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M 36, 11. Februar 1922. Redaktioneller Teil. land; der Dollar ist inzwischen auf 266 gestiegen, mithin erhält der Verlag 560.— beim Verkauf zum Auslandpreis, denselben Betrag erhielte er mit 100^ Balutaaufschlag. Ergebnis mithin: Der Ausländer kaust stets zum selben Preise, und der Verlag er hält stets einen Betrag in Mark, der dem tatsächlichen Wert des Buches entspricht. Das ist nur ein kleiner Ausgleich für die Ver luste, die er bei jedem Marksturz erleidet. Die Forderungen, die oben gestellt wurden, lassen sich natur gemäß nicht hemmungslos verwirklichen, — Firmen, die schon längere Zeit Auslandpreise eingesührt haben, können von den Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, und den Kompromissen, die zu schließen waren, berichten. Was vor allem zu bekämp fen ist: das Mißtrauen, das den Auslandpreisen allerseits ent- gcgcngcbracht wird. Es basiert i» dem Gefühl, daß dieser fremde Preis nur dazu diene, den Käufer zu überborteilen und Rie sengewinne in die eigene Tasche zu stecken. Unterstützt wird cs durch das teilweise unsinnige Vorgehen einzelner Verleger, das vom Vorstand des »Schweizerischen Buch händlervereins» in Nr. 294 des Bbl. 1921 gekennzeichnet wurde. Bei einheitlichem Vorgehen wird sich dies Mißtrauen leicht zer streuen lassen; es ist das letzten Endes nur eine Frage zweck mäßiger Propaganda. Viel gewichtiger scheint uns ein anderer Punkt: jeder Käufer im Ausland hat sein Markguthaben, mit dem er spekuliert, und je tiefer die Mark sinkt, um so drängender wird er in Mark zahlen wollen. Aber nicht einmal dies ist ein Hindernis: solange das Reich keinen Zwang zur effektiven Zahlung ausllbt, wie er letzthin im Kunsthandcl eingesührt wurde, solange steht dem nichts im Wege, den Käuser in Mark unter Umrechnung zum Tages- oder zu einein sonstwie festgelegtcn Kurse zahlen zu lassen. Auch die Befürchtung, daß der Zwischenbuchhandel sich auf diese Weise der Gefahr von Kursdifferenzen aussetze, ist nicht stichhaltig: es steht ihm frei, die Werke zum Jnlandpreise zu be ziehen und den Anteil am Valutagewinn später zurückzuvergllten, was überdies den Vorteil hat, daß ihm in der Zeit, in der seine Meldung zum Verleger läuft, immerhin 4—6 und mehr Wochm, dieser Betrag zur Verfügung steht. Das größte Hindernis ist, wie immer im deutschen Buch handel, die Einigkeit; die hier entwickelten Grundsätze bedürfen zu ihrer Durchführung unbedingt einer gewissen Großzügigkeit. Es kommt nicht darauf an, ein paar Mark mehr oder weniger zu verdienen, sondern darauf, das deutsche Buch in ganz anderem Maße im Ausland zu verbreiten, als es bisher geschah. Das ganze Auslandgefchäft ist auf die Basis zu stellen: großer Um satz, geringer Nutzen, nicht auf die umgekehrte, wie es bisher ge schah. Das trifft den Verleger, der das Ausland nicht als Gold grube betrachten darf, aus der er mühelos schöpfen zu können glaubt; das trifft den Sortimenter, der nicht über die Hälfte der aus Valutagewinnen den Verlagen abzuliefernden Beträge ein- bchalten darf mit der Begründung, cs handle sich um Lager verkäufe, und es geht nicht zuletzt den Auslandkäufer an, der unsere Bücher nur dann kaufen zu können glaubt, wenn sie ihn ungefähr nichts kosten Es ist Wohl optimistisch, zu glauben, es käme in absehbarer Zeit über diese Punkte zu einer Einigung, wenn nicht das Reich in feiner Devisennot einmal einschreitet. Wesentlich erscheint aber zunächst und so bald als möglich ein ge meinsames Vorgehen aller bedeutenden Verlage und eine Eini gung mit den Exportfirmen, sowie mit den Auslandbuchhandlun gen. Hier mutz zusammengearbeitet und die Grundlage für eine Weiterentwicklung des Auslandgeschäfts geschaffen werden. Kurt Vowinckcl. X Die Ausführungen des Herrn Walter Bangert, Hanl- Lurg, zur Frage der Auslandverkaufsordnung in Nr. 15 des Bbl., die mit ihren Schlutzzeilen bezwecken, die von allen denkenden Verlegern schon längst als dringend notwendig erkannte Beseitigung der zuschlagfreien Verkäufe vom Lager zu verhindern, bedürfen in vielen Punkten einer näheren Beleuchtung und Entgegnung. Die Tätigkeit des Exportbuchhandels in den Jahren vor dem Kriege soll durchaus anerkannt werden. Wenn den Bemühungen, dem deutschen Buche im allgemeinen im Ausland