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Dresdner Nachrichten : 09.05.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192605093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19260509
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19260509
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-05
- Tag 1926-05-09
-
Monat
1926-05
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.05.1926
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-SS Oreräner Nachrichten -Aü^ag Sonntag, 9. Mai I92H Bismarck, Ohm Arii»er und sein reulscher>L»Ls,-.«K/ ein Monn von energischen Entschlüssen war, die Gelegenheit, sein Schicksal so zu gestalten, wie eS die Rücksicht ans die Familie gebot. In einem höheren Sinne hat «her Eloff trotz- Schwiegersohn. Eine wahre Begebenheit, erzählt von E. Leu, Fürth. Ende der 7»cr Jahre des vorigen Jahrhunderts fuhr ein Innrer Westfale, namens Eloff, zum Kap der guten Hoffnung, Wenn dieser verheißungsvoll« Name es ihm angetan hatte, so seilte er, anfangs wenigstens, bitter enttäuscht werden. Das Schiss strandete und Eloff mußte froh sein, nach Verlust seiner ganzen Habe das nackte Leben gerettet zu haben. Das herbe Schicksal des junge» Deutschen erregte in der Kapstadt all gemeines Mitleid und besonders die alteingesessenen lwlläu. dischen Familien bemühten sich, ihm sein Los so erträglich wie möglich zu machen. Ta Eloff ein tüchtiger Klavierspieler ivar, lag eS nahe, ihm i» der Familie die Erteilung von Klavier- stunden auzuvcrtrnucir. Mit der Heit jedvch wurde Eloff dieses Lebens über drüssig,' wahrscheinlich lmttc er das Gefühl, daher doch nur ge- ivissermahen mm Almosen lobe, und wie er erfuhr, daß In Pretoria ein Klavierlehrer dringend benötigt werde, entschloß er sich, nach Transvaal airsznivaudern. Dir Zustände in Pretoria übcrtrafen seine kühnsten Er. gm rin »gen. Es ist ja allgemein bekannt, daß der erste LuxuS- gegciistand, den der Bur anzukaufen pflegt, das Klavier ist. Ganz Pretoria stand voller Klaviere, auf denen die Buren- sräuleins, so gut und so schlecht es ihnen ihr Gehör ermöglichte, derimiklimperten. Unter diesen Umständen lxttten die Empsehlungsschretben ans der Kapstadt guten Erfolg. Eloff wurde in all« vornehmen Familien von Pretoria ausgenommen und zählte unter seinen Schülerinnen auch die Tochter des späteren Präsidenten Krüger. Wie es nun kam, ist in Dunkel gehüllt. Möglicherweise machte Fräulein Krüger beim Spielen einige Fehler, so daß ilir iiiligcr Lehrer ihre zarten Fingerchcn in die richtige Lage bringe» mußte; vielleicht endete dann die Musikstunde mit einem Kuß oder gar mit einer Uebcrraschnng durch „Ohm" Aus alle Fälle steht das Ende der Begebenheit fest; Eloff wurde der Schwiegersohn von Obm Krüger. Damit hätte dann dieser Roman sein befriedigendes Ende gefunden und Eloff und Fräulein Krüger waren ein Paar; allein das Schicksal meinte cs anders und die cigeuilichcn Hindernisse sollten erst kommen. * Es ist nicht ausgeschlossen, daß Ohm sich Ver hältnis mastig leicht dazu entschließen konnte, Eloff als Schwiegersohn anz»erkennen; denn er hatte schon lange ein Projekt im Kopfe. Er wollte nämlich einen großen Kaufladen errichten, worin vom kompletten Debserwesnann und vom lllavicr bis zur Näbnadel herab alle Bedürfnisse eines Rnrenbauses eingekanst worden konnten. Der junge