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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 13.10.1930
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1930-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19301013021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1930101302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1930101302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-10
- Tag 1930-10-13
-
Monat
1930-10
-
Jahr
1930
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öilikkstlMdgttMg i> »M« Weimar, 18. Oktober. Am Sonnabend mU> Sonntag fand tn Weimar eine Gausührertagung der Nationalsozialtste» Thüringens statt. Im Mittelpunkte dieser Tagung stand eine große Kundgebung am Sonntagvormtttag im Deutsche» i>tationalt»ealer. Das Theater war bis aus de» letzte» Platz gefüllt Als erster Redner ergriff das Wort Gtaatsmintttrr De. Krük der et»va folgendes ausführte: Durch den Wahlsieg vom 11. September fei die ganz« »»«ltpolitische Situation beein flußt worden. Die Frage der „Revision" werde bereits in der französischen, englischen, amerikanischen — ganz zu schweigen von der italienischen — Presse laut. Ja, der Reichstag vom II. September sei bereits »iedcr überaltert: Bürgerliche Blätter hätten nach demUrteil imReichSwelirprozeß geschrieben, wenn jetzt gewählt werde, so würden die Nationalsozialist«.'««, infolge jenes Urteils, noch weitere 59 Litze erobern. Das leipziger Urteil sei ein Lchlag für das Rechtsempfinden aller deullchgesinnten Menschen. Lehr zu bedauern sei, daß der frühere Generalseldmarschaü von Hindenburg eine Begnadi. gung der verurteilten Offiziere abgelelnrt habe. Dagegen sei der Berliner Oberbürgermeister Boß so gut wie freigesproche» und die separatistischen Verbrecher seien amnestiert, während die „sogenannten" Fememörder noch immer verfolgt würden. Die Rationalsozialisten seien bereit, auch schon unter dem heutigen Lustei» Berantwvrtnng zu übernehmen: sie seien aber nicht gewillt, sich mißbrauchen zu laßen und nur Aus- räumungSdlenste zu leisten. Bedingungen für den Eintritt in die ReichSregiernng seien Lösung der Preußen-Koalition durch das Zentrum, Aus. losung des Preußischen Landtages, sowie Besetzung des Reichsinnen- und des Reichswehrminiskerinms durch die Rationalsozialisten. Denn gerade von diesen Ministerien ans muffe die gründliche geistige und willen-mäßige Um stellung des ganzen Volkes, ohne die eine wirkliche Gesundung njchl möglich sei, ihren Ausgang nehmen DaS deutsche Volk »Nisse mit fanatischen! Rationalismus erfüllt werden. Wenn die gegenwärtige Reichsregierung etwa eine Diktatur im Zeichen der Demokratie einrichten wolle, so wünsche er viel Vergnügen: die Rationalsozialisten würden dann jeüensalls dieser Regierung das Leben so sauer wie möglich machen. Aber er glaube, es werde nicht lange dauern, daß auch Herr Wirth das Zchlachtfeld werde räumen müssen. Für die Nationalsozialisten gelte cS jetzt, nicht mehr von Lieg, sondern nur noch von neuem .Kamps zu sprechen. Von stürmischen Heilrusen begrüßt, nahm dann Aßott Sitter daS Wort. Er behandelte die Frage der Volkseinheit und führte dabei aus: DaS deutsche Volk zerfiel immer mehr in Bürgcrrum und Proletariat. Im Jahre lül8 erlangte dieser Riß weltgeschichtliche Bedeutung. Zwei Klaffen traten uns entgegen/von denen sich weder die eine noch die andere völlig üurchringen konnte. Für ei« dentsch, Er«««»»« sin» »»» ««t Dluge «öüg: t. dt« »l«sfe»sp«H«ng muß »»««»»»den »er- den und wt, müsse» wteder zu einer