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3612 Nichtamtlicher Teil. 107, 10. Mai 1900. Männer, wie Perthes und Palm, waren zur Zeit der tiefsten Erniedrigung Deutschlands und in schwerer Drangsal weniger ängstlich. Im Zeitalter der größten wirtschaftlichen und politischen Höhe Deutschlands hält man es in den ebenso glänzenden Hauptstädten seines Buchhandels für opportun, sich vor einer Konkurrenz zu beugen, die das Einzel interesse über das der Gesamtheit stellt. Muß nicht im Gegenteil der Organismus des Buchhandels in größere Mitleidenschaft geraten, wenn die Energie der Centren versagt? Es lebe der Kampf um unser redliches Brot! Berlin, zur Oftermesse 1900. M. L. Matthies. Die Reform des Warenzeichenrechts und der Buchhandel. Am 14. und 15. Mai d. I. tritt in Frankfurt a. M. ein von dem deutschen Verein für den Schutz gewerblichen Eigentums in Verbindung mit anderen an der Fortbildung des gewerblichen Eigentums interessierten Verbänden ver anstalteter Kongreß zusammen, der sich neben der Reform des Patentrechts, des Geschmacksmusterrechts auch mit der des Warenzeichenrechts befassen wird. An der Reform dieses Rechtszweiges ist der Buchhandel, speziell der Zeitungs- und Zeitschriftenverlag, in hohem Grade interessiert, insbesondere im Hinblick auf die bekannte, oft mals getadelte, aber gleichwohl nicht aufgegebene Stellung, die die Rechtsprechung zu der Frage der Eintragsfähigkeit von Zeitungstiteln als Warenzeichen einnimmt. Es darf behauptet werden — und man braucht nicht zu befürchten, in dieser Hinsicht von fachmännischer Seite einen Widerspruch zu erfahren —, daß die Hoffnungen, die der Buchhandel auf das Warenzeichengesetz setzte, sich dank der die Zeitungstitel nicht als eintragsfähige Warenzeichen behandelnden Recht sprechung nicht verwirklicht haben, und es wird daher not wendig sein, wenn man an die Revision des genannten Ge setzes herantritt, dafür zu sorgen, daß Zeitungstitel von dem Schutze nicht ausgeschlossen bleiben, der Warenzeichen zu teil wird. Auf dem Frankfurter Kongreß wird die Reformbedürftig keit insbesondere unter dem Gesichtspunkte erörtert werden, der sich aus der Geltung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb ergiebt. Es ist bekannt, daß die Grundlagen des Warenzeichengesetzes nicht die gleichen sind wie die des Wettbewerbsgesetzes, ja kann man geradezu behaupten, daß beide Gesetze auf wesentlich von einander verschiedenen, einander widersprechenden Grundlagen beruhen, und zwar trotzdem eine enge Verwandtschaft zwischen beiden vorhanden ist. Auch das Warenzeichengesetz geht gegen den unlauteren Wettbewerb vor, allerdings nur auf einem Spezialgebiete; man darf daher die Forderung aufstellen, daß es sich nicht mit den allgemeinen Prinzipien in Widerspruch setzt, die für das Einschreiten gegen den unlauteren Wettbewerb gesetzlich als maßgebend anerkannt sind, und daß es vor allem nicht dem unlauteren Wettbewerb durch Anmeldung von Waren zeichen einen Rückhalt bietet. Dies ist aber der Fall. Es hat sich im Laufe der Jahre der Mißstand entwickelt, daß Jndustrieen, die über einen großen Bestand älterer Zeichen verfügen und aus irgend welchen praktischen Gründen von der Eintragung oder Uebertragung der Warenzeichen Ab stand genommen haben, dadurch geschädigt werden, daß andere Personen zum Schaden dieser Vorbenutzer die Warenzeichen eintragen lassen und alsdann jenen den Gebrauch untersagen. Mittels der Vorschriften des Wett bewerbsgesetzes läßt sich hiergegen gar nichts ausrichten, weil es sich hierbei um ein Verfahren handelt, das nach Maß gabe der Bestimmungen des Warenzeichengesetzes nicht beanstandet werden kann, wiewohl kaum fraglich ist, daß es sich dabei um einen Akt des unlauteren Wettbewerbs handelt. Auch bezüglich der Benutzung von Zeitungs- und Büchertiteln sind hiermit verwandte Manipulationen nicht unbekannt, und die dem buchhändlerischen Interesse wenig Rechnung tragende Auslegung des ß 8 des Wettbewerbsgesetzes hat ja bewirkt, daß die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu Unrecht be nutzten Zeitungstitel und Bücherbezeichnungen auch jetzt noch gebraucht werden können. Es wird daher die Aufgabe der Buchhändler sein müssen, darauf zu achten, daß bei dieser Gelegenheit auch ihren berechtigten Beschwerden über die An wendung des Warenzeichengesetzes nachgekommen werde und die Eintragung von Zeitungstiteln als Warenzeichen in Zu kunft keinem Hindernis begegne. vis Vei'IaFsaiistlllt k'. Lruekmaull ^.