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6708 Börsenblatt f. d. Dlschn, Buchhandel. Nichtamtlicher Teü. 125, 1. Juni 1912 Volksmassen durch die werbende Kraft des lebendigen Worts für sich einzufangen, wie der Gärtner den unter der Erdober fläche wachsenden Spargel sticht. Diese Arbeit ist mehr oder weniger Fabrik- oder Massen arbeit. Dem Sortimentsbuchhändler mit seiner genaueren Orts- und Personenkenntnis müßte hier doch auch eine mehr individuelle Arbeit möglich sein, die immer größere Chancen bietet als die nach Schema kV Einen treuen Bundesgenossen würde der Sortimenter an dem Verlag haben, für den er sich im besonderen ver wendet. Das würde zum Ausdruck kommen in Gestalt von erhöhtem Rabatt, von Freiheften, von Provisionszuschüssen usw. Der Verlag der in Frage kommenden literarischen Er scheinungen hat jetzt schon große Anstrengungen für die direkte Propaganda zu machen und wird mit tatkräftiger Unter stützung des Sortiments gewiß nicht kargen, wenn er nur Erfolg sieht. Das letztere ist für ihn maßgebend, dafür hat er immer Geld und Material bereit. Wir sind der Ansicht, daß dem Sortiment noch verschie dene Entwicklungsmöglichkeiten offenstehen; es muß sich nur die Errungenschaften der Neuzeit auf anderen geschäftlichen Gebieten zu eigen machen und kaufmännische Grund sätze zur Richtschnur nehmen. Ein Bruch mit den alten guten Traditionen des Buchhandels ist in keiner Weise er forderlich, denn diese können bei Wahl der Vertriebsobjekte zu voller Geltung gebracht werden. Da ist das Beste auf jedem Gebiete gerade gut genug. Aber sobald diese Vorfrage erledigt ist, daun »laß fahren dahin« eine Methode, die der Behaglichkeit früherer Jahrzehnte auf den Leib geschrieben war, aber nicht mehr in unsere hastende, schnellebige Zeit passen will, dann wähle Mittel und Wege, die geradezu zum Ziel führen, baue dir einen Vertriebsapparat ohne Schwer fälligkeit und bureaukratisches Beiwerk nach dem Vorbild des Aeroplans, in dessen Zeichen unsere Zeit steht, dann Greif nur hinein ins volle Menschenleben, Und wo du's Packst, da ist es l o h n e n d auch! Kleine Mitteilungen. Musikerkammer. — Wie die Arzte und Rechtsanwälte, so bemühen sich jetzt auch die Musiker um die Errichtung einer eigenen Kammer als Standesvertretung. Auch der in den nächsten Tagen in Danzig stattfindende Musikertag wird sich mit dieser Frage beschäf tigen. Die Musikerkammer soll sich, wie Hans F. Schaub in der Deutschen Musikerzeitung betont, aus den Vertretern der unter schiedlichen Musiker- und Tonkünstlerverbände zusammensetzen, und zwar unter Führung des Allgemeinen Deutschen Musik- Vereins. Der Verein hätte anzustreben, daß in dieser Musikerkammer sich ein Vertreter des Kultusministeriums be findet. Die Kammern sollten die Entwicklung der Tonkunst in Zusammenhang halten mit dem Gang der Kultur und des ganzen nationalen Lebens, vor allem auch die Mittelinstanz bilden zwischen Tonkünstlern und Regierungen. In ihr Arbeitsgebiet fiele die Hebung der künstlerischen und sozialen Lage der Musiker. Ferner sollen die Kammern die Stadtverwaltungen bei Grün dung von städtischen Orchestern, Musikschulen usw. beraten, auf die Pflege der Musik auf den Universitäten und Schulen hin wirken und auf das musikalische Bibliothekswesen, die Volks konzerte und die Kirchenmusik Einfluß zu gewinnen suchen. Sollte die geplante Einrichtung einem wirklichen Bedürfnisse entsprechen, so wäre zu erwägen, ob nicht auch der Musikalienhandel ins besondere der -Verlag gut daran tun würde, sich rechtzeitig Sitz und Stimme in dieser Musikerkammer zu sichern. Erholungsheim für deutsche Buchhändler E. B. — Der Verein findet immer mehr Anhänger und Unterstützung. Auf vielseitigen Wunsch seitens der Mitglieder will der Vorstand an die Errichtung eines weiteren Heims in Süd- oder Mitteldeutsch land gehen und bittet um Vorschläge der Gegend resp. Namhaft machung