Deutsche ging ihm hierbei mit Geschick und Eifer zur Hand, und so schickte Ohm seinen Schwiegersohn nach Deutschland, um dort alles Nötige ausnisuchen und zu bestellen. Wir finden also nach einiger Zeit Eloff in einem Hotel in Düsseldorf und sein Zimmer wimmelte den ganzen Tag von Reisenden, die gern Aufträge von ihm in Emvfang nehmen wollten. Wie es ein solides deutsches Geschäftsgebaren mit sich brinat. wurden auch AiiSkiinste über Eloff eingeholt und einige AnskunftSbxreauS, denen die Niesenaufträge verdächtig norkglnen. erkundigten sich genauer über ihn bei der Düssel dorfer Polizei. Diese machte denn auch eine eigentümliche Entdeckung — Eloff war unsicherer Hceresnttichtiger; und nun kam, was kommen mußte; plötzlich eines Tages erschien die Polices im Hotelzimmer und Eloff konnte bald in der Kaserne darüber Nachdenken, wteso ihm wieder einmal alles krumm gehen müsse. dem die Treue seinem alten Vaterlande bewahrt. Idyll. Ei» Hcidehans am Rande der Welt, Schmal und gebückt, von Sorge» zerauält, Die Wände niorsch, vcrbröckelnder Puh: Armer Leute Herd und Schutz. Zur Rechten ein Schuppen und Bretterstall, Drinnen der Tiere warmfroher Schall; Hacke und Schaufel an die Bank gelehnt, Und ein Karren, der sich nach Arbeit sehnt. Mittagsstille und faule Ruh. Die Hühner blinzeln der Sonne zu; Darüber aber blüht und schäumt Ein Apfelbaum, so schön, und träumt. MaxZelbig. Eloff schrieb selbstverständlich an Obm einen verzweifelten Brief und Ohm nackte, wie immer, die Sache gleich beim rich tigen Ende an. Er war inzwischen im Fahre 1888 Präsident non Transvaal geworben und ließ sich jetzt in einer diplomati schen Angelegenheit mit seinen beiden Nmtskollegen nach Deutschland schicken, Sv kamen denn die Transrmaler im Jahre 1881 zum Fürsten BiSmarck; was sie eigentlich r»er handelt haben, wunde wenig bekannt; aber um so sicherer weiß man, daß BiSmarck und Obm Krüger sich als verwandte Naturen fühlten und in größter» Freundschaft von einander schieden. Unter diesen Umständen getraute sich denn auch Ohm Krüger sei» Privatanliegen vorznbringen. man möchte seinen Schwiegersohn vom Militär fretgebe». Da kam Ohm aber schlecht an; Bismarck erklärte ihm. Gesetz sei in Deutschland Gesetz, und er als Reichskanzler könne auch nicht die Gesetze uinändcrii; er wolle aber trotzdem sehen, was sich in dieser An gelegenheit machen ließe, Ahnungslos war eines TageS der Unteroffizier Schmidt ans dem Kasernenhof in Düsseldorf damit beschäftigt, seinen Füsilieren die Geheimnisse der Gewehrgriff« beiznbringen und manche Kasernenhosblütc bringt von Zeit zu Zeit eine Ab Wechslung in das Einerlei; da erscheint plötzlich eine vornehm elegant gekleidete Dame und fällt einem seiner in Reih und Glied stehenden Füsiliere um den Hals. In diesem Augenblick er'chicii dem Unteroffizier Schmidt Ben Akiba endgültig wider legt und so blickte er hilfesuchend znm Dienstzimincr hinauf. Da schaute die „Mutter der Kompagnie" zum Fenster hinaus lind lachte aus vollem Halse. Genug, schließlich erhielt Eloff, obwohl er unsicherer Heercspflichtigcr war, einen kleinen Ur laub. Aber wie schnell waren dem wicdervercinten Paar« die wenigen Stunden verflossen und die grausame Stunde des Abschieds kam schnell heran. Einige Tage später wurde der Unteroffizier Schmidt zum Herrn Feldwebel befohlen. Der Empfang war