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Zeitungen. ZßMchflißRt. Leipzig, 3. September. Das Lehrercollegium der Armen- fchule zu Leidig hat vor Hurzem den Beschluß gefaßt, daß keine Schülerin dieser Anstalt fernerhin mit einer Crinoline in derselben erscheinen darf. AeuH Aürsitenlh Gera, I. September. Vom herrlichsten Wetter begünstigt, hielten gestern die Männergesangvereine des osterländischen Sänger bundes hier ihren ersten osterländischen Sängertag. Einige 20 Bereine (aus Zeitz, Altenburg, Gößnitz, Ronneburg, Schmölln, Weida, Eisenberg, Roda, Köstritz rc. rc.) waren gegenwärtig. PreuHen. Das Perhaltniß der bürgerlichen Offiziere zu den adeligen in der preußischen Armee. Es findet sich unter 32 Generalen der Infanterie und Cavallerie kein Bürgerlicher, unter 54 Generallieutenants sind 3, unter 69 Generalmajors 6, unter 1l9 Obersten der Infanterie 8 Bürgerliche, unter 33 von der Cavallerie 2, unter 125 Oberstlieutenants von der Infanterie 12, unter 36 von der Cavallerie 3 und bei den 13 Generaladjutanten und 17 Flügeladjutanten oder der eigentlichen militärischen Umgebung des Kenigs ist gar kein Bürgerlicher. Aus dem Bürgerstande hervorgegangen und nachher ge adelt sind innerhalb der erstangeführten hervorragenden Stellungen 1 General der Infanterie, 2 Generallieutenants, 2 Generalmajors und 1 Flügeladjutant; für die geringern Chargen sind die Geadelten schwerer zu bestimmen. Ueber- wiegend sind die bürgerlichen Offiziere bis zum Obersten abwärts, indem die selben bis auf 3 Brigade- und 2 Regimentscommandeurr durchgängig den höhern Militärlehranstalten, dem Generalstabe, den Commandanturen oder den Specialwaffen angehören und im letztern Falle selbstverständlich auch auS den selben zu ihrer gegenwärtigen Stellung aufgestiegen sind. Baiern. Der Schwäbische Merkur schreibt: In Augsburg findet in den ersten Tagen Septembers eine Versammlung von Studiengenoffen der dor tigen beiden Gymnasien statt. Unter den Eingeladenen befindet sich auch Ludwig Napoleon, der 1821 —23 eins derselben besuchte. Es ist von Interesse, aus den Katalogen dieser Jahre zu erfahren, daß der Sohn der Herzogin von St. Leu im ersten Jahre unter 80 Schülern der vierundzwanzigste, im zweiten unter 70 der neunzehnte gewesen. Im zweiten Jahre erscheint er als „preiswürdig" mit dem Beisatz, daß der Prinz einen noch bessern Fortgang gemacht hätte, wenn er der deutschen Sprache mächtiger gewesen wäre. Einer seiner Lehrer gab ihm das Zeugniß außerordentlichen Talents und äußerst sanftmüthigen Charakters. Als Geburtsort ist Paris und als Domicil merkwürdigerweise Rom eingetragen; die Exkönigin von Holland verweilte nur vorübergehend in Augsburg, in der Nähe ihres Bruders, des Herzogs Eugen von Leuchtenberg. Oesterreich. Wien, 2. September. Nach der „Ostd. P." drückte Se. Majest. der Kaiser beim Empfange der Iuristentagspräsidenten namentlich seine Befriedigung darüber aus, daß der deutsche Iuristentag in Wien abgehalten wurde, äußerte, daß hoffentlich die deutschen Juristen freundliche Erinnerungen auS Wien mitnehmen werden, und sprach zu dem Präsidenten Wächter folgende bedeutsame Worte: „Ich bin zwar vor Allem österreichisch, dabei aber auch entschieden deutsch, und wünsche den innigsten Anschluß an Deutschland!" Der Kaiser sprach diese Worte mit Wärme und Nachdruck. Die Audienz dauerte ungefähr eine Viertelstunde. In Te plitz ist vom 29. — 31. August das 1100jährige Jubelfest seiner