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47, 26. Februar 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel 3317 die Telephonapparate in Wien zerstören dürften, wie glück lich wären wir! « Den wissenschaftlichen Zeitungen gesteht Prager etwas Existenzberechtigung zu; doch wünscht er, daß »sie die Grenzen, die ihnen gesetzt sind, respektieren«. Zweifellos sind die wissenschaftlichen Zeitungen durch unsre raschlebige Zeit bedingt, und die Wissenschaft, der sie dienen, ist — darüber sollen wir uns nicht täuschen — ihrer selbst wegen oder des Publikums halber da, jedoch nicht wegen des Buch handels. Auf Seite 149 heißt es bei der Besprechung der Zensur usw.: »Schlimmer noch als in Deutschland war es um die Presse in Österreich bestellt. Auch dort wurde es erst etwas besser nach 1848 und nach der Einführung der Verfassung im Jahre 1860. Aber das herrschende Preß- gesetz von 1862 ist bedeutend härter als das deutsche und hat auch die Kautionsbestellung beibehalten«. Hierzu habe ich zu bemerken, daß das Preßgesetz von 1862 durch das Gesetz vom 9. Juli 1894 abgeändert und die Verpflichtung zum Erlag einer Kaution für die Heraus gabe einer periodischen Druckschrift aufgehoben wurde. Wien, Februar 1908. Friedrich Schiller. Entwurf eines Scheckgejehes für das Deutsche Reich. (Vgl. Nr. 12, 20 d. Bl.) Zweite Beratung im Deutschen Reichstage, 107. Sitzung vom 21. Februar 1908. (Nach dem Bericht im Deutschen Reichsanzeiger.) Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Rcichs- amts des Innern vr. von Bethmann-Hollweg r Meine Herren! Die Besorgnisse der Sparkassen, daß ihre passive Scheckfähigkeit bestritten werden könnte, wenn der Entwurf, auch ohne An nahme des Antrags Nr. 691, Gesetz werden sollte, sind unbegründet. (Sehr richtig! rechts.) Die passive Scheckfähigkeit der Sparkassen, die nach ihren Geschäftsbestimmungen dazu berufen sind, den Kontokorrentverkehr zu betreiben, ist unbestreitbar. (Sehr richtig! rechts.) Ebenso unbestreitbar ist es, daß diese Sparkassen sich an diejenigen Vorschriften zu halten haben, die nach Landesrecht' und kraft der auf Grund des Landesrechts ausgeübten Aufsichtsbefugnisse erlassen sind. Ich halte es deshalb nicht für unbedingt notwendig — und die Verfasser des Entwurfs haben sich auf diesen Stand punkt gestellt —, daß die passive Scheckfähigkeit der Sparkassen ausdrücklich im Gesetz ausgesprochen werde. Wenn der Reichstag aber Wert darauf legt, diese Feststellung ausdrücklich im Gesetz vor zunehmen, so bestehen dagegen von seiten der verbündeten Re gierungen keine Bedenken. (Bravo!) Wenn der Herr Abgeordnete Nacken eine Erklärung dahin gewünscht hat, daß die Landes regierungen den Sparkassen die Ausübung der ihnen zuzusprechen den Schcckfähigkeit nicht illusorisch machen dürfen, so kann ich un zweifelhaft die Erklärung dahin abgeben, daß von einer generellen Jllusorischmachung dieses Rechts keine Rede sein kann. Aber wie die Bedingungen, unter denen Sie die Feststellung der passiven Scheckfähigkeit nach dem Antrag Nr. 691 ausgesprochen zu sehen wünschen, ergeben, muß der Aufsichtsbehörde und dem Landesrecht die Befugnis zugestanden werden, im Interesse der sparenden Leute solchen Sparkasien, die etwa die nötige Sicherheit nicht bieten sollten, die Schecksähigkeit im einzelnen Falle zu versagen. (Sehr richtig!) Ich hoffe, daß mit dieser Erklärung die Wünsche von den verschiedenen Seiten des Hauses ihre Befriedigung ge funden haben. (Bravo I) Abgeordneter vr. Arendt (Rp.): Es handelt sich hier um einen Gesetzentwurf, der in erster Lesung die Zustimmung aller Parteien gefunden hat, der in seinen Einzelheiten so gut aus gearbeitet war, daß auch in der Kommissionsberatung keine Ein wendungen erhoben werden konnten, und der, abgesehen von einer lediglich formalen Änderung, unverändert in die zweite Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7S. Jahrgang. Lesung gekommen ist, was bei einem größeren Gesetzentwurf sehr elten vorkommt. Der Abänderungsantrag lag in seiner Tendenz bereits in der Kommission vor, ist dort aber gegen zwei Stimmen abgelehnt worden. Daß ihn nun alle