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Grundsteuer, als sämmtlichc Rittergüter! Und doch bedürfte Hantel und In dustrie in anserrni fast ganz industriellen Sachs« noch mehr Vertreter! Wir leben ter feste» UeberzeugMig, daß diese- neue Wahlgesetz sein Leben nicht hoch bringen wird. Aber wie gesagt, eg war nicht durchzukommen. Dagegen scheint unS ein anderes Gesetz recht wohlthäthig, nämlich das Gesetz zu giltiger, kostenfreier Vermittlung streitiger bürgerlicher Ansprüche. Es werden, um es deutlicher zu machen, künftig besondere Tage bestimmt werden, an welchen Parteien, die Ansprüche an einander haben, vor Gericht erscheinen, und ihren Streit vorbringen können und dürfen, worauf das Gericht ohne Kosten die streitige Sache vermittelt und entscheidet. Freilich müssen die Par teien vernünftig sein und die Vermittelung und den Ausspruch des Gerichts annehmen, wenn ihr Beutel und ihre GemüthSruhe von dieser neuen Einrichtung wohlthätigen Erfolg verspüren soll. Sticht sie aber der Prozeßteufel, so hilft sie ihnen nichts. Auch das wird dem Lande und Volke Segen bringen, daß der Verlauf der Prozesse künftig schneller vor sich gehen wird. Es fallen die langen Fristen weg ; z. B. die alte höchst unbequeme sächs. Frist von 45 Tagen ist auf 28 Tage zurückgesetzt. Eine wahre Wohlthat ist es ferner, daß der Bagatellproceß sich künftig nicht blos auf streitige Gegenstände bis 20 Thlr. wie zeither, sondern auf solche bis 50 Thlr. erstrecken wird rc. Dieß sind in Kürze nur einige hauptsächliche Gesetze und bez. Verbesserungen, die uns der Landtag gebracht hat; mit manchen Beschlüssen desselben z. B. in Eisenbahnsachen, kann man freilich nicht einverstanden sein. Zeitungen. Suchten. Die Sammlungen für eine deutsche Flotte werden immer umfassender. Eine Freimaurerloge in Berlin hat 1000 Thlr., die Bäckerinnung in Breslau 1000 Thlr, der Stadtrach das. 1000 Thlr. gegeben. In Stettin sind im ersten Anlauf 305 Thlr. zusammen geschossen worden, in Kassel 1300 Thlr., in Dresden 2 Sammlungen ca. 1900 Thlr., in Sonneberg von der Turngemeinde 100 Gulden, in Leipzig 2 Sammlungen abermals über 1000 Thlr. rc. Kürzlich ging von Dresden aus ein Transport Vögel und Sterne zum Abschießen nach London ab, woselbst eine Anzahl Deutscher das erste deutsche Vogelschießen am 16. d. M. in einem öffentlichen Garten abhalten. Die Eng länder kennen diese Art Vergnügungen noch nicht. ReuH. Fürfkenthümer. Die Dfztg. schreibt: Vor Kurzem ist ein Brief nebst Correspondenzacten in Sachen christbrüderlicher Zucht an alle Chri stengemeinen vom Steuerrendanten Merz in Greiz erschienen, welcher mit dem (nun suspendirten) Pfarrer Bollert in Clotra bei Weida im Großherzog- thum Sachsen-Weimar Begründer und Vertreter der dasigen „Adventsgemeine" ist. Diese kleine Genossenschaft hat sich von der lutherischen Landeskirche in Greiz wegen mangelnder Kirchenzucht getrennt. Man erfährt aus dem Schrift- chen, daß Merz von einem seiner früheren Freunde und Glaubensgenossen, dem Pastor der getrennten Lutheraner in Erfurt, Wcrmelskirch, ein „Schwarmgeist" genannt worden ist. Für diese Uebertretung des 8. Gebotes beehrt Merz seinen jetzigen Gegner mit dem Namen „eines, der von Gott los ist, eines Gott losen," unb übergiebt den Unbußfertigen zum Verderben des Fleisches dem Sa tan, auf daß der Geist selig werde am Tage des Herrn Jesu. — Dahin kommt es mit dem übertriebenen Buchstabenglauben. Seine Früchte sind Feind schaft, Haß, Verunglimpfungen, Spaltungen. Jeder bildet sich ein, das allein Wahre erkannt