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X- 143, 10. Juli ISIS. Redaktioneller Teil. Der Vorstand fordert Sie deshalb auf, der nachstehenden Entschließung zustimmen zu wollen: Die zu Kantate im Deutschen Buchhändlerhaus tagende Hauptversammlung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler gibt ihrer Überzeugung dahin Ausdruck, daß die von der Entente vorgelegten Fpiedensbedingungen den Verfall des deutschen Kultur- und Wirtschaftslebens zur Folge haben würden und daher unannehmbar sind. Sie erhebt vor allem Protest gegen die Lostrennung rein deutscher Gebiete im Osten, Westen nnd Norden unseres Vaterlandes, sowie gegen die politische Knebelung des deutschen Volkes. Sie erwartet von der Reichsregierung, daß sie den ange drohten Gewaltfrieden ablehnt. Überzeugt, daß nur ein Frieden Bestand hat, der den Lcbensnotwendigkeiten auch unseres Volkes gerecht wird, ist der deutsche Buchhandel bereit, seine Organisation in den Dienst aller Bestrebungen zu stellen, die aus die Erhaltung der völkischen Eigenart, des nationalen Besitzstandes und der wirtschaftlichen Be wegungsfreiheit des deutschen Volkes gerichtet sind. Er hasst, daß alle Volkes der Welt sich nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit der Tat zu diesen Grundsätzen bekennen und die Deutschland aufgezwungenenjFriedensbedingungen verurteilen werden. W Ich frage, ob Sie mit dieser Entschließung einverstanden sind, und bitte diejenigen, die damit einverstanden sind, sich von ihren Plätzen zu erheben. (Geschieht.) Ich danke Ihnen, meine Herren; die Entschließung ist, soviel ich sehen kann, ein stimmig angenommen. Ich möchte nun fragen, ob alle diejenigen, die wählen wollen, ihre Wahlzettel abgegeben haben. Die das noch nicht getan haben, bitte ich, es sofort nachzuholen. — Ich schließe damit die Wahl. Durch die Entschließung, die Sic einmütig gefaßt haben, wäre eine Besprechung über die drei ersten Absätze des Ge schäftsberichts Wohl erledigt. D Ich rufe den nächsten Absatz auf: Die wirtschaftliche Lage des Buchhandels. — Die Feldbuchhandels frage. — Die Presse-Zensur. — Besetzung der westlichen Gaue Deutschlands. — Verbesserung unserer Va luta. — Lieferung nach Österreich in dortiger Währung. — Deutsche Gesellschaft für Auslandbuchhandcl. — Steuern. Erhöhung der Postgebühren. — Verkehrswesen. — Wirtschaftliche Demobilmachung und Über gangswirtschaft. — Finanzielle und ideelle Schäden. — Ausbau des internationalen Rechts, insbesondere des Verkehrsrechts, Verordnung über Tarifverträge und die Einrichtung von Arbeiter- und Angestellten- Ausschüssen. — Arbeitgeberverband der Deutschen Buchhändler, Sitz Leipzig. Geheimer Hosrat, Kommerzienrat Karl Siegismund-Bcrlin: Meine Herren, Ihnen allen ist bekannt, daß in den letzten Monaten die Lohnbewegung auch in den deutschen Buchhandel übergcgrifscn hat, und Sie wissen aus den Veröffent lichungen des Börsenblatts, daß Tarisabschlüsse stattgefunden haben in Leipzig, in Stuttgart und in München. Auch in Berlin sind Tarisvcrhandlungen im Gange, die entweder gestern zum Abschluß gebracht worden sind oder morgen zum Abschluß gebracht werden. Meine Herren, die Berliner Tarife sind außerordentlich stark belastend für unsern Beruf. Es ist nicht ausgeschlossen, ja wahrscheinlich, daß diese Berliner Tarife abfärben und aus diejenigen Betriebe übergreifen werden, die außerhalb Berlins sich befinden. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen und Sie bitten, etwaigen weitergehenden Bestrebungen, die über die jenigen Verabredungen hinausgehen, die in Leipzig, Stuttgart, München und der Provinz bereits getroffen worden sind, ein energisches Nein gegenüberzusetzen. Es ist jetzt die Zeit gekommen, wo einmal Schluß gemacht werden muß mit den unendlich weitgehenden Forderungen der Arbeitnehmer. Auf der andern Seite möchte ich aber nicht versäumen, Sie darauf ausmerksam zu machen, daß es dringend notwendig ist, daß diejenigen Kollegen, die sich heute noch von den Arbeitgeberverbänden zurückhaltcn, möglichst sosort um ihren Eintritt in die