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ZS4 Preußen. Berlin, 4. Ocr. Ler König hat nach den hier einge gangene» Nachrichten Bicken-Bad« verlaffen und die Reise nach Compiegne angetret«. In fein« Begleitung befinde» sich die Generaladjutanten v. AlvenS- leben und v. Manteuffel, die Flügeladjutauten Oberst v. Boyen, Major v. Steinäcker und Rittmeister v. Loe, der Geheime Zkach Jllaire, Hofrath Borck. Eydkuhne«, 24. Sept. Ein beklagenSwertheS Unglück ereignete sich am vergangenen SamStag Abends in dem benachbarten polnischen Bahnhofe Wirballen. Zwei Einwohner des Ortes, ein bejahrter Zollaufseh« und seine Frau, die sich aus Freude üb« ihre des Bormittags ihnen publicirte Versetzung nach dem vo« ihnen gewünschten Orte im Laufe des Tages an Spirituosen gütlich gethau, gingen Abends in trunkenem Zustande längs dem Schienenge leise, als eine russische Locomotive sie «faßte und zermalmte. Die Crinoline hat wieder ein Opfer gefordert! Ein junges Mädchen, welches in Begleitung ihres Vaters und Bräutigams die Dampfmaschine zur Entwässerung des Klostersee's bei Eismar besichtigen wollte, wurde von der selben am Kleide erfaßt und war im Nu zu Tode gequetscht. Baiern. Aus München vom 3. Oct. schreibt man der „Lpz. Ztg. „Wie man vernimmt, befindet sich der König in etwas leidenden! Zustande, was wo! zunächst den Grund bildet, daß daS Octoberfest sich diesmal nicht der Gegenwart JI. MM. zu erfreuen haben wird. Das Seebad von Scheveningen soll leid« nicht günstig auf den Zustand des Königs gewirkt haben." München, 2. October. Die Reichsrathskammer hat dem Beschlusse der Abgeordnetenkamm« in Bezug auf die Gewerbefrage zugestimmt und erwartet, daß die Regierung bei dem nächsten Landtage den Entwurf einer neuen Ge werbeordnung auf Grundlage der Gewerbefreiheit einbringen werde. Nudolstadt, 3. Oct. Die junge Gemahlin des Fürsten, geb. Schul zen aus Königsberg, ist in den Adelstand erhoben worden und führt nunmehr den Namen Frau v. Brockenburg. AKeeAenburg. Schwerin, 3. Oct. Nach dcm Regierungsblatt hat der Großherzog gestern durch einen unglücklichen Zufall auf der Jagd einen Schuß durch den Oberschenkel erhalten. Die ärztliche Untersuchung hat ergeben, daß die Wunde ungefährlich ist und eine Knochenverletzung nicht stattgefunden hat, mithin ein günstiger Verlauf der Heilung in Aussicht steht. Der Unfall selbst fand auf der Jagd im Buchholze statt, von wo aus der Großherzog in einem schnell herbeigeholten Wagen nach dem Schloß hierselbst gebracht wurde. Hesseu-Homburg. Der Wiesbadener Zeitung schreibt man aus Frankfurt a. M. vom 29. Septbr.: „Gestern probirte ein Graf Waltersdorf, Lieutenant im 3. preußischen Uhlanenregiment, sein Glück am grünen Tisch in Bad Homburg, behielt aber von seiner mitgebrachten Summe von 13,000 Thalern nur so viel übrig, daß er kaum damit die Kosten zur Nachhausereise bestreiten konnte." (Wer hieß ihn spielen!) Aus Frankfurt a. M geht der Süddeutschen Zeitung folgende interessante Privatmittheilung zu: „In welcher Weise Ludwig Napoleon nach allen Seiten hin rüstet, können Sie aus dem Umstand ersehen, daß, wie ein« d« zu den preußischen Manövern hier durchreisenden schweizerischen Offiziere mich versicherte, in der jüngsten Zeit mehrere Kanonenboote, in einzelnen Stücken verpackt, an das französische Uf« des Genfersees, nach Evian und Thonon gebracht worden sind. Da sie sehr schnell und leicht zusammengesetzt werden können, so dürften die Schweizer im gegebenen Augenblick auf einmal eine französische Kriegsflotille auf dem See erblicken als Bestätigung d« ihnen bei der Wegnahme