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^ 135, 11. Juni 1924. Redaktioneller TeU. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel, gl 79 Praktisch sehr bedeutsam ist weiterhin die Frage, ob und in wieweit der Aufsichtsschuldner verpflichtet ist, laufende Aufträge zu erledigen. Aus den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung er gibt sich, daß der Aufsichtsschuldner in der Regel alle laufenden Ver trüge und Verpflichtungen, d. h. solche, die bereits im Zeitpunkt der Anordnung der Geschäftsaussicht liefen, zu erfüllen hat. § 13 der Verordnung über die Geschästsaufsicht zur Abwendung des Konkurses vom 11. Dezember 1916 sagt, das; die Ansprüche gegen den Schuldner aus einem schwebenden gegenseitigen Vertrage an sich vom Verfahren gar nicht betroffen werden. Laufende Aufträge sind also in der Regel vom A u f s i ch ts sch u l d n e r zu erlebt- g e n. Da aber eine gleichmäsjig schnelle Befriedigung der Gläubiger oft dadurch in Frage gestellt ist, das; einzelne Gläubiger mit dem Schuldner hinderliche Verträge abgeschlossen haben, gibt der Gesetz geber dem Aufsichtsschuldner allerdings auch die Möglichkeit, sich unter gewissen Voraussetzungen von solchen schwebenden Vertragö- verhältnissen loszulösen. Die daraus >fiir den Gegner erwachsenden Schadensersatzansprüche werden vom Verfahren betroffen. Die Er mächtigung des Gerichts zu einer Loslösung von laufenden Vertrags verhältnissen, die der Aufsichtsschulduer vorher unbedingt erst ein zuholen hat, soll nur dann erteilt werden, wenn die Nichterfüllung -es Vertrags 'für die Zwecke der Geschäftsaufsicht geboten ist und den Gegner nicht unverhältnismäßig benachteiligt. Nach 8 9 der oben genannten Verordnung kann der Aufsichts- fchuldner die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags ablehnen, rvenn der Vertrag im Zeitpunkt der Anordnung der Geschäftsaufsicht von dem Schuldner u n d von dem Kontrahenten noch nicht oder nicht voll ständig erfüllt ist. In diesem Falle kann der Vertragskontrahent Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Gegenüber einem vor- gemerktcn Anspruch entfällt die Ablehnungsbefugnis. Die Erfüllung eines solchen Anspruchs kann auch lvährend der Geschäftsaufsicht ge fordert werden. Das Konkursrecht regelt im Gegensatz zur Geschästsaufsicht die Frage grundsätzlich in der Weise, das; bei schwebenden Verträgen, so weit sie von dem Gemcinschaftsschuldner und von dem anderen Teil nicht oder nicht vollständig erfüllt sind, der Konkursverwalter das Wahlrecht hat, ob er Erfüllung verlangen oder ablehncn will. Zwei Begünstigungen bedürfen noch dev Erwähnung, die der Gesetzgeber den Gläubigern des Geschästsaufsichtsschuldners eingeräumt hat. Die Verjährung ist während der Tauer der Geschäftsaussicht ge hemmt s§ 7), da bekanntlich ein von dem Verfahren betroffener Gläubiger zwangsweise seinen Anspruch gegen den Schuldner nicht durchsetzen kann. Aus dem gleichen Grunde wird bei Berechnung der Anfechtungssristen nach der Konkursordnung und dem Anfechtungs- Gesetz die Zeit der Geschäftsaufsicht nicht mitgerechnet. Der Zweck der Geschästsaufsicht kann, soweit durch einen Um schwung der Wirtschaftslage keine Entspannung sich zeigt, durch einen Gütcausgleich mit den Gläubigern erreicht werden oder durch Sanie rungsaktionen anderer Art. Diese Regelungen bedeuten einen offen sichtlichen Zeitgewinn gegenüber der Durchführung eines Konkurs verfahrens, der, wie die Tinge heute liegen, nicht unterschätzt werden darf. Als letztes ist noch die Möglichkeit des Zwangsvergleichs wie lxi dem Konkursverfahren gegeben. Die Geschäftsaufsicht endigt von selbst mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsvcrgleichs. Dieser Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses stellt einen Vertrag zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern zur Abwendung des Konkurses dar und ist auch gegen die nicht zustimmenden Gläubiger wirksam. Die Geschäftsaussicht kann aber auch durch Beschluß des Gerichts auf gehoben werden, wenn der Au-fsichtsschuldner dies beantragt oder wenn ein wichtiger Grund für die Aufhebung vorliegt. Bei einem Vergleich zwischen Konkursverfahren und Geschäftsauf sicht läßt sich zusammenfassend als wesentlich feststellen: Zweck des Konkursverfahrens ist die gleichmäßige Verteilung des Ver mögens eines zusammengebrochenen Schuldners durch Liquidation der bisherigen wirtschaftlichen Existenz des Schuldners. Las gesamte zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Gemeinschaftsschuldners wird durch den Konkursverwalter verwertet und der Erlös unter die Gläu biger verteilt. Die Geschäftsaufsicht hingegen gleicht in ihrer Auswirkung einer