diesmal ein scbr iamiliärcr; der Feldivebcl sprach mit ihm über Eloff und sein trauriges Schicksal. Auch meinte er zum Schluß, au Elosfs Stelle würde er trotzdem versuchen, einige Tage Urlaub zu erhalten; denn hier läge doch ein ganz eigenartiger Fall vor. Unteroffizier Schmidt gab dies Eloff ein und das Ergebnis war, daß für Eloff drei Tage Urlaub he »'anssprangen. Als diese drei Tage um waren, ereignete sich etivas Un erhörtes! Eloff erschien nicht mehr bei seiner Kompagnie! Das hohe Kriegsgericht trat zusammen und Eloff wurde in Abwesenheit als Fahnenflüchtiger zu der entsprechenden Strafe verurteilt. Inzwischen befand sich Eloff in Holland und er- srenie sich seiner zweiten Flitterwochen. Er erledigte nunmehr von Holland ans -ic noch fehlenden europäischen Einkäufe; dann fuhr er »ach Pretoria zurück und konnte dort seine In zwischen schon bedeutend größer gewordenen Kinder an kein Valcrherz drücken. Sein Geschäft gedieh und seine Söhne traten bei der Buren-Armee als Lcuinaitts ein; im Kriege gegen die Engländer zeichnete sich besonders sein ältester Sohn, der in die Transvaal-Artillerie etngetreten war. ans; und wen» Dclilschland mit Jubel die Heldentaten der Buren begrüßte, so waren die jungen Elvff-Söhnc in erster Linie dabei gewesen, * Zu BiSmarckS Lebzeiten, wo ja ans dem Bckanntwerden dieser Begebenheit in dem von Partcigezänk zerrissenen Deutschland unübersehbare Folgen hätten entstehen können, ist über diese Angelegenheit von den Mitwissern das grösste Die Koch-eilsreise. Novelle von HannS Heidsieck. Mit großem Lärm und vielen Freuden wurde Hochzeit gefeiert. Gegen zehn Uhr empfahl sich das junge Paar, da draußen das Autv schon wartete, um es zur Bahn zu bringen. Um zehn Uhr achtunddreißig Minuten fuhr -er Schnellzug nach München ab. Mit Hilfe eines Gepäckträgers brachte man die Sachen in ein Evupe. Dan» lehnten sie, eng aneinander geschmiegt, noch ein Weilchen am Fenster und schauten zu, wie der lange Zug die Bahnhosshalle verließ. Endlich sagte sie: „Wollen wir bas Fenster nicht schließen? Es wird zu kühl!" Er hätte cs gern gesehen, wäre baS Fenster noch offen geblieben. Aber nun zog er es schweigend hoch. „Ich bin so müde," sagte sie etwas verwirrt, »der viele Wein . .." „Kindchen," erwiderte er mit zärtlicher Stimme, „du hast ja gar nichts getrunken . . „Aber es steigt mir doch immer so in den Kopfl" „Das verstehe ich nicht! Komm doch noch ein wenig näher zu mir! Ich blende das Licht ab!" Er zog die Umhüllung vor die nicht allzu hell brennende Lampe. Ein mattes Dunkel herrschte nun im Coup6. Leidenschaftlich umfing er sie. Aber sie machte eine Be wegung, als ob sie ihn abwehren wollte. „Liebling . . .gelt ... laß mich jetzt erst ein wenig schlafen. Ich bin wirklich müde!" Er wischte sich mit der Hand über die Stirn, als ob ihm zu heiß wäre. Der Wein beim Essen war sehr feurig gewesen. Und nun ... da lag seine Fraü in die Ecke gekauert und versuchte sich auszustrecken. Instinktiv war er ihr behilflich dabei. Aber er hatte gar nicht das Gefühl, daß er es selbst sei. Alles kam ihm so neu vor und so ganz anders, als er es erwartet hatte. „Gib mir noch deinen Mantel," sagte sie freundlich, „ich lege mir ihn unter den Kopf." Er war ihr auch dabet wieder behilflich, und mit einem impulsiven Händedruck dankte sie ihm. Wäre eS hell gewesen, so hätte er das Leuchten ihrer Augen bemerkt. So aber sah er nichts. Er setzte sich ihr gegenüber und dachte nach, warum eS eigentlich so dunkel sein müsse. Die eine Sette von der Lampen umhüllung könnte er doch eigentlich Hochziehen, um etwas Licht zum Lesen zu haben; denn zum Schlafen spürte er gar keine Lust, und Sigrid lag ja da und wollte nichts von ihm wissen. Er öffnete also die eine Seite der Lampe. „Du blendest mich", rief sie plötzlich. „Wirklich, hm ... dann lassen wir's halt wie eS war.