getfflge» Einheit komme«; ff. unser Volk «uh Wieder überr«g«»de u»d genile Führer bekomme». Der gemeinsame Wille, de« brutsche» Letzentzk«n»i zu sü-ren, und die »««täte »rt de, Organisation, »er Dmrch. sühruna diese» Kampfes, müßten Wieder «schaffe» werde». Die Wirtschaft vermag das nicht: sie hat atemal« ,u. sawmenführende Krast entfaltet, Für die Wirtschaft ist nie mand zu sterben bereit. Rur der Idealismus besitzt einigende und emporführelU»« Kraft und führt »u Taten, die aus unbewußten Tiefen der Volksseele hervoranellen. DaS Bürgertum hat der nationale» Idee einen Inhalt gegeben, der mit Klassentntercssen verquickt ist und der daher vvn der anderen, der sozialistischen Geile, abgelehnt wurde. Ebenso wurde die Idee de» Sozialismus tu der marxistischen 8u». prügung vvn der nationalen Seite nicht verstanden. Und nun fragt die nationalsozialistisch« Bewegung: Ist e» mögltch. diese beiden Ideen sv zu gestalten, daß sie zusammen- sließen» Und di« nationalsozialistische Bewegung ant» worret: Ja, wenn diese beiden Gedanken folgerichtig durch dacht werden, so bilden sie etne höhere Einheit. Wenn nun aber eine solche Vereinigung von „Nationalismus" und „Sozialismus" geschaffen ist, so ist die Durchführung dieser Idee notwendig. Dazu bedarf es Menschen von genialer Einsickn. also einer AuSles«. Den» es gibt Unterschied« der Begabung und der sittlichen Anlagen der einzelne« Menschen, und wenn dies« Unterschiede anerkannt werden. so ist die Idee der Demokratie ein« UamSgUchkeit. Die besten Volksgenoffen müssen die hohen Tugenden beim Durchschnitt wieder wachrufen. Das Volk will ja von Krast und Einsicht geführt werden, und empfindet es nur als Schande, von minderwertigen Leuten geführt »u wer den Unter richtiger Führung wird daS Volk glücklich sein, während es jetzt unbefriedigt ist. Die Führung aber ist fetzt bet der nationalsozialistischen Bewegung. Wie die Rede Dx Fricks, so fanden auch die Worte Adolf Hitlers snbelnden Beifall. Die Versammlung sang die erste Strophe des Deutschlandliedes und die Kundgebung wurde so- Sann mit einem Heil aus das deutsche Golk und Vaterland ge schlossen. Nerüim «ckhrtimmltmmm lu-vtnbirrl Berlin. 18. Okt. Der Berliner Polizeipräsident hat den Polizeihanpimann Leupel von -er Kraftfahrbereitschast von seinem Dienst suspendiert, weil er anläßlich einer Kasinofeier das Hakenkreuzlied und andere „schwarzweißrote Lieder" an stimmte und verschiedene politische Führer der Rechten hoch- leben ließ. Gegen Leupel soll ein Disziplinarverfahren cin- geleitet werden. Tschechen und Polen im Kampf gegen -ns Deutschtum Au» deutsche Brettvlen IM» in Mag verbelen werden! Prag, 18. Okt. Die Prager dentschseindlichen Kund- gcbnngen haben ihr Biel erreicht. Es gibt in den Prager Kinos keine deutschen L p r e ch i i l in c mehr. Zinn sucht man nach einem neuen Mittel, um den Deutschen wiederum die Macht spüren zu lassen. Der tschechische nationaldemokra tische „Narod" scheint dieses Mittel gefunden zu haben. In einigen Prager Kirche» werden Lvnntags deutsche Predigten gehalten. Das empfindet der „Narod" als Herausforderung und richtet deshalb an den Prager Erzbischof einen Aufruf, in dem er die Einstellung der deutschen Predigten fordert. Sogar so weit geht man also in der Tschechoslowakei, daß man in Religion und Gottes haus die nationale Hetze und den Deutschenhaß hinci»- trogcn will. Stnlschsetndliche Ausschreitungen in Molen Posen, 18. Oktober. In den Mittagsstunden des Sonntags kam cs hier zu Zusammenrottungen nationalistischer