lebhaft beschäf tigte. Es scheint, daß diese Arbeit als honorirfähig gar nicht in Betracht kam, wenigstens findet sie sich nur auf Herrn Dürre's Conto mit fünf Bogen, den Bogen zu 2 Thlr. 10 Gr., und 16 Gr. Censur- gebühren. Lavater bedankte sich unterm 7. Juli 1772 von Ober ried aus, wo er Selterser Wasser zur Stärkung seiner angegriffenen Gesundheit trank, „für die niedlich gedruckte Abhandlung von der Physiognomik" und stellte Reich gleichzeitig einen zweiten Abschnitt hierzu, „der einen Plan zu einem vollständigen Werk darüber ent hält", zur Verfügung. Und wie Reich um das Manuscript bittet, schreibt er: „Finden Sie, daß ich mehr als 2Louisd'or und 24 Exem plare damit verdienet habe, nun so mag ichs leiden, ich weiß es wirklich nicht. Zwei Louisd'or aber bitte ich Sie, Herrn Zollikofer für das Erzgebirge (für dessen Arme?) zu übergeben". Diese zweite, wohl später mit der ersten vereint ausgegebene Abhandlung brachte ihrem Verfasser 35 Thlr. 8 Gr., von welchem Betrag, Lava ter's Wünschen entsprechend, zehn Thaler an Zollikofer gezahlt wurden. Nach Erledigung dieser Arbeiten geht Lavater ernstlich an die Ausführung des schon einige Zeit gehegten Gedankens, zu seinem „Tagebuch" einen zweiten Theil zu schreiben. Am 8. Juni 1773 ist das Manuscript abgeschlossen und wird, sobald es die Censur passirt hat, nach Leipzig abgesandt werden. Der Verfasser aber glaubt nicht indiseret zu sein, wenn er für sein wohl 24 Bogen füllendes Werk — „von dem ich mir ohne blinde Autor-Eitelkeit einen großen, einen außerordentlichen Erfolg verspreche" — aus dem Zirkel von Armen, mit denen er täglich umringt ist, aus dem Gedränge der Nothleidenden heraus, einschließlich der gelieferten Zeichnungen, hundert Thaler oder 16 neue Louisd'or und 24 Exem plare auf Schreibpapier verlangt. „Lieb wäre es mir, wenn Sie die Gütigkeit hätten, gerade nach dem Empfange des Manuscripts mir die Hälfte des Honorariums zu übermachen." Der Druck begann sofort, so daß die Ausgabe des Bandes noch in der Michaelismesse erfolgen konnte. Herr Dürre setzte und druckte ihn (26 Bogen u 3 Thlr. 20 Gr.), Lavater aber empfing dafür die erbetenen 16 Carolin st 6 Thlr. 5 Gr. in einem Wechsel, der noch vor Eingang des Manuscripts nach Zürich abgesandt ward. Die Rührung des Diakonus war darob sehr groß. „Tausend Dank, mein lieber Herr Reich, Sie allein scheinen kein Buchhändler, sondern ein Mensch zu sein —an demselben Abend, da ich Ihren eingelösten Wechsel von 16 Carolin erhielt, sah ich sehr contrastirende Dinge von andern Buchhändlern." Schon neulich hatte Lavater einen Brief entworfen zum Schutze seiner Verleger, nun aber, unter dem unmittelbaren Eindruck des vorempfangenen Honorars, glaubt er, Reich seinen Brief zur Kenntnißnahme senden und ihm den Gebrauch anheimstellen zu sollen. Und er sendet seinen Entwurf, zierlich abgeschrieben, nach Leipzig. Der Brief lautet: An alle Herren Buchhändler in der Schweiz und in Deutschland. Hochgeehrte Herren, Solltet Ihr es einem Euch wenigstens dem Namen nach nicht ganz unbekannten Schriftsteller übel nehmen können, wenn er ein kurzes Vittschreibcn an Euch abgehen läßt. Nein, wenn Ihr allenfalls auch nur in wenige von den guten, mittel mäßigen und schlechten Büchern, die Euch Jahr aus, Jahr ein durch die Hände geben, nur einen einzigen Blick geworfen habet, so werde: Ihr ge funden haben, daß es nichts unschickliches ist, wenn ein Mensch den andern bittet, einem Dritten nicht vorsätzlich zu schaden. Unmöglich also werdet Ihr es mir verargen, wenn ich Euch mit Gegen wärtigem öffentlich bitte, meine Verleger mit dem Nachdruck meiner Schrif ten gütigst zu verschonen. Wenn ich je etwas von meinen Schriften in eignen Verlag nehme swozn ich jedoch vorizt noch wenig Lust verspüre), so werde ich es zwar nicht billig finden können, wenn Ihr mir durch Nach druck meine« Eigenthnms Schaden zusügen würdet; aber sicherlich würde ich cs nicht ahnden; Euch keine Dorwürse deswegen machen und mich auf kemerley weder unmittelbare noch mittelbare Weise an Euch zu rächen suchen, und diese Beleidigung nicht als eine Beleidigung, sondern als eine mir nützliche Uebung der Geduld und Liebe ansehcn. Allein, wenn man andern, meinen Freunden oder solchen, mit denen ich in einem Vertrage stehe, unrecht thut, urtheilet selbst, ob es Großmutb oder Niederträchtigkeit wäre, wenn ich dazu schweigen und mich ganz gleichgültig dabei verhalten würde. Mit aller möglichen Freundlichkeit, jedennoch mit dem festen Vorsatz, mich künftig allem Unrecht gegen meine Verleger mit Ernst und unabtreib- licher Entschlossenheit zu widersctzen, will ich Euch, Ihr sonst in mancher Absicht verehrungswürdige Beförderer der menschlichen Erkcnntniß bitten, gegen meine Verleger Euch künftig also zu betragen, wie Ihr, in ih en Umständen mit Recht verlangen könntet, daß andre sich gegen Euch be trügen. — Ich verspreche Euch an meiner Seite nichts ermangeln zu lassen, daß meine Verleger gegen Euch und das Publicum billig sehen. Erweiset mir also die Gefälligkeit — — brave redliche Männer zu sehn und lasset mich insonderheit Euch den Verleger meiner vermischten Schriften, den neuen Buchhändler Heinrich Steiner und Compagnie, als einen redlichen, bescheidenen, billigen und allen denen, die ihn kenn- n, lieben Mann bestens empfehlen. Es würde übrigens vielleicht eine zu dreiste Zumuthung seyn, wenn ich, um die Redlichen und Wacker» unter Euch namentlich zu kennen, die Bitte bei fügen würde, daß Alle, die mir willfahren wollten und sich dem unbewillig- tcn Nachdrucke meiner Schriften zu widersetzen entschlossen wären, Ihre Ehrennamen dem Herrn Reich oder Hilscher in Leipzig schriftlich einzngebcn die Geneigtheit haben möaten. Ich bin mit aller Achtung, die Euck gebührt, und mit völliger Hofs- 385*