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VoigllimWtr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pansa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. ZweimMebenzigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher AbonnementSPrei», welcher zu entrichte» ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittag« 11 Uhr eingehen, werden in die TagS darauf erscheinende Nummer ausgenommen später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr.— Für die auswärtigen Königl. Gerichtsämter und Stadträthe, für welche der Voigtländischc Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Bürgermeister Leh- - mann, in Elsterberg bei Herrn L. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Ehauffeegelder-Einnehmer Holzmüller. Donnerstag. 20. Juni 1861. Die wichtigste politische Neuigkeit des Tages ist, daß Frankreich das neue Königreich Italien, wenn auch noch nicht förmlich, doch so gut wie anerkannt hat, wie dieß schon früher und lange von England ge schehen ist. . Wenn ein Staat einen andern nicht anerkennt, so steht er zu diesem in einem mehr oder minder gespannten, feindseligen Verhältnisse; so thut er, als wenn der von jenem nicht anerkannte Staat gar nicht da sei; er Gesandten bei der nicht anerkannten Staatsregierung, nimmt keine amtlichen Schreiben von dieser an, richtet auch selbst keine Schriften an dieselbe, duldet keinen Gesandten des nicht anerkannten Staates als solchen bei sich, berücksichtigt auch in der Regel die Pässe rc. nicht, die von dort ausgestellt sind, stellt selbst keine dahin aus rc., kurz, er thut, als ob solcher Staat nicht da sei oder existire. Das neue Königreich Italien nun ist bekanntlich dadurch entstanden,-daß die Sarden oder Piemontesen die Herzogin von Parma, den Herzog von Modena, den Großherzog von Toskana und den König von Ne apel durch Empörung der eigenen Unterthanen und durch offene Gewalt ver trieben, eben so dem Papst auf dieselbe Weise seines Kirchenstaates abge nommen haben. Die Lombardei ist Oesterreich im Kriege abgerungen und von diesem Staate in bester Ordnung abgetreten worden, diese besitzt also Sardinien nach Kriegsrecht. Oesterreich hat den Prozeß, den Krieg verspielt, die Lom bardei hergegcben und Friede gemacht, dagegen kann kein Staat etwas einwen den. Aber der Erwerb der übrigen obengenannten italienischen Länder durch Sardinien gilt für Nicht in der Ordnung, für Raub, und daher haben die meisten Staaten in Europa das neue Königreich Italien, welches aus diesen mit Empörung und Gewalt gewonnenen Ländern zusammengemacht worden ist, noch nicht anerkannt, England und Griechenland ausgenommen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, wenn ein zweiter europäischer Großstaat, wie Frankreich, diese Anerkennung jetzt ausgesprochen hat. Frankreich genehmigt oder besiegelt durch diese Anerkennung die von Sardinien gemachten Eroberungen, und wenn auch die franz. Blätter sagen, durch diese Anerkennung stimme Frankreich nicht der Art und Weise bei, wie das Königreich Italien zu Stande gebracht wor den sei, so thut dieß dem Erfolge gar nichts, er bleibt derselbe. Italien als solches kann nun mit Frankreich Bündnisse schließen und gewinnt durch diese Anerkennung eine weit festere und gesichertere Stellung unter dell europäischen Staaten. Freilich fehlt noch die Anerkennung der übrigen Großmächte, vor allen Oesterreichs, und diese Anerkennung, wenn sie noch kommt, wird noch ge raume Zeit auf sich warten lassen; aber es ist doch wieder ein Schritt vor wärts für Italien, das ist nicht zu leugnen. Ob wieder ein Handel dabei stattgefunden, wie manche Zeitungen schon lange vermutheten, wird die Zukunft lehren; die Frage wegen Venetien, und die Frage wegen des Kirchenstaat-Restes mit der Hauptstadt Rom — diese zwei äußerst wichtigen und schwierigen Fra gen — sind damit noch lange nicht gelöst. Wenn es auch wahr ist, daß Eng land sich erboten haben soll, als Gegendienst für diese Anerkennung