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VoigllänWtr AMM. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen GerichtSSmter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. I HechMnMdMWster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. MS Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnementSprei«, welcher pi-ünluovi-auäo zu eutrichtra ist, bei Beziehung durch di» Post 1 Tblr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Bormittags 11 Uhr eingeben, werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer ausgenommen, spater ein- Mbe Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die ^rwärngen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Boigtländiiche Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Karl August Kretschmer, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn E. A. Hüttel »«a., in Mühltroff bei Herrn Lhauffeegelder'Einnehmer Holzmüller. Mittwoch. 6* December 186L. Die abscheuliche tückische asiatische Cholera, welche seit dreißig Jahren Europa bald den Meeresusern, Häsen und Flüssen entlang durchzieht, bald in Sprüngen hie und da unvermuthet auf tritt, gegenwärtig ganz Deutschland ver schont und nur Sachsen heimsucht, hat nun auch unser Voigtland betreten. Wir hielten uns sicher bei unserer gesunden Luft, unserem vortrefflichen Wasser ruf unseren Höhen, ja selbst, als sie im Pleiße- und Muldenthale auftrat, schmeichelten wir uns, sie werde die Wasserscheide nicht überschreiten und sporadisch oder vereinzelt daselbst wieder erlöschen. Wir täuschten uns, und kein Mensch vermag Gewähr zu lei sten, daß sie nickt von Elsterberg aus der Elster entlang auf- ober abwärts ihren unheilvollen Weg weiter fortsetzen oder in Sprüngen nach verschiedenen Orten sich einnisten werde. Noch ist erst die Natur und Wirkung ihres Gifthauches erforscht, ihre Entstehungsursachen sind der ärztlichen Wissenschaft noch eben so theilweise ein großes Fragezeichen, wie noch kein Spezifikum, kein in allen Fällen sie hebendes Gegenmittel bekannt ist. Aber Erfahrung und Wissenschaft hat doch die Mittel und Wege festgestellt, durch welche das Entwickeln des Gifthauches, soweit dieß in menschlicher Macht steht, gehindert, der Verbreitung desselben Einhalt gethan, die Seuche selbst an dem einzelnen Erkrankten mit mehr oder minder günstigem Erfolge bekämpft werden kann. Und in dieser Beziehung ist in unserem lieben Vaterlande bereits von Seiten der Staats- und Gemeindebehörden, von ärztlicher Aufsicht, Kunst und Wissenschaft angeoronet und ausgeführt worden, was immer möglich war und irgendwie zweckentsprechend erschien, und vom Throne an bis zum Geringsten im Volke rst die Menschenliebe bestrebt, das Elend der heimgesuchten ärmeren Biüter zu lindern. Selbstverständlich wird dieß auch ferner geschehen. Aber an uns Alle tritt noch vor der Seuche selbst die gebieterische Verpflichtung, nicht nur Lie Maßregeln der Behörden selbst einzeln und kräftig zu unterstützen, sondern auch an unserem Theile, in unseren Wohnungen, an unseren Familien und uns selbst die Winke und Regeln zu befolgen, die uns und Andere vor der Seuche möglicher Weise zu schützen oder doch, wenn sie uns trifft, mit Gottes Hilse zu retten vermögen. Erfahrungsmäßig sind die Abtritte und stehenden Wasser die Kochheerbe der Seuche; wohlan, so entpesten wir dieselben fleißig nach den Anordnungen der Behörden! Schmutz und Unreinlichkeit in f Wohnung, Kleidung und Wäsche leisten dem Uebel Vorschub. Nun, da liegt in Jedermanns eigener Hand die Waffe gegen den Feind! Unmäßigkeit, schwer verdauliche, saure Speisen, hitzige und unausgegohrene Getränke fördern die Krankheit; sollte da nicht Jedermann soviel Selbstbeherrschung besitzen, sich ihrer zu enthalten? Erkältung, namentlich des Unterleibes, ist vor Allem zu meiden. Ost denn Vorsicht hierin eine so unlösbare Aufgabe, und eine wärmende Binde für den Unterleib