Parteien des Hauses ge meinsam einbringen, ist ein seltener Fall. Wenn der Antrag jetzt angenommen wird, so ist damit tatsächlich garnichts geändert; er läßt absolut alles, wie es ist. Der Antrag ist darauf zurück zuführen, daß der Deutsche Sparkassenverband den Gesetzentwurf alsch verstanden hat und deshalb eine Petition in Um lauf gesetzt hat und alle ihm angeschlossenen Sparkasien veranlaßte, diese Petition ihren Abgeordneten zu schicken. Ich habe erst kürzlich im Abgeordnetenhause Gelegenheit genommen, ür die Sparkassen einzutreten; aber hier kommt deren wirkliches Interesse garnicht in Betracht. Soweit sie für den Scheckverkehr geeignet sind, sind ihre Rechte vollständig durch den Z 2 gewahrt. Man kann aber dem Deutschen Sparkassenverbande auf Grund einer umfangreichen und erfolgreichen Agitation wohl das Ver gnügen machen, die Abänderung anzunehmen. Es wird nicht ein Scheck mehr verausgabt werden. Für die kleineren Sparkassen eignet sich der Scheckverkehr absolut nicht. Wir würden diesen vielen Sparkasien nur eine Belastung bringen, der sie gar nicht gewachsen sind. Die Banken, die die Scheckbücher an ihre Kunden geben, übernehmen eine Mitverantwortung und werden sich im eignen Interesse vorsehen; daß die Bücher nicht in falsche Hände kommen. Die öffentlichen Sparkassen aber können einen Unterschied kaum machen; sie können höchstens vor- chreiben, daß eine bestimmte Summe eingezahlt wird. Trotz dem kann mit den Scheckbüchern der größte Unfug getrieben werden. Der Scheck hat seine gute volkswirtschaftliche Bedeutung. Man soll ihn aber nicht hinbringen, wo er gar nicht am Platze ist, sondern schädlich wirkt. Um nicht die allgemeine Harmonie der Parteien zu stören, stimmen wir dem Antrag zu. Hoffentlich werden aber auch bei wichtigeren Anlässen, die mehr im Interesse der Sparkassen liegen, die Parteien alle so einig sein. An den Sparkassenverband möchte ich den Wunsch hinzufügen, daß er bei solchem Vorgehen die Vorlagen wenigstens richtig versteht. Abgeordneter von Brockhause« (dkons.): Wenn das Gesetz in so kurzer Zeit von der Kommission verabschiedet ist, so ist dies dem Umstande zuzuschreiben, daß der Entwurf so ausgezeichnet ausgearbeitet und schon vorher den Interessenten bekanntgegeben war. Da der Wunsch, den Inhalt des Antrags einzufügen, von den Sparkassen an alle Mit glieder des Hauses gerichtet ist, so stimmen wir dem Anträge zu; dagegen sind wir nicht in der Lage den Antrag Gröber und Genossen anzunehmen, der der Nr. 1 folgenden Zusatz geben will: »Ferner die unter amtlicher Aussicht stehenden Sparkasien, unbeschadet der landesrcchtlichen Aufsichtsbestimmungen-. Wir sind auch dafür, daß das Gesetz am 1. April 1908 in Kraft tritt. Abgeordneter Mommsen (fr. Vgg.): Der Antrag wird den durch das Gesetz entstehenden Rechtszustand nicht ändern, und wir sind auch mit dem Abgeordneten vr. Arendt darin einig, daß es durchaus nicht wünschenswert ist, die Sparkasien, die sich bei uns in Deutschland ausgezeichnet entwickelt haben, allzu sehr in den Kontokorrentverkehr hineinzutreiben, denn dieser Verkehr läßt sich mit dem Hauptzweig der Sparkassen nur schwer vereinigen. Wir sehen aber kein Bedenken, dem Antrag zuzustimmen. Abgeordneter Ginger (Soz.): Wir haben wiederholt verlangt, das Scheckgesctz auf eine gesetzliche Basis zu stellen, um Barmittel zu sparen. Infolgedessen haben wir schon in erster Lesung uns für das Gesetz erklärt. Der Antrag hat keine wesentliche Bedeu tung, wir nehmen ihn aber trotzdem an. Die Sparkassen, die nur zum Sparen benutzt werden, sollten sich aber überlegen, ob sie überhaupt von der Schcckfähigkeit Gebrauch machen. Sie werden zu leicht verführt, Geschäfte machen zu wollen, und dazu sind namentlich die kleinen Sparkassen gar nicht in der Lage. Abgeordneter Nacken (Zentr.) zieht nach dem Gang der Ver handlung den Antrag Gröber-Nacken-Faßbender zurück. § 2 wird mit dem Anträge Basiermann und Genossen an genommen. Aus Z 16 wird die Bezugnahme auf das Gesetz, betreffend die Erleichterung des Wechselprotestes, weil dieses Gesetz noch nicht verabschiedet ist, nach dem Antrag der Kommission gestrichen, 301