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8692 Nichtamtlicher Teil. ^ 237, 11. Oktober 1904. aus der Presse für die Presse«. Zeitungen aller Richtungen sprechen sich in der schärfsten Weise gegen die moderne Schmutz literatur aus. Wie der Schmutz sich immer wieder neu erzeugt, so soll die Presse nicht müde werde, ihre Pflicht zu tun und unermüdlich auf die bestehenden Schäden und den innern Zusammenhang zwischen literarischen Erscheinungen und Ver brechen, Einzelunglück und Volksunglück hinzuweisen. (Fortsetzung folgt.) Von der Konferenz der deutschen Sittlichkeits vereine. — Ein dankenswerter Beschluß der Konferenz der deutschen Sittlichkeitsvereine, die soeben in Köln getagt hat und dem Kongreß zur Bekämpfung der unsittlichen Literatur unmittel bar vorausgegangen ist, ist ihre scharfe und entschiedene Stellung nahme gegen die in letzter Zeit mehrfach erhobene Forderung der Aufhebung des § 175 des Strafgesetzbuches. Dieser Paragraph wendet sich mit schwerer Strafandrohung gegen die widernatürliche Unzucht. Es ist bemerkenswert und bedauerlich, daß eine Be wegung zu seiner Aufhebung ins Werk gesetzt und daß diese Be wegung von manchen durchaus urteilsfähigen und gesunden Leuten sogar gebilligt werden konnte. Es soll nicht unterlassen werden, darauf hinzuweisen, daß der widerliche Gegenstand dieses Gesetzesparagraphen auch in der deutschen Verlagstätigkeit sich neuerdings breit macht und daß die Redaktion d. Bl. mehrfach Veranlassung hatte, bezügliche Anzeigeaufträge abzuweisen, wofür sie den in Zeitungen erhobenen Vorwurf der Anmaßung eines Zensoramtes heruhigt über sich ergehen läßt. Diesen Beschluß der Sittlichkeitsvereine begrüßt die Kölnische Zeitung mit Genugtuung. Sie betont, daß die Beseitigung der vielleicht möglichen Schädigung des Rechtslebens, die durch das Bestehen des ß 175 herbeigeführt werde, durch die sicher ein tretende Schädigung des sozialen und sittlichen Lebens bei der Aufhebung des Paragraphen zu teuer erkauft werden würde, und fährt dann wörtlich fort: »Die schamlose Agitation des Komitees beweist das doch jetzt schon zur Genüge. Wenn der unbeteiligte Staats bürger schon heute nicht sicher und geschützt vor den beleidigenden Belästigungen der Homosexuellen ist, deren Treiben strafrechtlich ein Verbrechen darstellt, wie frech wird sich dann erst die Agi tation breit machen, wenn ihr Tun erlaubt ist. Wäre es die Sorge um die wirklichen Kranken, was diese Leute bewegt, so könnten sie wohl zufrieden sein, wenn der Staat diese Geistes kranken in Heilanstalten unterbrächte,' aber nein, sie bezwecken nur, die Ausschweifungen von Lüstlingen der Strafe zu entziehen. Es handelt sich nicht um eine Beschränkung der freien Selbst bestimmung auch im Sexualleben; die Homosexuellen haben aber durch ihre schon heute ein öffentliches Ärgernis bietende Propaganda unter Andersgesinnten, die diesen Bestrebungen mit Abneigung gegenüberstehen, den Beweis geliefert, daß sie dieser Freiheit unwürdig sind, sie vielmehr in schamloser Weise zu agitatorischen Zwecken mißbrauchen.« Verbotene Postkarten. — Die zweite Ferienkammer des' Königlichen Landgerichts in Posen hat in der Sitzung am 7. Sep tember 1904 für Recht erkannt: 2. Darstellung des Königsschlosses Wawel in Krakau, auf das zwei Polen zueilen, über denen sich am Weichselstrande der polnische Adler erhebt, mit den Worten: »Auf den Wawel, auf den Wawel, munterer Krakauer« usw. sowie alle weitern Exemplare dieser Karten und die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen, soweit sie sich im Inlands vorfinden, unbrauchbar zu machen. Das Urteil ist rechtskräftig. Kaufmännische Fortbildungsschulen in Berlin. — Die kaufmännischen Fortbildungsschulen der Korporation de^ Friedrich-Werderschen Gymnasium, im Luisenstädtischen Realgym nasium, im Köllnischen und Königsstädtischen Gymnasium, in der X. und III. Realschule gehalten, diejenige für weibliche An gestellte und Handelsschülerinnen in der Sophienschule, Wein meisterstraße 16/17. — Die Schulen