Arbeitgeberverbände nachsuchen. Meine Herren, auch bei den Tarisverhandlnngen haben wir mit Bedauern seststellen müssen, daß die Organisation der Arbeitnehmer in einer ganz andern, viel strafferen Weise stattfindet, als sie bei der Arbeit- geberschast jemals möglich gewesen ist. Es ist dringend notwendig, daß dieser Zustand anfhört. Wenn etwa der eine oder der andere von unseren Kollegen glaubt annehmen zu müssen, daß er, weil er außerhalb eines Arbeitgeberverbandes steht, nunmehr nicht verpflichtet sei, die durch die Verbände getroffenen Vereinbarungen zu halten, so irrt er sich. Nach Z 2 der Verordnung vom 23. Dezember über die Tarifverträge können die Teile, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben, bei dem Reichsarbeitsamt den Antrag stellen, die Tarife sür den betreffenden Bcrnsszweig allgemcingültig zu deklarieren. Das wird selbstverständlich von seiten der Gehilfenschaft geschehen, und damit ist der Tarif gültig sür jedermann, ob er im Arbeitgeberverband ist oder nicht. Es werden daher — das wird durch das jetzt in Beratung stehende Gesetz über die Betriebsräte festgestellt -— die Schlichtungs- ausjchüssc angerufen werden von den sogenannten Vertranenspcrsonen, wenn die Tarife nicht gehalten werden, und der Schlich- tungsausschuß ist verpflichtet und berechtigt, denjenigen vollstreckbar zu verurteilen, der die Tarifverträge in seinem Geschäfte nicht anwendet. Daraus ergibt sich, wie dringend notwendig es ist, daß Sie in die Arbeitgeberverbände eintretcn, damit Sie in der Lage sind, aus den Tarif, der abgeschlossen werden muß, einen Einfluß zu haben. Es ist nicht angängig, daß nur ein verhälmis- mäßig kleiner Teil der betreffenden Erwerbsgrnppe in der einzelnen Stadt den Abschluß macht, ohne daß ein wesentlicher Teil gehört wird, und er kann nicht gehört werden, wenn er nicht in dem Arbeitgeberverband als Mitglied vertreten ist. Deswegen »och einmal, meine Herren, die dringende Bitte, schleunigst in die Arbeitgeberverbände cinzutrcten! Glauben Sie nicht, daß die jetzige Bewegung mit den jetzigen Tarifverträgen abgeschlossen sei! Die Bewegung wird wcitergehcn, und sie wird im Lause dieses Sommers wiederum ganz bedeutend aufslammen, wenn die Tarifverträge ihr natürliches Ende erreichen und nunmehr Abschlüsse gemacht werden müssen dahingehend, wie sich die zukünftigen Lohnsätze zu gestalten haben. Vorsitzender, Erster Vorsteher des Börsenvereins Hofrat vr. Arthur Meincr-Lcipzig: Wird hierzu das Wort'weiter gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann gehen wir weiter: " Arbeitsgemeinschaft mit Vertretern der Arbeit nehmer. — Die Deutsche Bücherei ist ein besonderer Punkt der Tagesordnung — Punkt 3. — Notstandsordnung. - Ich bitte, alles, was hierzu gesagt werden möchte, erst bei Punkt 8 der Tagesordnung zu sagen, da ja dort über die Notstands ordnung gesprochen wird. Erhöhung der Druck- und Einbandpreise. Erster Vorsteher des Deutschen Vcrlegcrvcreins vr. Georg Paetcl-Bcrlin: Meine Herren, die Forderung der Druckercigehilfen, die sich einfach über die Frist der Verträge hinweggesetzt haben, hat in Berlin zu neuen Verhandlungen vor dem Einignngsamt geführt. Der Deutsche Vcrlegerverein hat sich deshalb in seiner gestrigen Hauptversammlung genötigt ge sehen, an das Ncichsarbeitsamt in Berlin folgendes dringendes Telegramm zu senden, das ich Ihnen vorlesen möchte: Die dauernde Lohnerhöhung steigert die bereits begonnene Abwanderung wichtiger Verlagszweige in das Aus- land. Sie vernichtet damit die Vormachtstellung des deutschen Buches und der reichsdcutschcn Zeitschriften. Tie Arbcitsmöglichkeit wird durch die Einstellung zahlreicher Verlagsuntcrnehmungen weiter beschränkt, und die Ausfuhr leidet. So werden also gemeinsame Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen gefährdet. Der Deutsche Verleger verein ist daher einmütig der Ansicht, daß weiteren Lohnerhöhungen entgegengetreten werden muß, die im gegen wärtigen Augenblick besonders untunlich sind, da ohnehin durch die Schwere der Friedensbedingungen die deutsche 65S