zu haben, Einer überbietet den Andern, der Bruder thut aus Liebe den Bruder in den Bann, das Reich wird uneins. PreuHen. Berlin, 15. Sept. In einer am 8. Sept, in Hagen gehaltenen Versammlung in der Flottenangelegenheit wurde von Hrn. Wilhelm Funke folgender Anttag eingebracht und angenommen: Hohes Staatsministerium zu ersuchen, den Preis jeden Lotterielooses um 1 Thlr. zu erhöhen und bei Vermehrung der Loose die Provision der Collecteure um 1 Proc. zu ermäßigen und die sich hierdurch ergebende Rente zur Unterhaltung der deutschen Marine unter preußischem Horte zu bestimmen. Motive: Die Erhöhung jedes Lotterie looses drückt niemand und hält noch weniger vom Spiel ab. In der starken Nachfrage nach den Loosen erscheint die Vermehrung derselben nothwendig und kann den Collecteuren, welche ohnehin eine hohe Einnahme aus deren Betrieb ziehen, Ersatz für 1 Proc. der Gewinnabgabe gewährt werden. Es würde die Verwirklichung dieses Vorschlags dem Marineetat nicht nur 300000 Thlr. jähr lich zuführen, sondern man würde sich seitens anderer deutschen Lotterien wohl zu gleichen Schritten entschließen und die Rente, ohne irgend jemand wehe zu thun, Millionen der Marine zuführen. Die preußische Kriegsflotte besitzt mit den im Neubau begriffenen Schiffen 40 Kriegsfahrzeuge, und zwar 2 Fregatten: Thetis und Gefion; 4 Corvetten: Arkona, Gazelle, Danzig und Amazone; 1 Brigg: Hela; 2 Trans portschiffe; 3 DampfavisoS; 1 Wacht- und Kasernenschiff ; 19 Dampftanonen boote; ferner im Neubau begriffen: 4 Corvetten; 4 Kanonenboote; 40 Ruder jollen und mehrere Marinebordinge. Krankreich. Paris, 14. September. Die amerikanische Regierung hat vielen französischen Offizieren untern Ranges das Anerbieten gemacht, in ihre Dienste zu treten. Lie bietet denselben 6000 Fr. sofort, ein jHrtickes Gehalt von 20,000 Fr. für 6 Jahre und «inen HSHer» als sie in der fratyöstsch« Arm« bäleiden. Das Krisgsrtzmisterium hkt jedych dK zu» Ein tritt in den Nordamerikas Kriegsdienst «othiyendtzM. -ollma^en nichs «theilt. Paris, 15. September. Der „Const." enthält einen Artikel, worin gesagt wird, daß Frankreich niemals eine Hand breit italienischen Bodens for dern werde. Sardinien sei italienisch, es Frankreich aneignen, würde nicht nur eine Annexion, sondern sogar eine Eroberung sein. Nach der neuesten Volkszählung beläuft sich die Einwohnerzahl von Paris (in 20 Bezirken und 80 Quartieren) auf 1,696,000 Seelen. Oertliches. (Eingesandt.) Am gestrigen Sonntag kam in hiesiger Hauptkirche Mendelssohns „Paulus" zur Aufführung. Man hat viel gestritten, welches von Mendelssohns Oratorien größer sei, ob „Paulus", ob „EliaS". Darüber ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls aber ist es mit großem Danke anzuerkennen, daß unser Herr Cantor Gast durch seine Aufführungen im vorigen und in diesem Jahre dem Publikum Plauens Gelegenheit geboten hat, sich selbst ein Urtheil darüber zu bilden. Die Verschiedenheit beider Oratorien ist eben mit der Verschiedenheit der zu Grunde liegenden biblischen Texte gegeben. Vernehmen wir im „Elias" den Donner des Alttestamentlichen Gesetzes, das Brausen „des großen und starken Windes, der die Berge zerreißt und die Felsen zerbricht", so weht auS den Chören des „Paulus" heraus jenes „sanfte stille Säuseln" uns an, von dem es heißt „und Gott war darin" und wir erkennen es, „wie lieblich die Boten sind, die Frieden verkündigen." Allein sich immer wieder in Lobeserhebungen auf diese erhabene Musik ergehen, hieße Eulen nach Athen tragen. Beschränken wir uns darum