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71. Jahrgang. 56 S41 Freitag. 22. Au» 1«7 «Segründel 1858 DradiantibrM, verchnlAt«« Draava« Fernivrechrr-Sammrlnuinmer-. 2V 241 Rar wr NachtgeivrLche: 20011 Bezugs-Gebühr ,o« 1«. bi« st. Juli bet täaltchiweitnaliaer tzuftelluno frei Laus l.so Mb. öokbewawrel» für Monat sin« 2 Mark olme Posyustellunasacbükr. ett»»«l»n»«e» ro Pfennig Anzeigen-Preise: vl» Anreisen werden na» Goldmarb berechne!: dt« «tnlvaltia« « mm breite Feile »Psa., für au »wärt» «Pis. ffamilienameigen und Stellengesuche vllnc Rabatt » Via,, auberbalb S Psa.. die so mm breite Reklamezeile AX> Psa.. »uyerkalb ÄOPfg. Okkertenaebünr NBia. Ausw. Aufträge aeaen Vorausde,akla. SchrMeituna und Lauvtaeschä steilen», Marienktrabe 3S 42 Druck u. Berlag von Lievich ck Reichardt in Dresden Posticheck-Konlo lOSS Deeeven Nachdnick nur inii deullicker Quellenangabe «.Dresdner Nachr.'l ,uläillg. Unverlangte Schriftstücke werden nick« auibewabrt. kin Staatsbesuch Hindenburgs in London? Ein überraschender Vorschlag aus London angesichts -er „raschen deutsch-englischen Annäherung". Die Gebührenvorlage im Derwaliungsral -er Aeichsposl. — Um die Immunität -es Kommunisten Pieck in Wien. Berlin befürchte! Demonflralionen. London. 32. Juli. Die Zeitung .^Outlook" schlägt nach einem eingehenden Hinweis aus die Schnelligkeit der An- Näherung zwischen England und den ehemaligen feindlichen Staaten vor, die britische Regierung möge den Präsidenten des Deutschen Reiches v. Hindcubura zu einem Staatsbesuch nach London einladeu, dem später ein Besuch des englischen Königsvaares in Berlin solge« solle. — An Berlin wird diese Anregung als ein Versuchsballon betrachtet, und die Befürchtung ausgesprochen, daß bet der Durchführung eines gegenseitigen Besuchs „Demonstrationen nicht ausgeschloffen" wären. * Diese von englischer Seite gegebene Anregung ist erfreu, sich als ein Zeichen der Wertschätzung, deren sich Hindenburg persönlich in England erfreut. Es wäre aber gleichzeitig auch ein eindrucksvoller Beweis für die völlig wiedergewonnene deutsche Großmachtstellung, wenn das deutsche Reichsoberhaupt einen offiziellen Besuch in London abstatten würde. Auf das Scho, das dieser Gedanke in Frankreich findet, darf man be sonders gespannt sein. Reichswehr- un- Flollenvbungen auf Rügen. Berlin, 32. Juli. Mitte September werden auf der Insel Rügen und in dem dazugehörigen Seegebict gemein same Uebungen der Reichswehr und der Flotte statt- sinden, und zwar handelt es sich in erster Linie um Durch führung von Truppenlandungen und dergleichen. Reichs präsident v. Hindenbnrg »nd Rcichswchrminifter Dr. Keßler «erden an diesen Veranstaltungen teilnehmen. Im Nahmen der Uebungen wird am 14. September vor Rügen eine Flottenparade stattfinden, zu der alle beteiligten Marincstreitkräfte herangezogen werden. Bet dieser Gelegen heit wirb dem Reichspräsidenten zum ersten Male nach seinem Amtsantritt die Flotte vorgeführt werden, da bekanntlich bei seinen diesjährigen Besuchen in Wilhelmshaven und Kiel der größte Teil der Kriegsschiffe sich auf Auslandsreisen befand. Earol rvM -och nach Bukarest? Paris, 23. Juli. Der „Matin" berichtet über eine Unter haltung seines Vertreters mit einer hochstehenden Persönlich keit aus der nächsten Umgebung des rumänischen Exkron- prinzen Carol, die unter anderem erklärt habe, „König Carol von Rumänien" sei augenblicklich nicht in der Lage, der Presse eine Erklärung abzugeben. Gestern früh habe er den Mit gliedern der rumänische» Königsfamilie telegraphisch seinen Wunsch übermittelt, der Beisetzung seines Vaters beiwohnen zu können, bis jetzt aber noch keine Antwort erhalten. — Als Antwort dürfte die Veröffentlichung des Briefes auf- zusassen sein, denKönigFerdinand kurz vor seinem Tode an Bratianu richtete. Das Beileid