-6. und äis Lrn6liwrmii'86d6 LuedäraoLortz! in 2IÜH6Ü6H. Uivs rnoäorns V^srlrstLtts kür Uaobgsvsrbs nnä grapüisoüs Uspro- änlrtion. (80., 24 8. mit 1 Ubotogravürs uuä 33 lkextbilckerv.) Nünollsn 1900. Unter obigem Doppeltitel liegt uns, und zwar zufällig in zwei verschiedenen Ausgaben, ein elegant ausgestattetes Heft vor. Die -den Freunden des Hauses» gewidmete und auch der Redaktion d. Bl. zugegangene Ausgabe in etwas kleinerem Format hat den besondern Vorzug, daß ihr als Titelbild die nach einem Relief angefertigte Photogravüre des Gründers der Verlags anstalt, Friedrich Bruckmann, beigefügt ist. Obwohl ja die Leistungen der Firma Bruckmann weit über Deutschland hinaus in glanzendem Ansehen stehen, wird doch mancher bei Durchsicht dieses Heftes überrascht sein über die Groß artigkeit des Etablissements und seiner Einrichtungen, die be sonders durch die zahlreichen Abbildungen in klarer Weise ver anschaulicht werden. Man lernt zunächst den aus zwei Haupt- flügeln bestehenden Gesamtbau in verschiedenen Aufnahmen: von Süden, von Osten, später auch von Norden und von Westen kennen. Dieses 1897 und 1898 nach eigenen Entwürfen der Verlagsanstalt und unter künstlerischer Beihilfe des Architekten Martin Dülfer in München errichtete Gebäude umfaßt sowohl die Bureaux der Verlagsanstalt Bruckmann, als der Photographischen Union und besonders die verschiedenen photomechanischen und künstlerischen Werkstätten des wcitschichtigen Kunstinstituts. In geschickter Weise suchte man die Hauptaufgabe zu lösen, durch praktische Anordnung der Räume das Jneinandergreifen der mannigfaltigen Arbeits prozesse thunlichst zu vereinfachen und zu erleichtern. Auf eine Beschreibung der Räume im einzelnen müssen wir hier um so mehr verzichten, als diese eben doch nur durch die Abbildungen verdeutlicht werden könnte. Im allgemeinen erwähnt sei aber u. a., daß man die technischen Errungenschaften der Neuzeit sich in reichstem Maße zu nutze machte. Es wurden nicht nur geräumige Ateliers mit Nordlicht und mit Südlicht angelegt und für die Aufnahmen farbiger Oelgemälde in direktem Sonnenlicht große drehbare Ateliers gebaut, sondern auch Unabhängigkeit vom Tages- und Sonnenlicht durch Anbringung starker elektrischer Lampen, neuerdings durch Acetylen-Beleuchtung, erzielt. Der Antrieb der Maschinen im Maschinensaal der Licht druckanstalt, sowie aller übrigen Maschinen wird durch Elektro motoren bewirkt. Um wenigstens einen annähernden Begriff von der Vielseitigkeit der Kunstanstalt zu geben, führen wir hier von den Abbildungen unter anderem noch an: das pholochemische Laboratorium, eine Dunkelkammer, ein drehbares und zwei andere photographische Ateliers, Kopierhallen für Licht- und für Silberdruck, Ateliers für Negativ-Retouche, Satinier- und Lichtdruckpressen, den Maschinen saal der Lichtdruck-Anstalt, Ateliers für das Aufziehen der Photo graphien re., die Abteilung für Retouche und Sortieren der fertigen Lichtdrucke, den elektrischen Warenaufzug, die Buch binderei, den Aetzraum für Gravüre, die Retouche der Gravüre platten, das Abkochzimmer für Kohledrucke, zwei Ansichten der Kupferdruckerei, das Konferenzzimmer, die Bibliothek, die Expedition, ein Redaktionsbureau und die Hausschreinerei. In einem besonderen kurzen Abschnitt wird die Bruckmannsche Vuchdruckerei behandelt und durch drei Abbildungen näher ver anschaulicht. Einen großartigen Eindruck macht der Maschinensaal mit seinen zwanzig Maschinen. Die Buchdruckerei beschäftigt z. Z. 126 Personen.