* Er saß wieder im Dunkeln. Sie fragte einmal: „Bist du mir böse, Schatz?" Und indem sie emporsprang und vor ihm kniete, wiederholte sie die Frage, ob er ihr böse sei! „Aber Liebling .. . schlafe doch nur!" entgegnete er, indem er sich selber besann, warum er ihr böse sein sollte. Es war doch ihr Hochzeitstag! „Nein, ich bin dir nicht böse, warum soll ich dir böse sein? „O, du!" Sic gab ihm einen heißen Kuß, den er plötzlich, wie von einem Fieber geschüttelt, leidenschaftlich erwiderte. Aber da . . . schon wieder diese impulsiv abwehrende Be wegung von ihr! Sie legte sich wieder. Er nahm sein Taschen- etut und steckte sich eine Zigarre an. Auf diese Zigarre hatte er sich schon lange gefreut. Sigrid sah, wie der Rauch in dicken Wolken zur Decke stieg. Jetzt, nachdem das Aüge an daS Dunkel gewöhnt war, konnte sie die Dinge ganz gut unterscheiden. Sie hätte cs lieber gesehen, wenn er jetzt nicht mehr rauchte, aber sie sagte nichts. Er schwieg wirklich nur, um nicht zu stören. Ihre Gedanken kreisten noch eine Weile um die letzten Ereignisse. Dann, von dem rhythmischen Rollen der Räder gewiegt, schlief sie ein. Er blickte zum Fenster hinaus, wo eben ein Flüßchen tm leuchtenden Mondschein vorbeiglitt. DaS bleiche Licht spiegelte sich grell in den Scheiben einer großen Fabrik . . . aber schon war alles wieder verschwunden; die Bilder wechselten lebhaft nur der klare Sternenhimmel blieb fest. In der Ferne sah man einen Hochofen glühen, wie mit feurigen Zungen leckte er gegen die Sterne, ein Berg schob sich vor. Dann kam eine kleine Gruppe von Häusern, an schweigen- des Dunkel geschmiegt. Es war sehr schön draußen, und wie köstlich wäre «S, jetzt mit Sigrid am Fenster zu lehnen und ... Aber Sigrid war müde, und er vernahm jetzt deutlich die gen Atemzüge der Schlummernden. Wenn er das Fenster wenigstens öffnen und sich selber ein wenig hinailslchncn könnte . . .! Aber er mußte ja Rücksichten nehmen, und gewiß tat er es gern, denn er hatte seine junge Gattin sehr lieb. Ans reiner Liebe hatten sie sich die Hände zum LevcnS- bilnde gereicht. Und man nahm ja gerne alle erdenkliche Rück sicht. ES wäre freilich schöner gewesen» wenn ... Endlich legte auch er sich nnd schlummerte ein ... In München suchte man sofort ein Hotel auf. Gerne hätte sie sich lster noch ein wenig »icdergelegt; aber man hatte für diesen Vormittag den Besuch der Pinakothek aufs Programm aesctzt, und er meinte, daß man nicht zu spät kommen dürfe. So ptlgerten sie d">>» zur Pinakothek. Hier verlebten sie einige köstliche Stunden. Zum Essen bestellte er Sekt. Er wollte noch einmal etwas sprinaen lassen, meinte er lächelnd. Sie nippte bloß. Träume risch binnen ihre Anaen an seiner schlangen Gestalt. Nach dem Essen, hatten sic anSaemachi, wollte man zunächst Stillschweigen bewahrt worden. Jetzt aber, wo BiSmarck cinc