Volltext Seite (XML)
Die Herberge wird dem Verband Deutscher Jugendherbergen an- gegliederr. Es ist nun unser berechtigter Wunsch, daß sich auch an anderen Orten Mitarbeiter finden, welche solche Herbergen einrichteu. Der Dank der radwandernden Jugend ist ihnen gewiß. Dein RV. „Wanderfalt", Chemnitz, sei auch vou dieser Stelle unser Dank ausgesprochen, für die Unterstützung unserer Bestrebungen, anläßlich seines 25. Stiftungsfestes. Durch derartige Veranstaltungen wird die Sportbegeisterung und Arbeitslust unserer Jugend nur geweckt und gefordert zum Wohte der Allgemeinheit. Vereine und Bezirke, welche Jugendweitbewerbe ausschreibeu, iverden ebeujo höflich als dringend ersucht, bei der Vergebung vou Andenken und Ehrenpreisen sich nicht von dem Gedanken leiten zu lassen, daß das Geringste und Minderwertige gut sei, weck es ja nur Jugend ist. Es liegt uns voll ständig fern, einer Preisjagerei Vorschub zu leisten, nur bemerken wollen wir, daß jede sportliche Leistung eine gewisse Anerkennung verdient. Wer den nun die Jugendlichen mn geringen Sachen abgespeisl, so liegt es doch klar auf der Hand, daß ein gewisser Uebermul der jungen Leute berechtigt ist. Die Herren Jngendteiter werden ersucht, uns derartige Fälle zu melden. Bundes-Jugend-Wandersahrt 3. bis 10. August 1924. Leipzig - I^vktbäussr - karz. Führer: Alfred Otto. Jahrwarl: Fed. Weller. 1. Fortsetzung. Vor dem „Alten Swllberg", dem Höheuzuge, in welchem sich die Höhle befindet, sind reizvolle Anlagen mit tterner Wirtschaft geschaffen, die dem Wanderer angenehure Raft und Abkühlung bieten. Bei dieser Gelegenheit erfahren wir, daß die Höhle schon 1357 bekannt war, aber erst 1920 er schlossen und dem Verkehr zugänglich gemacht worden ist. Endlich ruft uns der Führer zur Höyleuwanderung aus, und nachdem aus bequemen Stufen der Abhang der Berglehne erstiegen ist, zeigt sich uns der Eingang zur „Heimtehle", em gewaltiger tiefer Schlund, ein Abgrund, in dem nur wild durcheinander geworfene Felsblocke zu sehen sind. Mit einem „Glück ans" steigen wir hinab ur den drohend gähnenden Bergesrachen. 85 Stufen führen uns hinab in diese Unterwelt, wo uns zunächst ein leises Tröpfeln und Rauschen der Bergwasjer empsängt. Stach Einschaltung der elektrischen Höhlenbeleuchtung schauen wir uns zunächst im Empfangsranme, der „Hercinia-Halle" um und gewahren einen gewaltigen Alabasterblock, den Tisch, tveiter nach rechts scheint ein schönes Morgenrot den anbrechenden Tag zu künden, em Märchentranm, denn die znjamincngestnrzten Fctsblöcke im Hintergründe dieses Höhlenranmes täuschen uns einen Gebirgszug vor, Ser durch die esjeklvolte magische Beleuchtung das herrliche Bild wir knngsvoll gestaltet. Links spiegelt der „Hcimchensee" Eingang und Fels wände wieder. Durch den Bogengang getangen wir zur Grotte, dann zur Trümmerhalle, in welcher zahllose weiße Alabastcrblocke wild aufgetürmt Herumliegen, weiter zur Tyrahaile mit dem großen See, in dem sich die Weißen steilen Gipswände und tue zackigen Feljengebilde wie eine Alpen landschast wiedcrspiegeln in malerischer Pracht. Durch den Riesentunnel gelangen wir zum Großen Dom, eine Halle von etwa 65 ur Durchmesser und 30 m Höhe. Die gewaltige Wölbung dieser Halle gibt eine prachtvolle erhebende Raumwirkung. Es folgen der Rregclgang, kleiner Dom, See äuge, Seehalle, Kapelle, Bcrgschmiede und der AusgangSstollen. Ein zweiter Teil der Höhle ist noch nicht erschlossen, es sindcn gegenwärtig noch Aus räumungsarbeiten statt. Man ist voll vom Erschauten, von gewaltigen Eindrücken, von den Wundergebilden dieser Ricsenhöhle, der größten Höhle Deutschlands, und such: sich zu sammeln. Inzwischen erreichen wir den Austritt und mild umfängt uns dort der Abendsonnenschein. Noch lange werden die eigenartigen Schönheiten dieser Höhl«, der gewaltige Eindruck, »en