Ele mente, die, geführt von Studenten der Posener Akademie, durch die Hauptstraßen der Stadt zogen und nacheinander die ZeitungSsründe, an denen sie vorbei kamen, überfielen, um die dort ausliegenden deutschen Zeitungen sortzunehmen und zu zerreißen. Die Demonstranten begaben sich bann zur evangelischen V e r e i n s b » ch h a n d l u n g, wo die Schaufensterscheiben eingeworsen und Bücher und Zeitun gen aus die Straße geworfen wurden. Weiter wurden die Schaufenster des „P o s e n c r Tageblattc ö" und die einer deutschen A u t o m o b i l s i r m a zerschlagen. Als die Demonstranten daraus zum deutschen Generalkon sulat Vorbringen wollten, griff die Polizei ein. Die Stuben- ten formierten alsbald einen neuen Demonstrationszug, der unter taktmüßigen Rusen „Fort mit den Deutschen" nochmals durch die Straßen marschierte. Nach einem weiteren Eingreifen der Polizei wurde die Ruhe wiederhergestellt. Autonomistener-olye im Elsaß Straßburg. 18. Okt. Die Ersatzwahlen für die Ge« meinderäte in Straßburg und Kalmar im Elsaß haben am Sonntag noch zu keinem Ergebnis geführt. Trotz Ein satzes außerordentlicher Propagandamittel von sranzösischer Seite stehen di« durch den französischen Staatsrat ihrer Mandate sür verlustig erklärten Antonomisteusührer Schall in Straßburg und Ross» in Solmar i« Elsaß mit den höchsten Stimmzisferu an der Spitze. Besonders bezeichnend ist der weitere außerordentliche Stimmenrückgang der sozialistischen Partei, die im Elsaß die Bekämpfung der Heimattreuen Bewegung führt. Am kommenden Sonntag finden Stichwahlen statt. Bon der Bündnistaktik der einzelnen Groppen wird das Endergebnis abhängen. Da der Wahlkamps unter der Parole für und wider den Auto» nom Ismus geführt wurde, kommt dem zahlenmäßige« Erfolg der Autonomistcn eine besondere Bedeutung zu. Dir La-uno -er --Heren Beamten In tz« Geschäftlichen Tagung beSLaudetverda»»,! der htztzeren Beamten Sachse»» «» EonZtag tm GitzumtztzLale des Landtags erwtetz der ««schffstOßertchi des v»«sitze«den, OberregterungSrat Ra«ich» »«d seine Annahme -1« Imeer« Konsolidierung u»tz «1 Zusammen. gehörtakettSbeumßtsetn t« Bertzand«. Dieser hat trotz seines verhältnismäßig kurzen Besteh«»» »öS höhere Beamtentum Gel »mfaffeuder al» det «eit älteren V«rusävrga»tsatlone» anderer Stau»«. t«s«st,estlo» z»sa««engesch«rißt. Die» süßet z» et«r anßervrdentltch geschlossene» »tellung- «ahme de» ga»zen höhere« Beamtentum» zu de» Problemen äer Zet^ «» denen »er La»ß«»verß«»d t» «ettefter Erfassung seiner ffmfgabe» »tk,e»ds «rübergeaange» ist. Dt« Haltung der Versammlung bewies, daß sie geschloffen hinter den Aus führungen ihres Borsitze»»«« vv« Vortag« steht. In einem sorgfältigen, zahlenmäßig zuverlässig belegten Be- soldungSreferate des Oberstußteirßtrertorg Dr. Forker wurden die Ursachen der heutige« Ftnanznot» die sozialen Verschiebungen und bas Mißverhältnis der Lebens Haltungen zu de» politische» und sozialen Notwendigkeiten untersucht. Die außerordentlich bewegte Aussprache hierzu gipfelte tn folgender «»ttckilrpuno: Di« Beamte«patitik der letzte» Zeit hat da» vertraue» der veamtenschaft zum Staate schwer erschüttert. Die von der ReichSregiernng geplante Gehaltskürzung muß dieses Vertraue» völlig ins Wanke« dringen und so zu schweren Gefahren sür de« gesamten Staats organ»««» führe«. Hätte di« Beamteuschast a«ch »«« et»tg«r«aße» di« Ge »»ähr, »aß da» vo» ihr »erlangt« ONer da» St«al« ««» de« valk« Wirklich Hufe bringe« Würde, daß alle volkskreis« gleichmäßig daran trage« Helsen «affte«, ««» d»ß eS sich «« ei«e varüber gehende Rotmaßnahme handelte, dann würde sie das Opfer gern und willig ans sich nehme». DaS Gehaltskürzungsgesetz in der Leabftchtigt«« Form ist «der nicht nnr VaatSpalÜttch vöffta versehlt «nd verletzt nicht nur das Rechtsempfinden »er Beamtenschaft, sondern »ird auch de« Relchsfinanze« «nd der Wirtschaft die er wartete Hilfe nicht bringen. Die Rotlage der ossentlichen Finanzen m«tz behoben werden «ach außen durch Revision desÄoung- plane», nach innen durch orgautsche Verein fachung der «er wall »na. nicht dnrch mechanische Gehaltskürzung. Die Krise der Wirtschaft «nß überwunden werden dnrch Pr«iSabda«, der in erster Linie bewirkt wird d»rch Wiederherstellung eine» wirklich freie» Wettbewerbs in der Wirtschaft. redesstmz ans »em Maser Nusvlatz Prag, 18. Okt. Am Sonnabend ereignete sich auf dem Prager Militärflugplatz tn Gbell ein furchtbares Flieger- Unglück. Der Militärflieger Stabskapttän Knazt- kovsktj war mit dem Flugzeug S 21/182 anfgestiegen. als plötzlich bei einem Looping in einer Höhe von ungefähr 499 Meter beide Tragflächen abbrachen. Die herab- stürzende Maschine explodierte, fiel auf das Dach einer Kaserne und verbrannte. Der Flieger brach sich bei dem Sturz bas Genick und war auf der Stelle tot. Der Brand griff aus das Dach der Kaserne über, konnte jedoch bald ge löscht werden. Ein Soldat wurde auf dem Kasernenhof durch die herabstürzenden Teile des Flugzeuges schwer verletzt. Der ums Leben gekommene Flieger war der russische Graf Bazieky - Knazikvvskij, der tn die tschechoslowakische Armee als einziger Russe und bester Flieger der zaristischen Armee übernommen wurde. Stabskapitän Knazikovskis ist das 18. Opfer, das die tschechische Mtlttärfliegeret im Lause dieses Jahres forderte. Schwere Llrislücksfalle tn Frankreich Sin Verkehrsflugzeug abgeftürzt Paris, 18. Oktober. Nach einer Meldung aus Casa blanca ist das regelmäßige Passagierflugzeug der Compagnie Acropostale, das den Dienst zwischen Toulouse und Casablanca versteht, am Sonntag tn Larache (Spanisch- Marokkoj abgestürzt. Nach den bisher hier vorliegenden Mel- düngen sollen der Führer und drei Fahrgäste aus der Stelle getütet ^worden sein. 1 Tote und 1L Verletzte bet eine« SlntobuSnnglück Paris, 13. Oktober. Ein furchtbares Unglück ereignete sich am Sonntag bei einem Bahnübergang in der Nähe von Morestel bei Grenoble. Ein Autobus, der den Verkehr mit Grenoble versieht, wurde von einem Zuge erfaßt mrü voll kommen zertrümmert. Vier Personen wurden ge tötet und zwölf zum Teil lebensgefährlich verletzt. Infolge orkanartiger Stürme sind dt« Telephon. Verbindungen mit Grenoble unterbrochen, so daß Einzel heiten bisher fehlen. Bon Berliner Bühnen Boev-tns „Fürst Agor" tn -er Staatsoper Welch seltsames Schicksal ist dem „Fürst Igor", der ein- zigen Over Borodins. beichteden gewesen! Fast zwanzig Jahre lang, wenn auch in großen Zwischenräumen, hat der Kom ponist an ihr gearbeitet, »m sie schließlich doch unvollendet zu hinterlassen. Aus dem Nachlaß, der aus Klavierskizz.'n, »nzusammenhängenbem Text und einem ganz dürftigen Szenarium bestand, ergänzten Rimsku - Korsakow und sein Schüler Glasunow das Werk zur guten Hälfte. Vom dritten Akt war säst überhaupt keine Musik vorhanden. Erst 2>4 Jahre nach dem Tode Borodins wurde die Oper in Petersburg uraufgeführt, um dann erst 1925 zum ersten Male in Deutsch land, und zwar in Mannheim, zu erklingen. Jetzt erst, fast 49 Jahre nach seinem Tode, kommt sie nach Berlin, jetzt erst erscheint sie