l eiwa« ruhen. Aber aus dem Ruhestündchen wurde ganz etwas hlstovtsche Persönlichkeit ist, kann sein Charakterbild nur g«- andere». Und sie waren tu dieser Stunde sehr glücklich .., Abends besuchte man das Theater, um eine Oper vor» Straub zu hören. Da Sigrid wahrscheinlich infolge einer Er kältung tm Halse ein krähendes Schmerzgefühl hatte, wäre sie an diesem Abend lieber nicht ansgegangcn, zumal es draußen regnete und sehr unfreundlich war. Aber sie wollte ihm doch nicht seine Freude verderben. Nach der Oper wollte er mit ihr noch ein Lokal besuchen. Aber vor der Tür, wie sie die dicken Rauchwolken emporsteige« sah, zog sie ihn behutsam zur Seite. „Ach, bitte, nicht, ich habe nämlich Schmerzen im Halse «nb möchte sie nicht durch den Ranch verschlimmern —" Er sah sic einen Augenblick halb fragend, halb ärger lich an. „Hm — also dann nicht!" Und er winkte eine Droschke herbei. Während er sich teilnehmend erkundigte, seit wann sie die Schmerzen denn spüre und ob sie sehr heftig seien, überlegte er im Stillen bei sich, daß man doch in der Ehe mancherlei auf» geben müsse . . . und wie daS eigentlich komme, da man sich bisher so vorzüglich verstanden hatte. Auch Sigrid schien in Gedanken versunken zu sein, und ihre Gedanken waren sehr ähnlicher Art. Keiner aber wagte dem andern etwas darüber zu sagen. Er suchte noch spät eine Apotheke auf, um ihr Tropfen zu bringen. ES regnete nicht mehr. Blitzblank und reingewaschen lageu die Straßen; man atmete eine köstliche Luft. Ueberall herrschte regstes Leben und Treiben. Mensche« huschten wie Schatten an ihm vorbei. Und neben ihm, in grotesker Verzerrung des Bogenltchtcö, glitt sein etgensr Schatten dahin. Da schlug ihm plötzlich ein penetranter Parfümbuft ent gegen. Neben ihm huschte eine schlanke Erscheinung, und zwei funkelnde Angen blitzten ihn an. Nun?" Er stolperte nach der anderen Sette, hastig, und sah sich nicht um. Aber er kam in einer sonderbaren Erregung nach Hause. Aus verschlafenen Augen blickte ihm seine junge Frau inS Gesiebt: „Nun?" Bet diesem „Nun?" schrak er zusammen, wirre Bilder tanzten in seinem Hirn, und mit einem seufzenden Laut barg er sein Haupt in den Kissen. Die folgenden Tage gingen in Hast und Elle dahin. Ma« hatte sehr vieles zu sehen und mußte sich sputen, um damit fertig zu werden. Darüber aber kamen beide kaum zu sich selbst. Ihre Halsschmerzen wurden bald keftiger, nnd sie bat bis weilen um Rücksicht. Er nahm sie auch; aber sie merkte sehr wohl dann sedesmal ein schmerzliches Zucken um seinen Mund. Und deshalb sagte sie nichts mehr. Er wiederum übersah, wie ihr so mancherlei wurde, wa» ihm ganz selbstverständlich erschien. Und er forderte in seinem männlichen EgoiSmnS mehr, als sie leisten konnte. So geschah es, daß sie mitunter in eine gewisse gereizt« Stimmung verfiel. Am zehnten Tage dcS Aufenthaltes kam eS sogar zu einem kleinen ernstlichen Streit. Sie wußten beide kaum, worüber sie sich eigentlich stritten; aber ein Wort gab das andere, und endlich schluchzte sie lau^ während er sich verbittert eine Zigarre ansteckte. Später lebten sie einige Stunden in eisigem Schweige» nebeneinander her. Keiner wagte ein erstes Wort zur Ver söhnung. Da blieben sie beide gleichzeitig vor einem Auslage- fcnstcr stehen. Hier hingen mehr oder weniger sinnreiche Sprüche in einer erheblichen