Heilquellen unter zahlreicher Theilnahme fremder Gäste sehr animirt begangen worden. Die in Ungarn Herschende Rinderpest hat bis jetzt in 37 Seuchenorten bei einem Gesammtvichstaude von 34,125 Horuviehstücken zusammen 11,978 Stücke ergriffen, von welchen 4242 geheilt, 7129 gefallen, 12 erschlagen und 595 in ärztlicher Behandlung verblieben sind. In Galizien herrscht sie noch an 6 Orten. Italien. Turin, 30. August. Das Ende der fürchterlichen Krisis, in welcher Italien seit nun mehr als vier Wochen schwebte, ist schneller ein getreten, als man erwartet hatte. Während man gestern noch geglaubt, es würde Garibaldi gelingen, von Aspromoute, welches in den wälderreichen Ge birgen der äußersten Apenninen liegt und von mehreren Dörfern, welche einige Tausend Seelen zähl«, umgeben ist, in die große Ebene von Palaci zu ge lang«, wo er in dieser Stadt von 12,000 Einwohnern einen höchst wichtigen strategisch« Punkt eingenommen hätte, ist er hexte verwundet und gefangen in dm Händen der Bersaglieri! Geste« Nacht 2 Uhr traf die Depesche des Generals Cialdini an dm Ministerpräsidenten ein. Die Nachricht durchlief mit Blitzesschnelle die Stadt und hat einen furchtbaren Eindruck hervorgerufen. Die Gewißheit, daß der Aufstand gedämpft ist, Hai nicht so sehr erfreut, als das traurige Factum, daß Garibaldi von italienischen Soldat« verwundet wurde, bestürzt hat. Ueber das Kactum selbst kann ich Ihn« heute schon Folgendes nütcheilm: Ginibaldi hatte stch sehr stark in ASpromenje mit 2400 M. verschanzt. Wie Iha« bereit- mitgechttlt, verfolgte ihn der Oberst Pchllavieirn aufs Eifrigste. Unter seinem Befehl stand ein Regiment der Brigade Piemont, ein Bataillon Bersaglieri und einige Stücke Gebirgsartillerie. Die ihm ertheilt« Instructionen befolgend, forderte er Garibaldi auf, sich zu ergeben. Als dieser es verweigerte, warf er sich auf das Centrum der Freiwilligen, die muthigen und verzweifelt« Widerstand leisteten. Bei dem heftigen Kampfe erhielt Garibaldi durch den Umstand, daß die Truppen von unten angriffen, eine Wunde am Fuß und eine am rechten Schenkel. Auch Menotti, der Sohn Garibaldi s, wurde leicht am Beine verwundet. Der Kampf soll lange gedauert haben, aber schließlich konnten die Freiwilligen dem Andrängen der Bersaglieri nicht länger widerstehen und Pallavicini nahm 2000 derselben, Garibaldi und alle seine Offiziere gefangen. Von beiden Seiten wurde Alles aufgeboten, um möglichst wenig Blut zu ver gießen und es nicht zuni Einzelkampf kommen zu lassen. Garibaldi wurde mit der größten Schonung von den Höhen herunter an Bord eines Kriegsschiffs gebracht, wo er nebst seinem Sohn alle erdenkliche Pflege erhielt. (Siehe dagegen die Nachricht der C. Ztg.) Die Nachrichten aus Italien lauten nach der C. Ztg. sehr beunruhigend; überall ist das Gerücht verbreitet, daß der Oberst Pallavicini, der neue General, Garibaldi in eine Falle gelockt habe, indem er ihm durch einen Parlamentär mitgetheilt hatte, daß er ihm einen Brief des Königs zu überreichen habe; Garibaldi, daran keinen Augenblick zweifelnd, verließ seine Stellung, von einigen Offizieren begleitet. Angesichts der Truppen angekommen, ließ er Pallavicini zu sich herankommen, und dieser drang mit den Worten: „Ich bin nicht hier, um mit Ihnen zu parlamentiren, sondern um Sie festzunehmen" — auf ihn ein. Mehrere Schüsse sielen, wie man hinzi fügt, und Garibaldi ward ver wundet. Nach anderen Nachrichten wäre es Pallavicini selbst