Savoyens ertheilten Friedensversicherung." Bremen, 28. Sept. Die hi« beabsichtigte Convention mit Preußen in Sachen d« Flotte dürfte, wie wir hören, hauptsächlich auf folgende Punkte sich «strecken. Erstens: Bremen verpflichtet sich, an Preußen für die Zwecke des Baues und der Erhaltung ein« Flotte eine (noch näher festzustellende) Geldquote zu entrichten. Zweitens: Bremen räumt Preußen das Recht der Rekrutirung innerhalb des Bremischen Staatsgebiets in entsprechend« Begrenzung ein. Dafür übernimmt drittens Preußen seinerseits die Verpflichtung, Bremen im Falle de- Krieges denselben Schutz und dieselbe Vertheidigung, wie einem Preuß. Hafen, angedeihen zu lassen. Endlich «halten viertens die Bremischen Staatsbürger bezüglich des Dienste- auf d« Flotte, des Eintritts in dieselbe, des Avancements u. s, w. die gleichen Rechte, wie die preußischen Unterthanen. Hamburg, 26. Sept. Den todten Löwen (s. Nr. 115) hat ein Baturalieuhändl« angekauft. Derselbe zeigte daS stattliche Thi« gestern für Geld und hatte einen massenhaften Zulauf. DaS Pferd war gestern noch am LHen, doch zweifelt man sehr an sein« Wiederherstellung. Dem Vernehmen yach hat d« Besitz« desselben von Kreutzberg eine Entschädigung «halten. Jkt Betracht de- großen Schadens, den Kreutzberg durch den Tod seines besten PSwen «litten, (mehrere Tausend Thal«), hat die hiesige Polizeibehörde ihm die Kosten für die Untersuchung, welche d« Vorfall verursachte, «lassen. Fmmkrseich. In VetrE der französisch?, Absichten hrjygt die Gazette d« Lausanne au- Pari- Aadeutungpn, Mesche mit groß« Zuversicht auftrettn. Mau schreibt dem Blatte: „Wir gehen ein« sehr bewegten Periode entgegen. Alles, was seit wenigen Monaten geschehe», Hal keinen andern Zweck, als end lich die so schwierige Lösung gewisser Fragen zur Reife zu bringen. Der Augenblick ist gekommen, in welchem die französische Regierung von neuem die Schleuse öffnen wird, um dem Strome ihrer Politik freien Lauf zu lassen. Sobald die Zusammenkunft zu Compiegne nicht den Wünschen der kaiserlichen Regierung entspricht, wird für dieselbe eine neue Aera angebrochen sein. Vor allem ist zu berücksichtige», daß unsere Beziehungen zu Deutschland, namentlich seit dem italienischen Kriege, äußerst delicater Natur sind: wobei aber auch noch zu bemerken ist, daß seit jenem Zeitpunkt das Streben nach Einheit jen seits des Rheins sehr große Proportionen angenommen hat. In diesem Stre ben thut sich vor allem die demokratische Partei hervor; aber gerade die Unitarier sind es, welche sich Frankreich am feindlichsten zeigen. Hier muß man die Sache anfassen, jenes nationale Streben muß ausgebeutet werden; dies der Grund, warum die französische Politik sich die Wiederherstellung des deut schen Kaiserreichs zu Gunsten des Königs von Preußen zu ihrem Object ge macht hat. Indessen muß man nicht glauben, daß die kaiserliche Regierung diese neue Bahn mit blinden Augen betritt. Die deutschen Einheitsbestrebungen wird sie nur dann unterstütze», wenn Preußen gewisse Bedingungen unterschrei ben wird, deren Erfüllung der Kais« zur Erhaltung des europäischen Gleich gewichts für nöthig erachtet. Bei dieser neuen Sachlage muß Oesterreich geopfert werden ; das der Grund, warum man die Bewegung der Rassen an der Donau begünstigt, und warum man den Ungarn zuruft, nicht zu verzweifeln. Bleibt jetzt nur noch zu wissen übrig, ob das Einverständniß zwischen Preußen und Frankreich erzielt werden wird. Scheitert die Zusammenkunft, so werden wir einem ganz neuen unerwarteten Schauspiel beiwohnen. Im Innern Frank reichs wird es eine