des Papstes. Hoftrauer in Rom. Rom, 22. Juli. Der italienische Hof hat wegen des Ab- lebens des Königs Ferdinand eine 14tägtge Hoftrauer an geordnet. Der Papst hat durch den Nuntius in Bukarest dem rumänischen Hof sein Beileid aussprcchen lassen, ebenso hat er Anordnungen wegen eines feierlichen Requiems in der Sixtinischen Kapelle getroffen, das nach dem Ritus für das Ableben eines katholischen Herrschers gehalten wird. Grotzfürst Kyrlll künftiger Kronprütenderrl? Paris, 32. Juli. General Wrangelist an bas Kranken bett des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch gerufen worden, dessen Befinden zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß gibt. Es wird darüber beraten werden, ob die An hänger des Großfürsten nach seinem evtl. Ableben sich dem Großfürsten Kyrill anschließen sollen oder nicht. Koooer PrSsi-enlschaslskandi-at 7 tDurch Kunkspruch.) Washington, 21. Juli. Die meisten Zeitungen betrachten den gestrigen Besuch H o o v e r s bei C o o l i d g e, der ihn durch persönliches Abholen von der Bahn außergewöhnlich ehrte, als ein Anzeichen dafür, daß Coolidge Hoovers Kandidatur empfehlen werde, falls er sich nicht entschließen sollte, selbst zu kandidieren. Hoover erklärte, er werde aus Loyalität nicht gegen Eoolidge kandidieren. sW.T. B.) Neuyork, 31. Juli. Nach einer Meldung der Associated Preß aus Washington hat der ö. Panamerikanische Arbeiter- kongreß einstimmig die sofortige Zurückziehung der amerika nischen Streitkräste aus Nikaragua gefordert. lW.T. B., Das Teslamen! -er Königin A!exan-ra von Lnglan-. Der Kopenhagen«! „National Tidende" zufolge ist die Verteilung der Hinterlassenschaft der englischen Königin Alexandra, einer Tochter des dänischen Königs Christian IX., vorgenommen worden. Ihr Testament, in dem sie den größten Teil ihres Besitzes in einem Werte von etwa 80 Millionen Kronen dem norwegischen Kron prinzen Olaf zugesprochen hatte, war von den übrigen Ver wandten, d. h. der englischen Königsfamilie, angefochten worden. Nach dem Schlichtungsspruch erhält der norwegische Kronprinz außer einem Teil des baren Geldes nur das kost bare Si l b e r s e r v ic e. das -er Neuyorker Bankier Morgan der englischen Königin einst geschenkt hatte, und di« Königin Maud von Norwegen erhält ein paar Malereien von Rubens und Velasquez, die einen Mindestwert von 30 Millionen Kronen haben sollen, und die der Königin einst von Rothschild verehrt worden sind. Die übrigen Kostbarkeiten fallen dem englischen Königshause zu, darunter auch ein prachtvolles Geschenk Kaiser WilhelmsI. an Eduard VII. Das Paläsllnaman-a! an Natten? Widerspruch zionistischer Kreise. Paris, 22. Juli. Der „Liberia" wird aus Rom gemeldet, daß in den letzten Wochen ein eingehender Meinungsaustausch zwischen der römischen und der Londoner Regierung bezüglich der Abtretung des internationalen Mandats Englands über Palästina an Italien stattgcfunden habe. Die englische Regie rung soll einer solchen Abtretung nicht ablehnend gegenüber stehen, aber auf den Widerspruch zionistischer Kreise stoben, deren Einfluß in London groß sei. Van-ervel-e setz! -ie Lügenhehe fort. Anklagen gegen -en DMerrech!sgu!ach!er. Brüssel, 22. Juli. Der belgische Außenminister Bänder- velde hat dem Parlament den z w e i t e n B e r i ch t als Ent gegnung aus das Werk des deutschen Untcrsuchungsausschuffeö zugehen lassen. Vandcrvelde kritisiert die Zusammenstellung des Gutachtens des völkerrechtlichen Sachverständigen Professor Meurer, Würzburg, der die in B e l g i e n über den Gegenstand erschienenen Schriften nicht angeführt habe, obwohl sic ihm hätten bekannt sein müssen, und der anch Aendcrungen belgi scher Texte vorgenommcn «nd ihnen falsche Auslegungen ge geben habe. Wie in jedem Kriege, so habe cs auch in diesem einzelne Franktireure