gewesen, der den ersten Schuß auf Garibaldi feuerte. Diese Nachrichten haben in ganz Italien eine ungeheuere Aufregung hervorgerufen. Die Aufstände in Mailand, Genua, Brescia und Como beweisen dieses. In Livorno hat sich die ganze Bevölkerung erhoben. Die Truppen mußten sich zurückziehen. Man weiß noch nicht bestimmt, ob Pallavicini wirklich so gehandelt hat. Der Discussione zufolge werden alle Garibaldianer nach Spezzia ab geführt werden. Wie aus Turin gemeldet wird, hat der italienische Kriegsminister denjenigen Soldaten, welche am ersten Gefecht gegen die Garibaldianer bei S. Stefano theilgenommen haben, die Tapferkeits-Medaille verliehen. Die Ausgaben, Verluste und außerordentlich« Kosten, die der Garibaldi'sche Aufstand dem Staatsschätze verursacht hat, werden von einer Turiner litho- graphirten Correspondenz schon auf 30 Millionen Franken veranschlagt. Der Belagerungszustand wird im ehemaligen Königreich Neapel und in Sicilien aufrecht erhalten. Turin, 2. September. Garibaldi ist gestern in Spezzia angekommen; seine Wunden sind nicht gefährlich. Turin, 2. September. Die „Italia" meldet: Ein außerordentlicher Ministerconseil hat stattgefunden, um über die gegenwärtige Lage zu berathen. England. London, 2. Septbr. Die mit der „City of Baltimore" eingetroffeuen Berichte aus New-York reichen bis zum 23. vor. Mts. Nach denselben hatte die Eröffnung des Südbundcongreffes am 18. Aug. in Richmond stattgefunden. In der Botschaft ihres Präsidenten Jefferson Davis wird Ver besserung der Marine und der Armee vorgeschlagen und die von den Unionisten verfolgte Kriegspolitik entwickelt. Die Staatsschuld wird als unbeträchtlich dargestellt. Davis empfiehlt eine neue Emission von Schatzscheinen zum Dienste des Landes. Er erklärt, daß es nöthig sei, die Conscription auf das Alter von 35 bis 45 Jahre auszudehn«, hofft indeß, daß diese nur aus Vorsicht getroffene Maßregel nicht zur Ausführung kommen werde, da neue Werbungen wohl nicht nöthig sein würden. Dem Congreß wurde eine Gesetzvorlage ein gebracht, wodurch die Ausfuhr auf Baumwolle und Tabak mit einer Steuer von 20 Procent belegt werden soll, um die Bürger, die durch den Feind Ver luste gehabt hab«, zu entschädigen. Zeitungs-Allerlei. — Im „Pilger aus Sachsen" (redigirt von Böttcher in Reichenbach) steht folgendes Inserat: „Ein gläubiger Kürschnergeselle, der mit ganzem Emst nach dem Reiche Gottes trachtet und in Futterarbeit und Mützen bewandert ist, findet sofort Condition. Wo? sagt die Expedition." — Zu Gunst« einer Benefizvorstellung in einem Vorstadttheater in Berlin ist dieser Tage, um das HauS zu füllen, ein eigener Schwindel verübt Word«. Mehrere Tage vor dem Benefizabend erschien in den dasigen Localblattern ein „reelles HeirathSgesuch". Ein Anonymus sucht für seine Mündel und Nichte, die ein baareS Vermögen von 15,000 Thlr. und eine Fabrik besitzt, einen Gatt«, welcher die Leitung der Fabrik übernehmen kann. Bei d« ZeitungS- Expeditioum geh« alsbald Hunderte von Brief« HeirathSlustiger ein, die sammtlich andern Morgens durch die Stadtpost einen mit A. Gehrmann unter zeichneten Brief erhalten, des Inhalts: „Das Wichtigste ist, ob Ihn« meine Nichte gefällt. Ich werde daher mit ihr heute Abend im — Theater Loge Nr. 1 erschein«. Wenn Sie wollen, können Sie uns anreden". — Natürlich löste jeder HeirathSlustige ein Parquetbillet und Harrie des Onkels und der Nichte — vergeblich. Der Benesiziat aber hatte den Vortheil davon.