fast zur gleichen Zeit in Zürich, Breslau, Brüssel, Paris, ja selbst in Südamerika. Der Unterschied zwischen der von Borodin herrühren den Musik und ihrer späteren Ergänzung wird peinlich fühl bar. Es ist den Bearbeitern nicht gelungen, das Niveau zu halten. Alles, was Borodin fertig hinterließ — der erste Chor, die Polowctzer Tänze, die Klage Jaroslawnas, die Arie des Wladimir Iaroslawttsch iBarttons. die Arien des Kontschak iBahs und der Kontschakowna sAlts, sowie Rezita tiv und Lied des Wladimir Igorewitsch (Tenors und der Schlußchor —, ist von blühender Erfindung, melodisch an ziehend, gewählt in der Harmonik und ungemein geschmack voll in Anlage und Ausbau. Höchst reizvoll auch ein zarter, duftiger Mädchenchor im zweiten Teil des ersten Aktes, der in der Skizze wenigstens sicher auch von Borodin stammt. Aber der dritte und vierte Akt gleich schwach im Szenischen wie im Musikalischen. Ja. der vierte so nichtssagend, daß er den Erfolg des Werkes ernstlich tn Frage stellt. Obwohl man eS mit einer Nummernoper der alten Schule zu tu» hat, obwohl die Uebergänge und kurzen Zwischenspiele zwischen den einzelnen Szenen und selbst innerhalb der ge schlossenen Nummern naiv und ungewandt anmuten, obwohl die Handlung sehr dürftig, ihr Fortschritt säst unmerklich, da gegen die Belastung mit ausschmückeiiden und abschweisenden Episoden überall fühlbar ist, ging daS Publikum bei der Erst ausführung in der StaatSoper Unter den Linden non Anfang an gut mit „nd zeigte sich am Schluß des zweiten Akte» sogar begeistert. Aber eS waren die bekannten Polo- wetzer Tänze mit ihrer rassigen Musik tn der glänzenden DarLietung durch Rudolf p. Laban, die zündeten. Die beiden letzten Akte sielen naturgemäß stärker ab. so daß schließlich kaum noch ein Achtungserfolg zustande kam. Um der schönen, Geist und Gemüt in gleicher Weise ansprechende» Musik Borodins tn den beiden ersten Akten ist dieser Aus gang sehr zu bedauern. Eine weitere Gefährdung des Werkes ist von der „Ge samtausstattung" des russischen Malers Wladimir Novikow zu befürchten, der den „Fürst Igor" mit getst- und phan tasielosen, plumpen und klobigen Dekorationen ausstattcte: das letzte Bild war bis zur völligen Unverständlichkeit maniriert. Viel zu pathetisch und feierlich wirkte Friedrich Schon in der Titelrolle. Er verfügt nicht Uber die Wärme des Ausdrucks, die Schallapin der groben Arie im 2. Akt zu geben weiß: dem russischen Stil suchte er vergeblich durch ein beständiges Portamento beizukommen, immerhin setzte er sich dank der markigen Krast seines vorzüglich tragenden Baritons durch. Wenig trat Theodor Scheidl tn der Rolle des Iaroslawttsch hervor. Ganz ausgezeichnete gesangliche, bis ins kleinste auSgefeilte Leistungen boten aber Elisabeth Friedrich sIaroslawna), eine neue Kraft an der Staats oper, Karin Bran zell sKontschakownas, Emanuel List sKotschaks und Helge Noswaenge (Igorewitschs. Das unter Alkohol gesetzte Paar Skula und Eroschka, das dem Vagabundenpaar Warlaam und Missail in Mussorgskts „Boris Godunow" täuschend ähnlich sieht, wurde von Otto Helge rS und Waldemar Henke mit drastischer Komik ge geben. Vortrefflich spielte das Orchester unter der liebe vollen, auf Glanz und Temperament bedachten Leitung von Leo Blech, der anderseits den stimmungsvollen Abenbchor im Polowctzer Lager denkbar zart und wetch herausbrachte. Die tm „Fürst Igor* so wichtigen Chöre waren auf das sorgfälttgste etnstudtert. Einen Sonderersolg erzielte Rudolf v. Laban mit der ungemein geschmackvollen, in