waren im Sommersemester von fast 3000 jungen Kaufleuten beiderlei Geschlechts besucht. Auch Berufs- und allgemeinen Kenntnisse zu vervollkommnen. Der Lehrplan weist folgende Fächer auf: Handelskunde (allgemeine Einführung in die Handelswissenschasten), Deutsch und Handels korrespondenz, kaufmännijches Rechnen, einfache und doppelte Buchführung, Handels- und Wechselrecht, kaufmännische Prozeß kunde, Landes- und Wirtschaftskunde, Volkswirtschaftslehre, sind praktische Kaufleute, Bücherrevisoren, höhere Vureaubeamte, Nationalökonomen und Juristen als Lehrer tätig. Aus dem Antiquariat. — Die Bibliothek des verstorbenen ehemaligen Professors am OoiErvatoirs äs8 ^rt8 st N6tisr8 zu Paris, Victor de Luynes, ist in den Besitz des Antiquariats der Firma H. Weiter in Paris übergegangen. Die Bibliothek ist besonders reich an chemischen und technologischen Zeitschriften in vollständigen Reihen und an Werken über Färberei, Chemie und Keramik. Schwedischer Buchverleger-Verein. — Seit dem Tode vr. I. Seligmanns am 1. Juni d. I. ist das Vorsteheramt des »Schwedischen Buchverlegervereins« unbesetzt gewesen. Am 8. Sep tember ist nun Herr Karl Otto Bonnier (geb. 1856', der Chef des großen Verlages Albert Bonnier in Stockholm, zum Vorsteher gewählt worden. L. Erhaltung und Wiederherstellung von Gemälden. — Professor vr. Büttner Pfänner zu Thal, der bekannte Bilderrestaurator und Schülers Pettenkofers, erhielt vom könig lichen bayrischen Staatsministerium des Innern und für Schul angelegenheiten den Lehrauftrag, an der königlichen Akademie der bildenden Künste zu München Vorträge über Erhaltung und Wiederherstellung von Gemälden zu halten. Diese Wissenschaft wurde bisher nirgend gelehrt; sie ist überhaupt erst — entgegen der bis dahin oft geübten Winkelpraxis und Kurpfuscherei — durch Pettenkofer zu einer solchen erhoben, und der königlichen bayri schen Staatsregierung gebührt das Verdienst, diese Erfolge sofort und zuerst in den Dienst der Kunst gestellt zu haben. Die Vorträge bezwecken zunächst eine allgemeine Kenntnis der Ursachen von Schäden und ihre Heilung bei den Bildern, so daß die Akade miker einerseits beim Malen die Fehler vermeiden können, ander seits beim Auftreten von störenden Erscheinungen bei den eignen Bildern selbst Abhilfe zu schaffen wissen. Daran schließt sich ein besonderer Kursus für solche Schüler, die sich dem Fach selbst widmen wollen, wobei sie im Meisteratelier für Erhaltung und Wiederherstellung von Gemälden ihres Lehrers Gelegenheit zur Vervollkommnung finden. — Diese Neuerung an der Akademie der bildenden Künste wird überall, wo man die Kenntnis einer rationellen Maltechnik richtig einzuschätzen weiß, mit Freude aus genommen werden. (Allgemeine Ztg. Münchens) Wohltätige Stiftungen. — Verschiedenen wohltätigen Stiftungen des skandinavischen Buch- und Papierhandels sind von den Papiergroßhändler Emil Jensen in Kopenhagen, der an zahlreiche Buchhändler aller drei nordischen Reiche liefert, aus Anlaß seines fünfundzwanzigjährigen Geschäftsjubiläums am 9. September namhafte Gelbbeträge zugeflossen. Es erhielten: der Unterstützungsfonds des dänischen Papierhändlervereins 2000 Kronen, die Hilfskasse der dänischen Buchhändler 1000 Kr , der dänischen Buchhandlungsgehilfen 300 Kr., der Hilfsoerein der Markthelfer im Buch- und Papierhandel 200 Kr., der Verein zur Ausbildung junger Kaufleute (die Kaufmannsschule) in Kopen hagen 1000 Kr., der Pensionsverein der Buch- und Musikalien händler und die Kranken- und Begräbniskasse der schwedischen Buchhandlungsgehilfen in Stockholm 1000 bezw. 500 Kr.; der Unterstützungsfonds der norwegischen Buchhändler 1000 Kr. licher Festtag bei vollem Schluß der Geschäfte zu feiernde Nefor mationsfest, Montag den 31. Oktober, sei für den Verkehr mit Leipzig wiederholt aufmerksam gemacht. Personalnachrichten. Gestorben: am 8. Oktober, sechsundsechzig Jahre alt, nach längerm Leiden der Buchhändler Herr Theodor Löwe in Linz, ein langjähriger, treuer Mitarbeiter in der dortigen F. I.