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VoigllimWer Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträche zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. Zweiundflekenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, and zwar Dienstag«, Donnerstags und Sonnabend«. Jährlicher Lbo»uement«prei«, welch« zu entricht« ist, auch vei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bi« Vormittag« 11 Uhr eingehen, werden iu die Tag« darauf erscheinend« Nummer ausgenommen, spät« emachende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Lorpu«-Aeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr.— Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadlräthe, für welche der Boiatländi'chc Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn C. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard M:yer, in Mühltroff bei Herrn Ehauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. Donnerstag. 140» w. Dezember 1881. Als ob der Noth und des Elends, das ohnedieß in Folge der heurigen Mißernte, der Parteiwuth und des Bürgerkrieges auf dem von Gott gesegneten süditalienischen Ländern centnerschwer lastet, noch nicht genug wäre, hat nun auch noch am 8.-Dez., am Sonnabend vor acht Tagen, als wir einen so gewaltigen Südweststurm mit Schneegestöber hatten, der alte Sünder, der Vesuv, fünf Krater oder Feuerrachen auf einmal geöffnet und strömt seine Lava, seine streng- flüssigen, geschmolzenen Stein- und Erzfluthen von seinen Höhen herab, und Überschüttet meilenweit da- unglückliche Land mit feurigem Staub- und Asche regen, daß alle Pflanzen verbrennen und Menschen, Gebäude und Thiere zu Grunde gehen. Auch die warme Witterung mrt Regen, die bei uns den De zember zum Frühlingsmonat stempeln will und bodenlosen Schmutz verursacht, ist ohne Zweifel Folge der Ungeheuern Wärmemaffen, di« dem Feucrberge ent strömen und von der Süvluft über die Alpen herauf bi- zu un- getragen werden. Da wir über den Fortgang de- englisch-amerikanischen Zerwürfnisses bi- nach dem „Borenkindel" keine Nachricht erhalten können, und in der leidigen Politik gegenwärtig ein Süllstand eingetreten zu sein scheint, der preußische Landtag noch nicht zusammengetreten ist, der Tod de- Prinz-Gemahls der Kö nigin von England einen Einfluß auf die Welthändel nicht äußert, und die Würgereien der Piemontesen und der bourbonischen Freischaaren in Süditalien Niemanden mehr interessier,, wahrscheinlich auch noch geraume Zeit fortdauern werden, — so wollen wir unseren Lesern Einiges über den Vesuv und seines Gleichen mittheilen, da doch vielleicht Manche darüber noch nicht recht im Klaren sind. Wer es ist, überschlage es! Der Vesuv liegt 2 '/s Stunde süd östlich von der Stadt Neapel und erhebt sich etwa 4000 Fuß über die MeereS- fläche, hat also mit unserem Fichtelgebirge im Erzgebirge ziemlich gleiche Höhe. Bon der Stadt bis zum Feuerberge hin steigt der Boden schwach an, so daß also Neapel selbst nicht außer Gefahr vor den Ausbrüchen de- Vesuv ist, es müßte sich denn sicher auf den Schutz eines Standbildes seines Schutzheiligen, Januarius, verlassen können, da- vor der Stadt gegen den Vesuv hin mit drohend aufgehobenen Finger errichtet ist. Auf der dritthalb Stunden sauft ansteigenden Fläche liegt zunächst von Neapel ab der Flecken Portici mit 5000 Einwohnern am Meere, nahe bei der 79 nach Christi gänzlich verschüt teten Stadt Pompeji (damals 40,000 Eimv.) etwas weiter hin das Lustschloß Caserta, und in der Nähe des Vesuvs die Stadt Torre del Greco mit 16,000 Menschen, ein halbes Stündchen davon nach dem Meere hin der Flecken Castellamare, auf den Ruinen der ebenfalls 79 nach Christo verschütteten Stadt Stabiä, und 2 Stunden östlich von Neapel die Stadt Nesiua mit 10,000 Einwohnern, die theilweise auf der ebenfalls 79 nach Christo verschütteten Stadt Herkulanum steht, (damals etwa 20,000 E.) welches man deßhalb nicht ganz ausgraben kann. Von Torre del Greco öder von Resina aus besteigt man gewöhnlich den Vesuv. Dieß die Oertlichkeit. Den Fuß deS Feuerberge- umgehen die üppigsten Weinberge, stellenweise bis zur Hälfte der Höhe hinauf, kie den feurigen Wein