eine weiters Verbreitung zu verschossen, durchschlagende Erfolge versagt blie ben, so war das sicher nicht Schuld der Exportbuchhaninungen. Andere Länder, besonders Frankreich, haben bei weitem erfolg reicher gearbeitet. Von deutschen Büchern wurden im wesent liche» wissenschaftliche Literatur, Kartenwerke und Führer cxpor- liert, und zwar hauptsächlich deshalb, weil sie unentbehrlich waren. Einer besonderen Werbetätigkeit des Erporlbuchhandels bedurfte es hierzu im allgemeinen kaum. Für Erscheinungen aus allen Literaturgebieten, für die ein sicheres Interesse im Ausland zu bestehen schien, ist vom Exportbuchhandel zweifellos kräftig geworben worden. Bei anderen Werken — so notwendig und er wünscht auch ihre weile Verbreitung im Auslande gewesen lväre — hat die Tätigkeit des Exportbuchhandels versagt. Die Bestel lungen des Exportbuchhandels, die beim Verlag auf im Ausland gut gehende Werke eingingen, waren nicht immer eine reine Freude des Verlegers. War doch der verlangte Mindestrabatt »von 567» fürs Ausland bei der meistens geringen Auflage nur schwer zu bewilligen. Die Existenzbedingungen des Exportbuchhandels waren im und nach dem Kriege gewiß keine leichten. Dieses Los hat er aber mit allen Branchen gemeinsam gehabt, die ausschließlich oder zum Teil ans Auslandskonsum angewiesen waren. — Das Bild änderte sich mit dem rapiden Sinken der Mark. Der Sturz unserer Valuta machte eine besondere Propaganda unnötig. Die notwendig gewordene Verkaufsordnung, die leider zu spät kam, war in ihren ersten Fassungen wertlos. Ihr Zweck, dem Produzenten als dem Risikoträgcr den Mehrerlös aus den nach dem Ausland gehenden Werken zur Erleichterung der Reu herstellung zuzuführen, wurde nicht erreicht. Zwar schrieb schon die erste Fassung der Verkaufsordnung eine Meldung und Abgabe des Mehrerlöses für Auslandsver käufe vor. Die Wirkung war eine verblüffende: die Auslands verkäufe schienen plötzlich zu stocken. Es gibt jedenfalls nur wenige Verleger, die sich erinnern können, Meldungen erhalten zu haben. Erst eine spätere Fassung brachte die zwangläufigerk Meldun gen der Autzenhandelsnebenstellc, und plötzlich setzte der Absatz wieder ein. Herr Walter Bangert hat durchaus recht, daß auch diese Fassung noch verbesserungsbedürftig ist. Sein Vorschlag der gleitenden Aufschläge ist gewiß beachtlich. Diese Aufschläge aber für den Verleger unter allen Umständen als zwingend zu ge stalten, dürste unmöglich sein. Damit würde sein Recht zur Fest, setzung der Ladenpreise aufgehoben. Die erhöhten Aufschläge, zu denen sich der Verlag gezwungen sieht, sind durchaus keine will kürlichen, sondern wohlerwogene Maßnahmen. Der Verleger wird bei der Vorbereitung von Neuauflagen fast immer die un angenehme Entdeckung machen, seine Ware billiger verkauft zu haben, als die Ncuherstellung möglich ist. Es ist durchaus keine Seltenheit, daß er für den gesamten Erlös einer Auflage noch nicht das Papier zu einer neuen beschaffen kann. Hier bietet ihm eine Erhöhung der Auslandsaufschläge ein Regulativ, das durch, aus nötig ist. Gegen die jetzt festgesetzte Verteilung des Valutamehrerlöser wäre nichts einzuwenden, wenn sie wirklich auf alle Auslands- Verkäufe angewendet wird. Wenn Herr Bangert der Meinung ist, daß gerechterweise der Mehrerlös dem Buchhändler zukommt, der den Auftrag bringt, so ist das eine Gerechtigkeit, »wie er sie auffaßt». Wenn es so wäre, dann dürfte der Exportbuchhandel infolge des finanziellen Zusammenbruchs Vieler Verleger bald keine Bücher mehr z» exportieren haben; ich glaube kaum, daß ihm damit gedient wäre. — Im übrigen aber hat der Erportbuch- Handel auch jetzt durchaus die Möglichkeit, durch besondere Ab machungen mit einzelnen Verlegern eine andere Verteilung des Mehrerlöses zu erreichen. Mir ist eine Anzahl derartiger Fälle bekannt, in denen Verleger auf einen Teil des Mehrerlöses ver zichten, wenn durch besondere Maßnahmen der Exportbuchhändler Erfolge erzielt worden find, die sonst ausgeblieben wären. Die Frage der Verkaufsordnung kann jedenfalls nur dann als gelöst betrachtet werden, wenn alle Auslandsver käufe abgabepflichtig sind. Die Gründe, die Herr Bangert für die Exportbuchhandlungen aufführt: Stärkung der Betriebe, Verbesserung der Betriebsmittel u. a., gelten nicht nur