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545 1848.^> Jahre hatte auf Absatz und Eingang der Außenstände eine sehr nachtheilige Wirkung, seit den März-Ereignissenaber ist der Geschäfts zustand ein wahrhaft trauriger. Meine Ausstände bis Ende 1847 betragen gut U mehr, als ich in der Ostermesse zu bezahlen habe; alle Erinnerungen wegen Abrechnung bringen jedoch kein Geld in die Easse. Selbst die Staats- und Gemeinde-Cassen, die Eassen der Privat- vereine und Lesegesellschaften sind leer, so daß auch Forderungen an diese, welche sonst so gut wie baares Geld waren, nicht eingehen. Die Einnahmen durch Baarverkauf decken in guten Zeiten nur die Ge schäftsunkosten , seit 3 Monaten aber nicht die Ladenmiethe. Nur das durchaus Nöthige wird eben gekauft und der Erlös für ein paar Kreuzerbrochüren ist wahrlich nicht der Rede Werth. Die Ausnahme eines Capitals aber ohne doppelte gerichtliche Sicherheit auf Immobi lien ist eben total unmöglich. Womit also soll der junge Sortiments- Händler, welcher kein Privalvermögen besitzt, für diesmal seine Ver bindlichkeiten vollständig erfüllen ? ? Soll er nun in einer Zeit, wo man endlich anfängt, der Hebung des Mittelstandes, der Geldmacht gegenüber, die nöthige Aufmerksamkeit zu widmen, ohne Weiteres über die Klinge springen und dem Proletariat zugeführt werden, und soll eine solche engherziges?) Maßregelvon einem Stande ausgehen, der seither in seiner Mehrheit für geistige Erhebung des Volkes rüstig ge kämpft hat ? ? Und werden die Herren Verleger, wenn sie allen Sor timentern, die durch den Druck der politischen Gährung zum Ersten- male in Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten Zurückbleiben, eine Rech nung schließen, ihnen also das Fortbestehen unmöglich machen, da durch zu ihrem Gelds gelangen ? ? Und sind denn nicht gerade diese Unbemittelteren zum größeren Theil es gewesen, welche durch rastlose und unverdrossene Thätigkeit so vielen Unternehmungen der Verleger Gewinn brachten? Soll auch im Buchhandel der Reichthum oben an stehen, so kann er doch nur beim Verleger zur Bedingung gemacht wer den. Wer als Fabrikant auftritt, sollte nicht von den Folgen einer halben Messe abhängig sein! von diesem kann man tiefere Hülfsquel- len voraussetzen. Gin Keil treibt den andern! Der Banquicr, der Buchdrucker, der Papierhändlcr treibt den Verleger, der Verleger treibt den Sortiments-Buchhändler, der Sort.- Buchhändlec bittet, treibt, mahnt und verklagt die saumseligen Zahler, und in jetziger Zeit leider gewöhnlich vergebens. — Die Verlagsbuch händler aber, die mit Banquier-Credit arbeiten, zeigen sich Heuer namentlich unerbittlich, denn mit der Geldmacht ist schlecht Kirschen essen. — Arbeiten aber nicht sehr viele der namhaftesten und größten Sort.-B. gleichfalls mit einem Banquier, der ihnen für die Messen Vorspann leistet? Wäre eS den größern Sort.-B. wohl ohne diesen Vorspann möglich gewesen, selbst einen so ausgedehnten Eredit zu ge währen, durch welchen zumal die literarischen Produkte der neuern Zeit bis in die entferntesten Winkel des Landes bekannt und verbreitet worden sind? Wäre cs ihnen ohne denselben möglich geworden, stets pünktlich zu saldicen? Haben aber nicht die Verleger die Früchte seit Jahren genossen, während der Sort.-B. im nördlichen Deutschland seine Tage unter Sorgen verlebt? — Wahrlich, es wäre bequemer und sicherer für uns gewesen, wenn wir gemächlich abgewartet hätten, bis ein Bücherfreund ein Mal ein Buch verlangt und den Betrag baar bcigesügt hätte! Was wäre aber dann aus den Verlegern geworden?-— Und nun uns dieser Eredit entzogen, sollen wir fast pünktlicher sein, wie in frühem Jahren, wo wir uns leichter helfen konnten als gerade jetzt! Ihr Herren Verleger, Ihr kennt leider dasSort.