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1941 82 1942 so einseitig und unbedacht, wie das ganze Urtheil desselben über die Weinheimer Versammlung; denn er bedenkt nicht, daß der Verein keine offene Correctionsanstalt für alle ver stockten Sünder im weiten Buchhändlerrciche sein, sondern nur seine Kräfte und seine Vorsichtsmaßregeln zur Wah rung der Interessen seiner Mitglieder gegen Solche concentriren will, welche allerBegriffe von Eigenthum, Recht und Ordnung entbehrend, sich in ihrer Willkür gefallen, und dem Vertrauen, den gerechten Anforderungen ihrer gut- müthigen Ereditoren Ehikanen aller Art, am Ende selbst die unwürdigsten Grobheiten entgegenstellen. Für Norddeutschland hat man die Ostermesse, und wird gleichwohl auch sie vielfach ignorirt und verhöhnt, so ist cs doch immer ein festgesetzter, allgemein angenommener Termin für Remission und Zahlung, nach dessen Verfluß man gegen die Säumigen auftrelen kann. Hier in Süd deutschland aber ist an irgend einen Termin nicht zu denken. Hat man endlich nach vielfacher Schreiberei Nemittenden und Abschluß erlangt (und man darf sich gratuliren, wenn man im August zu diesem Ziele kommt), so irren die Trat ten über den längst verfallenen Saldo armselig und unstät von Hand zu Hand und gehen endlich — nirgends ausge nommen, — zur alten Heimath wieder ein- Und was kann der gekränkte Verleger dagegen machen? Seine Sen dungen einstellen-, nun ja, das ist das einzige, aber auch ge wöhnlick unzureichende Rettungsmittel und wer sich dar auf verläßt, der wird so ziemlich auch verlassen sein, da der Verlag des Einzelnen, sei es auch der beste, in den meisten Fällen entbehrlich und auf Umwegen zu erlangen ist. Was dagegen kann unter solchen Umständen natürlicher als die Vereinigung Vieler zum gegenseitigen gemeinsamen Schutze gegen solche Unbilden sein? Werden schlechte Zah ler, wie den Verlag eines Einzelnen, auch jenen einer gan zen Corporation entbehren und umgehen können, nament lich wenn diese Corporation so gewichtige Veclagshandlun- gen in sich schließt wie der Weinheimer Verein? Schwer lich würde irgend ein Commissionär sich dazu verstehen, für seine Rechnung zu liefern, was ein Verein von mehr als Hunderten aus wohlverstandenem Interesse zu liefern sich weigert, und der Säumige, isolirt und verlassen, wird entweder seine Pflichten erfüllen oder seine Unfähigkeit zur Erfüllung derselben bekennen müssen, was denn wenigstens vor weiterem Schaden behütet. Ich glaube nicht, daß die Hoffnung von solchem Er folge des Weinheimer Vereines eine illusorische ist, und ist sie das nicht, so sehe ich auch gegen diesen zweiten Haupt punkt der Weinheimer Beschlüsse keinen Tadel begründet, sondern finde, was beschlossen ward, gerecht und lobens- werth. Ich muß Herrn E. an das bekannte Gleichniß von den Pfeilen erinnern. Den einzelnen, auch wohl zwei, drei, zerbrach der Knabe leicht, das ganze Bündel aber konnte er nicht zerbrechen; und doch ist auch der einzelne Pfeil stark in seiner Art, wie cs — das Gleichniß auf das Leben angcwendet, auck jedes Mitglied irgend einer Corpo ration ist, ohne daß es deshalb vermöchte, sich selbst und allein sein Recht zu verschaffen. Die Brutalität und die Zumuthungen mancher Verle ger haben einen hohen Grad erreicht. Es kann hier natüc- lch nicht im entferntesten die Rede sein, das Recht und die Dispositionsfähigkeit derselben über ihr Eigenthum anzufcch- ten, sondern nur diejenigen können gemeint sein, welche auf den Schultern der Sortimenter sich erheben wollen und ohne Nvkh deren Gewinn durch geringere Procente, Prä numeration , Baarzahlung und dergl. mehr schmälern. Man verbindet sich gegen sie mit dem unbestreitbaren Reckte der Gegenseitigkeit und Reciprocität, ebenso gegen jene Ver leger, welche auf unbuchhändlerischem Wege und zum er weisbaren Schaden ihrer Collegen ihren Verlag in Masse vertrödeln oder im Preise herabsetzen, ohne Schaden-Ersatz für Lager-Exemplare zu gewähren. Soll der Eine oder der Andere sich sclbstsiändig gegen diese Manipulationen er heben ? Es würde nicht nur erfolglos, sondern selbst lä cherlich sein. Ganz anders aber dürfte cs werden, wenn ein Verein — stark und einig — die Sache zu der seinigcn macht, und daß der Weinheimer Verein eS zu thun für seine Pflicht erkannt, sichert ihm nicht nur den Dank sei ner Glieder, sondern aller, dem Wohle des Buchhandels aufrichtig Geneigten zu. Weil Herr E. immer von einem Vernichtungskriege gegen alle neuen Etablissements träumt, so meint er in sei nem ersten Aufsatze auch : die meisten unserer jungen Leute würden über diesen drolligen Einfall höchstens gelacht und ihn achselzuckend betrachtet haben. Aber schwerlich werden die Vernünftigem dieser sogenannten „jungen Leute" (ein etwas gewöhnlicher Ausdruck!) solchem Lächeln und Achsel zucken beistimmen, und sollten cs minder Einsichtsvolle thun, so ist das eine Art burschikoser Arroganz, welche we der den Weinheimer noch einen andern Verein in seinen guten Zwecken aufhalten wird. Denn nicht gegen die heranreifende Buchhändlergeneration, sondern gegen die un befugten Ucberläufer will ja der Verein seine Maßnahmen richten und es finden Erstere, da sie den erwählten Beruf praktisch erlernt und geübt, bei einstigem selbstständigem Auftreten nicht nur keinen „vernichtenden" Feind, sondern, wenn sie ihm beitreten, einen Vertheidiger in dem Wein- hcimer Verein, welcher sie gegen Eingriffe und Verluste be schützt, die gerade ihnen als Anfängern am wenigsten er sprießlich sein können. Auch in seinem zweiten Aufsatze pol tert Herr E. noch mit der ähnlichen Aeußecung heraus: es sei nur gut, daß die „jungen Leute" nach dergleichen Zwang gar nicht zu fragen brauchten, sondern ibm lachend den Rücken kehren könnten. Ist dieß Herrn E.'s aufrich tige Meinung, so bedaure ich ihn, und fast könnte man, verriclhe seine Schreibart nicht etwas mehr als einen Kna ben, in ihm selbst einen jener hochfahrenden, gestiefelt und gespornt zur Welt gekommenen jungen Herren vermuthen, denn Vernunft, Ueberlegung, gereiste Erfahrung können s o unmöglich reden. Unfern jüngecn Collegen macht übri gens Hr. E. in diesen beiden Stellen schlechte Complimente, und stellt denjenigen, welche ihm auf dem angedeutetcn Wege allenfalls folgen sollten, ein übles Prognostiken für ihr dereinstiges selbstständiges Werden. Einen großen Fehler hat Hr. E. begangen, indem er den Verein ausschließlich nach dem Vortrage der Gründer, und nicht nach den gefaßten Beschlüssen richtet. Denn ent hielt auch die Grundzeichnung, der Frankfurter Vertrag,