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Nk. 1«. ver Nodfoki'er Seite 96. Bundes-Jugend-Wandersahrt 3. bis 10. August 1924. Leipzig—^v^käuser—IZarz Führer: Alfred Otto. Fahrwart: Fed. Weller. Bericht. Die Ausschreibung des Jugendamtes im S. R-B. zu dieser Jugend wanderfahrt fand eigentlich nicht die Beachtung, die sie verdiente. Es ist dies sehr bedauerlich, denn gerade der Pflege des Wandersahrens und ins besondere der Jugendwanderfahrten sollte seitens aller Bezirke größte Auf merksamkeit geschenkt werden, denn kein Sportzweig dürfte diese hohen Ideale in so reichem Maße umschließen wie gerade das Wanderfahren. Am Sonntag, den 3. August, früh Kl 6 Uhr, sammelten sich in Mark neukirchen die Teilnehmer zum Start, 1 Führer, 1 Fahrwart, 13 Jugend liche und 2 Gäste. Die Tage vorher zeigten regnerisches, trübes, zum Teil stürmisches Wetter, und wir waren deshalb doppelt erfreut, daß unser Start pracht volles Wetter hatte. In flotter Fahrt ging cs nach Plauen i. Vogtl., von wo aus die Bahn bis Kieritzsch auf Jugcndfahrschein benutzt wurde. Dort gegen 12 Uhr mittags angekommen, erwartete uns unser verdienstvoller Leiter des Jugendamtes, Herr W. Schöne-Leutzsch. mit einigen Jugendkamcradcu, um uns nach Leipzig zu führen Unsere Fahrt führte uns zunächst au das gewaltige staatliche Braunkohleuwerk, wo wir die riesigen Schürfarbeiten mit vielen großen Baggermaschinen, die elektrischen Werkbahnen und die Freilegung der Braunkohlenflöze besichtigten. Weiter ging es durch die Hardt auf wohlgepslegten schönen Radler wegen nach dem Wildpark zu-kurzer Rast, bei welcher uns die recht zahme» Damhirsche angrnebme Unterhaltung boten. Nachdem wir bei der Weiter fahrt noch das S. R.-B.-Kriegerdenkmal besichtigt hatten, erreichten wir gegen 4 Uhr Leutzsch. Herr Schöne ließ cs sich nicht nehmen, die Radler abteilung in. seinem Heime mit Kaffee und Kuchen zu bewirten und ein Radiokonzert zu bieten, was von unseren Teilnehmern dankbar aufgenom men wurde. Ein besonderer Dank für die freundliche Aufnahme und Be wirtung sei an dieser Stelle Herrn Schöne nnd seiner lieben Frau Ge mahlin gebracht. Nunmehr wurde die Jugendherberge in der Töpfcrstraßc bezogen, Räder nnd Gepäck eingestellt, nachdem vorher dem neuen Leipziger Strand bad ein Besuch abaestattct wurde, und auf elektrischem Wege ging es hinaus nach dem Völkerschlachtdenkmal, wo wir leider zu spät eiutrafen, um noch eine Besichtigung und eine Besteigung zu ermöglichen. Ein Rund- aang durch die Anlagen des Südfriedbofcs mit dem stattlichen Bau des Krematoriums zeigte uns eine kunstvolle gärtnerische Friedhofsanlage mit vielen Kunstwerken, und mancher unter uns war erstaunt, daß ihm hier eine selten schöne und, machtvoll wirkende Friedhofskunst gezeigt werden konnte. Eine kurze Einkehr bei unserem Bundeswirt Günnel beendigte alsdann den ersten Tag unserer Wanderfahrt, und im Quartier der Jugendherberge ging es uni 9 Uhr zur Ruhe. Montag, 4. August. 'Früh 6 Uhr fübrte uns Herr Schöne aus Leipzig hinaus durch das Rosental mit seinen schönen Radlerwegen, auf welchen Hunderte von Radlern ihren Arbeitsstätten zucilten. Kurz vor dem Bienih, dem „Leipziger Gebirge!!" mußte sich leider Herr Schöne mit Gemahlin und Nichte von uns verabschieden, die Pflicht trieb sic nach Leipzig zurück, während wir guf lunger schöner Straße gen Merseburg enteilten. k<!9 Nhr war Zöschen erreicht, wo in einem freundlichen Gasthof an der Straße Frühstücksrast gemacht wurde bis 9,15 Uhr. Nach kurzer schöner Fahrt erreichten wir X10 Uhr Merseburg Gebannt blieben wir unwillkürlich au der Brücke