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X- 143. 1». Juli 19lS. Redakttoneller Teil. s. d. Dgchn. In der Besprechung erklärte Herr Geheimrat Siegismund, daß der Vorstand des Börsenvereins bereit sei, die Bücherei zn übernehmen. Das Gebäude müsse dem Verein gestellt, die Verwaltungskosten müßten ihm gewährt werden. - Diese Erklärung halte er für zulässig, auch ohne zunächst die Generalversammlung zu hören in der Voraussetzung, daß dem Verein größere Aufwendungen nicht erwachsen. Dieser Erklärung ist damals nicht widersprochen worden. ! Es hat also der Börsenverein irgendwelche Kosten für die Verwaltung nicht übernommen, und diese Kosten sind nur von Staat und Stadt zu tragen. Nur das eine hat der Börsenverein zugesagt: daß er sich bemühen wolle, die Bücher gratis oder zu 50^, Rabatt zu beschaffen, soweit sie von den Mitgliedern des Börsenvereins produziert werden. Es soll aber kein Pfennig vom Stammvermögen genommen werden. Also unterstützen Sie die Deutsche Bücherei, wo Sie können, und seien Sie versichert, daß auch Ihr heutiger Vorstand sich nicht etwa aus Liebe zur Deutschen Bücherei zu irgendwelchen Handlungen Hinreißen lassen wird, die den Verein oder die Mitglieder in unerwünschter Weise binden. Wir hoffen, daß unsere jetzigen Verhandlungen mit Reich, Staat und Stadt zu einem guten Ende führen, und sind zu dieser Hoffnung um so mehr berechtigt, als bei der Sitzung des Berwaltuugsrats am vorgestrigen Tage der Vertreter der Regierung folgendes erklärte: Wir werden die Deutsche Bücherei nicht fallen lassen. Jetzt aber, nachdem ich die Einrichtungen gesehen habe, ^ kann ich sagen: Niemals! Nach diesem Worte glauben wir, daß wir nicht mit irgendwie pessimistischen Aussichten rechnen müssen. Sollte aber — was Gott verhüten möge — alles fehlschlagen, so werden wir selbstverständlich die Konsequenzen ziehen. Sie Ihrerseits aber bitte ich, die Bücherei dadurch zu unterstützen, daß Sie Ihre Produktion nach wie vor unberechnet der Bücherei überlassen oder, wo das noch nicht geschieht, es von jetzt an tun. Wir hatten geglaubt — das kommt in dem nächsten Punkte der Tagesordnung zur Sprache —, daß wir ein Stiftungsexemplar satzungsgemäß festlegen sollen. Wir wollen darauf verzichten und wollen auch nicht daraus zu kommen, die Bücher sämtlich anzukaufen. Wir glauben dies um so mehr tun zu können, als wir jetzt erfreulicherweise haben sest- stellen müssen, daß es nur ganz wenige Mitgliedersirmen sind, die ihren Verlag nicht liefern, und daß es nur eine kleine Anzahl von Firmen ist, die Bedingungen an die Lieferung geknüpft haben, und die ihre Produktion nur berechnet, aber mit einem größeren Rabattsatz zur Verfügung stellen. Die Berechnungen darüber sind noch nicht abgeschlossen; wir glauben aber, daß wir mit einem Betrage von 10000 Mark, allerhöchstenfalls von 1S000 bis 20000 Mark jährlich alles das ankaufen können, was nicht gratis geliefert wird. Wir hoffen, daß Sie uns nicht Vorwürfe machen werden, wenn in dem nächsten Abschluß des Börsen- vereins ein Betrag dieser Art zum Ankauf von Büchern für die Deutsche Bücherei stehen wird. Wenn wir dies tun, dann können wir das Versprechen einlösen, das wir bei Gründung der Deutschen Bücherei abgegeben haben: daß der Börsenverein die Pro duktion seiner sämtlichen Mitglieder der Deutschen Bücherei kostenlos zur Verfügung überlassen wird. (Lebhaftes Bravo.) Ich stelle nunmehr den Verwaltungsbericht, den Jahresabschluß und den Haushaltsplan der Deutschen Bücherei znr Besprechung. ; vr. Fritz Springer-Berlin: Meine Herren, Herr Geheimrat Siegismund hat uns gestern in der Versammlung der Verleger schon nachgewiesen, was der Herr Erste Vorsteher dos Börseuvereins soeben hier wiederholt hat: daß nämlich die Mittel des Börseuvereins nie zu Vecwaltungszweckeu der Deutschen Bücherei herangezogen werden können. Ich habe diese Erklärung mit großer Freude entgegengenommen; denn damit ist eine Beunruhigung beseitigt worden, die ich immer gehabt