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N 143. IO. Juli 1919. Redaktioneller Teil. Dies vorausgeschickt und mit Anerkennung dieses Fundamentalgesetzes wird niemand uns das Recht abstreiten können und wollen, betont zu sehen, daß der § 4a der Verkehrsordnung in der jetzigen Fassung ein Unding ist, wenn die Spanne zwischen Ladenpreis und Nettopreis so bemessen ist, daß der Sortimenter bei ihr sein Auskommen nicht mehr finden kann. Ich gehe über zu einer ganz kurzen Begründung der §§ 4o und 46. Diese Begründung kann um so kürzer sein, als der Verlegerverein in seiner gestrigen Sitzung diese Paragraphen in großen Zügen angenommen hat, wenngleich er einige Abände- lungen wünscht, auf die ich jetzt sowohl in meinem Referat wie auch eventuell später in der Besprechung einzeln eingehen möchte, ks ist eigentlich'eine Selbstverständlichkeit, daß einer Aufhebung des Ladenpreises und den Folgen, die sich aus dieser Aushebung ür den Verlag und für das Sortiment ergeben, die Herabsetzung an die Seite gestellt werden muß. Die Herabsetzung steht wohl leshalb nicht schon in der Verkehrsordnung, weil man früher eine Herabsetzung des Ladenpreises nur in seltenen Fällen kannte. Keder Verleger hielt es für^ein Odium für sein Buch, für seinen Verlag und sür seinen Verfasser, wenn er Bücher in größerer kahl herabsetzte, und cs ist wohl in der Mehrzahl der Fälle vom Verleger vorgezogen worden, ein Buch zu makulieren, als es In Preise herabzusetzen. Meine Herren, was damals bei der Schaffung der Verkehrsordnung Seltenheit war, wird voraussicht- lch in Zukunft zu den häufigen Vorkommnissen gehören. Der Verlag wird, wenn erst die Herstellung wieder einmal — viel leicht in kurzer, vielleicht in langer Zeit — billiger werden sollte, wenn wieder besseres Material für die Bücherherstellung am Itarkte sein sollte, dazu übergehen, seine Bücher wieder besser auszugestalten und zweitens zu billigeren Preisen auf den Markt Ir bringen. Durch diese Preisherabsetzungen, die in großer Zahl und vielleicht unter dem Drucke der Konkurrenz in einem Welt ruf der einzelnen Verleger miteinander erfolgen dürsten, müssen mit Naturnotwendigkeit eine schwere Schädigung des Sorti ments und eine Entwertung des Lagers mit sich bringen, und es ist eigentlich recht und billig und entspricht Treu und Glauben In Handel, daß der Verleger, der Fabrikant, eine solche Schädigung seiner Abnehmer nicht zulassen darf. Unter diesen Um- linden werden die Verleger, die mit Herabsetzungen umgehen, oder die Bücher in besserer Ausstattung herausbringen wollen, lenn sie nicht vorsätzlich den Sortimenter im Besitze der teuer oder mit schlechter Ausstattung ciugekaufteu Vorräte lassen wollen, I-u Sortimenter rechtzeitig warnen und bitten müssen, seine Vorräte innerhalb einer bestimmten Frist zu verkaufen oder zurück- «gebcn. Das ist im übrigen Handel eine so klare Selbstverständlichkeit, daß sie auch in unseren Kreisen, in dem Verkehr zwischen Verlag und Sortiment eigentlich nicht betont zu werden brauchte, und ich freue mich, daß der Deutsche Verlegerverein in seiner »strigen Versammlung dieser Grundidee unseres Wunsches und Antrages zugestimmt hat. I Ich kann zu den Abänderungsvorschlägen übergehen, die der Verlegerverein uns gestern überreicht hat. Ich möchte vor Rsschicken, daß zunächst der § 4s, wie ich vorher schon kurz erwähnte, vom Verlegerverein abgelehnt worden ist, und zwar mit Ilgender Begründung: Die Hauptversammlung des Deutschen Verlegcrvereins hat einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: Der Zusatz zu § 4s verstößt gegen das Gesetz. Der Verlagsbuchhandel erklärt deshalb, daß er jeden Versuch, ihm^das Recht auf Bestimmung des Ladenpreises zu verkümmern, mit allen Mitteln bekämpfen wird. Meine Herren, dieser Beschluß hat zwei deutliche Teile: erstens.die Behauptung des Verstoßes gegen das Gesetz und Reitens den energischen Protest gegen jede Verkümmerung des Rechtes des Verlags. Was den Verstoß gegen das Gesetz betrisft, Ihabe ich mich bereits geäußert. Meine Herren, der Verstoß gegen das Verlagsgesetz ist bereits bei unseren ersten Verhand- Iigen über die Notstaudsordnung und über den Teuerungszuschlag vom Verlegerverein