günstiger Gelegenheiten, wo ein solches billig zu erstehen oder zu pachten ist. Postscheck und Fernsprechanschluß. — Den Fernsprechteil- nehmern wird jetzt von der Postverwaltung nahegelegt, die Ein richtungen des Postscheckverkehrs nutzbar zu machen. Teilnehmer, die ein Postscheckkonto haben, können ihre fälligen Fernsprech, gebühren von ihrem Konto abschreiben lassen. Es bedarf dazu nur eines einzigen einmaligen Antrags. Die Teilnehmer ersparen sich so die jedesmalige Mühe der Einziehung der Gebühren durch die Briefträger. Bekanntlich werden diese Gebühren in jedem Vierteljahr eingezogen. Druckpapierzoll in Amerika. — Nach einem Telegramm aus Washington hat der Senat ein Amendement zur Tarif- revisionsbill angenommen, das auf die Tonne Druckpapier einen Zoll von 2 Dollar legt und damit den entsprechenden Artikel des Gegenseitigkeitsabkommens mit Kanada aufhebt. Ein Gesetzentwurf über die LountagSruhe im Handels gewerbe liegt dem Bundesrat vor. Dazu hat die »Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie« bei der Reichs- regierung angeregt, daß zur einheitlichen Regelung der sonntäg- lichen Verkaufs, und Arbeitszeit auf Ausstellungen entsprechende Bestimmungen ausgenommen werden. Die Zentralstelle für BolkSwohlfahrt versendet jetzt die Einladungen zu einer Konferenz, die vom 16. bis 19. Juni in Danzig stattfinden wird. Die Themata der Hauptkonferenz lauten: »Pflege der schulentlassenen weiblichen Jugend« und »Familien- gärten und andere Kleingartenbestrebungen in ihrer Bedeutung für Stadt und Land«. Die einleitenden Referate für das erste Thema haben Frau Gnauck-Kühne (München) und Fräulein Elise Deutsch, Leiterin der Mädchenfortbildungsschule in Charlottenburg, das Korreferat Fräulein vr. Agnes Bluhm (Berlin) übernommen. Die Referenten für das zweite Thema sind: Herr vr. Werner Hegemann (Berlin) und Geheimer Regierungsrat Biele- feldt, Vorsitzender der Landesversicherungsanstalt der Hansestädte zu Lübeck; als Korreferentin wird Fräulein vr. Elvira Castner (Berlin-Marienfelde) sprechen Im Anschlüsse an diese Konferenz wird, wie in früheren Jahren, eine Spezialkonferenz von Jugend vereinsleitern, ferner eine Spezialkonferenz der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schundliteratur stattfinden, über die beiden Themen der Hauptkonferenz werden Vorberichte herausgegeben, die über den gegenwärtigen Stand der Fragen orientieren. Aus- führliche Programme versendet die Zentralstelle für Volkswohlfahrt, Berlin 60. Augsburger Straße 6l. Anmeldungen zur Kon ferenz sind gleichfalls dorthin zu richten. Personalnachrichten. Auszeichnungen. — Anläßlich des Geburtstages Sr. Maj. des Königs von Sachsen wurde Herrn Hofbuchhändler Georg Lehmann, Inhaber von H. Burdach, Warnatz L Lehmann, Kgl. Sächs. Hofbuchhdlg. in Dresden, der Titel und Rang als Hofrat verliehen. — Bei derselben Gelegenheit erhielt Herr Otto Carlsohn, Prokurist im Hause S. Hirzel in Leipzig, das Ritter kreuz 2. Klasse des Albrechtsordens. Jubiläum. — Am 1. Juni sind 25 Jahre vergangen, seitdem Herr Ludwig Köpf in die Firma Ludwig Frey, Hofbuch. Handlung in Ulm, eintrat. Seine buchhändlerische Lehre bestand Herr Köpf bei Gebrüder Nübling in Ulm und trat bei dem Ver kauf der Sortimentsabteilung dieser Firma zu Frey über. Wir möchten an dieser Stelle dem treuen Mitarbeiter unsere Glück wünsche aussprechen. Gestorben: am 26. Mai, dem ersten Pfingstfeiertage, nach längerem Leiden im vollendeten 73. Lebensjahre Herr Carl Brod- beck in Kottbus. Der Verstorbene war vom Oktober 1874 Inhaber der Send'schen Buchhandlung in Meerane, die er am 1. März 1886 an Hermann Back verkaufte. Im August desselben Jahres erwarb er von F. Kaatz die 1679 von einem Neffen Moritz Schauenburgs in Lahr gegründete Schauenburg'sche Buchhandlung in Cottbus, ^ der er die Firma seines Namens gab und die er 26 Jahre mit treuem Fleiß geführt hat. ksauisseut in pu.es.