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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 20.08.1926
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260820023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926082002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926082002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-08
- Tag 1926-08-20
-
Monat
1926-08
-
Jahr
1926
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^ irr. 3S0 Seile r trn." Schließlich wird noch der Abschluß eine» Veterinär, abrvmmens verlangt. Ser ,>»lle Schikanen und die beliebt»« «bschlteßung der deutschen Grenze für die Einfuhr polnische« Schlachtviehes unter dem Vorwand der Uebertragung von an» steckenden Krankheiten umnö»lich macht". Trotz dieser Sachlage ist man sich weitgehend darüber klar, daß der deutsch-polnische Zollkrieg tn den letzten Tagen eine rrerlängerung erfahren hat. und auch darüber, daß noch gar nicht abzusehen ist, rvann diese wirtschaftliche Auseinander» setzung ein Ende erfahren wird. Go sagte der Vorsitzende der polnischen Delegation gegenüber polnischen Pressevertreter» — »Dresdner Nachrichten" — nach de» Antritt der plötzlich so notwendig geworbenen Gommerferte«: »Wir sind leider noch nicht weiter, als wir vor einem Jahr« waren." Die «Sattowttzer Zeitung" stellt nach Beginn dieser Gommerferien fest: »Der «bschlns, de» Handelsvertrages ist dadnrch wieder in »eit« Kerne gerückt." U» kann auch gar rein Zweifel darüber bestehe», daß, wenn die Verhandlungen, die Ende September wieder aufgenom» men werden sollen, später einen besseren verlaus nehmen, der dentsch^iolntsche Handelsvertrag doch nicht «ehr in diesem Jahre in Kraft treten kann. Neue Ausschlüsse Anker direkter Aufsicht Moskaus. Berlin.»». Angust. Wie die „Rote Jahne" mitteilt, hat das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei beschlossen, Maslow und Rnth Fischer a«S der Kommnnistischeu Partei Deutschlands anszuschlteßen, weil sie aus eine Spaltung der Partei hingearbeitet hätten. Ruth Fischer wird ans» gefordert, sofort ihr Rcichvtagsmaudat niederznlegen. Das ,ientralk«mitre hat ferner den Reichotagoadgeordnete» Karl Tiedt wegen ehrlosen, unproletarische« Verhaltens ans der Partei ausgeschloffen nnd zur sosortigen Niederlegnng seines Reichstagsmandats ansgeforder«. Weiter wurden ausgeschloffen Mossau «nd L o q n i n g c n. Aus Anlaß -er Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Kommunistische» Partei ist Bucha rin im Aufträge Stalins tn Berlin eingetioffen. Bucharin soll angewiesen sein, den Ausschluß der oppositionellen Führer durchzusetzen. Da» rvle Terrorsystem. Eine dentschnaiionalc Anfrage. Berlin, 20. August. Die Deutschnativnalen haben im Preußischen Landrag folgende Anfrage eingebracht: Aus Düsseldorf kommen Rachrichten von dauernder Be» unruhig«»« deo Bürgertums durch organisierte Banden des Stolen Fronlkämpferbundeo. So hat sich am 28. Juli in Düffeldorf au» der Erkratherstraße ein blutiger Vorfall ab gespielt. Dieter begann mit einer kommunistischen Provoka tion, woraus sich eine SclUägcrci entwickelte. Dabei iMirde ein Mann getütet, mehrere S l a h l h e l m l e »t e erhielten schwere Stichwunden. Die Art des Ueberfalles ist typisch für die in letzter Zeit fast täglich in den Zeitungen gemeldeten Vorkommnisse. Die kommunistische Presse gibt darüber völlig entstellte Berichte und benutzt dieselben zu fortgesetzter snste- malischen Hetze gegen das Bürgertum. Was gedenkt das Staatsministerium zu tun. um in Düsseldorf Ruhe und Ord nung aufrecht zu erhalten. Welche Stellung nimmt es zu der verhetzenden Tätigkeit der kommunistischen Presse? Der „Stahlhelm" aus