sie in uns hinterläßt, besprochen, diese und jene Ansichtskarte gekauft, aber was sind jene Bilder, was können uns diese Bilder sagen und geben von den gewaltigen Schönheiten dieser unterirdischen Welt, im Vergleich zu dem Gesehenen und der durchlebten Stunde. Nicht im entferntesten können jene Ansichtskarten, und mögen sie noch so künstlerisch gearbeitet sein, diese wildromantische Partie der riesenhaften Hallen, der Dome und Grotten, Seeen und Gebilde wicdergeben. Endlich, j^7 Uhr abends, trennen wir uns von diesem schönen Teile des Tyratales, um auf guter Straße Swllberg, 7,10 Uhr, zu erreichen, wo. am Marktplatze eine kurze Rast zur oberflächlichen Besichtigung dieses schönen altertümlichen Städtchens gemacht wurde. Ein seiner Sprühregen setzt ein und veranlaßt uns, vorzeitig auszubrechen, da wir noch rechtzeitig Stiege erreichen wollen. In immer zunehmender Steigung ging es zu- nächst hinauf nach Breitenstein, dann hinab ins Selketal und dann wiederum andauernd steigend bei hereinbrechender Nacht hinauf nach Stiege, wo wir endlich 9,15 Uhr in der Jugendherberge des Roten Kreuzes im Schloß Stiege eintrafen. Nach Aufbewahrung der Räder fanden wir im schönen und gemütlich eingerichteten Aufenthaltsraume guten Kaffee und Abend essen (Milchreis) in bester Zubereitung. Gegen j/sll Uhr ging es zu Bett, in die geräumigen, schön ausgestattetcn Schlafsäle. Diese vom Roten Kreuz ^Leitung Schwester Anneliese) eingerichtete Herberge, die sich ganz beson ders durch Sauberkeit, schöne gediegene Räume — zwei Schlassäle, Unter haltsraum — und herrliche Lage auszeichnet, dürfte zu den besten zählen, die ich auf meinen vieljährigen Wanderungen angetrofsen babe. — Tages leistung 61 üm; Sa. 231 üiu. (Besteigung, HöhlenbesichlHungen usw., ein recht reichlicher Tag.) Mittwoch, den 6. August: Stiege, am Fuße des Schlosses ein schöner See, vom Ufer aus zeigt sich ein prachtvolles Bild zum Schlosse, sonst ein klemer ruhiger Ort, verlassen lvir uni 7 Uhr früh, fahren um den Schtoßberg herum ins Tal der Hastet, und auf sehr guter Straße er reichen wir in schöner ebener Fahri )48 Uhr vorm. Hasselselde, ein schönes freundliches Landstüdtchen Braunfchweigs, dort auf dem Marktplatz tangere Rast (Einkauf, Frühstuck usw.), 9 Uhr. Ein halbstündiger Riarsch fuhrt uns aus dem Städtchen die Hohe hinan zum Krenzivege, von wo aus stcy ein wunderbarer Rundblick bei schönstem klaren Wetter bietet. Im Hintergründe klar nnd deutlich sichtbar der Brocken (1142 in), links daneben der Königsberg (1020 m), ferner Winterberg, Wurmberg und das übrige kahle Brockenmassiv. Auf großartiger Straße durch herrliche Waldparlien und selten schöne Landschastsbilder ging es nun hinab ms Bodetal (Rapp-Bode) in zahl reichen Windungen, und hatten lvir nach einer herrlichen halbstündigen Fahrt in der Nähe der Talbrücke einen schönen Waldplatz zur Frühstücks rast erreicht. Es folgte nun erneut ein längerer Anstieg auf schöner Waldstraße und dann wiederum eine lange Talfahrt hinein nach Rübeland und hatten lvir kurz vor dem Orte enien recht jchönen Blick ins Bodetal nach Neuwert hin. Diese Einfahrt ins Bodetal kurz vor Rübeland gewährte uns zahlreiche herrliche Landschastsbilder, das schönste aber nach der letzten Linkswendung, der unvergeßliche Blick auf das einzigartig jchöngelegene Rübe land, welches lvir nach schöner flolter Fahrt durch reizvolle Gegend 10,30 Uhr erreicht hatten. Nach kurzer Umschau in dem vielbesuchten Orte, der völlig großstädtisches Leben zeigt in Verkehr und Ausmachung, ging es zum Besuche der H e r m a n n S h ö h k e, deren Borhallenbau direkt an der Straße ge legen ist. Tie staatlich verwaltete Höhle ist schon seit dem 17. Jahrhundert belanni und besucht, die neuzeitliche Vorhalle, massiver Bau, birgt den Kasseuraum, die Garderobe und den