und von einem großen Teile des Ver- Rs in den Vordergrund gestellt worden. Sie alle werden sich entsinnen, wie zahlreiche Herren aus dem Verlage aufgetreten Id und an der Hand »einwandfreier« und »unwiderleglicher« juristischer Gutachten bewiesen haben, daß ein Teuerungszuschlag »olut ungesetzlich sei und niemals eingeführt werden könne, und Sie entsinnen sich ebenso der Tatsache, daß, nachdem das Sorti- Int vorangegangen war und gezeigt hatte, daß der Teuerungszuschlag möglich und gesetzlich sei, und nachdem die Behörden Mer Ansicht beigepflichtst hatten, der Verlag in seiner Gesamtheit — ich glaube, mit Ausnahme der Firma Karl Robert Lange- I-sche sagen zu dürfen: interner Gesamtheit — ebenfalls dazu übergegangen ist, Teuerungszuschläge zu erheben, also nach An- >t der Herren Verleger und ihrer Gutachter ungesetzlich zu handeln. Genau so liegt der Fall heute, meine Herren Kollegen. Ich unser Antrag ist nicht ungesetzlich. Ich habe mich mit einem äußerst fähigen Juristen über diese Frage unterhalten, und »hat gesagt: der Antrag ist absolut gesetzlich, denn eine Verquickung zwischen Verkehrsordnung und Verlagsgesetz ist einfach Renkbac. Der Verlegerverein sagt ferner, daß der Verlag jedem Versuch, seine Rechte zu verkünknern, mit allen Mitteln ent- lentreten wird. Meina Herren, auch das hören wir bei jedem Antrag, den wir zu stellen in der Lage sind. Bei jedem Antrag, I die Rechte des Sortiments wahren soll und die Rechte des Verlags nur in leisester Form streift, finden wir gewisse Kreise > Verlags in Boxerstellung auf unserem Wege. Wir sind so daran gewöhnt, daß wir über diesen Protest, glaube ich, ruhig »vcggchcn können. j Die Ausnahmen, die der Verlegerverein zu Punkt 4v und 46 beantragt hat, sind die folgenden: , ! Erstens wünscht der Verlegerverein, daß die Frist der sechs Monate, wie wir sie beantragt hatten, bis zu deren Vei lchen fest oder bar'sbezogene Exemplare zurückgegeben werden können oder der Unterschied im Preise verlangt werden kann, > drei Monate verkürzt werden möge. Die Antragsteller sind der Ansicht, daß diesem Wunsche des Berlegervereins nachge- Umen werden kann. Es ist uns weniger darum zu tun, den Verleger eine lange Zeit zu binden, als uns das Recht zu sichern, Ivsrtete Werke überhaupt zurücksenden zu können. Wir sehen Wohl ein, daß der Verlag in seinen Dispositionen um so mehr Whränkt ist, je länger diese Frist festgesetzt wird, und wir schlagen deshalb vor, diesem Wunsche des Verlegervereins nachzu- Imen und statt sechs Monate drei Monate zu sagen, ebenso im letzten Absatz des § 46 folgerichtig ebenfalls aus den sechs Mo- Im drei Monate zu machen. j Der Verlag wünscht ferner, daß die Änderungen der § 4c und § 46 erst vom 1. Juli 1S19 ab Gültigkeit haben sollen. Ine Herren, auch diesem Wunsche kommen wir nach. Der Verlegerverein begründet den Wunsch damit, daß er sagt: Es sind le zahlreiche Werke in besserer Ausstattung und eventuell zu herabgesetzten Preisen bereits in Vorbereitung, und die Kalku- In dieser Werke würde üher den Haufen geworfen werden, wenn jetzt liegengebliebene Vorräte des Sortiments in größeren len zurückgenommen werden müßten. Wir sind also durchaus damit einverstanden, daß wir, um diese Schädigung des Verlags Ir allen Umständen zu vermeiden, die Gültigkeit der Verordnung vom 1. Juli 1919 ab sestsetzen. W Der Verlag wünscht ferner, daß einer Herabsetzung des Ladenpreises nicht gleichzuachten sei die Ankündigung einer Iren äußeren Ausstattung. Die Antragsteller können diesem Wunsche des Verlegervereins nicht Folge geben aus dem einfachen Inde, weil weit häufiger als eine Herabsetzung des Ladenpreises in nächster Zeit eine bessere Ausstattung eintreten wird, und I alle, meine Herren vom Sortiment, die Sie tagtäglich mit den Büchern zu tun haben, werden mir zugeben, daß eine Preis- Ibsetzung eines Buches den Absatz etwa liegengebliebener Vorräte bei weitem nicht in dem Maße schädigen kann als eine wesent- Ibessere Ausstattung eines Buches, das neu herauskommt. Weiß das Publikum einmal, daß ein Buch — sagen wir einmal: "oman von Gottfried Keller, ein Roman von Felix Dahn, eine Klassiker-Ausgabe — in neuer, besserer Ausstattung, in Leinen-