K Wochen verboten. «Durch yunkspruch! Berlin, 20. August. Wie der Amtliche Preußische Presse dienst mitieilt, hat der Obervräsident der Provinz Sachsen das Erscheinen der Zeitschrift „Der Stahlhelm" auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des Republikschutz- gcsetzes auf die Dauer von sechs Wochen verboten. iWTB.) Zwei..verirrte" Potlus sestgenommen. Bvnu, 20. August. Am Sonntagnachmittag wurden, wie jetzt erst bekannt wirb, zwei französische Soldaten von einem in Koblenz liegenden Infanterie-Regiment im un besetzten «Gebiet zwischen Unkel und Erkel von der Polizei sestgenommen. Sie gaben an, daß sie sich an der Grenze zwischen dem besetzten und unbesetzten Gebiet verirrt hätten. aus -er KPD. Zu den Äaussuchuugen bet deutschen Wirtschaslsführeru. Scharse Stellungnahme der rheinischen LandwirtschastStammer. Berlin, 19. August. Der Vorstand der Landwirt schaft s k a »i n, er für die Rhetnprovinz hat »u dem Konflikt, der sich zwischen seinem Vorsitzenden. Freth. v. Lllninck, und der preußischen Staatsregierung tm Anschluß an die bekannten Hanssnchnngen bei «ine, Reihe von dentschen WirtschastSsührcrn entwickelt bat, einen Be schluß gefaßt, in dom es heißt: Die Weigerung des preußische» Ministerpräsidenten, tn eine Erörterung über eine polizeiliche Haussuchung etnzu- trcten, erscheint menschlich begreiflich, da niemand gern eine aussichtslose Sache vertritt Der Borstand steht daher in dieser Wetgcrnnq haS Anerkenntnis, daß der bisher v»» der pre«, bischen Regirrnna in dieser Angelegenheit eingenommene Standpunkt nickt mehr ernst verteidigt werden kann oder soll, zumal die von der Regierung gegebene Begründung, die rechtswidrige Haussuchung im Dtenstgebäude der Landmtrt- schafiskammer und die wahrheitSwtdrige HochverratSbeschul- digung des Kammervorsitzenden berührten die Interessen der rhetntschen Landwirtschaft nicht, offenknndtg abwegig ist. Wenn der preußische Ministerpräsident darüber hinaus grundsätzlich jede iverhandlung mit dem Bor, sitzenden der rheinische« Landwirtschaft ablchnt. so nerstSßt er damit ossenknndig gegen die Vorschriften eines preußischen Staatogcsetzes. Die Landwirtschaftskammer ist durch das Staatsgesetz gebildet mit der ausdrücklichen Bestim- miing, die Gesamtinterrffen der Land- und Forstwirtschaft wahrzunchmen und zu diesem Zwecke mit den verwaltungS- behörden znsammenzuarbesten. Nach diesem Gesetz aber wird die LandwtrtschaftSkammer nach außen durch ihren Vor sitzenden vertreten. Diese gesetzlichen Vorschriften sind auch für die Staatsregierung bindend und sollten von ihr beson ders sorasältig beachtet werden zumal wen» sie sich gerade ans die Staatsantorität beruft. Wenn der preußische Minister. Präsident seine Ablehnung mit der Skehauptung begründet, der Vorsitzende der Landwirtschastskammcr habe bet seiner Kritik an den Maßnahmen der Staatsregierung jedes Gefühl für die Erhaltung der StaalSaiitvrität außer acht gelaffen, so widerspricht diese Behauptung den Tatsachen. Gerade der Vorsitzende der Laudwirtlchastskammer hat stets, auch bann, wenn er an dem Verhalten einzelner Staatsorgane Kritik ge übt hat, die Autorität des preußischen Staates anerkannt, gestützt und gestärkt. Das von der preußischen Staatsregie- rung an alle Staatsbeamte ergangene verbot, an gesellschaft lichen Veranstaltungen der rheinischen LandwirtschaftSkammer oder ihres Vorsitzenden tcilzunehmcn. beschloß der Vorstand, vorab unbeantwortet zu lasten. Belgien -enkl an keine Rückgabe von Eupen-Matme-y. lDurch Funksvruch.I London, 20. August. „Times" berichtet ans Brüssel: Die gegenwärtige belgische Regierung werde sich aus keiner lei Verhandlungen bezüglich