29. Jahrgang Leipzig, 31. März 1920 Nummer 6 Der Radfahrer Organ für das gesamte Radfahrwesen, für Sport, Industrie und Handel Amtliche Zeitung des Sächsischen Radfahrer-Bundes Erscheint am Ende jedes Monats Anschrift der Schriftleitung: || Anzeigen-Annahme: Felix Burkhardt, Leipzig, Artilleriestraße 14 Verlag: Arthur Klarner, Leipzig, Königsplat} 12 Fernruf 50150 Fernruf 1204 Schlußtag für alle Einsendungen eine Woche vor Erscheinen Anzeigenpreis: Viergespaltene Petitzeile 50 Pfg. Größere Anzeigen nach Tarif. Bezugspreis: Bis 30. September 1920 einschließlich Porto 5 Mark, Einzelnummer 50 Pfg. Huferstehung unseres Radsports. Von Felix Mitten hinein in eine neue politische Sturm- und Drangperiode im Leben des deutschen Volkes fällt diesmal Ostern mit seinem friedlich stimmenden Festesglanz. Nach schweren Wochen der Sorge atmen wir wieder auf und freuen uns über das leise Werden in der Natur, zu der wir Radler uns nun einmal ganz besonders hingezogen fühlen. Die innigste Berührung mit der Natur ermöglicht uns das Fahrrad. Nun ist die Zeit wieder gekommen, da wir unser Rad hinauslenken können aus der Städte engen Mauern ins Freie. Dort fallen die schwarzen Schatten von uns, die all die politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der jüngsten Zeit erneut um uns ge woben haben. Dort draußen lernen wir wieder auf leben, uns auf unser Menschentum besinnen. Oster glocken klingen an unser Ohr. Sie läuten das Fest der Auferstehung ein. Mögen sie auch die Auf erstehung unsres Radsports einläuten und letzten Endes das Signal zur Auferstehung unsers ganzen Volkes bedeuten, das seine Gesundung am Borne der Natur suchen und finden sollte. Gehen wir Radler hierin mit gutem Beispiel den andern Volksgenossen voran. Suchen wir die Stille und den Frieden der Natur auf, erheben wir uns an dem Wiedererwachen des Lebens in Feld und Au, in Wald und Flur nach langer Winterzeit. Dann wird auch unser Herz wieder Ruhe gewinnen und unsre bedrückte Seele sich freimachen von den Ängsten der letztdurchlebten Tage. In stiller Fröhlichkeit werden wir uns mit andern unsrer Radsportgemein schaft freuen an all dem Wachsen und Grünen in der Natur, an dem geheimnisvollen Regen und Werden, das den Grund legt zu kommenden reichen Ernten. So soll es auch in unserm Volksleben sein. Nach Burkhardt. harten Winterstürmen muß doch der Frühling kommen, muß junge Saat aufgehen, die unser zerrissenes Volks tum versöhnt und wieder vereinigt, die uns die Hoff nung auf eine dereinstige Ernte wach erhält. Mit Vielem in unseren wirtschaftlichen Verhältnissen hat sich auch in unserm Radsport manches tiefgehend geändert. So stehen wir Radler heute bei Neu anschaffungen vor unerhört hohen Preisen, die leider für so manchen Sportkameraden unerschwingliche sind. Neue Fahrräder und Gummibereifungen kosten jetzt Geldsummen, die uns früher unmöglich erschienen wären. Und doch passen sie sich eben nur der all gemeinen wirtschaftlichen Teuerung an. Dabei leistet heute das Fahrrad bei der Verschlechterung und Ver teuerung der Verkehrsmittel, besonders der Eisenbahn und der Straßenbahn, wohl noch unschätzbarere Dienste als bereits früher. Deshalb ist der heute glücklich zu preisen, der ein Fahrrad mit Luftreifen sein eigen nennt. Als Sportmittel und Verkehrswerk zeug leistet es ihm gleich wertvolle Dienste. Das Osterfest bedeutet für uns Radfahrer die Auf erstehung unseres Sportes. Die Zeit der Geist und Körper kräftigenden Wanderfahrten ist wieder ge kommen. Mit Gleichgestimmten radeln wir hinaus in die Ferne, lassen uns von der frischen Frühlingsluft umspülen, erlaben unsre Blicke an den wechselnden Bildern der Landschaft und kehren beruhigt zu unserm Heim zurück. Auch die Zeit des Rennsports auf Landstraße und Rennbahn ist wieder angebrochen. In den Vereinen, auf den Sportplätzen wird bereits rege Vorarbeit geleistet, die für die bevorstehende Fahrzeit viel verspricht. Frohe Hoffnungen bauen sich allenthalben auf. Auch sie sind junge Saat. Möge die Zeit der Ernte unserm Radsport reiche Früchte bringen!