Auswahl. Und wie von selber hafteten ihre Blicke auf einer nußbraunen Tafel, auf der ma» In Goldlettern las: „Wer seinen Groll bei sich behält, ? N Der ist ein Narr vor aller Welt!" Einen Augenblick schauten sie sich in die Augen. Dan» mußten sie lächeln, und lächelnd betraten sie den Laden, um den Spruch zu erstehen. „Ja, wir sind Narren gewesen," meinte er plötzlich, indem er sie auf dem Heimwege fest an sich zog, „wir verbittern unS gegeneinander, weil wir instinktiv fühlen, daß wir jetzt gegen seitig mancherlei aufgeben müssen . .." „Ja," sagte sie leise, „und wir haben babet vielleicht allzu sehr an uns selber gedacht. Wollen wir eS jetzt einmal ander» betrachten und daS Anfgeben als ein Eingehen in die Seele deS anderen ansehcn?" Er besiegelte ihre Worte mit einem Kuß, und von diesem Tage an begann erst ihre eigentliche Hochzeitsreise .., Das Kimmelsahrks-ors. Von Karl Lütge. ^ Die Sonne wirft ihre Strahlenbündel über das freundlich«! Dachgeblinzel des Dörfchens, leuchtet über die Saale hin .., ostwärts, und sucht Erinnerungen zu wecken, wie es kam, baß dies simple Dörflcin in in-ustricwüster Gegend einen so poesie vollen Namen bekam .. . Weit ist der Weg vom Himmelsahrtsbors und geht ostwärts mit der Sonne zum Ende des Thüringerlandes. Stolz ragt eine Burg auf, stattlich wie heute und geachtet: bte Wartburg .... und Elisabeth, die fromme Gemahlin des Landgrafe» Ludwig von Thüringen, findet die Strahlen. Es ist um -aS Jahr 1200. Elisabeth war nun selbst etue der Armen! Tag um Tag speiste sie bisher Hunderte aus dem weiten Burghof der Wartburg und nahm Teil an der Ver teilung des lieben Brotes — ihrem Gott und den Armen von Eisenach zu Dank . .. Fern weilte der Gemahl im Süden auf Kriegssahrt mit dem Kaiser Friedrich, und Elisabeth als Re- zentin von Thüringen verwandte unterdessen des Landes reiche Einkünfte allein zur Linderung des Elendes, baS im. Lande war. Nun war sie selbst eine der Armen! Elisabeth von Thüringen sah man nächtigen auf dürftigem Strohlager, heimlich versteckt, in einem baufälligen Stall der Stadt Eisenach, unter der Burg. Droben auf der Wartburg aß breit und machthaberisch der, der sie verstoßen und den ge meldeten ungewissen Tod Ludwigs zur Verwirklichung ehr geiziger Pläne benutzt hatte. Der Herrscher von Thüringen, war seit Stunden selbstherrlich der Schwager Elisabeths. „Liebe Frau, laß unS eilen nach Magdeburg; da wird Euch Hilfe werden von den Meinen", trieb am Morgen nach der Verstoßung und Flucht von der Burg, srühe, als alles noch in Eisenach zur Ruhe lag, die alte Amme und Vertraute Elisa beths ihre Herrin vom dürftigen Lager ans. Elisabeth klagte nicht. Mutig schritt sie mit ihrer alten Gertrud ge» Osten, ungeachtet arger Winterkälte und weiter, unwirtlicher Straßen im verschneiten Thüringerland. Im Märzen war der Frühling noch so weit und fern in diesem Unglücksjahrl Lange wandelten die beiden Frauen. Tag um Tag, Woche um Woche. Unerkannt, wenig geachtet, oft nahe am Ver hungern. So kamen sie wenig vor dem Osterfest, ein Tag trennte sie »och vom Gründonnerstag, nach Gorsleben. Sie waren ab geirrt vom Wege, und statt um den finsteren Harzwall herum, zwischen EiSlebcn nnd Mansfeld hindurch, kamen sic südwärts nach der Saale zu nach dem bescheidenen kleinen Dörfchen.
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