der Rückerstattung von Eupcn und Malmrdy an Deutschland cinlasten nnd wünsche damit znm Ausdruck zu bringen, daß die dentsche Presse Zeit vergeude, wenn sie die Möglichkeit einer Verhandlung wegen Eupen nnd Malmcdq erörtere zu einer Zeit, wo Belgien in finanziellen Schwierigkeiten sich befinde. sW. T. B.) Dieses Dementi, das vielleicht aus französische Einwir kungen zurückzusühren ist. besagt natürlich nichts dagegen, daß Verhandlungen über eine Rückgabe Eupen-Malmedvs, an denen die Regierung nicht unmittelbar beteiligt war, geführt worden sind. Teilweise Arbeilswiederausnahme in englischen Bergwerken. London, 2V. August. (Reuter.) Die Bergwerksgesellschaft von Bolsover verhandelte mit den Bergarbeiteroertretern über die Bedingungen, unter denen sie bereit wäre, fünf große Gruben wieder zu öffnen. Die Gesellschaft bot den 7i4-Stunderttag mit den vorstrctkslöhnen an. den die Ver sammlung cinnahm. Aus diesen Gruben sind normalerweise 12° bis 14 000 Arbeiter beschäftigt. In Nottingham und Derby beschlossen die Grubenbesitzer, die Gruben tn den beiden Grafschaften unter denselben Bedingungen zu öffnen. (WTB.j Zusammenstöbe mtt englischen Bergardester«. London. 20. August. In St. Helena (Lancashire) wurde Polizei, die zum Schutze der zur Arbeit zurückgekehrten Bergarbeiter eingesetzt war, von der Menge mtt Steinen beworfen. Durch hernngezogene Verstärkungen wurde die Ordnung wieder hergestellt. Oetliches und Sächsisches. «och immer Heine Besterung de« ArPeil»»«Aie». Da» Land^Samt für Arbett-vermiMuna veröffentlicht über hie Lag« ans dem sächsischen ArbeitSmarlte für die Zeit vom 0. bt» 1«. August 1V»v spitzenden Bericht: Auf Sem Ardritsmarkt de» Freistaate» Sachsen sind wesentliche Veränderungen in bteser Vach« nicht etngetrete«. Trotzdem t« »erschtedenen ArbeitSnachwetSbeztrke« die Zahl der «ckettsuchenden um et» geringe» »nrückgeganaen ist. hält da» stark« Ueberangebot an Arbeitskräften tn fast allen v«. rnfSgruppen unvermindert an. I« der Landwirtschaft besteht noch immer Mangel an jungen Pferdeknechten «nd «tngerich- teten MAgden. Gering war die Nachsrage nach Arbeitskräften im Bergbau. Die Arveitdmarktlage »er Industrie der Stetne und Erden bltcb weiterhin nicht etnhettltch. Da» Angebot an Arbeitsuchenden in der Metallindustrie ist «ach wie vor außerordentlich groß. Ungünstig blieben Geschäftsgang rnch Beschäftlgungsmögltchkelten tn der Papier-, Leder, und Holz, inbustrie sowie tm Nahrungs- und Grnnßmtttelgewerbe, im Bek'ridungSgeivcrbe und tm GastwirtSgewerbe. Im Bau« gewetbe war die BermIttlungStättgkett geringer al» tn de» Vorwochen. Etwa» aufnahmefähig erwies stch wieder die Tex- ttltndustrte. In der Hauptsache konnten weibliche, tn ge. ringer Anzahl jedoch auch männlich« Arbeitskräfte unter, gebracht werden. Für Musiker boten sich AnShtlfSbeschäf. ttgungen, mährend BUHnenangcliörige nicht verlangt wurden. Hausangestellte mtt guten Kochkcnntntssen und langsährtgen Zeugnissen waren weiterhin leicht «nterznbringen. Weiterhin ungünstig blieb die Lage für di« ungelernten Berufe. Auch für kaufmännische und Bureanangcstellte änderte stch dt« äußerst ungünstige Arbeit-Marktlage nicht. —* Die diesjährige» großen Uebnngen der ». Division An Stelle von Feldmanövern, die in diesem Jahre für die 4. Division ansfallen. finden in der Zeit vom 23. bt» 36. August auf dem Truppenübungsplatz Grafenwvlir t« Bayern Divt- sivnslibungcn statt, an denen sämtliche zur 4. Division gehö rigen Truppenteile aus dem Freistaat Sachsen und der Pro. vtnz Sachsen tetlnehme». Diesen Nebungen wohnt der Chef der Heeresleitung, General v. Seeckt, am 26. August bei. —* Rückkehr Dresdner Kinder. Die