Farbe, Gruppierung und Gestik wundervoll abgestimmten, tn jedem Takt dem musikalischen Ausdruck folgenden Einstudierung der Poloweher Tänze. Der Eindruck, baß die Staatsoper mit der Verpflichtung diese» Tanzbtldner» «Inen glücklichen Griff getan hat, war allgemein. So anmutig bewegte, zwanglos tn den Rahmen der Handlung gestellte und durch über raschende Einfälle fesselnde Tänze haben wir tn Berit» lange nicht mehr gesehen. Paul Zschorltch. -en Schauspielhäusern Trotz allen Enttäuschungen, die das jung« Gpielsahr den nachträglichen Kriegsstücken, diesen in Dialog« ansgetetlten Memoiren, gebracht bat, wagt eS Galtenburg tn seinem Theater Le» Westen» «och einmal Hamit. »BreK-LitK«lr* von H. I. Re Hst sch soll das Drama des europäischen Frik. denSschlusses vorstellen. Zu dem Zweck hat der Verfasser ein Verzeichnis der Hauptbeteiltaten an jenen FriedenSverhand- lungen angelegt, das zum Personenzettel wirb: Kaiser Wil helm II., General Hossmann, Gras Czernin. Trotzki, Kühl- mann, Kamenew u. a. Rehfisch ist sichtlich bemüht, sich in jede dieser Gestalten möglichst ohne Voreingenommenheit hin- einzudenken, objektiv zu sein. Das unterscheidet thn vorteil, hast von den blöden Verzerrungen der beiden Matrosenstückc, auch steht er als Dramatiker hoch über seinem BerufSgenossen Müller altas Goldbaum (beide sind Rechtsanwälte). der „1914" verbrochen hat. Also verdient Rehftsch unstreitig den Preis unter den Kriegsstückschreibern, die uns in diesem Herbst be glückten, aber auch der Einäugige kann in gewisser Gesellschaft König sein. Was Mehfisch von den Vorgängen jener Verband- lungen schildert, stammt — die Gestaltung TrotzktS und de» Generals Hosfmann mache» es besonders deutlich — tn der Hauptsache aus Memoiren. Rehfisch gibt also nicht Wirklich- keit, sondern abgezogene Betrachtungen, noch dazu Betrach tung, die weniger auf historische Wahrheiten als aus Polemik »nd Selbstverteidigung btnauSläuft. Die Schiefheiten un- sprunghaften Momente, die so entstehen, hindern nicht, daß ge rade durch die persönliche Begründung manche fesselnde Szene entsteht s3. Akts, zumal da die Personen nicht wie sonst bei Rehsisch mit vergeblichem Tiefsinn kokettieren, sondern eine natürliche Sprache sprechen. Auch verrät der Szenenbau den geschickten Fachmann. Wer es also sür pikant hält. Lebende schauspielerisch kopiert zu betrachten, wer es über sich gewinnt, jene Vorgänge einer Epoche, die wir schmerzlich miterlebten, noch einmal tn Bühnenbildern von scheinbarer Aehnltchkeit an sich vorüber, ziehen zu sehen, der mag sich durch mein persönliches Be- kenntnts, daß solche KriegSdramen mir nachgerade — selbst in dieser kultivierten Form — schwer erträglich sind, nicht behindern lassen . . . Die Darstellung tat sehr viel zugunsten dieser Aehnlichkeit, besonders Friedrich Kayßler sGeneral Hoss manns, Homolka (Trotzkis. Loos (Kühlmanns, GinS- berg (Kamenew) schufen ausgezeichnete Typen. Paul Bildt versuchte den Kaiser ohne Uebertretbung zu geben. Die Zu schauer hielten sich an das dramatisch und dialektisch Wirksame» sowohl Trotzki wie General Hosfmann erhielten ihr reichliches Maß an Beifall, bis die Länge des Stücks und daS Heran rücken der Mitternacht etne besänftigende Müdigkeit aus« wirkten. e Stn theatergeschtchtliche» Ereignis war -te neue Megtetat Max Reinhardt», Am 1. Januar 1995 hatte er seinen ersten volkstümlichen Erfolg, der auch der Menge die Auge» Mer seine Bedeutung öffnete, «tt »em ^LommeruachtS»
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