liefern, der unter dem Namen „Lacrymä Christi" bekannt ist. Zwischen dies«» lachenden Weingärten ziehen sich vom Berge herab tiefe, schwarze, unfruchtbare Schluchten, die feit Jahrtausenden von der Lava und den Wassermassen gerissen sind, welche der Berg zeitweise auSwapf. Hn diesen grusig wilden Schlucht« hat die Lava zackige Felsen aufgehÄ^t^ gleich einem todten Meere, dessen finstere Wellen plötzlich erstarret«. WbßttL ^hinauf nach d«m Äpfel zu wird die Natur immer dürftiger; die Strecken, welche nicht von Lavaströmen verwüstet sind, bedecke» Kastanienwälder, aber zwischen dem Lavagestein ragt nur vereinzelte- kümmerliche» Geniste hervor. Auf der Hälfte des Berges steht auf einer freundlichen Stelle eine mit Ulmen umpflanzte Einsiedelei, eine Art Herberge für die Reisenden. Der Eremit bewirthet die Fremden mit Wein, Brod rc., auch kann mau daselbst übernachten. Bis eine halbe Stunde über die Einsiedelei aufwärts kann ma» noch reiten, dann aber hört dieß gänzlich auf, und man muß die letzte Höhe zu Fuße erklimm«. Das ist höchst beschwerlich, weil mau nun in Asche «ud Sand waten inuß, der mit dünner Lavaschicht bedeckt ist, und weil die Spitze des Berges in einem Winkel von 45 Grad ansteigt. Nach fast einstündigem Klettern gelangt wa» endlich an den Rand der Am-resse, au- der nur schwacher Rauch anfsteigt, so lauge der Vulkan oder Fewerberg ruhig ist Die Esse selbst heißt Krater und wechselt bei jedem AnSbruche die Gestalt. Der Krater hat einen Umfang von etwa drei Viertelstunden und eine Tiefe von 200 Elle». In dem Krater oder Kessel ist wieder ein kleiner, kegelförmiger, glühender Aschenhügel, dessen öbere Spitze die Müudung, der Mund, die Bocca deS Spei- teufels ist. Ans diesem Munde wirst er im gewöhnlichen Zustande unter lautem Krachen gelbe Ballen von dichtem Schwefelrauch, Feuer und geschmolzene Steine wie Leuchtkugeln in die Höhe. Bald seufzt die Mündung und stöhnt, als sollte» die Bergwände ringsum einstürzeu; bald bricht sie in ruckweise» Krachen au-, bald wirft sie mit wilder Schnelligkeit Rauchballeu und feurige Steine au». Wohl gemerkt, dieß ist der gewöhnliche Zustand. DaS kann man oben v»m Rande des Kraters ohne Gefahr ansehen, eben so auch in den Kessel hinab» und an den Aschenkegel hinau steigen und in den brennenden Mund sehen. Freilich darf man nicht zu nahe an den mürben „Rand" des Mundes tret«, muß auch sich hinter den Wind stell«, um nicht vom Schwefelrauch und de» glühend« Steinen zu leiden, auch sind feste Stiefel nöthig. Lange hält ma» es indeß nicht auS. Der Zustand gänzlicher Ruhe geht gewöhnlich den hef tigsten Ausbrüchen voraus, oder folgt ihnen. Da raucht der Berg langsam und gleichmäßig, der Rauch verlheilt sich oben in der Lust überall hin, im Innern hört man es nicht krachen. Allein in der Regel, wie gesagt, ist der Vulkan in müßiger Bewegung. Da steigt der Rauch des Tages über al- schwarze Säule, de» Nacht- al- erleuchtete Wolke stoßweise, bald strahlenförmig, bald wirbelnd empor, vermischt mit Asche, glühenden Steinen und Klump« geschmolzener Steinarten. Unter unterirdischem Donner werden diese in die Luft geschleudert. Stöße und Auswürfe sind natürlich sehr verschied«. Bricht endlich aber der Vulkan wirklich aus, dann gehen oft tagelang Erdbeben voran, ehe sich die Lava, die nunmehr nicht blo- mehr, wie häufig im Zustande mäßiger Bewegung, auS dem Munde des Aschenkegel- fließt, — ein« Ausweg durch den Mittlern Theil oder durch den Fuß des Berges — wie ohnlängst, am 8. Dez. d. I. an fünf Ort« bricht. Diese Erdbeben find Folge davon, daß die im Berge unterirdisch hin und her gährenden und wogenden feurig flüssigen Massen durch die mit dichtem, eisenharten Lavagestein bedeckte Decke deS Berges hinaus wollen, bis endlich der Harnisch um dm Berg unter fürch terlichen Krachen eine Spalte, eine Oeffnung bekommt, und die AuSwürfe häufig mit Blitzen herauSfahrm. Nun strömen außer dm Lavamassm auch ungeheure Mengen siedenden Wasser» heraus und verheer« im Verein mit Asche und Sand die Gegend. 1631 wurdm Torre del Greco und Portici verwüstet, und selbst bi» vor die Stadt Neapel drang damals da» fi-deutz- Wasser. Weil