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WgÜiinWtr Anzeiger. Amtsblatt für daS Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. r 8ech5uiMMnzWer Jahrgang. — Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. M>ieseS Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher pi-änume^näo zu entrichten ist, Huch bei Beziehung durch dir Post 1 Thw. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später ein- Hchendc Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zcile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die 'Auswärtigen König!. Gericbtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Karl August Kretschmer, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöneck bei Herrn E. A. Hüttel 8«a., in Mühltroff bei Herrn Ehausseegelder-Einnehmer Holzmüller. — - - - - - — Sonnaben- 3. Juni 1865 Es liegt auf der An daS arme Schleswig-Holstein, das unter der Last seiner Befreier seufzt .'.amd in der Schwebe hengt, denkt man gegenwärtig weniger. Nachdem die ^preußischen Junker ihre directen AnnexionSgelüste nicht auszuführen vermochten, avird jetzt mittelbar ein anderer Pfiff versucht. Nicht die Volksvertretung von ' 1848, welche das ganze Volk vertritt, und von welcher man im Voraus ?weiß, daß diese ziemlich einmüthig den rechtmäßigen Herzog proklamiren würde, .will man einberufen, sondern die alten Stände von 1854, die so viel junker- .liche Bestandtheile enthalten, daß man von ihnen mit Grund eine Kundgebung für Annexion an Preußen hoffen darf. Allein Oesterreich sieht recht wohl, wohinaus man damit will und mag hierauf nicht eingehen, wenigstens sollen ^die Stände von 1854 nur ein Wahlgesetz berathen, welches allerdings auch Knickst gar zu weit gefaßt werden dürfte. So wird hin- und hergezerrt, ein sMonat nach dem andern vergeht, und die armen Elbherzogthümer wissen und ' erfahren nicht, wem sie angehören, müssen aber die Last der Einquartierung von 2!,000 Preußen und 6000 Oesterreichern fort und fort tragen und in Geduld 'stehen, was die zwei „Mitbesitzer" über sie beschließen werben. Wenn es mit Fug und Recht jedem rechtschaffenen Deutschen die Galle erregte, daß die treff- ' Üchen Bewohner zweier der schönsten deutschen Länder von dem dänischen Zwerge ^dreizehn Jahre auögesaugt und geknöchelt werden durften, so ist es wahrlich nicht weniger geeignet, das Blut in Wallung zu bringen, wenn den großen * deutschen Befreiern das befreite Volk als Figuren für ihr diplomatisches Schach spiel dienen müssen, dem einen, um es zu verschlucken, dem andern, um dieß ' ,u verhindern. Und unterdeß hätte die Bismarksche Politik daheim im eigenen i Hause und vor der eigenen Thüre genug und überflüssig zu kehren und zu fegen; denn das Zerwürfniß zwischen dem preußischen Ministerium uno Ler ^2. Kammer, hinter der der ganze Mittelstand steht, ist so weit gediehen, Laß ' eine Ausgleichung rein unmöglich erscheint und entweder das Ministerium ab treten, oder die Kammer auf immer heimgeschickt und militärisch-absolutistisch auch in der Form, wie schon seit vier Jahren dem Wesen nach, fort hanthiert werden muß. Die italienische Frage hat neuerlich eine ganz entschiedene Wendung be kommen. Louis Napoleon will, wie es scheint, mit Italien und dem Papste endlich ganz aufs Reine und zur Ruhe gelangen. Daher mußte als Antwort ' auf ein vom Papste ergangenes Schreiben sein italienischer Lehnskönig einen i Gesandten, Vegezzi, nach Rom schicken, um die kirchlichen Angelegenheiten in's Reine zu bringen. Das Gesetz, nach welchem alle Klöster und geistlichen Güter eingezogen, die geistlichen Brüderschaften aufgehoben re. werden sollten, wurde f schleunigst zurückgezogen — der Papst soll vor Freude darüber Thränen ver- ! gossen haben — und die Unterhandlungen mit Rom eröffnet. Es sind eine ! Menge Bischofssitze in Italien erledigt. Der Papst will dem Könige nur daS Bestätigungsrecht lassen über die Bischöfe in Piemont re., nicht aber es ihm l cimäumen über dir Bischöfe in den annexirten Provinzen. Sind nun auch j beide Theile noch nicht vollkommen einig, so scheint doch sicher, daß an ein weiteres reformatorisches Vorgehen