heftige Campagne zu Gunsten der Auflösung des Gesetz gebenden Körpers geben und nach außen hin wird man mit dem gehörigen Feuer neue Annexionsprojecte aus der Erde stampfen. Beides wird die Auf gabe der officiösen Presse sein. Ich bitte, daß man diese wenigen Zeilen nicht als bloße Conjecturen betrachtet, es sind mir zugegangene Aufschlüsse, die sich fast bis zur Höhe des Hit aeoomxli versteigen." Paris, 1. October. Ich theilte schon mit, daß der körperliche Zustand des Papstes Besorgnisse einflöße; die neuesten hier eingetroffenen Nachrichten stehen nicht im Widerspruche mit jener Angabe, obgleich man sich in Rom be- bemüht, die wahre Sachlage zu verhüllen. Allerdings ist Pius IX. nicht ge zwungen in seinen Zimmern zu bleiben, allein die Kräfte des siebenzigjährigen Mannes schwinden sichtbar dahin, und man .spricht von einem ärztlichen, dem Kaiser zugekommenen Gutachten, demgemäß der Papst nur noch wenige Monate zu leben haben würde. Thatsache ist, daß die Möglichkeit von dem Absterben des Papstes zur Stunde ein Hauptmoment in den Berechnungen der kaiserlichen Politik und ein neues Motiv ist, die „Lösung" nicht zu überstürzen ; die „Pro positionen", auf welche die in dem Dienste des Turiner Cabinetes stehenden Blätter in Frankreich, Deutschland und Belgien ein so großes Gewicht legen müssen, verdienen Beachtung nur in so fern, als sie die Verlegenheit des Baron Ricasoli verrathen, welcher — wie ich schon einmal andeutete — um sein Porte feuille besorgt ist. — Telegraphische Depeschen melden, daß die in Turin erschienene Broschüre des Jesuiten P. Passaglia eine große Sensation hervor gerufen haben soll. Das ist wahrscheinlich ; die Schrift, wie ich soeben aus Turin «fahre, ist ein in lateinischer Sprache geschriebener „Brief" an die Bi schöfe d« katholischen Christenheit, und es soll darin gezeigt werden, daß Italien einem Schisma entgegeneile, wenn der Papst nicht auf seine weltliche Macht verzichte. Derartige Sätze aus d« Feder eines Jesuiten, der überdem zu den bedeutendsten Theologen Italiens gehört, sind natürlicherweise Wasser auf die Mühle der revolutionairen Parteien. Im Faubourg St. Antoine haben Unruhen stattgefunden. Unt« anderem befestigte man Anschläge an den Bäckerläden, worin man nicht in den sanftesten Ausdrücken um wohlfeileres Brod nachsuchte. Die Polizeicommissare haben an die Leute in den Werkstätten und auf öffentlichen Plätzen Ansprachen gehalten, worin sie zur Ruhe ermahnt wurden und ihnen das große Interesse, welches d« Kais« an ihrer Lage nehme, nachdrücklich vor Augen geführt wurde. Der Stadtrach von Lyon hat 600,000 Frcs. zur Gründung von Werk stätten für unbeschäftigte Arbeiter ausgesetzt, was auf die dortigen Verhältnisse schließen läßt. London, 4. October. Die heutige „Times" sagt in Be zug auf die Gerüchte, daß Preußen Frankreich sich nähern wnde, unt« Anderm: Die Jutereffen Preußen- und Englands sind identisch; die Interessen Preußen- fordern stärk« eine englische Allianz. Würde Preußen angegriffen, was täglich wahrscheinlich« werde, so würden die englischen Flotten ihm Dienste leisten. Hören wir daher mit Ruhe auf das Gerücht von einem französisch preußischen Bündnisse. D« Geist de- preußischen Volkes sollte davor zürückbeben. Preußen sollte intim« mit England, Oesterreich, Rußland, Italien uud Spanien werden, aber nicht da- Bündmß einer Nation suchen, von welch« e- Gefahren erwarte. Solche- Bündmß giebt keine Sicherheit gegen einen Angriff. Frankreich würde die deutschen Kleinstaaten erttfrqMden und würde dadurch da- Unglück von 1806 nüep« harvorgernfeu werden.