sieben, nm das schöne Bild in uns anfzunebmen am steilen Flußabhange Dom nnd Schloß Merseburg. Nach Besichtigung des herrlichen Domes nnd des Schlosses Altenburg mit seinen Raben verließen wir nm 11 Uhr Merseburg nnd erreichten kurz vor 12 Uhr Lauchstädt. Nach einem guten Mittagsessen ging es nm 2 Uhr wieder auf die Räder. Ein leichter Reaen setzte ein, aber vorwärts ging cs, bis uns ein sehr heftiger nnd starker Gegenwind zu mehreren kurzen Pansen zwang. Es war kaum vorwärts zu kommen nnd hatten unsere Fahrer schwer zu kämvfen. um endlich s<4 Uhr die nur 1." km lange Strecke nach Qncrfurt zurückzuleam. Da der Sturm immer stärker einsetzte, das Vorwärtskommen immer mehr erschwerte nnd die Kräfte der Jüngsten zu sehr beansvrnchtc, wurden die iünaeren Fahrer unter Obbut de? Führers und der Gäste mit der Babu bis Reinsdorf bei Artern auf den Weg gebracht, während die andere Abteilung ihren Weg über Zeulenroda nach Artern nahm. Artern—Frankenhausen bzw. Rein? darf—Artern—Frankenbausen wurde von den beiden Abteilungen getrennt aefgbren nnd so das Tagesziel Frankenhausen »m 9 bzw. 9 Uhr abends erreicht und die Jugendherberge in der Berufsschule bezogen. ^Einige wohnten bei einem Markneukirchen, der m F. in Stellung ist, Hans Weller, Bruder des Fahrwartes Weller s Die Herberge, ein großer Saal mit etwa 25 Militärbetten und ein hark aeleates Strohlager, ist zurzeit im Umhan. Da Betten durch eine Schule belegt waren, mußten wir nut Strohlager nnd Decken uns behelfen. Tür eine notwendige Verpflegung mangelte es an Töpfen auch ist der Waschranm bzw. Waschgelcaenheit zu verbessern. (Tagesleistung 99 km, 176 km Sa.1 Frankenhausen. Dienstag, den 5 August. Früh Uhr Besichtigung des Solbades, wo wir dank des Entgegenkommens des Herrn Direktors die verschiedenen Jnhalationsräume im Betriebe durchwandern konnten, sodann traten wir die Fahrt nach der Barbarossahöhle au, die in einer halben Stunde erreicht war. Die Durchwanderung der Höhle dauerte zirka eine Stunde und hinterließ einen gewaltigen Eindruck aus die jugendlichen Gemüter. Die 186l, gefundene Höhle zeigt nach Durch Wanderung des 126 m langen buntfarbig erleuchteten Eingangsstollen zu nächst die große Empfangshalle, dann auf schmalem Landstegc an den beiden Höhlcnscen vorbei zur Ncptungrotte, zum Tanzsaal, einer riesengroßen Höhlenhalle, weiter zum tiefen und völlig klaren Grottensee, Bacbarossa- stuhl und Tisch und znm 30 m hohen B--rge der Höhle, dem Olymp, den wir natürlich gleichfalls erstiegen. Die gewaltigen Räume und Gänge, die Seen, die Alabastergebilde, die Gcsteinshalden nnd alles andere Geschaute umwebt uns alle wie im Tranme/und Sagen und Märchen tauchen in der Erinnerung ans nnd halten nns in ihren: Banne, bis wir draußeu von der Sonne wieder begrüßt iverden. Es war ein tiefes Er leben für unsere Jungens, die zum ersten Male eine Höhle besuchen konnten Nach Besichtigung dieser schönen sagenumwobenen Kyffhäuscrhöhle gleitet der Blick zur Ruine Falkenbnrg hinab, nm die noch immer die Naben kreisen, dann führt nns unser Stahlroß im Grunde hinan in zu nehmender Steigung zum Schlosse Nathsscld, welches schiebend und schwi tzend erreicht wurde. In der Wirtschaft znm Rathsfeld wurde kurze Rast gehalten. In langsamer Weiterfahrt auf der Staatsstraße erreichen wir zu nächst den Obelisk aufgebaut aus versteinertem Holze, und dann das neue Pumpwerk, in welchem kräftige Motorpumpen arbeiten. Dort im Neben raume wurden unsere Räder verstaut und im letzten Anstiege ginas zu Fuß hinan znm Kvffhänscr. dessen Plattform wir '/>2 llbr erreichten. Nnndgana und Umsicht