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X- 148, 39. Juni 1933. Redaktioneller Teil. — Sprechsaal. Börsenblatt s. d.Dtschn Buchhandel. Prüfstelle Berlin für Schund- u. Schmutzschristen: Verlagsbuchhändler I)r. Gottfried B e r m a n n - F i s ch e r, Berlin; Alfred Länder, Berlin; Verlagsbuchhändler Ernst N o w o h l t, Berlin. P r ü f st e l l e M ü n ch e n für Sch u n d - n. S ch in u tz s ch r i f t e n: Verlagsbuchhändler vr. Lehmann, München; Buchhändler Ackermann juu., München: Verlagsbuchhändler vr. Hau ser, München; Verlagsbuchhändler Korsiz Holm, München; Buchhändler Hermann K u r tz, Stuttgart; I)r. Martin Knapp i. H. Albert Laugen - Georg Müller, München. Gestorben: am 2. Juni im Alter von 70 Jahren Herr Richard Jaschke in London. Herr Richard Jaschke wurde im Jahre 1863 in Neichenbach in Schlesien geboren und hat den Buchhandel in Deutschland erlernt. Nach Gehilfenjahren in Italien und England war er bei der Firma David Nutt, London, in leitender Stellung tätig. Im Jahre 1909 machte er sich in London selbständig. Für das deutsche wissenschaft liche Buch wurde seine Firma ein wichtiger Vermittler für den eng lischen Markt, alle Zweige der Sprachwissenschaft wurden besonders gepflegt. Herr Jaschke hat auch seine persönlichen Verbindungen mit Deutschland stets aufrecht erhalten und war vielen deutschen Buch händlern persönlich bekannt. Seine bescheidene und liebenswürdige Persönlichkeit wird bei ihnen in gutem Andenken bleiben. Die Firma wird von seiner Witwe, Frau A. Jaschke, und mit dem alten Personal nach seinen Grundsätzen weitergeführt. Otto Gmclin f. — Otto Gmelin, der am 18. Juni verstorbene Inhaber des Verlages der Aerztlichen Rundschau in München, ent stammte einer schwäbischen Familie, die ihrem Vaterlande eine ganze Reihe hervorragender Persönlichkeiten geschenkt hatte. Er wurde ge boren am 29. November 1873 zu Nottwcil a. N. und trat nach dem Besuch der Lateinschule in Biberach und des Gymnasiums in Heil bronn im Jahre 1891 als Lehrling in die Lauppsche Buchhandlung in Tübingen ein; später war er Gehilfe bei Töche in Kiel; 1896 war er in Bremen, 1897 in Frankfurt, wo er Vorsitzender der Vereini gung jüngerer Buchhändler »Novität« war. Nach einer kurzen Tätig keit im Schwcizcrbartschen Verlag übernahm er einzelne Werke aus dem Verlag Scitz L Schauer in München und die Aerztliche Rund schau. Wissenschaftliche Medizin und soziale und persönliche Gesund heitspflege sind das Arbeitsgebiet des Verlages geblieben. Tie Bayerische Aerztczcitung wurde ausgebaut und die Monatsschrift »Die Tuberkulose« wurde gegründet. Ter Pfadfinderverlag, den er sich angegliedert hatte, musste wieder eingehen. Der Verstorbene hinterläßt eine Witwe mit drei Töchtern, von denen sich die älteste dem Buchhandel widmete, die Zweitälteste Herrn von Jöden heiratete, der wohl das Geschäft weiterführen wird. Otto Gmelin war ein tüchtiger Buchhändler mit einer umfassen den Bildung. Seine große Arbeitskraft und sein Tätigkeitsdrang wurden durch ein Gehörleidcn gelähmt, das ihn frühzeitig ertauben ließ. Trotzdem verfolgte er alles, was im Buchhandel vor sich ging, mit dem regsten Interesse. Cr hatte ein heiteres, allem Guten zugängliches Gemüt, das eine reiche und gütige Seele ahnen ließ. Daß sein Leiden ihn nicht verbitterte, daß er sich die Gütigkeit seiner Jugend bewahren konnte, zeigt, daß er etwas Heldisches in sich hatte. Alle, die ihm näher kamen, werden dem tapferen und edlen Manne ein gutes Andenken bewahren. E. N. Earl Marhold f. Am 17. Juni verstarb im 76. Lebensjahre Herr Carl Marhold, der Gründer der Firma Carl Marhold Verlagsbuchhandlung in Halle a. S. — Am 10. Februar 1858 in Gondershausen geboren, erlernte er nach Erlangung der Primareife in einer dortigen Sortimentsbuchhandlung den Buchhandel. Seine ganze Veranlagung drängte ihn aber bald zu verlegerischer Betäti gung, für die er sich die erforderlichen Kenntnisse in großen Ver lagsanstalten, besonders bei Gerlach L Schenk in Wien, erwarb. Er befand sich in leitender Stellung bei Wilhelm Knapp in Halle a. S., als er den Entschluß faßte, sich selbständig zu machen. Nur wenige tausend Mark standen ihm dazu zur Verfügung. Seine am 1. Ja nuar 1895 gegründete Firma widmete sich der Technik und der Medizin; sie wurde iu den Jahren 1895—1907 in eifriger und ziel bewußter Arbeit erweitert und ausgebaut. Mit dem 1. Januar 1907 ging der Verlag auf den jetzigen Inhaber, Herrn Walther Jäh, über. Carl Marhold, dessen Gesundheitszustand sich zu verschlechtern drohte, zog sich