Zwangsstundung, indem sie die bisherige Existenz des Aussichtsschuldners sichert und die Bestimmungen der Einschränkung der Handlungsfreiheit im Verfahren über di« Geschäftsaufsicht im wesentlichen zum Schutze des Schuldners gibt. Die Geschäftsaufsicht an sich, als «ine gewisse Verwirklichung des Gedankens eines vorbeugenden Konkursverfahrens, das das deutsche Recht im Gegensatz zu anderen Ländern bekanntlich nicht kennt, ist zweifelsohne zu begrüßen. Ungeachtet dieser Tatsache kann man sich nach verschiedentlich«« Beobachtungen der letzten Tage nicht des Ein drucks erwehren, als ob gegenwärtig in vielen Fällen ein starker Mißbrauch mit der Geschäftsaufsicht getrieben würde. Schuldner, die von während der Inflation billig erstandenen Sachwerten nicht her unter wollen, stellen sich unter Geschästsaufsicht und benutzen diese als Mittel, um ihre Gläubiger zu benachteiligen. Wenn Unternehmungen erstklassigen Nuss Geschäftsaussicht beantragen, wie man es letzthin lesen konnte, so sind diese Vorgänge nur Beispiele dafür, wie iveit der durch das Verfahren der Geschäftsaufsicht gebotene Ausiveg, hintew herum allmählich zu einem allgemeinen Moratorium zu gelangen, ausgenutzt wird. Von dunklen, zweifelhaften Existenzen wird die Gc- schäftsaufsicht jetzt häufig als letztes, dafür aber auch wirksamstes Mittel des Gläubigerbetrugs benutzt. Die dadurch arg gefährdete Rechtssicherheit ist natürlich im höchsten Grade geeignet, in Bälde jeden nicht durch Pfänder oder andere Sicherheit gedeckten Kredit unmöglich zu machen; denn niemand wird einem Schuldner kredi tieren wollen, wenn er Gefahr laufen muß, daß dieser die Einziehung der Forderung trotz genügender Tlefriedigungsmitttl unter Umständen dadurch vereitelt, daß er sich unter Geschästsaufsicht stellt. Wie ivir' hören, wird diese Entwicklung auch in ausländischen Finanzkreisen, aus deren Kreditbercitschaft die deutsche Wirtschaft heute mehr als je angewiesen ist, mit Aufmerksamkeit und Beunruhigung verfolgt. Es ist dringend zu wünschen, daß im Interesse eines gesunden Gläu- bigcrschutzes, der zu den Grundlagen des Wirtschaftslebens gehört, diesen Mißständen ein Riegel vorgeschoben wird. M. Deutschland will leben! Alte und neue Herolds- rufe für die Gegenwart. Marburg: N. G. Elwert (G. Braun) 1924. 190 S. Gm. 2.—, von 10 Stück an Gm. 1.50. Alle vaterländischen Kreise und namentlich unsere Jugendorgani sationen sind auf diese vom Kollegen Braun in Marburg herausge- geben« Sammlung von echtdeutschen Heroldsrufen immer wieder auf merksam zu machen! Die angeführten Verfasser sind uns zum größten Teil bekannt; das Verdienst des Herausgebers besteht darin, von bekannten Dichtern auch vieles Unbekannte, in deutschem, vat:r- ländischem Sinne Empfundenes seiner Sammlung einverleibt zu haben. Aus der großen Kette nur einige Perlen: Vor allem die Verse »des alten guten deutschen Gewissens« eines Ernst Moritz Arndt. »Deutsches Herz, verzage nicht, tu, was dein Gewissen spricht, dieser Strahl des Himmelslichts, tue recht und fürchte nichts«. Eichendorff: »Denn eine Zeit wird kommen, da macht der Herr ein End', da wird den Falschen genommen ihr unecht Regiment«. Theodor Körner: »Deutsches Volk, du konntest fallen, aber sinken kannst du nicht«; dann ein hell schmetternder Trommetenton aus dem Munde dessen, dem in vergangenen Tagen die Herzen unserer Väter und auch die unsrigen entgegenschlugen: Emanuel Geibel: »Einst geschieht's, da wird die Schmach seines Volks der Herr zerbrechen; der auf Leipzigs Feldern sprach, wird im Donner wieder sprechen«. Leider verbietet cs mir der Raum, aus dem Inhalt des Buches mehr anzuführen. Durch seine gediegene Sammlung hat mir Herr Braun unvergeßliche, weihevolle Stunden bereitet. Sein Buch gehört in den Besitz eines jeden wahrhaft deutsch Empfindenden. Es schlägt Töne an, die einst weilen in deutschen Herzen leicht zittern und sanft fortklingen, bis sie später in vollen Akkorden durch eine Welt voller Lüge, Schein und Heuchelei dahinbrausen werden. Leipzig. L. Hage mann. Neue Zeitschriften und periodische Erscheinungen. Mitgeteilt von der Deutschen Bücherei, Leipzig. Nr. 35 fMai 1921). l31 siehe Bbl. 1921, Nr. 111.) Die Aufnahme geschieht jeweils auf Grund der ersten in der Deutschen Bücherei eingelanfenen Nummer, welche nicht immer die erste Nummer im bibliographischen Sinne ist. Den Titeln sind die Standortsbezeichnungen der Deutschen Bücherei beigefügt. Wünsche um Versendung von Abzügen dieser Liste werden berücksichtigt. Westfälisches AdelSblatt. Monatsblatt d. Vereinigten Westfälischen Adels-Archive. Ig. 1: 1921. Nr 1/1 (Jan./April). W S. 8' Münster i. W.: Vereinigte Westfälische Adelsarchive. (Monatl.) 6529.) 1062*