gegeben. Vandervcldc bcstreitet aber, daß ganze Dörfer und Städte sich gegen den Feind erhoben hätten Schließlich seien die den Franktireuren vorgcworfenen Verbrechen wie die den dcntschen Soldaten vorgeworsenen nur die Konsequenz der Verletzung der Neutralität Belgiens durch Deutschland. Der -eulsch--belgische Konflikt vor -em Dölkerburi-? Sin Vorschlag des „Daily Telegraph". London, 32 Juli. Der diplomatische Korrespondent deS „Daily Telegraph" beschäftigt sich heute mit dem dentsch-belgi- schen Notenaustausch im Zusammenhang mit den kürzlich vom belgischen Krtegsminister gegen die Reichswehr erhobenen An klagen. Der Brtchterstatter stellt fest, daßderTonaus beiden Seiten außerordentlich bitter und kaum mit dem Geiste von Locarno in Einklang zu bringen sei. Die Anklage beziehungs weise die versuchte Zurückweisung durch Deutschland könnte kaum überzeugen. Die belgische Regierung habe ebenso wie die deutsche die Möglichkeit, das Problem ln Gens an- zuschnciden. Die Frage gehe nicht nur Deutschland und Belgien allein, sondern auch die Alliierten und den Völker bund an. Die britische und italienische Regierung hätten da mit nichts zu tun und rein äußerlich auch die französische Regierung nicht. Die ganze Angelegenheit werde in London b e d a u e r t, da sie dazu geeignet sei, erneut einen Zustand der Spannung zwischen zwei Ländern zu schaffen, was nicht zum Vorteil der beiden Länder und des übrigen Europa sei. Falls derartige Beschuldigungen berechtigt seien, wäre cs bester, wenn sie von der belgische« Negierung nach angemessener Erwägung amtlich dem Völkerbund unterbreitet würden. Anderseits sollte Deutschlanb, falls cs die Beschuldigungen wirklich für un begründet halte, selbst die Aufmerksamkeit des Völkerbundes ans die Angelegenheit lenken. lTU.i Belgische AnabhSngigkeilsfeier. Die Brabanxonne auSgepsifsen. Brüssel, 22. Juli. Anläßlich der Feier der belgischen Un abhängigkeitserklärung fand gestern abend aus dem Grande Place in Brüssel eine große Kundgebung statt. Dabei kam es zu einem Zwischenfall. Als mehrere Flamen von den Fenstern des flämischen Hauses aus die Brabanxonnc ans- pfifsen, drang diePolizc >. gefolgt von einer erregten Menge, in das Gebäude ein und räumte es. Einige Verhaftungen wur den vorgenommen. Der Kommunismus i» der sranzösischen Armee. In Frankreich haben in diesem Jahre zum ersten Mal« seit dem Weltkriege wieder in größerem Umfange Ein- berusungen von Reservisten zu den gesetzlich vorgeschriebenen Uebungen stattgesunden. Gelegentlich dieser Einberufungen ist es bei einer ganzen Anzahl von Truppenteilen zu Unruhen und Ausschreitungen gegen die militärische Disziplin ge kommen. In Bourges, Belfort, Vesangou» Douai, Cleimont-Ferrand und Metz sowie auf mehreren Truppenübungsplätzen haben ganze Abteilungen von Reservisten, teilweise in Stärke bis zu 700 Mann, offen gemeutert, und, als einige der Haupträdelsführer verhaftet ivurden, die Wiedersreilassung derselben mit Gewalt er zwungen. Was diese Unruhen und Ausschreitungen besonders bemerkenswert macht, ist, daß bei ihnen neben einer gewissen Unlust der Reservisten zum erneuten Militärdienst vor allen Dingen auch kommunistische Einflüsse eine erheb liche Rolle gespielt haben, eine Tatsache, die es nabe legt, sich mal etwas eingehender mit -er kommunistischen Bewegung in der französischen Armee zu befassen, zumal es für uns von allergrößter Wichtigkeit ist. genauestens die Methoden zu verfolgen, mit denen Moskau in anderen Ländern die Hauptstütze der staatlichen Ordnung zu untergraben versucht. Der Kommunismus hat bisher in der französischen Armee keine besondere Rolle gespielt. Alle seine Versuche, in -er französischen Armee Fuß zu fassen, sind mehr ober weniger ohne Erfolg geblieben. Abgesehen von kleineren Verstößen gegen die militärische