in die nähere und weitere Umgebung: tief zu unseren Füßen zeigten sich nns das Helmstal. das Unstruttal, im Hinter grund die Schmücke, der Stciaer und andere Berae des Tbiirinaer Waldes, während auf der anderen Seite der Harz im grauen Nebel -u erkennen ist Dann.ginas die Stuken hinan zum Denkmal, dessen gewaltiger Bau so wuchtig auf nns einwirktc. Der Barbarossahof in seiner Poesi'-Vollen Gestaltung hält uns lange Zeit in seinem Banne, und nur langsam wendet sich der Blick nach oben znm Reiterstandbild. Ein Rundgang auf der obcrcu Terrasse, welcher uns die gewaltiaeu Formen der Figuren erschloß, brachte a„s in den Denkmals Hof nnd in die Hallen, in denen die verschiedenen Modelle sowie die Urne des Erbauers untcrgcbracbt sind und znm Ausstieg in die Koppel 242 Trep penstufcn mit mehreren Ausblicken waren zu ersteigen, ebc Nur unter der Krone des Denkmals anlanaten von wo sich nns weiter Rundblick erschloß. Nach kurzem Besuche der Ruine Ktukbanseu rüsten wir um 3 Uhr zum Abstieg nach Kelbra. In steilster Abfahrt auf kurvenreichen Weacn er reichten wir nach etwa 20 Minuten die Straße nach Kelbra, vorbei am Fuße der Rothenburg, dann Kelbra. Berga, Ufftrnnaen n„d nm 5 Ubr die Heimkeble, wo zunächst nach Unterbringung der Räder, Erholungspause gehalten wurde. Eine kurze Umschau in die Umgebung erschloß uns onch hier vielerlei Schönheiten. Weit im Hintergründe grüßt nns der Kvsfbäustr, den wir kaum verlassen batten, vor nns sseile Anhöhen und das 'r-watal Die An lagen vor der Hoble mit Wirtschaft lasse» von der Höble selbst nichts sehen, nur der Ausgangsstollcn, Winriebschacht zeigt sich uns <waennbcr. (Fortsetzung folgt.s Während dieser oben geschilderten Eicbentaae Wanderung wurde stets in den Jugendherbergen des Verbandes Deutscher Jugendherbergen übernachtet. Unser Bund, sowie verschiedene Bezirke und Vereine, auch Einzelmit glieder, erwarben die Mitgliedschaft in diesem Verbände und haben dadurch das Recht der Benutzung erworben. Gleich einem Netz sind diese Uuter kunftsstätten über das ganze Deutsche Reich verbreitet. Allen Jugend gruppen wird die Erlangung der Mitgliedschaft sehr empfohlen Der Beitrag ist aus 3 Di. pro Jahr festgesetzt. Anmeldckarten und Vermittlung durch das Jugendamt. Zum Bezug der Zeitung besonderer Beitrag von 50 Pf. Bei geplanter Uebcruachtung rcchtwitige ^lnmelduua. lleberuachtuna? gebühr für Gruppen unter einem Füln-er: Schulpflichtige Kinder 10 Pf und schulentlassene im Alter von 11 bis 18 Jahren 50 Pf Nur der Führcr muß hierbei die Mitgliedskarte verlegen. Einzelwauderern, bis 18 Jahre alt, stellt das Jugendamt einen Bleibeuauswei? aus. zum Preise von 50 Ps der für sic gleich der Mitgliedskarte als Ausweis dient Dank der Arbeit und dem Entgegenkommen einiger Herren, besonders unseres bewährten Jugendleiters Herr Otto, waren wir noch vor dem Bundesfest in der Lage, die erste Jugendherberge de? S. R. B. in Mark ueukircheu in? Leben zu rnfcn. Die -Herberge hat zwei getrennte Schlafränme. Taresräume, 20 Betten mit Decken, Kochgelegenheit, Trockcnraum, elektrisches Licht. Schwimmbad und Luftbad in unmittelbarer Nähe. Unsere Herberge haben wir dem aroßon Herlerasverbaude unterstellt nnd jeder Jugcndwanderer wird aufaenommen. Selbstverständlich erhält bei rechtzeitiger Anmeldung unsere Jugend den Vorzug Anmeldungen und Anfraacn an den Herbergsleiter Herrn Alf. Henn. Otto, Markncn kiriben i Sa, Cchützenstr 608 Hoffentlich findet diese Gründung bald Nachahmung, damit wir unserer Jugend recht viele Bleiben bieten können. Jugendamt: Baumann. Schöne, Leipzig-Leutzsch, Wcinbergstr. 9,1.