tm KindererholnngS« beim Berchtesgaden nntergcbrachten Dresdner Kinder treffen am 2l. August abend» 11/»0 Uhr auf dem Hauptbahn. Hof ein. Dt« Eltern der Kinder werden ersucht, diese zur an- gegebenen Zeit avzuholen. —* Die Unregelmäßigkeiten im Sächsische« BolkSopser vor dem Reichsgericht. Der zweite volkSopferprozctz. der vor der vierten Fertenstraskammer des Dresdner Landgericht» unter Vorsitz de» LanbgerichtSdtrektor Senfert kürzlich zur Verhandlung kam, »nd worüber ausführlich berichtet worben ist. wird nun doch noch tn dritter Instanz den zuständige» Strafsenat de» Reichsgericht» beschäftigen. Bon den ver urteilten haben Meißner nnd Löffler vom Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht, seiten» der Staatsanwaltschaft tst die» nicht erfolgt, insoweit hat selbige e» bet dem ergangene» Urteile der Fertenstraskammer bewenden lasten. — Herbstprüfung von LandwirtschastSlehrlinge«. Im Sep tember finden wiederum Prüfungen von Landwirtschaftslehr, lingen statt, woran jeder junge Landwirt nach beendeter Lehr zeit von mindesten» zwei Jahren teilnehmen kann. An. Meldungen sind bis znm 28. August an die Landwirtschaft», kammer in Dresden-A., Sidonienstrabe 14, zu richten unter Beifügung eine» selbstgeschriebenen Lebenslaufe», einer Zu. stimmungöerklärung de» Lehrüerrn und de» Leyrzeugniffe», de» lebten Schulzeugnisse» und einer Prüfungsgebühr von 20 Reichsmark. Prüfungsordnung und alle Auskünfte durch die LandwirtschastSkammer, DreSden-A., Sidonitzn- straße 14. —* Mikroskopische Ausstellung. Mlt Ferienschluß öffnet auch das Schulmuseum de» Sächsischen Lehrer, verein», Sedanstraße IN. Hinterhaus 2., wieder die Pforten seiner Mikroskopischen Ausstellung. Die zahlreichen, auf langen Tafeln ausgestellten Mikroskope mtt zum Teil lebenden Präparaten erläutern im Verein mit vielen makroskoptschen Objekten und den besten Wandbildern, die der deutsche Lehr- mittelmarkt hervorbringt, das Werden und Wachsen der Pflanzenwelt von der einzelligen Pflanz« bis zum mannig fach zusammengesetzten Zellenstaate. Die Ausstellung gibt einen Einblick in die geheimnisvolle Werkstatt der Natur und zeigt, wie die Pflanzenwelt ihren Fortbestand sichert und jene Farben- und Formenpracht hervorzaubert, die die Besucher unserer Gartenbauausstellung so fesselt. Beigefügte Text« geben überall das nötig Verständnis, und der Bearbeiter Ler Ausstellung. Oberlehrer Männel, ist jederzeit zu Rat und Auskunft bereit. Dte Ausstellung ist für jedermann Mitt. woch und Sonnabend nachmittags von 4 bis 6 Uhr unentgelt lich geöffnet, Kinder haben jedoch nur in Begleitung Er- ivachsener Zutritt: für Besuche von Schulklassen, die zu jeder Zeit erfolgen können, bitten wir jedoch um vorherige Ver ständigung. „Candida." Ein Mysterium von Bernard Shaw. Neneinstudiernug im Schauspiel Haus, 19. August 19LK. ES war die schönste Huldigung, die man dem siebzig jährigen Bernard Shaw darbringen konnte, daß man seine „Candida" wiedrrausführte, dasjenige seiner Stücke, mit dem er zuerst, und zivar am 13. November 1003, auf einer deutschen Bühne, dem damaligen Dresdner Hoftheater, er schienen ist, von hohem thcatcrpsnchologischem Werte wäre es, wenn man die damalige Ausführung mit der heutigen ver gleichen könnte. Dazu gäbe es aber nur sehr dürftige Hilfs mittel. Wir wissen jedenfalls, daß Shaws „Candida" vor 23 Jahren eine lehr geteilte Aufnahme fand, daß die Haltung seines Pastors Morell im Kampfe mit dem Dichter March- bankS um die seelenreine Candida nicht glaubhaft erschien, und daß der eigentümliche Lustspielton in der Behandlung eines sehr zarten psychologischen Problems besonders befrem dete. Man war geneigt, darin so