auf die Aufführung selbst und daß diese eine höchst gelungene, ja zum großen Theile vortreffliche gewesen ist, das werden — und wären es die strengsten Kritiker — alle die bezeugen, die von nah und fern herbeigeeilt sind, um der selben beizuwohnen. Fräul. Alvs leben und drei uns schon seit einem Jahre bekannte und werthe Gäste, Fräul. Lessiak, Hr. Musikdir. John und Hr. Scharfe, waren für die Soli gewonnen. Fräul. Alvs leben, bereits seit 2 Jahren eine Zierde des Dresdner Hoftheaters, sang die Sopranparthie. Die höchste Höhe erreichte ihr Gesang im Vortrag der beiden Recitative Nr. 6 und 21, wie in der Arie Nr. 7. Fräul. Lessiak begeisterte durch den seelenvollen Vortrag des herrlichen Alt-Arioso. In jeder Beziehung Vollendetes leistete Hr. John im Vortrag der Cavatine des 2. Theils, wobei ihn noch ein trefflicher Cellist, Hr. Capellmeister Kraner aus Schleiz, unterstützte, sowie im Vortrag der Recitative, in welchem er vielleicht unter sämmtlichen jetzt bekannten Tenoristen einzig dasteht. Der Gesang des Hrn. Scharfe culminirte in der Baßarie des 1. Theils und in der Abschiedsscene am Schluffe, welche er vorzüglich vor- trug, während er in der ersten Arie vom Orchester etwas zu stark übertönt wurde, so daß seine reichen, schönen Stimmmittel nicht zu rechter Geltung kommen konnten. — Was aber unsern heimischen Sängerinnen und Sängern zu hoher Ehre gereicht, war -ie Wiedergabe der Chöre. Der „Orpheus" unter seinem Wackern, treuverdienten Direktor, Hrn. Bürgerschullehrec Sachse, der Musik-Verein, das Gymnasial- und Seminarchor, hatten die Ausführung derselben freundlichst übernommen. Abgesehen von drei kleinen Versehen im Sopran (in Nr. 35 und im Schlußchor) sind eigentliche Fehler nicht vorgekommen. Tadellos und in jeder Beziehung ausgezeichnet wurden ausgeführt die Chöre Nr. 11, 20, 25, 29 und der beiden mit sehr vielen Schwierigkeiten verbundenen Nr. 23 und 38. Ebenso ist lobend hervorzuheben der wohleinstudirte Gesang etlicher Damen ans dem „Orpheus" in der Bekehrungsscene. Und daß ferner nicht blos die Noten abgesungen, sondern auch der geistige Gehalt der Musik wieder gegeben wurde, davon ist vor allem der Vortrag von Nr. 11 und 29 Zeuge. — Die Capelle des Hrn. Stadtmusikus Mahler war verstärkt durch die Schleizer Hofkapelle, fast etwas zu stark im Verhältniß zu den vorhandenen Gesangskräften. Will man einzelne Schwankungen urgiren (in der Bekehrungs scene, zu Anfang von Nr. 15 und 20 und im Duett Nr. 25), so ist wohl zu bedenken, daß das Orchester nicht aus einem einzigen wohl eingespielten Chore bestand, sondern aus den verschiedensten Kräften zusammengesetzt war. Und daß auch hier Treffliches geleistet wurde, bewies das meisterhafte Spiel in der Ouvertüre und die Begleitung der Recitative Nr. 6 und 21. Dank und Ehre darum allen denen, die zusammenwirkten, um die gestrige Aufführung zu einer gottesdienstlichen Feier zu machen! Dank und Ehre vor Allen aber auch unsrem verehrten Herrn Cantor Gast, der weder Kosten, noch Mühe und Arbeit gescheut hat, um unseren Plauen einen seltenen Genuß zu bieten und das erhabene Werk des leider so früh dahingeschiedenen Meisters so uns vorzuführen, daß es von Allen verstanden werden konnte. Den schönsten Lohn hat er in dem Danke, der ihm gezollt wird von den Herzen aller Derer, die er durch seine Aufführung wahrhaft erbaut und erhoben hat! Die Klänge sind verrauscht, die Erinnerung aber bleibt uns! Möge noch öfter unserm Plauen solch ein erhabener Genuß geboten werden! Plauen, den 16. September 1861. A...n.