habe. Aus dem grünen Hefte, das der Börsenverein IS 13 herausgegcbcn hat, konnte man meiner Meinung nach diese Folgerung nicht ziehen. ! Ich komme aber nun zurück auf den ausgezeichneten Vortrag, den Herr Prof. vr. Miude-Pvuet soeben hier gehalten hat. Herr Prof. vr. Mindc-Pouet hat vor einigen Wochen in Berlin über das gleiche Thema gesprochen und dabei auch noch andere Punkte berührt, die weder gestern im Berlegerverein, wo auch der Vortrag gehalten worden ist, noch heute erwähnt worden sind. Ich will aber auf diese Punkte nicht eingehen. Ich komme vielleicht aus den einen nachher noch zurück. Ein Punkt ist es aber, den ich auch hier, wie gestern in der Verlegcrvereinsversammlung zur Sprache bringen möchte, und im Anschluß an den ich die Bitte, die Herr Prof. vr. Miude-Pouet hier und au anderen Orten ausgesprochen hat, auch meinerseits, obwohl ich — Sie wissen es ja — von Anfang an ein Gegner der Deutschen Bücherei gewesen bin und in mancher Beziehung auch heute noch bin, an Sie alle, meine Herren Vcrlcgerkollegen, richte. Es ist eigentlich unbegreiflich, warum nicht alle Verleger ihre ganze Produktion, ganz gleichgültig, ob sie diese berechnet oder unberechnct zu liefern bereit sind, sofort beim Erscheinen ohne weiteres der Deutschen Bücherei einseuden. Es muß doch jedem Verleger daran gelegen sein, daß die Neuerscheinungen seines Verlages ho schnell wie möglich durch die Bibliographie angszeigt werden, und der Weg durch die Deutsche Bücherei bzw. durch die Biblio graphische Abteilung der Geschäftsstelle ist der einzig richtige, das zu ermöglichen. »Meine Herren, diese Frage hat mich gestern veranlaßt, einen Antrag in der Berlegervereinsvcrsammlung zu stellen, und dieser Antrag ist einstimmig angenommen worden. Ebenso einstimmig ist angenommen worden der Zusatz, der sich aus einen tveiteren Punkt bezieht, der neulich in Berlin zur Sprache gekommen ist, nämlich auf die Frage der Pflichtexemplare. Es wird >Sie vielleicht interessieren, diesen Antrag, der, wie gesagt, einstimmig angenommen ist, zu hören: Nach Anhören des Vortrags des Herrn Prof. vr. Minde-Pouet beschließt die Hauptversammlung des Deutschen Verlegervereins: Der Vorstand des Vereins wird beauftragt, in den »Mitteilungen« des Vereins eine Aufforderung an die deutschen Verleger zu richten, ihre Veröffentlichungen, gleichgültig, ob sie unberechnet oder berechnet an die Deutsche Bücherei geliefert werden, sofort bei Ausgabe au die Bibliographische Abteilung der Geschäftsstelle des Börsen- I Vereins zur Aufnahme in die Bibliographie zu senden. Die Versammlung erwartet aber, daß weder von der Deut schen Bücherei noch vom Vorstande des Börsenvereins oder von dritter Seite Schritte unternommen werden, die die Einführung eines Pflichtexemplargesetzes für das Reich oder für die Einzelstaaten befürworten. Die Versammlung steht nach wie vor auf dem Standpunkt, daß bestehende Bestimmungen betr. Lieferung von Pflichtexemplaren auf zuheben sind. Meine Herren, der Börsenverein hat von jeher — seit Jahrzehnten — die Frage der Pflichtexemplare auss äußerste be- kämpst, und ich würde mich freuen, wenn auch die heutige Versammlung sich auf den gleichen Standpunkt stellt, diese alte Über- Lieferung sestzuhalten und dem Ausdruck zu geben. (Lebhaftes Bravo.) Vorsitzender, Erster Vorsteher des Börsenvereins, Hofrat vr. Arthur Meiner-Leipzig: Es ist zutreffend, was Herr vr. Springer gesagt hat: daß der Börsenverein immer das Pflichtexemplar bekämpft hat. Er wird es auch in Zukunft tun. Ich frage, ob zu dem Haushaltsplan und zu den übrigen Punkten, die die Deutsche Bücherei betreffen, noch das Wort gewünscht wird? — Das ist nicht der Fall. Darf ich dann annehmen, daß Sie den Verwaltungsbericht genehmigen, ebenso den Jahresabschluß und den Haushalts- Iilan? (Zustimmung.) Ein Widerspruch erfolgt nicht; sie sind genehmigt. Ehe wir zum nächsten Punkte der Tagesordnung übergehen, bitte ich Herrn Geheimrat Siegismund das Wort zu nehmen. 861