etwas wie eine Parodie Ibsens zu sehen, den man doch eben erst als bedcuicndsten Problematikcr der Bühne schätzen und verstehen gelernt hatte. Und eS mag tn der Tat in Shaws verborgener Absicht ge legen Iiaben. zu zeigen, wie man einen Seelenkampf ohne die tiefernste Gewissenhaftigkeit Ibsens erledigen könne. Grnz leise kichert tn Shaws Lustspiel ein feiner Spott, klingt eine übermütige Parodie der Dramentechnik Ibsens durch, Bor der großen Aussprache im -ritten Akt kommen die Störer ins Zimmer und halten den verlaus unnötig ans, Die lockere Sorglosigkeit der Abgänge, die fast überflüssige Debatte zwischen Morell und Burgeß und so allerlei gegen Jchsenffche Eigenheiten gerichtete absichtliche Leichtfertigkeiten im Bau des Stückes scheinen zu zeigen, daß Shaw die Pedanterie des Norwegers verspotten wollte. Alles läuft bet ihm durchein ander, Tiefstes und Flachstes, Ernst und Spaß. Lebensbanali- tät und Dichterschwung. Liebesengel und Küchenfee. Der Spießer tm Stück, Vater Bürgest, hält alle der Reihe nach für verrückt, und das ist der besondere Witz, mit dem Shaw von seinem Candida-Problem die Sentimentalität sernzuhalten sucht. Das alles konnte man damals, als die dichterische Per sönlichkeit Shaws noch nickt zu übersehen war, nicht recht soffen, un>d diese Unsicherheit mag wohl auch tm Stil der Darstellung hervorgetreten sein. Daß die Spottdrossel so süß singen konnte, war fremder Klang dem ungenüsnhten Ohr. Heut«, wo der Dichter der .Heiligen Johanna" als eigen, willigster Schriftsteller der Zelt vor uns steht, wo er als Cnt- larver falscher Romantik Scharen von Znstimmcnden um sich gesammelt hat, leuchtet seine „Candida" als sein eigentliches dichterisches Werk aus einer Fülle von nur geistreichen nur witzigen, nur eigenwilligen Stücken hervor. Sicher tst „Candida" sein gefühlstiefstes Werk. Man möchte es seinen ,2Aerther" nennen, denn er hat die äußere und innere Lage Candidas zwischen Morell und MarchbankS, natürlich un- bewußt, als die Lage Lottens zwischen Kcstner nnd Weither erfaßt und die Entscheidung der Herzen dem Feingefühl der Frau überwiesen, die sich dem schwächlicheren Manne, also nicht dem genialen, zuwendct. Eugen MarchbankS wird mit der Liebe zu Candida im Herzen seinen Weg weitergehen, wie Goethe ihn ging. (Auch wenn aus Slxnvs kleinem Dichter nichts Großes wird.) Das Entscheidende ist das Herz der Frau, und Candida weiß, wie Lotte, daß sie kein Engel, son- dcrn ein irdisches Weib ist. Darum liegt der Kampf auch nicht in ihr, sondern in Morell, der, durch MarchbankS tn seiner Seelenruhe furchtbar aufgestört, den Zweifel am eigenen Werte durchwachen muß. Und nun ist es von feinster Ironie, daß Shaw beiden Männern die „Gabe des Mundwerks" zum Verhängnis macht, dem Prediger wie dem Dichter, die beide zu stark auf die Macht des Wortes Wer die Menschen ver trauen. Der Sinn des Lebens liegt aber in der handelnden Güte, im gütigen Handeln, und diesen Sinn erfüllt, au» der Natur der reinen Weiblichkeit heraus, Candida, -te weiße Seele. Shaw hat kaum je wieder Tiefes so leicht behandelt, ein Mnstertum des Seelenlebens so heiter in Spiel verwandelt. Auch hier ist er ein Feind des Pathos, daS ihm beim Idealisten Morell ebenso snobistisch erscheint, wie beim Aesthcten March- üanks. Für ihn liegt die Wahrheit im natürlichen Herzens- iakt. und es bedeutet seine zarteste Huldigung an di« Frau, daß er in Candida den Typus der gefühlsklaren Frau mit der reine» Mütterlichkeit als die wahre Natur schlicht und einfach hinstellt. Sie allein hat Macht Uber die Männer, dte vor ihr zu Kindern werden, Das tst mit so seinem Humor be sonders in der Schlußauscinandersetzung