-Eeschäft in seiner wahren Gestalt nicht, sonst würdet Ihr weniger hart urtheilen und handeln! Nur durch gegenseitiges Vertrauen; nur durch ein Durchhelfen von Consumenten unserer Waare bi s zum größten Bang uierhin auf, Wirdes injetzigerZeitmög lich werden, das buchhändlerischeGesch äst gegen gänz lichen Verfall zu schützen. Der Banquier wird einen neuen Eredit jetzt nicht gewähren, aber er darf und wird nicht bei bereits ge währtem Eredit sein Wechselrecht gellend machen, es wäre sein eigner Schade. Bei zu großer Strenge muß und wird das buchhändlerische Geschäft zusammenbrcchen! Ein Sortimentsbuchhändler. Wunsch über die Ausdehnung des Englischen Vertrags wegen steinpelfreicr deutscher Bücher. Indem die politischen Bewegungen die zerstückelten Interessen Deutschlands in „Eins" umzubilden sich bestreben, werden die Separat- Verträge der deutschen Staaten zur Sache der Nation verschmel zen, und in Hinsicht darauf kann ich nicht umhin daran zu erinnern, daß es an der Zeit sei, den englischen Vertrag der jetzt auf Preußen, Sachsen, die sächsischen Herzogthümer, Braunschweig und Hannover beschränkt ist, auf die andern süddeutschen Staaten auszudehnen. Wahrlich zu bewundern ist es, daß der deutsche Buchhandel, der auf sein gewiß merkwürdig einiges System und seine Intelligenz fußen kann, sich durch diesen Vertrag hat seine eignen Interessen im Aus lande zerstückeln lassen. Während norddeutsche Verleger vor Nachdruck geschützt sind, wenn sie ihren Verlag, Bücher oder Musikalien, in 8>iUioners Hall eintragen lassen, steht der ganze süddeutsche Buchhan del schutzlos da. Machen die materiellen Interessen der Verleger Wüc- tembergs, Badens und Bayerns es wünschenswecth, sich dem Vertrage anzuschlicßen, so muß andererseits dadurch eine Veränderung in der praktischen Ausführung dieses Vertrages eintreten, die jetzt die Freiheit des Bücherverkehrs hemmt, indem ec unter staatlicher Aussicht „den Stem pel" vorschreibt. Dieses Eingreifen der Negierung und des Staates überhaupt in die individuellen Geschäfte einer befähigten und reifen Nation ist eine Last, die sich der freie Geschäftsmann nicht aufbürden lassen darf. Der Staat hat nach unseren Wünschen Verträge mit fremden Ländern zu vermitteln, um den Verkehr zu erleichtern; der Stempel ist eine Art von Eontrolle mit zeitraubender Arbeit verbunden, die den Verkehr erschwert und unsere Waarcn verdirbt. Ec erschwert ihn, weil der Eommissionair sich langwieriger Ausfertigungen von Listen zu unterziehen hat und von dem Willen eines bürokratischen Handlan gers „eines Stemplccs" abhängt— der nach Gefallen kommt, um sei nen Vorschriften zu genügen -— nicht um die Interessen des Eonsu- menten zu fördern, um die er sich natürlicher Weise wenig kümmert. Als freie Männer sind wir desßhalb verpflichtet, Negierungsanordnungen zu bekämpfen, die uns als Eingriffe in unsere Geschäftsfreiheit erschei nen. DerStempel, der große breiteFettflecken ist ein solcher Eingriffund verdirbt außerdem meine Waaren. Preußens und Sachsens Stempel ist unendlich klein, immer noch zu groß, der Hannöversche aber, mit dem gallopiccnden Pferde und der mächtigen Umschrift' liönigi. Ilrinöv. ^.uickubr-Lteinpel kör lliiniiöveri^elio llliclior und Krwiicolien — Kogst- ktrot /.u Hannover, tritt in einer abgeschmackt großen, aller Eivilisation entbehrenden Form auf, die mein Eigenthum in vielen Fallen schon unverkäuflich gemacht hat. Es war überhaupt ein Fehler, den Vertrag zu einer Stempel- anstatt zu einer geographischen Frage zu erheben, und zeigt in seiner jetzigen Weise die deutsche Zerrissenheit der Nation als solcher und die Zerrissenheit des deutschen Buchhandels insbesondere. Indem ich deshalb gegen diesen Stempel protcstire, spreche ich die Hoffnung aus, daß die Einheit, die ihr nationales Band um alle deutschen Stämme gürtet, auch die Verleger, den Buchhandel zur Ei nigkeit verbinden möge, damit sie unter Ansuchen der Deputirten des Buchhandels von der Nationalversammlung verlange, den Vertrag mit England auf alle in Deutschland erscheinenden und erschienene Bücher auszudehnen, ohne „Stempel. London, 10. Mai 1848. Franz Thimm.