Seiten des Staates in Bezug auf kirchliche Dinge und Einrichtungen gegenwärtig nicht gedacht wird, eben so auch wenig Aussicht vorhanden ist, daß die Italiener in den so sehnsüchtig gewünschten Besitz des Kirchenstaatsrestes und der Stadt Rom kommen. Venetien, meint der Franzose Persigny, würden sie mit der Zeit kaufen! Die Mazzinisten und Garibaldianer sind über diese Reaction wüthend und sollen einen großen Anfang zu einem Militärstaat — die andern entläßt er. Hans, daß viele Tausende der Entlassenen keine Neigung mehr verspüren, zu den saueren Arbeiten des Friedens zurückzukehren, wohl aber das gewöhnte Leben und Treiben fortführen möchten und sich deßhalb gern nach Mexcko an werben lasten. Wird nun wohl auch die Unionsregierung diese Anwerbungen nicht amtlich gut heißen, so muß ihr doch selbst daran gelegen sein, daß der artige Elemente auswärts ihnen zusagende Beschäftigung finsen, ganz abgesehen davon, daß deren „Auswanderung" trefflich dient, die nachbarlich: Monarchie zu gefährden. Es fragt sih nun, was Louis Napoleon thun werde, wenn die Gefahr für Kaiser Max groß wird. Die Franzosen sahen vom Anfänge an die mexikanische Expedition, wie alle andern, so höchst kostspieligen nach Cochin china rc., nur äußerst mißvergnügt an. Die mexikanische hat bereits 600 Mill. Franken gekostet und Frankreich außer Ruhm nichts eingebracht, wenn gleich Schlag vorbereiten, waS dadurch Bestätigung zu erlangen scheint, daß der in Italien commandirende österreichische General Benedek seine Armee durchaus nicht verringern läßt, wie es doch für die übelbestellten österreichischen Finanzen so sehr wünschenswert!) wäre. Sollte aber selbst ein Putsch versucht werden, so wird die italienische Armee, die nicht gut auf die Actionspartei zu sprechen ist, hinreichen, jeden Aufstand zu unterdrücken, und sollte der Wahnsinn sich dahin versteigen, daß mit Freischaaren ein Emfall nach Venetien gemacht würde, so ist der trübselige Ausgang desselben im Voraus mit Händen zu greifen. Auch dem Prinzen Napoleon steht es nicht an, daß es in Italien nicht mehr vorwärts gegen Papst, Klöster und Kirchenstaatscest geh*: soll. Ec hat deßhalb in Ajaccio auf Corsika, als das Standbild des ersten Napoleon dort aufgerichtet wurde, ein: fulminante "Rede dafür gehalten, daß die weltlich: M rcht des Papstes aufhören müsse. Darauf erfolgte dec bekannte tüchtige W scher des Kaisers und der Rücktritt des Prinzen von seinen Staatsämtern. Seinen Sitz im Senat behält er bei. UnS scheint, Louis Napoleon will gegenwärtig in den europäi schen Angelegenheiten Ruhe um jeden Preis haben, da die Dinge in Amerika, besonders in Mexiko, gar bald seine ganze Thätizkeit in Anspruch nehmen dürf ten. Dort sind die aufgeregten Leidenschaften noch lange nicht beruhigt, der mexikanische Thron noch lange nicht befestigt. Der Süvpräsioent Davis wird amtlich beschuldigt, am Meuchelmorde Lincolns Theil zu haben. Hrt ec diesen wirklich veranstaltet, oder auch nur davon gewußt und ihn gebilligt, und ist ihm solche Mitschuld oder Urheberschaft nachzuweisen, so wird Niemand gegen seine Bestrafung etwas einzuwenden haben. Allein wie fürchten, daß die Ec- bitterung der Nördlichen eS mit dem Ueberführen des Angeklagten nicht ganz genau und streng nehmen dürfte. Die Massen wollen in Zeiten mächtiger Erregung ebenso ihre Opfec haben, wie sie sich ihre Götzen machen und diese beräuchern. In Johnson ist ohne Zweifel ein heißblütigerer Theil der republi kanischen Partei vertreten, als in Lincoln, und es fragt sich, wie weit Seward noch das eigentliche Heft in den Hansen führt. Aber selbst in dem Falle, daß Davis schuldlos befunden werden sollte, ist es noch eine Frage, ob die Re gierung der Wuth gegenüber, die im Volke auf Davis sich concentrirt, den Willen und die Kraft finden werde, diesen zu schützen. Jndeß dieß verursacht Louis Napoleon schwerlich Sorge; destomehr aber die unter dem Titel „Aus wanderungen" gegen Mexiko von den Gegnern des Kaisers Max betriebenen Anwerbungen von entlassenen Soldaten des Nordens. Dieser will nur 160,000 Mann unter den Waffen behalten, — beiläufig gesagt, immer ein hübscher