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Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel und die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Eigenijum de» BörlenvereinS der Deutschen Buchhändler. -W 289. Leipzig, Mittwoch den 11. December. —> 1872. Amtlicher Tbeil. Nachruf. Unser langjähriger Freund und Mitarbeiter im Vorstande des Leipziger Buitchändlerrereins, Herr Franz Köhler ist uns durch den Tod entrissen worden. Sei» biederer Sinn, seine echte Humanität, seine Tüchtigkeit, die ihm im groste» deutschen Buchhändlervcrbande die höchste Ach tung und überall nur Freunde erworben, sie waren es, die ihn auch uns lieb und Werth machten. Wie im eigenen Geschäft, das er durch unermüdlichen Meist, strengste Rechtlichkeit und seltene Begabung aus den kleinen An fängen, in denen er es übernommen, zu einem der größten und an gesehensten emporgebracht, so war er auch in unserm Kreise auf opfernd thätig, die Interessen unseres Vereins, sowie die des ge summten deutschen Buchhandels zu vertreten und zu fördern. Von Herzen bedauern wir seinen Verlust und rufen ihn, unse ren innigen Dank für seine Frcundschast und seine treue Arbeit nach in sein kühles Grab. Leipzig, December 1872. Die Deputirte» des Duchhandrls. Nichtamtlicher Theil Der Stuttgarter Gehilfenverein „Ulk" und der Allgemeine Deutsche Gehilfenverband. Von dem Vorstand des Gehilfenvereins „ Ulk" in Stuttgart erhalten wir über dessen Beziehungen zu dem Allgemeinen Deut schen Gehilfenverband folgende Mitteilung: „Daß der Aufruf ohne jede Betheiligung, ja ohne jedesWissen des Stuttgarter Vereins abgefaßt worden, scheint nicht die Schuld des Leipziger Vereins zu sein, welcher bis zur Constituirung des Verbandes die Leitung der Angelegenheit in Händen hatte. Derselbe hat vielmehr bereits im Juni an alle Vereine Mittheilungen darüber abgesandt und in denselben positive Vorschläge der Begutachtung unterbreitet. Es mag wohl ein postalischer Unfall sein, daß diese erste Anregung dem hiesigen Verein gar nicht zugegangen ist. Letz terer empfing erst kurz vor Ausgabe und Versendung des Entwurfs einen Probeabzug mit dem Ersuchen, im Falle des Einverständnisses seine Vorstandsunterschrifteu mit anzuschließen. Das Verlorengeheu der ersten Mittheilung an den hiesigen Verein mag wohl die Haupt schuld daran tragen, daß der Süden in dem Aufruf unvertreten ist, denn über die sachlichen Meinungsverschiedenheiten hätte sich jeden falls durch Austausch der gegenseitigen Ansichten oder event. durch gegenseitiges Nachgeben eine befriedigende Lösung finden lassen. So aber war der hiesige Verein vor ein Programm gestellt, das in sich fir und fertig, berathen, beschlossen und daher auch ab geschlossen war. Die unten detaillirten Gründe veranlaßten ihn, die Unterzeichnung desselben abzulehnen und lieber auf die Beihei ligung an dem Unternehmen vor der Hand gänzlich zu verzichten, als eine Sache ganz und voll zu seiner eigenen zu machen, an der er weder berathend noch beschließend mitgewirkt hatte, und an welcher er doch gewichtige Mängel fand. Dem recht schön — aber sehr unbestimmt ausgedrückten Zweck des Verbandes: »die Interessen des Gehilsenstandes in seiner Ge- sammtheit wie auch die der einzelnen Gehilfen durch geeignet schei nende Maßregeln zu wahren und zu heben' wurde natürlich gern alle Anerkennung gezollt. Warum auch nicht? Ein Verein, der die Interessen seines Standes wahren und heben will, hat gewiß rr priori ein Recht aus die Sympathien dieses Standes. Aber vor der Hand steht dieser Zweck zum größten Theile nur auf dem Papier, denn die Mittel und Wege, welche zur Erreichung desselben aufgesührt werden, dienen vor derHand nur dem Interesse Einzelner, allerdings gerade der »Bedürftigen«. Nun läßt sich zwar nicht leugnen, daß mit der Fürsorge für die Bedürftigen eines Standes diesem Stande überhaupt gedient ist; aber wir verlangen von einem Vereine, der sich Wahrung und Hebung der Interessen des Gehilfenstandes in seiner Gesammtheit zur Aufgabe macht, und der sich zu diesem Zwecke aus dem ganzen geeinigten Buchhandel zusammensetzt, daß er diese Aufgabe größer auffaßt, seine Pläne größer anlegt. Er muß für die Besserstellung der Gehilfen im All gemeinen eintreten und gerade seine Zusammensetzung aus Gehilfen aller deutschen Länder würde seinen bezüglichen Vorstellungen und Bemühungen ein moralisches Gewicht verleihen, das nicht zu unter schätzen ist. (Hierüber in eurem späteren Artikel mehr.) Die einzelnen Punkte des Progamms fanden aber auch noch im Besonderen Widerspruch. So namentlich das Project der Gründung eines Central-Stcllenvermittlungsbureaus. Der hiesige Verein erklärt in erster Reihe die Centralisirung des Slellcnver- mittlungsgeschäfts an und für sich auf Grund von eigenen Erfah rungen für einen unglücklichen Griff. Wenn ein solches Institut, meint er, seinen Zweck erfüllen und einem wirklichen Bedürfniß ab helfen soll, so genügt es nicht, daß jedem Bewerber alle Vacanzen und umgekehrt zugeschickt werden, sondern die Thätigkeit des Ver mittlungsgeschäfts muß darin bestehen, passende Stellen resp. geeignete Bewerber zu empfehlen. Wie soll aber dies bei der 642