Eingang, während im Nebenraume das Höhlenmujeum untergebracht ist. Erwartungsvoll stehen wir nun am Einlaß und harren der Führung und dessen, was uns hier erschlossen iver den mag. Wir haben vorher die Barbarostahöhle, dann die Heimlehle ge sehen, ist nicht schließlich eine Höhle wie die andere'? Nein, doch wir wollen erst sehen. Endlich bringt uns der Führer vorwärts durch die Sperre hin durch in den Fclsengang zur Höhle hin. Schon die ersten Räume zeigen uns den gewaltigen Unterschied gegen die beiden anderen Höhlen, denn hier in der Hcrmannshöhle sind wir in emer Tropfsteinhöhle, die sich weit in den Berg hinein erstreckt und drei Etagen bildet, meist in Spaltcngängen verläuft, an deren Seiten, in zahl losen Nischen, uns die herrlichen Lropsslemgcbilde bald als Stalagmiten, vald als Stalaktiten, dort als zahlreiche Säulen, hier als ein Wald ent gcgcnlcuchten. An unterirdischer Gestaltungspracht, wie sie eben solch Herr liche Tropssteingebilde, m jahnausendlanger Arbeit der Naturkräfie ge schaffen, zeigen, ist diese Höhle entschieden die schönste des Harzes, und völlig anders geartet, als jene beiden bereits gesehenen Höhlen, die durch ihre gewaltigen Räume wirkten. Jede dieser drei Höhlen tsl anders, und es war bewußte Absicht des Führers, diese Höhlen in der durchgesnhrten Folge zu besuchen, sollten doch die Teilnehmer die Vcrschledenarllgteit dieser Hohlen genau kennen lernen. Nach einer langen Wanderung von fast l jF Stunde, in welcher Zeit wir diese Wundcrwelt bald hoch oben, bald lief unten, hier im langen schmalen Spaltengang, dort aus terrassenförmigem Gange, nach oben und unten schauend, besichtigten, ösfnete sich das Ausgangstor, und auf der Freitreppe wurde unsere Gruppe im Bilde sestgchalten. Nach reger Aussprache über das Gesehene, wobei die Bergleiche mit der Barbarostahöhle und mit der Hennkchle gezogen wurden, und die Eigenari einer jeden dieser Höhlen, trotz aller großen Verschiedenheit, Beachtung fand, ging cs nun durch Nübcland, das herrlich malerisch gelegene Städt chen hinaus und auf schöner ebener Straße hinüber nach Elbingerode, wo wir 12,15 Uhr eintrasen. Der Ort Elbingerode bietet nichts besonderes und suchten wir dort den Gasthof zum Goldenen Stern zum Miitagsesseu aus, wo wir eine sehr gute, preiswerte und reichliche Verpflegung sanden. 2,30 Uhr ver ließen wir die gastliche Stätte, schoben eine kurze Höhe hinan und konnten uns dort wiederum an einer großartigen Rundsicht erfreuen, die uns den Wurmberg, Wintcrbcrg, Königsberg, dann in selten schöner Sonnen beleuchtung den Brocken zeigte, während die Gegenrichtung das Sluge mit kleineren Höhenzügen nnd zahlreichen Ortschaften und Werken (lange Draht seilbahn bei Hüttenrode) erfreute. Nunmehr ging es in etwa 10 üiu langer flotter Talfahrt auf Prächtiger Waldchaussee hinein nach Wernigerode, dort um den Schlotzberg herum zur Jugendherberge im Neuen Schützenhause, die wir j^4 Uhr nachmittags erreicht hatten. — Tagesleistung 44 üm; Sa. 275 üm. Wernigerode. Die Jugendherberge, Neues Schützenhaus, ist großartig organisiert, saßt zirka 450 Personen in Betten, Sauberkeit und Ordnung zeigt sich auf den ersten Blick und steht unter einer sehr straffen aber glänzenden Leitung des Herrn Bauerusachs. Nach kurzer Kaffee- und Ruhepause wurdest die Räder aufbewahrt, und wir machten uns aus den Weg zu einem Rundgang durch die Siadt. Das herrlich gelegene Wernigerode mit seinem an steilem Berghange ge schützt erbauten wunderschönen Schlosse ist ein malerisch-schönes Städtchen mit großstädtischem Verkehr, reizvoll gelegen inmitten prachtvoller Um gebung, mit seinen stilvollen Bauten alter Hvlzkoustrnktion, dürfte zu den lieblichsten Harzstädtcn zählen. Großstädtischer Verkehr durchflutet die Straßen, die zahlreichen Geschäfte sind neuzeitlich auSgcstattet und bieten