durckgeführt, daß einem warm und heiter umS Herz wird. Ohne Sentimentali tät steht man den jungen Dichter scheiden und den Frieden wolilbehüteter Häuslichkeit an Pastor Morell» Arbeitstisch znrückkehren. Das angebliche „Mysterium" hat so gar nicht» Mysteriöses gehabt, es ivar nur ein Hinweis ans die Sicherheit geheimnisvoller LiebeSkräfte im Herzen, aber sonst ein stark bewegtes, locker gebaute», herzlich durchwärmtes Lustspiel. Gerade dieses Schweben znstschen Ernst «nd Heiterkeit, das Wesen der Grazie SbawS, hat die nene Ausführung fühlbar zu machen gewußt. Paul Wiecke al» Spielleiter hat diesen frohen Unterklang der Dichtung sein heranSgehört. Trotz der befremdenden Bezeichnung Mysterium übersah er da? Lust spiel nicht, unterstrich die Ironie und Witzigkeiten »»ausfällig, holte die leise Komik, die in jedem Kampf zweier Männer um eine Frau liegt, heran», schattierte den Dialog reichlich un lieb die dichterischen Schönheiten aufglänzen. Daß Pastor Morell» Zimmer tn seiner modernen Architektur und Aus stattung nicht recht in dte Zeit der Petroleumlampen paßte, ist nicht schlimm. Dasllr war die seelische Atmosphäre und Be- lcuchtung treffend erfaßt. Die Candida haben mir von Hermine Körner frisch in Er innerung als Frau von einer gewissen tatkräftigen Sicherheit, fast etwas herrischem Wesen. Antonia Dietrich ist viel leiser und weicher, anfangs fast nicht zu merken al» die Stele des (Ganzen, aber gerade durch diese schlichte, frauliche Zurück. Haltung und einfache Dasclnöbedeutung um so beglückender. Erst allmählich rückt sie in den Mittelpunkt, erfüllt den Raum mit Lebenswärme, zeigt im Gespräch mit MarchbankS da» Be- Hagen einer Frau, der ein Dichter huldtat (was nicht aus schließt. daß sie bei seinen Versen etnschläft), gibt im Gespräch mit Morell, an sein Knie geschmiegt, den Beweis de» reinsten Herzen», dem kein Hauch des Argwohns über stch selbst auf kommt, und entfaltet am Schluß eine kaum erwarirsc Würde, Festigkeit, ganz uncitle Neberlrgenhcit über die Männer und die verzeihende Güte des mütterlichen Herzen». Diese» all mähliche Hervorkehrcn de» Inneren ist in Antonia Dietrichs Darstellung eine der seltenen Offenbarungen, wo Wesen und Kunst des Schauspielers in glücklichster Harmonie inetnander- fficßen. Man kann stch Shaws Candida anders vorsiellen. — fraulicher, traulicher, reiner »nd wärmer jedenfalls nicht. Werthers Lotte in anderer Zeit. Auch die übrigen Darsteller erfüllen den Ginn der Dich tung. BrunoDccarlt bleibt vielleicht dem Pastor Morell einiges von der Selbstgesälligkeft. des Schönredners schuldig, aber er gibt ihm Klugheit. Gefaßtheit und Geradltntgkett de» Wesen», so das, er Candida» nicht unwürdig erscheint. Kein Blender, nur ein von sich selbst Ueberzeugtcr. Dt« leichte «Sal bung der Rede steht ihm wohl an. wie die ZorneSauSbrüche über den Störer seines Seelenfriedens. Das alles ist vor nehm und haltungsvoll dargestellt. Felix Steinbvck als MarchbankS schaut mit großen'Dichteraugcn drein, keck au» jungenhafter Scheu, lyrisch weich nnd doch voll Kampflust um seines Ideales willen, eine überzeugende Gestaltung de» Dich- tcrknaben, der so schnell und sein das Herz der Frau versteht. StetnböckS äußere nnd Innere Eignung für diese seltene Dich- terschöpfnng trat überall hervor. Wa» GtellaDavid aus der Maschincnschretbertn machte, war einfach genial, obwohl es znm Teil mißverstanden wurde Die bnstcrffche Schamhastig, keit de» verliebten späten Mädchen» äußert sich zwar komisch. Ist aber im Innerste» tragisch. Mit der Ihr eigenen Jnstinkt- sicherhelt traf Stella David die seelische Hilflosigket deSarme»
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