dahin wirken zu wollen, daß Oesterreich Venetien abtrete, und der Papst gefügig werde, so versprechen wir uns doch selbst von einem gemeinsamen Drängen Frankreichs und Englands wenig oder gar keinen dießfallsigen Erfolg. Gutwillig giebt Oesterreich sein Venetien nicht für Geld her, und der Papst, selbst wenn er wollte, kann auf daS Reftchen Kirchenstaat nicht verzichten, es ist nicht sein Eigenthum, er ist nur Nutznießer. Man kann es ihm wohl mit Gewalt neh men, aber rechtlich darauf Verzicht leisten, wie ein anderer Fürst für sich und seine Nachkommen auf sein Land verzichten kann, kann der Papst nicht. Auf die Beruhigung Unteritaliens, auf feste Gestaltung und Ordnung in dem neuen Königreiche Italien ist aber so lange keine Rechnung zu machen, als die Kir chenstaatsangelegenheit nicht zum Austrage gebracht, die Frage wegen Venetien für oder gegen Italien endgiltig entschieden, dieses von allen Hauptmächten anerkannt, geistlicher und weltlicher Wühlerei, die vom Kirchenstaate ausgeh^ ein Ende gemacht und Nom die Hauptstadt des neuen Reiches ist. Bis dahin ist noch ein weiter, sehr weiter und sehr mühsamer und beschwerlicher Weg. Indeß die Anerkennung durch Frankreich ist ein starker Schritt vorwärts. Zeitungen. Sachsen. Dresden, 17. Juni. (Landtag.) Die zweite Kammer, auf deren Registrande sich übrigens heute u. A. noch ein neues königliches Decret, die Ausprägung von Fünfpfennigstücken in Kupfer betr., befand, beriech heute über die von uns genugsam besprochenen Entwürfe zu einer Berfassungs- und Wahlreform. Die Deputation ist mit einer Reform im Allgemeinen ein verstanden, über das Wie? aber herrscht großer Zwiespalt. Der Referent v. König will nämlich gar keine Verfassungsänderung, vier andere Mitglieder (v. Criegern, v. Arnest, Sachße und Heyn) wollen wenigstens keine Vermeh rung der ersten Kammer und nur zwei (v. Braun und Rüger) stimmen auch für diese Modifikation. Eben so verhält es sich mit der Wahlreform im Be sonderen. Hier ist die Majorität der Deputation damit einverstanden, daß der zu Wählende innerhalb des Wahlbezirks seinen Wohnsitz haben müsse, und nur die Abgeordneten v. Braun und Rüger sind hier einer freieren Ansicht. Letzterer und Sachße differiren außerdem mit ihren Collegen noch darin, daß sie einen niedrigeren Census befürworten. (Der vorgelegte Verfaffungs- und Wahlreforms- Entwurf ist entweder ein todtgebornes Kind, oder wird, wenn von den Kammern angenommen, sein Leben nicht hoch bringen. D. N.) Es ist eine wahre Wonne und Herzensfreude für Jeden, selbst für einer^ der bei der Vertheilung der Erde auch nicht einen Zoll breit Landes bekommen hat, gegenwärtig in der Natur sich zu ergehen. Wie während der Regenzeit in den Tropenländern, so ziehen auch bei uns täglich Gewitter auf, fördern den Pflanzenwuchs auf wahrhaft wunderbare Weise, und richten sie auch hie und da, wie im Erzgebirge am 15., Schaden an, so gilt der Satz: „Gewitter reiche Jahre, fruchtbare Jahre," Heuer um so mehr, als nicht, wie im vorigen Jahre, nach jedem Gewitter endloser, kalter Regen sich einstellt, sondern neue sonnige und warme Witterung ihre befruchtende und treibende Kraft äußert. Einer Heu- und Klee-Ernte sehen wir entgegen, wie solche selten dagewesen sein dürfte, und wird und muß der Nahrungsstoff in solcher Witterung gewachsenen Futters natürlich ein weit größerer sein, als das in der kalten Nässe des vori gen Jahres, so daß hoffentlich auch die Sehnsucht unserer Hausfrauen nach billigeren Butterpreisen noch einige Befriedigung finden wird. Die Gewitter am vorigen Sonnabende haben im obern Erzgebirge be deutenden Schaden angerichtet, indem durch einen wolkenbruchartigen Regen m den Pleißen- und Bloßenthal, namentlich in ersten», Häuser und Brücken weg gerissen und beschädigt wurden, auch ein Maun von 42 Jahren beim Einsturz der Brücke in Lichtentanne seinen Tod in den Fluchen der dadurch zu Ströme» angewachsenen Bäche fand. In Lindenau (bei Schneeberg), wo allein 3 Häuser