unerschwinglich? Die Mahnung, den Arzt sofort zu rufen, sobald in solchen Zeiten uns das geringste Unwohlsein namentlich Diarrhöe befällt, läßt wohl ohnedieß kein Verständiger an sich vorübergehen, da selbst dem Aermsten ärztliche Hilfe zu Gebote steht. Und haben wir Alle, jeder zu seinem Theile und in seinem Kreise gethan, was die Fürsorge der Behörde, die Er fahrung und Wissenschaft der Aerzte uns verschreibt und der eigene Verstand von uns fordert, dann dürfen wir auch der Hilfe Dessen vertrauen, ohne den kein Haar von unserem Haupte fällt, und Muth und Entschlossenheit wird die > Furcht vertreiben, durch welche die Gefahr nur vergrößert wird. Die Zeit ist - ernst, eine schwere Heimsuchung GotteS droht unserem Voigtlande. Möglich, f daß die Seuche auf das arme Elsterberg (3557 Einwohner) sich beschränkt » und dort, wie in Crimmitzschau oder Zwickau in kürzerer Zeit siegreich bekämpft und erstickt wird; möglich aber auch, daß sie menschlicher Anstrengung spottet, sich dort einnistet und ihr giftiger Athem andere Orte anhaucht. Wenn dann Handel und Wandel, Gewerbe und Geschäft einer Stockung oder gänzlichen Hemmung entgegen gehen, die Nahrungslosigkeit im Verein mit der Strenge des Winters die Aermeren drücken, zu erdrücken, die Liebe zu erkalten, die Selbstsucht herrschend zu werden drohen sollte, dann erst wird die Menschenliebe in ihrem vollen Umfange ihre Probe zu bestehen haben und an jedem Menschen offenbar werden, was in ihm göttlich ist; dann wird das wahre Gottoertrauen in der That sich zu zeigen haben und sich bewähren. Wohl ist gegenwärtig unter den 239 Städten und Dörfern des Voigtlandes daß Unheil nur über einen Ort gekommen; aber nur werden wohl thun, der Gefahr in Zecken in die Augen zu sehen und uns gegen sie zu wappnen. Bleiben wir verschont, so kann Vorsicht und Gefaßtsein in allen Fällen nicht schaben, sondern nur nützen; zieht die Seuche hier oder da bei uns ein, so wirb sie uns nicht über raschen, sondern gerüstet, mulhig uno entschlossen finden. Darum hinweg die bleiche Furcht! Greifen wir zusammen zur Unterstützung der Behörden, thun wir selbst verständig das Unsere, und dann wird der, welcher noch nichts ver sehen hat in seinem Negimente, auch das Seinige thun! Zeitungen, ä a ch s e II. Unsere Leser erinnern sich gewiß noch mit Vergnügen des Kinder-ConcertS, das vor 3 Jahren nach dem Voigtlänbischen Sängerfeste in der Sängerhalle zu Plauen aufgeführt wurde und allgemeinen Beifall fand. Dem Vernehmen nach wird am 14. d. M. von über 200 Kindern der 1. hiesigen Bürgerschule im obern Saale der Erholung wiederum ein großes melodramatisches Klnder- Concert zum Besten einer milden Stiftung gegeben werben, auf welches wir im Voraus hinzuweisen uns erlauben. Der Werth des von Fr. Hofmann gedichteten unv von Jul. Otto componirten Musikstücks: „Weih nachts fest," sowie der jedes Gemüth ansprechende kindliche Gesang dürfte allen Kinoer- und Gesangfreunben einen angenehmen Abend verbürgen Ein soeben erschienenes, vom General-Staatsanwalt vr. Schwarze be arbeitetes Tabcllenwerk enthält die Cwil- und Criminalrechtspflege m Sachsen während der Jahre 1860, 1861, l862. Wir entnehmen daraus einige wenige Zahlen. Es wurden nämlich bei den Civllgerichten anhängig gemacht im Jahre 1860: 1861: 1862: Civilproceste überhaupt 78539 83835 95035 Darunter Wechselproteste 3723 4884 6451 Klagen auf Ehescheidung 815 849 909 Davon endeten mit gerichtlicher Trennung 470 417 433 Darunter wegen Ehebruchs 128 106 100 Wegen lebensgefährlicher Mißhandlung 126 131 137 Indem wir die Zahlen der übrigen Processe übergehen, bemerken wir nur, daß von allen Processen die Wechselproteste sich in der unerquicklichsten Weise vermehren, gewiß ein Zeichen der Zeck, das auf keine gesunven Zustände im HanbelSstande deutet. Von allen Eheprocesten in diesen drei Jahren wurden 1083 oder 42 Procent von den Ehemännern, 1490 oder 58 Procent von den