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Voiglländisthtr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pansa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. ZweinsMebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnement-Preis, welcher prLllamoruoöo zu entrichte» ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr cingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Einzeiliae mit 2 Ngr.— Für die auswärtigen König!. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Loigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh mann, in Elsterberg bei Herrn C. Ä. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. SA SS. Ium 18S1. Dienstag. Zeitungen. Sachsen, 15 Juni. Unsere Staatsregierung hat vor Kurzem eine Vor lage über Umgestaltung des Medicinalwesens an die Stände gelangen lassen, die einen erfreulichen Fortschritt auf einem Gebiete verheißt, auf welchem mehrere deutsche Staaten uns schon lange vorausgeschritten sind. Es soll nämlich künf tig der zeitherige Unterschied zwischen Aerzten erster und Aerzten zweiter Classe wegfallen, und die letztere Kategorie zugleich mit der chirurchisch-medicinischen Akademie in Dresden aufgehoben werden. Alle Aerzte müssen fortan sich über Maturitätsprüfung, vollendetes Universitätsstudium und ein (auch von der Ver pflichtung zum Doctorat befreiendes) Hauptexameu ausweisen. Für die soge nannte niedere Chirurgie sollen nach Bedürfnis in Hospitälern rc. gebildete Per sonen geprüft und als Heildiener zugelassen werden, da die Verbindung dieser Functionen mit dem Bader- und Barbiergewerbe in Folge der Gewerbefreiheit nicht mehr thunlich sein wird. Für Staats- und öffentliche Medicinalbeamte überhaupt wird eine staatsärztliche Prüfung von einem im Ministerium des Innern zu bildenden Medicinalcollegium nöthig; das letztere wird auch aufge fordert und unaufgefordert Gutachten für die Regierung erstatten. Zur weitern praktischen Ausbildung der geprüften Aerzte soll namentlich der Hospitaldienst benutzt und sollen die klinischen Anstalten in Dresden und Leipzig erweitert wer den. Junge Mediciner, welche sich verpflichten, die ersten fünf Jahre an einem ihnen anzuweisenden ärztlicher Hülfe entbehrenden Orte gegen Sicherung des nothwendigsten Lebensbedarfs ihren Wohnsitz aufzuschlagen, sollen Reisestipendien zum Besuch auswärtiger Hospitäler erhalten; das Kriegsministerium beabsichtigt auf ähnliche Weise sich Militärärzte zu sichern, indem es zwölf Stipendien an solche vertheilt, welche bereits das Baccalaureat erworben haben, und welche sich dafür verpflichten, sechs Jahre lang sich zum militärärztlichen Dienst bereit zu halten. — Das neue bürgerliche Gesetzbuch enthält Bestimmungen über das Eherecht, über Ehescheidung, Wiederverheirathung Geschiedener rc., welche den Orthodoxen zu freisinnig und unbiblisch, den Anhängern einer freieren Ansicht zu engherzig erscheinen. Während nun die letzteren schon seit längerer Zeit in der Presse rc. theils gegen die Annahme des ganzen Gesetzbuchs (man will gern bis zum Zustandekommen eines allgemein deutschen warten!), theils wenigstens gegen die des Abschnitts vom Eherecht agitiren, hat eine Anzahl Geistlicher eine Petition entworfen und an alle Geistlichen des Landes zur Unterschrift gesendet, in welcher Vas Cultusministerium gebeten wird, alles aufzubieten, damit nicht jene Bestimmungen des Entwurfs gesetzliche Geltung erlangen. Es ist nicht zu erwarten, daß dieser Wunsch von Erfolg sein werde, eher könnte die Ablehnung des ganzen bürgerlichen Gesetzbuchs von Seiten der zweiten Kammer des Land tags (die erste hat denselben bereits angenommen) erfolgen. Dresden, 21. Juni. (Landtag.) Die erste Kammer hat heute die Be- rathung des Ausgabebudgets für das Departement des CultuS und öffentlichen Unterrichts begonnen und dabei nach Schluß der allgemeinen Debatte folgenden Antrag einstimmig angenommen: „Da zu befürchten steht, daß 1) der Beginn der