in den Ruhestand zurück. Es war ihm jedoch nicht vergönnt, die Früchte seiner Arbeit in Muße zu genießen. Vcr- mögensverluste und die wachsenden Schwierigkeiten in der Kriegs zeit veranlaßten ihn, sich nach einer Betätigung umzusehen, die er 1916 als Mitinhaber und Leiter von Louis Neberts Verlag in Halle a. S. fand. Seit 1926, in welchem Jahre dieser Verlag in der Firma Hermann Schrocdel Verlag ausging, lebte Carl Marhold, körperlich und geistig frisch und rüstig, in erzwungener Ruhe. Ein Herzschlag endete saust das Leben dieses klugen und tüchtigen Bc- rnfsgenossen, dessen Name und Andenken in der von ihm gegründeten Verlagsfirma fortlebt. Sprecksaal Mehr Geduld! Ein Teil dcd deutschen Sortimentsbuchhandels ist von einer geradezu entsetzlichen Wirtschaftskatastrvphe betroffen worden. Der größte Teil der deutschen Sortimenter ist im Laufe der letzten zwei Jahre zu armen Leuten geworden! Bücher, die einst 25 Mark Ladenpreis kosteten, erhielt man in der Folge zu 2.75 NM, Lager, die mit 20 000 NM in der Feuerversicherung waren, haben heute einen Wert von nicht einmal tausend! Durch die Allgemeinlage bedingt erhält der größte Teil der Sortimentsfirmen seine Sendun gen nur noch gegen Nachnahme, des Betrags. Er selbst aber muß dem Kunden ansschreiben! Wenn irgendetwas ans Rechnung geliefert wird, hagelt es nach einigen Wochen geradezu mit Zahlungsaufforderungen und Zahlungs befehlen. Der Verlag muß sein Geld selbstverständlich auch haben; das wird nicht bestritten. Aber könnte man da im allgemeinen nicht längere Zahlungsziele einführen? Das Sortiment selbst schreibt ein halbes Jahr und länger auf. Muß es; der Kunde kann manchmal einfach nicht früher bezahlen! Ter Verleger muß seine Angestellten und Arbeiter wöchentlich und monatlich bezahlen. Er braucht sein Geld, namentlich fiir Auf lagen, die eine große Kapitalanlage erfordern. Deshalb aber soll in Zukunft auch nur noch der Verleger sein, der ein großes Kapital zur Verfügung hat. Es ist geradezu armselig, wenn kleine Beträge von einer Mark bis zu zehn Mark schon nach vier Wochen durch Nachnahme oder Zahlungsbefehl erhoben werden! Diese verschlingen den ohnehin bescheidenen Gewinn des kleinen Sortimenters restlos. Wie hieß cs nun schon seit Monaten? »Dem Mittelstand soll ge holfen werden!« Wer hilft ihm denn? Die Volksgemeinschaft muß sich selber helfen! Deshalb Geduld! Firmen, die zwanzig Jahre lang als anständig gegolten haben, sollten nicht gedrängt werden, wenn sie mit Bagatellbetrügen — will sagen bis zu dreißig Mark — im Rückstand sind. Könnten sie bezahlen, würden sie es sowieso tun. Aber wenn sie selber mit derlei kleinen Beträgen — und diese sind die iiberwiegenden ihres Buchbestandes — solange warten müssen, muß es auch der Verleger können! Ohne Gerichtsvollzieher! Wir müssen »warten« lernen! Deshalb Geduld! Nur mit dieser kommen wir durch! Wir wollen doch unfern Buchhandel nicht zer schlagen. Es ist nicht seine Schuld, wenn er keine Einnahmen hat. Er ist ohne seine Schuld in die schwerste Krise seit Menschengedenken gekommen; wollen wir ihm nicht beistehen? Doch! Deshalb: »Ge duld«! A. Inhaltsverzeichnis Bekanntmachungen: Vorstand der Peter Urban-Stiftung betr. Verteilung der Erträgnisse. S. 463 / Geschäftsstelle des B.-V. betr. Adolf-Hitler-Spende. S. 463 / Badisch-Pfälz. Buch- HÜndler-Verband betr. Hauptversammlung. S. 463 / Verband der Buchhändler in Polen betr. Hauptversammlung. S. 463. Artikel: Deutscher Erziehertag in Magdeburg. Von N. Kadach. S. 463. Nationale Lehr- und Lernmittelschau Magdeburg, Pfingsten 1933. S. 464. Die Rede des Bayer. Kultusministers Hans Schcmm auf der nationalen Lehr- und Lerumittelschau, Magdeburg. S. 465. Neuzeitlicher Geschichtsunterricht. Von Fr. E. Schulz. S. 466. Kleine Mitteilungen S. 467: Helweg, Essen / Arbeitsge meinschaft der Buchhandelsangestellte» im GDA / Nosenschau in Frankfurt a. M. / Dietrich-Eckart-Gedüchtnispreis / 111. Liste der Schund- und Schmutzschristen. P c r s o n a l n a ch r i ch 1 e n S. 467: Ernennung / Deutscher In dustrie- und Handclstag / Beisitzer der Prüfstellen fiir Schnnd- und Schmutzschristen / Gestorben: N. Jaschke, London; O. Gme lin, München; C. Marhold, Halle. Sprechsaal S. 468: Mehr Geduld! Verantwortlich: vr. Hellmuth Lau neu bucher. — Verlag: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Bnchhändlcrhauö. Druck: E. H e d r t ch N a ch s. Sämtl. in Leipzig. — Anschrift ö. Schristleitnng u. Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 lVuchhändlerhauS). Postschlietzfach 274/7V. 468