Disziplin, wie sie aber in anderen Armeen anch Vorkommen, ist es nur einmal nach dem Weltkriege in der französischen Armee zu größeren Unruhen gekommen, die bis zu einem gewissen Grade kommunistischen Charakter trugen. Es mar dies im Mai 1021 gelegentlich der Einberufung des eben erst entlassenen FahrgangS 1910 für den damals bereits geplanten, durch unser Nachgeben im lebten Augenblick aber verhinderten französischen Einmarsch in das Nuhrgebiet. Wie auch jetzt, so kam es auch damals in zahlreichen Garnisonen Frankreichs bei den dort zum Ab transport nach Deutschland bereitgestellten Reservisten zu Gehorsamsverweigerungen. Meutereien und kommunistischen Umzügen mit roten Fahnen und dem Gesang der Internatio nale- Was die damaligen Unruhen und Ausschreitungen jedoch von den jetzigen unterscheidet, ist, daß sich damals nur Reservisten, diesmal aber außer diesen auch aktive Truppen an ihnen beteiligt haben. Während im Mai 1921 die aktiven Truppen von den Ausschreitungen der Reservisten gänzlich unberührt blieben, haben sich diesmal aktive Truppen nicht nur geweigert, den Befehlen ihrer Vorgesetzten ent sprechend mit der Waffe gegen die Meuterer vorzugehen, sondern sogar an verschiedenen Stellen wie beim 105. Artillerie- Regiment mit den Meuterern gemeinsame Sacke gemacht, eine Tatsache, die zu denken gibt — und dies um so mehr, als die durch General Nollet im Aufträge des KriegSministers Painlevc cingeleitete Untersuchung der letzten Zwischenfälle unzweideutige Beweise kür das Bestehen einer weit ver zweigten kommunistischen Organisation in der französischen Armee ergeben hat. Der Kommunismus hat also in der letzten Zeit in der französischen Armee unzweifelhaft Fortschritte gemacht. DaS bewiesen auch die letzten Verhandlungen in der französischen Kammer gegen den Kommunismus, in denen sowohl von den Regierungsvertretern als auch von den Vertretern der einzelnen Parteien bis zu den Sozialisten herunter ernste Klagen über die kommunistische Verhetzung im Heere ge äußert und scharfe Maßnahmen gegen dieselbe gefordert ivurden. Im einzelnen ergaben diese Verhandlungen fol gendes interessante Bild von der kommunistischen Propa- ganda in der französischen Armee: Die kommunistische Wühlarbeit ist besonders stark bei den Truppenteilen «m südlichen Frankreich, bet der NHeinarmee und bei den Truppen in Marokko, bet denen in den letzten Monaten allein 137l schwere, aus kommunistische Einflüsse zurückführcnde Disziplinarvergehen zur gerichtlichen Ab urteilung gelangt sind. Hauvtträgcr der kommunistischen Propaganda in der Armee ist der kommunistische Kriegstctlnchmerverband. der besonders unter den Reservisten über zahlreiche Mitglieder verfügt und neuerdings auch mit Wort und Schrift in das aktive Heer, besonders in das demnächst zur Einstellung gelangende Rckrntenkontingent einzudringen versucht. Sein Hanvtpropagandamittel ist eine Schrift, die unter dem Namen „Die Kaserne" heimlich bei allen Truppenteilen zur Verteilung gelangt, die Soldaten zum Ungehorsam gegen ihre Vorgesetzten anfsordert und ihnen Gelegenheit gibt, Klagen gegen diese öffentlich zur Sprache zn bringen. Die Verteilung erfolgt durch Vertrauensleute, die innerhalb der einzelnen Garnisonen und Truppenteile zu sogenannten Propagandazellen zusammengcschlossen sind. In den letzten Monaten sind bei der französischen Infanterie allein 170 derartige Propagandazellen aufgedeckt worden, wobei sich die überraschende Tatsache ergab, daß ihnen teil weise sogar auch aktive Offiziere angehörten. Alle diese Sachen werfen, selbst wenn auch die hierüber verbreiteten Nachrichten nach den Angaben des Kriegs- Ministers Patnlevs übertrieben sein mögen, doch ein bedenk liches Lickt aus den Geist und die Manneszucht in der franzö- fischen Armee. Sie zeigen, daß unzweifelhaft eine starke