Schulpflichiigkeit mit erfülltem 3. Lebensjahre, sowie 2) die große Menge der Lehrgegenstände und Lehrstunden, und 3) der damit zusammenhängenden Arbeiten außerhalb der Schulzeit auf die körperliche und geistige Entwickelung und Ausbildung der Jugend nachtheilig wirkt, so wolle die hohe Staatsregierung in Erwägung ziehen, auf welche Weise, namentlich ob auf dein Wege der Ge setzgebung oder der Dispensation, diesen Uebelständen am zweckmäßigsten abzu helfen sei." (Sehr erfreuliche Beschlüsse!) Die zweite Kammer begann in ihrer heutigen fünfstündigen Tagessitzung die Berathung des Abschnittes des Wahlgesetzes, der von den städtischen Wahlen handelt. Die Debatte concentrirte sich auf die zwei Paragraphen, welche die Erfordernisse der Stimmberechtigung und der Wählbarkeit zum Abgeordneten aufzählen. In ersterer Beziehung wurde statt des im Entwürfe enthaltenen all gemeinen Census der Unangesessenen von 3 Thlr. unter Verwerfung des Depu- tationdminoritätsantrags, denselben durchweg auf 1 Thlr. zu erniedrigen, ein solcher in der Höhe von 3 Thlr. nur für große Städte, für mittle und kleine hingegen auf Anttag des Abg. vr. Loth ein Census von 2 Thlr. angenommen. Bezüglich der Abgeordneten wurde die von einer Deputattonsminorität bean tragte Aufgabe des Bezirksprincips abgelehnt, ingleichen der Antrag einer zwei ten Minorität, den Census der Abgeordneten von 15 Thlr., (wie der Entwurf statt der bisherigen Abstufung von 30, 20 und 10 Thlr. für große, mittle und kleine Städte allgemein hingestellt) auf 10 Thaler herabzusetzen, und dafür ein Antrag des Secr. Fincke angenommen, wonach der Abgeordneten - Census in großen Städten 15, in Mittlern und kleinen 10 Thaler betragen soll. Dresden, 22. Juni. Die Erste Kammer hat heute die Berathung deS Ausgabebudgets für das Cultusdepartement beendigt. Die Zweite Kammer, welche in ihrer gestrigen Abendsitzung die auf die bäuerlichen Wahlen bezüglichen speciellen Vorschriften des Wahlgesetzes erledigt und dabei den Wählercensus von 3 auf 2 Thlr., wie in den kleinen Städten, herabzusetzen, sowie den im Entwurf für den Abgeordneten erforderlichen CensuS von 20 Thlr. an directen Steuern überhaupt (bisher 30 Thlr. Grundsteuer) auf 20 Thlr. Grundsteuer zu normiren beschlossen hatte, beendigte in ihrer heu tigen Sitzung (der 100. dieses Landtags) die Berathung dieses Gesetzes und nahm dabei die Schlußbestimmung, daß dasselbe nur bei Neuwahlen nach Maß gabe des regelmäßigen Drittelausscheidens Platz greifen solle, unter Verwerfung der auf Neuwahl sämmtlicher Kammermitglieder, oder Neuwahl mit Ausnahme der Rittergutsbesitzer (bezüglich deren durch das Gesetz nichts geändert werde) gerichteten Anträge gegen 15 Stimmen an. Nachdem hierauf noch die ausgesetzte Novelle IV des Gesetzentwurfs über Abänderungen der Verfassungsurkunde An nahme gefunden, wurde bei namentlicher Schlußabstimmung das Wahlgesetz mit 55 gegen 12, das vorgenannte Gesetz mit 54 gegen 13 Stimmen in der be schlossenen Weise genehmigt. Bei der gegenwärtigen Berathung des sächsischen Wahlgesetzes, sowie zur richtigen Beurtheilung der Vertretung der Rittergüter Sachsens in beiden Kam mern — die 1. Kammer hat unter 41 Mitgliedern 22 Rittergutsbesitzer, die 2. Kammer unter 75 Mitgliedern 20 — ist eS von Interesse, zu erfahren, wie groß die Betheiligung der Rittergüter an der Grundsteuer ist, also der Steuer, zu welcher dieselben noch am meisten herangezogen sind, sowie die Be steuerung des übrigen Landes mit Ausnahme der Rittergüter, endlich die Be steuerung der Städte Dresden und Leipzig. Wir geben diese Notizen auf Grundlage der officiellen Zeitschrift des statistischen Burean des Ministeriums deS Innern vom Jahre 1858 Nr. 2 und 3 in Folgendem: „Ganz Sachsen hatte in der Finanzperiode 1858/60 51,044,600 Steuereinheiten. Davon ka men auf 942 Rittergüter (von fünf ist die Zahl der Steuereinheit« nicht an gegeben, da dieselben wahrscheinlich ganz unbedeutend find) 6,089,867,,. Steuer-